Kurzbeschreibung
Ich sehe das Land, dachte Fergus. Mit deinen Augen. Siedlungen, Rinder, Felder. Es ist kalt. Und irgendwo dort unten liegt der See. Wenn die Wolken wandern, kann man ihn gerade noch erkennen. Und es ist schön, eine Schönheit, an der man erst Gefallen finden muss. Eine Schönheit, die man erst im Laufe eines Lebens begreift.
Nordirland, 1981. Es ist Sommer und Fergus küsst Cora, das Mädchen aus Dublin. Und er fragt sich: Warum tut die ganze Welt eigentlich nicht genau dieses, immerzu?
Es ist Sommer und Fergus lebt in Drumleash, Nordirland. Es ist der Sommer der Unruhen, des Hasses, der Gewalt, des Hungerstreiks. Und Fergus ist hier zu Hause.
Zur Autorin:
Siobhan Dowd lebte mit ihrem Mann in Oxford, wo sie 2007 im Alter von 47 Jahren starb. Zwei ihrer Bücher waren bereits veröffentlicht und mehrfach prämiert. "Anfang und Ende allen Kummers ist dieser Ort" und ein weiteres waren noch unveröffentlicht.
Meine Meinung:
Das neuste Buch und leider auch das vorletzte von Siobhan Down hat mich so sehr gefesselt, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen wollte. Ein spannender und authentischer Einblick in das Leben in Nordirland in den 1980ern, als es von Unruhen und Terroranschlägen erschüttert wurde.
Fergus McCann ist gerade volljährig geworden und dabei, seinen Schulabschluss zu machen. Danach möchte er nichts als weg, weg aus der Heimat, in der es scheinbar nur Unglück und Kummer gibt, egal ob zu Hause oder draußen. Sein Bruder gehört zu denen, die aktiv um die Unabhängigkeit kämpfen. Momentan ist er im Gefängnis und will sich den Hungerstreikern anschließen. Mit seinem Onkel fährt Fergus über die Grenze nach Irland, heimlich Torf stechen um etwas Geld zu verdienen. Dabei findet er die Leiche eines Mädchens, die dort schon sehr lange verborgen war. So lernt er Cora kennen, deren Mutter Archäologin ist und die Fundstelle und den Leichnam untersuchen soll...
Siobhan Dowd hat aus den verschiedenen Handlungssträngen sehr geschickt eine spannende und einfühlsame Geschichte gewebt. Auf der einen Seite die Geschichte der Moorleiche, deren letzte Tage Fergus in seinen Träume erlebt. Auf der anderen Seite die Gegenwart, in der viele Menschen sehr unterschiedliche Erwartungen an ihn haben. Er soll sich aus den Konflikten heraushalten, er soll den Kämpfern weiterhelfen, sonst wäre er ein Verräter und dann ist da noch Cora, die in seinem Leben und seinen Gedanken eine immer größere Rolle spielt.
Der innere Konflikt von Fergus, die Suche nach dem richtigen Weg wird lebendig und überzeugend beschrieben. Genau wie die bittere Feststellung, dass die Welt nicht so schwarz oder weiß ist, wie es manche Leute gerne hätten und viele Menschen nicht das sind, was sie vorgeben zu sein.
Ein faszinierendes Buch über die Träume und und Ziele Heranwachsender sowie zwei sehr unterschiedliche Abschnitte der irischen Geschichte. Hoffentlich wird auch das letzte - bisher noch unveröffentlichte - Buch dieser herausragenden Autorin noch übersetzt.