Klappentext:
Im Nordosten Italiens werden die Kleinstädte von wenigen Industriellenclans dominiert. Francesco Visentin ist Spross einer wohlhabenden Anwaltsfamilie. Wenige Tage bevor er heiratet, wird seine geliebte Braut tot aufgefunden - brutal ermordet. Die Suche nach dem Mörder offenbart nach und nach die skrupellosen und mafiösen Praktiken der Geschäftswelt - Menschenhandel, Erpressung, Ökokriminalität und Mord.
Über die Autoren:
Massimo Carlotto, geboren 1956 in Padua, ist einer der erfolgreichsten Schriftsteller Italiens. Als Sympathisant der extremen Linken wurde er in den 1970er Jahren zu Unrecht wegen Mordes verurteilt. Nach fünfjähriger Flucht und einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren wurde er 1993 begnadigt. Er lebt heute auf Sardinien.
Marco Videtta, geboren 1956 in Neapel, lebt heute in Rom. Er hat zahlreiche Artikel und Essays zu Film und Literatur verfasst und arbeitet als Drehbuchautor und Produzent.
Meine Meinung:
Hell strahlende und blühende Zitronen sucht man in "Wo die Zitronen blühen" ebenso vergeblich wie Sommer, Sonne, Strand und Meer. Denn das Italien von Massimo Carlotto und Marco Videtta ist dunkel und finster. Schonungslos offenbaren sie die schwarze Seite ihres Heimatlandes.
Dabei bleiben sie stets ernst und beschränken sich auf das Wesentliche, was leider zur Folge hat das der Kriminalroman etwas stumpf wirkt und vor allem die Figuren sehr leblos und oberflächlich wirken. Während vielen Romanen ein paar Seiten weniger nicht schaden könnten, würde "Wo die Zitronen blühen" die ein oder andere Seite mehr sicherlich gut zu Gesicht stehen. Das ist aber auch schon alles, was mich an diesem Kriminalroman gestört hat.
Denn die Handlung an sich ist gespickt mit allen möglichen Verbrechen wie Korruption, Betrug, Mord... Sehr offen und ehrlich beschreiben die Autoren Vorkommnisse, die im sonst so familienfreundlichen Italien leider auch an der Tagesordnung sind. Jedenfalls in dem Milieu, in dem sich der Kriminalroman abspielt. Denn wenn im Mafia-Milieu gleich mehrere Familien nach der Krone streben, kann es ganz schnell dunkel und gefährlich werden. Genau das haben Massimo Carlotto und Marco Videtta wirklich sehr glaubwürdig und überzeugend übermittelt. Durch die eine oder andere Verstrickung wird der Leser am Ball gehalten und die Spannung stets hoch gehalten.
Der Titel des Romans ist meiner Ansicht nach sehr gut gewählt, denn jede Zitronen ist, auch wenn sie noch so harmonisch gelb erstrahlt, innen sauer. Und auch wenn die Zitronen in einer schönen und traumhaften Umgebung blühen, ist diese nicht frei von finsteren Geschehnissen.
Alles in allem lässt sich sagen, dass der Roman mit 216 Seiten etwas zu kurz gehalten wurde und ihm deswegen doch etwas der Tiefgang gefehlt hat. Dennoch kann er aufgrund seiner Offenheit und Klarheit überzeugen und unterhalten. Wer sich ein strahlendes und freundliches Italien wünscht, sollte die Finger von diesem Roman lassen. Wer aber auch mal die andere Seite eines wirklich schönen Landes kennenlernen will, ist mit "Wo die Zitronen blühen" gut beraten.