Der Zorn der Wölfe - Jiang Rong

  • Zitat

    Original von Hana-mausiIch kann es wärmstens empfehlen für die, die sich auch für China bzw. für das Verhalten von Wölfen interessieren. ^^


    700 Seiten, Tiere und ein nomadisch lebendes Volk wären eigentlich die Zutaten für ein Buch, das ich innerhalb von wenigen Tagen verschlingen könnte. Doch obwohl ich nicht unbedingt einen straff gespannten Spannungsbogen benötige, um mich fesseln zu lassen, habe ich nach der Hälfte abgebrochen. Die Verbindung von Fakten und Mythen in diesem Buch waren mir zu undurchsichtig. Vermutlich hätten hier Erläuterungen für den nicht-chinesischen Leser helfen können, was Tatsache und was Fiktion ist, auch eine Interpretation der Anspielungen des Autors hätte ich mir gewünscht. In der ersten Hälfte des Buches konnte ich nichts Besonderes über Wölfe erfahren. Wer sich für das Thema interessiert, ist mit dem Sachbuch eines Wolfsforschers vermutlich besser bedient.


    Nach Lektüre der Bücher von Erik Zimen, Tschingis Aitmatov und Juri Rytcheu finde ich in diesem Roman auf den ersten 350 Seiten weder Erkenntnisse zu Nomadenvölkern noch zu Wölfen. Dass ein Han-Chinese, der bisher nur in der Stadt gelebt hat, das Leben in der mongolischen Steppe naiv und reichlich unwissend sieht, wundert nicht. Aus der Perspektive des Stadtkindes, das Wölfe idealisiert, hätte man mit etwas Recherche einen informativeren und spannenderen Roman erzählen können.


    Empfehlenswert finde ich diesen Roman nicht. Gibt es eine leidensfähige Eule, die bis zum Schluss durchgehalten hat?

  • Ich bin gerade im ersten Drittel und kämpfe auch. Mich stören dieselben Sachen, die Buchdoktor schon erwähnt hat. Allerdings bin ich schon bereit, mich auf diese Mythologie einzulassen. Nur stört mich dabei der reißerische Erzählstil. Hm, reißerisch ist nicht das richtige Wort, aber mir fällt kein besseres ein. Irgendwie ist der Autor so aufdringlich mit seiner Meinung und versucht, einem das aufzudrängen. Ich will jetzt nicht die typischen Klischees rausholen, aber es ist irgendwie genau so, wie man sich unseriöse Chinesen vorstellt. Es wird alles so hingebogen, wie es einem gerade ins Weltbild passt und dann übertrieben angepriesen. Vielleicht weiß jemand, was ich meine. Ich kann das gerade nicht gut beschreiben. Auf jeden Fall nervt das einen als Europäer, die eher dazu erzogen wurden, alles vorsichtig, kritisch und genau zu hinterfragen und vor allem Sachverhalte genau zu differenzieren. Hier ist es zu einfach: Chinesen böse, Mongolen gut.


    Aber ich versuche mich mehr darauf einzulassen und will das Buch durchlesen. Spaß macht es keinen, scheint aber ein wichtiges Werk zu sein. Und wenn ich es jetzt nicht beende, werde ich es nie wieder in die Hand nehmen. Also Augen zu und durch...

  • So, ich habe es tatsächlich beendet.


    Insgesamt kann ich nicht behaupten, ich würde es empfehlen. Wie bereits erwähnt, gefiel mir der Schreibstil des Autors sowie die Qualität der Information nicht besonders. Das hat sich in der zweiten Hälfte des Buches, vor allem gegen Ende, deutlich gebessert. Um aber dort hinzukommen, muss man sich durch mind. 400 Seiten nervige Schreiberei quälen. Das ist es sicher nicht jedem Wert.
    Für Leute, die sich für die Kultur der Chinesen und Mongolen interessieren und die zwischen diesen Völkern schwelenden Konflikte, die werden das Buch sicher interessant finden. Trotz der mäßigen Qualität in der ersten Hälfte, vermittelt das Buch dennoch ein sehr gutes Gefühl, was es heißt, ein mongolischer Nomade zu sein und sich der chinesichen Invasion erwehren zu müssen, die mit Ignoranz und Selbstgefälligkeit alles auf Ihrem Weg überrennt. Sein Ziel, die Menschen für die empfindliche Natur des Graslandes und seine uralten Traditionen zu sensibilisieren und ihnen einen Eindruck von diesem Leben zu vermitteln, hat der Autor erreicht. Nur an der Ausführung hapert es noch. Das kann aber auch im Auge des europäischen Betrachters liegen - schließlich ist das Buch in China (angeblich) weit verbreitet und bekannt.


    Für mich persönlich war es kein literarisches Highlight, hat aber inhaltlich großen Eindruck hinterlassen. Für den Inhalt und die Intention gibt es 5/5 Punkten, für die Ausführung 0/5 Punkten --> in der Summe also 5 Punkte.