Kopftuch

  • @His: <dasmeisteunterschreibundunterzeichne>


    LG
    Baumbart


    Ich finde es auch bedenklich und es stimmt mich sehr nachdenklich, daß wir uns in unseren Bundesländern gezwungen sehen, ein Gesetz darüber einzuführen, was sich eigentlich von selbst regeln sollte.


    Frage: was passiert da mit uns und wie kann man unnütze Konfrontationen und Verhärtungen von Standpunkten vermeiden?


    LG
    Baumbart

  • Hi Baumbart,


    Bin Ladens Ziel, vor allem das Ziel des Gehirns von Al Kaida, dieses ägyptischen Arztes, der zwar irre ist, aber als hoch intelligent eingestuft wird, ist es, Unruhen zwischen Religionen zu schaffen.


    Dies haben sie bestens geschafft, was der plötzliche Kopftuchstreit belegt. Muslime werden gleich schief angesehen, wenn sie ein Kopftuch tragen, und allzu leicht mit "Terrorismus" verbunden.
    Es bildet sich wieder ein religöser Nationalismus und Chauvinismus, dass heißt "Wir, die Christen, sind eine gute Religion, der Islam ist eine gefährliche Religion". Das nimmt ohne übertreiben zu wollen langsam Kreuzzugsartige Ausmaße an.
    Solche Ansichten ähnlich ziemlich George Bush Ideologie, nämlich die Welt in Gut und Böse zu unterteilen. Über Bush wird ja gerne zurecht geschimpft, dabei wird übersehen, dass wir genau auf seine dümmliche Idiologie zielgerecht hinsteuern, nämlich die Verbreitung von Angst durch Vorurteile und Schwarz-Weiß-Denken.


    Es könnte leicht sein, dass wir bald wieder Religionskriege haben könnten, wenn unsnicht endlich die Vernunft packt, und wir mit der Panikmache aufhören.


    Zitat

    rage: was passiert da mit uns und wie kann man unnütze Konfrontationen und Verhärtungen von Standpunkten vermeiden?


    Toleranz, Vernunft, aufeinander zugehen, etwas Bildung über Religionen, schön wäre uns geholfen.


    Gruß

  • Zitat

    Original von Marksman
    Ich fürchte, daß Du nicht verstanden hast, was ich sagen wollte:


    Das sagte ich bereits.


    Zitat

    Meinetwegen kann die Frau außerhalb ihrer Tätigkeit 'rumlaufen wie sie das will. In der Schule allerdings hat sie eine Vorbildfunktion und da das Recht auf freie Religionsausübung auch in der anderen Richtung besteht, darf Sie das dort nicht.


    Ich übertrag das mal ins "weltliche", da Religionen bekanntlich Weltanschauungen sind ebenso wie Atheismus und ähnliche Strömungen.
    Was ist mit einer Lehrerin, die eine ausgesprochen weltliche Kleidung trägt, eine die im Sommer mit superknappen Oberteilen und Röckchen vor der Klasse steht? Auch diese Lehrerin verkörpert eine Weltanschauung -- und zwar nach unseren allgemeinen Vorstellungen eine von vielen, von denen keine als besser oder schlechter angesehen werden darf. Aber warum darf sie ihrer Weltanschauung in allem Ausdruck geben und die andere nicht?


    Zitat

    Mit anderer Richtung meinte ich, daß jedes Kind das Recht hat, sich die Religion auszusuchen, die es für sich als richtig empfindet.


    Und woher soll es die kennen, wenn es nichts von ihnen erfahren darf?


    Zitat

    Ich bin auch nicht nur gegen das Kopftuch - auch ein Kreuz oder ähnliches an der Wand stört mich immens. Dazu kommt noch, daß das Kopftuch auch ein politisches Zeichen darstellt - und diese Botschaften, die es vermittelt, sind nun einmal dadurch bedingt, was die Medien zu bieten haben und das ist leider Gottes in erster Linie Terror, Tod und Unterdrückung.


    Du machst deine politischen Entscheidungen von der Berichterstattung und Meinungsbildung in den Medien?


    Dir ist hoffentlich bewußt, daß du damit erstens den Medien gleichsam per Gesetz eine propagandistische Macht verleihst, die ihnen nach unserer Verfassung nicht zusteht -- die Aufgabe der Medien ist Information (und Unterhaltung), nicht Meinungsbildung durch Des- und Fehlinformation. Mit deinen Vorschlägen gibst du bestimmten Massenmedien und damit den Leitungen der jeweiligen Konzerne faktisch das Recht, Gesetzgebung und Politik in unserem Lande zu bestimmen.


    Zitat

    Das sich auseinandersetzen mit anderen Religionen ist mE sehr wichtig. Aber das darf nicht mit Grundrechten von Anderen kollidieren. Das muß also anders passieren.


    Wie denn?
    Du forderst doch, die Möglichkeiten zur Auseinanderzusetzung abzuschaffen. Und das ist wiederum ein klarer Verstoß gegen die im Grundgesetz festgelegten unveräußerlichen Rechte jedes Menschen (GG Art.3 bis 5).


    Das ist wie mit den Behinderte in der Gesellschaft: Über lange Zeit wurden sie hübsch in Heime und Werkstätten gepackt, um sie davor zu verschonen, Menschen, die vielleicht ablehnend reagieren könnten, zu begegnen -- aber vor allem verschonten wir die "Gesunden" vor dem "Kranken", die "Normalen" vor dem "Anderen".
    Genau diese Verfahrensweise verlangst du, indem du die Beseitigung aller religiösen (aber nicht alle weltanschaulichen) Symbole aus öffentlichen Räumen verlangst! Du verfährst mit den Weltanschauungen und Religionen, wie man mit Behinderungen verfahren ist -- wobei selbstverständlich diejenige Weltanschauung ausgenommen wird, die gerade hip ist.


    BTW: Welche ist das? Und nach welchen Kriterien wird das festgelegt? Von wem? Wer befugt diese Personen? Fragen über Fragen ...


    Zitat

    Was der ganzen Sache noch die Krone aufsetzt ist die Tatsache, daß sie hier in Deutschland für ein Recht kämpfte, welches Sie in Ihrem Heimatland nicht hat, weil dort religiöse Zeichen in öffentlichen, nichtgeistigen Institutionen verboten sind. Daß das in der Region in anderen Staaten anders ist, weiß ich auch, spielt hier aber keine Rolle, denn Sie kommt nun einmal nicht von dort.


    Von wem redest du???
    Die Bestimmungen der Bundesländer Hessen und BaWü, die wir hier diskutieren, betrifft keineswegs nur muslimische Türkinnen, sondern alle Musliminnen, ganz gleich welcher Nationalität -- übrigens auch deutsche Musliminnen.


    Es gibt in allen Weltanschauungen fundamentalistische Strömungen, die sich von den Sitten und Symbolen anderer Weltanschauungen gestört wähnen -- sogar bei atheistischen, sozialistischen und erstaunlicherweise insbesondere bei den liberalen Strömungen.
    Fundamentalismus ist keineswegs beschränkt auf bestimmte Religionen -- er ist eine Geisteshaltung, die eine Weltanschauung benutzt, um die eigene Intoleranz zu begründen.
    Leider mache ich die Erfahrung, daß viele Menschen, die sich äußerst liberal geben, in den Symbolen anderer Weltanschauungen eine Bedrohung der eigenen Freiheit sehen und sofort nach dem Gesetzgeber rufen, dies einzuschränken, da es die Freiheit einschränke. Die weitere Begründung lautet: Zwar wird dabei die Freiheit des anderen, die eigene Religion auszuüben, eingeschränkt, aber da die Ausübung dieser Religion ohnehin mit einer freiwilligen Einschränkung der eigenen Freiheit einhergehe, dürfe man den anderen dazu zwingen, diese freiwillige Einschränkung der eigenen Freiheit einzuschränken, damit er selbst und alle, die ihm begegnen, im Genuß der uneingeschränkten Freiheit (auch der Religionsausübung) bleiben.

  • Zitat

    Original von Historikus
    Es könnte leicht sein, dass wir bald wieder Religionskriege haben könnten, wenn unsnicht endlich die Vernunft packt, und wir mit der Panikmache aufhören.


    Die Vernunft kann uns nicht packen -- eigentlich müssen wir sie bloß benutzen.

  • Zitat

    Original von Historikus
    Hallo Marksman,


    das ein Stück Stoff plötzlich mit Terrorismus und Unterdrückung bedeuten soll, verwundert mich doch sehr.


    Nun, es ist allerdings die Realität, was viele Menschen inzwischen über das Kopftuch denken - da spielt die "Tradition" hierzulande auch keine Rolle mehr.


    Ich werde auch es auch jetzt zum letzten Mal sagen:
    Es kommt nicht darauf an, was ich denke und weiß - es kommt darauf an, was über die Medien in die Köpfe der breiten Masse wandert. Man kann noch hunderttausendmal sagen. "Aber das stimmt nicht - so ist das nicht wahr - das entspricht nicht den Tatsachen" - wenn dir niemand zuhört. Die "Wahrheit" ist letztlich immer das, was die breite Masse glaubt. Alles andere ist unwichtig. Das beste Beispiel kommt aus "unserer" eigenen Vergangenheit: Die Judenverfolgung wurde mit sehr fadenscheinigen Argumenten gerechtfertigt - aber hat das jemanden interessiert?




    Zitat

    Delfin:Hallo Marksman, es ging in der Ausgangsfrage nicht darum, ob Frau Ludin im Unterricht ein Kopftuch tragen darf, sondern was unsere Meinung dazu ist, dass "alle hessischen Beamtinnen im Dienst kein islamisches Kopftuch mehr tragen [dürfen]" bzw. zu dem geplanten Gesetz in Berlin „das noch weiter reicht als die Hessische Regelung: Demnach sollen in der Hauptstadt ab 2005 alle sichtbaren religiösen Symbole - darunter das muslimische Kopftuch, das christliche Kreuz und die jüdische Kippa - aus dem öffentlichen Dienst verschwinden.“ Im Fall des Berliner Gesetzes sind also nicht nur muslimische Frauen betroffen, sondern auch Nonnen, die unterrichten oder männliche jüdische Mitbürger, die im öffentlichen Dienst arbeiten und eine Kippa tragen. Um mal von den Nonnen wegzukommen: Zur Kippa kann ich sagen, dass ich einen jüdischen Kollegen hatte, für den es undenkbar sein würde, keine Kippa zu tragen. Ich weiß noch, einmal kam er morgens rein und stellte fest, dass seine Kippa weg ist. Daraufhin lief er den Rest des Tages mit einer Serviette auf dem Kopf herum. Ich kann das zwar nicht unbedingt nachvollziehen, aber ich respektiere es und wäre die Letzte, die jemandem im öffentlichen Dienst verbieten wollen würde, eine Kippa zu tragen. Warum auch?


    Ganz einfach: Wegen Artikel 4 Absatz 1 des Grundgesetzes


    Zitat

    (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.


    Das bedeutet allerdings auch, daß ich ohne Beeinfussung, die vermeidbar ist, das Recht habe, mir eine Religion auszusuchen.


    Artikel 2 wird dadurch nicht beschränkt - was die in ihrer Freizeit tun geht mich nichts an.

    Menschen glauben etwas, weil sie es glauben wollen, oder weil sie Angst haben, es könnte wahr sein.


    (Zitat)

  • Zitat

    Original von Marksman
    Nun, es ist allerdings die Realität, was viele Menschen inzwischen über das Kopftuch denken - da spielt die "Tradition" hierzulande auch keine Rolle mehr.


    Vox populi, vox dei?


    Zitat

    Die Judenverfolgung wurde mit sehr fadenscheinigen Argumenten gerechtfertigt - aber hat das jemanden interessiert?


    Stimmt. Sie gärt auch immer noch in vielen Köpfen (auch dank gelegentlich sehr unglücklichen Äußerungen von Vertretern jüdischer Verbände, aber vor allem wegen einer verfehlten Bildungspolitik in allen Lagern). Sollen wir jetzt die Nürnberger Rassegesetze wieder einführen?


    Zitat

    Das bedeutet allerdings auch, daß ich ohne Beeinfussung, die vermeidbar ist, das Recht habe, mir eine Religion auszusuchen.


    Ohne eine Beeinflussung, der die einen Widerhall im Strafrecht findet. Jeder darf in Deutschland für seine Religion werben. An den Straßenecken stehen Zeugen Jehovas mit ihrem Wachturm, die Mormonen klingeln, um ein Gespräch mit dir anzufangen, die Christen läuten ihre Glocken, der Muezzin ruft die Gläubigen zum Gebet, der Religionslehrer klärt Kinder über ihren Glauben auf usw. usf. Das alles steht im Einklang mit unserer Gesetzgebung und mit den unveräußerlichen Grundrechten des Grundgesetzes.
    Und weil du dich vom "Kopftuch" besonders bedrängt fühlst oder fürchtest, daß deine Kinder das toll finden könnten, oder glaubst, Otto Normal sei so doof, daß er da keine Unterscheidungen machen könne und das so zu Unruhen führen würde, unterstützst Gesetze und Verordnungen, die eine vollkommene Beseitigung der Religionen aus dem öffentlichen Leben verursachen?


    Zitat

    Artikel 2 wird dadurch nicht beschränkt - was die in ihrer Freizeit tun geht mich nichts an.


    Nee, du verbannst die Religionsausübung nur in die vier Wände, weil du ein Problem damit hast.

  • Juli : Es gibt ein Unterschied zwischen dem öffentlichem Leben und der Repräsentation des Staates - den öffentlichen Ämtern.


    Ich bin lediglich für eine Trennung von Religion und Staat. Das ist mE unabdingbar.


    Und ich wäre Dir dankbar, wenn Du meine Posts das nächste Mal richtig lesen würdest. Auch deswegen werde ich mich dazu nicht mehr äußern.


    Wenn noch jemand mit mir konstruktiv diskutieren will, also ehrliches Interesse an meiner Meinung hat, dann darf er mich gerne per ICQ oder pn / eMail ansprechen.


    Hugh

    Menschen glauben etwas, weil sie es glauben wollen, oder weil sie Angst haben, es könnte wahr sein.


    (Zitat)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Marksman ()

  • Zitat

    Original von Marksman
    Juli : Es gibt ein Unterschied zwischen dem öffentlichem Leben und der Repräsentation des Staates - den öffentlichen Ämtern.


    Ich bin lediglich für eine Trennung von Religion und Staat. Das ist mE unabdingbar.


    A ja, okay, wie in den USA, wo der Staat auch 100%ig weltlich ist, wie die Verfassung vorschreibt.
    Eine klitzekleine Frage habe ich trotzdem noch, weil ich es nämlich wirklich nicht weiß: Wie repräsentiert man keine Religion?


    Zitat

    Und ich wäre Dir dankbar, wenn Du meine Posts das nächste Mal richtig lesen würdest. Auch deswegen werde ich mich dazu nicht mehr äußern.


    Die Worte las ich wohl, aber entweder habe ich sie zu wörtlich genommen oder zwischen den Worten hat etwas gestanden, was ich nicht erkannt habe ...

  • Ob mein Finanzbeamter ein Kreuz oder eine Kippa trägt, ist mir ehrlich gesagt egal, ich gehe davon aus, dass er dafür ausgebildet ist, seinen Job zu machen und ich fühle mich dadurch auch nicht in meiner eigenen Religionsfreiheit beeinträchtigt.


    Was aber vor allem mein Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung der Hessischen Regierung beeinträchtigt, ist der Nachsatz, dass „jeweils im Lichte "der christlich und humanistisch geprägten abendländischen Tradition des Landes Hessen"“ geprüft wird, ob ein Fall vorliegt, der das Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung einer Person beeinträchtigt. Da trennt die Regierung ja schon selbst nicht nach Staat und Kirche.


    Lg Iris

  • Zitat

    Original von Delfin
    Ob mein Finanzbeamter ein Kreuz oder eine Kippa trägt, ist mir ehrlich gesagt egal, ich gehe davon aus, dass er dafür ausgebildet ist, seinen Job zu machen und ich fühle mich dadurch auch nicht in meiner eigenen Religionsfreiheit beeinträchtigt.


    Offen gestanden, sich vom Anblick eines religiösen Symbols beeinträchtigt zu fühlen, offenbart dieselbe Geisteshaltung, die sich vom Anblick einer fremdländischen Uniform oder einer fremdländischen Flagge beeinträchtigt wähnt ...


    Zitat

    Was aber vor allem mein Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung der Hessischen Regierung beeinträchtigt, ist der Nachsatz, dass „jeweils im Lichte "der christlich und humanistisch geprägten abendländischen Tradition des Landes Hessen"“ geprüft wird, ob ein Fall vorliegt, der das Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung einer Person beeinträchtigt. Da trennt die Regierung ja schon selbst nicht nach Staat und Kirche.


    Was hast du erwartet? Diese Regelung ist blanker Populismus, der "Liberale" genauso bedient wie bornierte "Christen", die gut daran täten, bei ihren jeweiligen, unentwegt herangezogenen geistigen Urvätern nachzulesen.
    Hessen hat eine Landesregierung, die den Wahlsieg nicht durch Argumente, sondern durch kruden Populismus unter Ausnutzung rassistischer Ängste und Vorurteile ermogelt hat. Daß eine erfolgreiche Masche immer wieder neu gestrickt wird, kann niemanden verwundern.

  • Zitat

    Original geschrieben von Iris:
    Hessen hat eine Landesregierung, die den Wahlsieg nicht durch Argumente[...]


    :lache


    Naive Vorstellung, Politik funktioniere nach den Gesetzen des Anstands und der Ehrlichkeit. Daß die Realpolitik der Bundesregierung nach 1998, vielmehr aber nach dem Rücktritt Lafontaines nichts mit der Regierungserklärung des Schröder-Teams zu tun hat[te] (Schröder-Blair-Papier), scheint weniger zu irritieren. Daher: fadenscheinig.

  • Zitat

    Original von Grizzly
    Naive Vorstellung, Politik funktioniere nach den Gesetzen des Anstands und der Ehrlichkeit.


    Woraus hast du denn das gelesen?
    Mir ist schon klar, weshalb man erst mit 18 wählen darf -- "weil ein Dreijähriger alles glaubt, was der Onkel aus Amerika erzählt" (Volker Pispers -- sehenswert!).


    Ich bin allerdings der Überzeugung, daß es einen gewaltigen Unterschied macht, ob der eigenen Klientel die üblichen Wahlkampfversprechen vorgebetet werden oder ob jemand mit Flugblättern, Postwurfsendungen und Unterschriftensammlungen rassistische Ressentiments erst so richtig aufkocht, um durch die Lufthoheit über den Stammtischen eine Wahl zu gewinnen. Wer in diesem Tümpel fischt, macht die Braunen wohnzimmertauglich -- wie weiland Schleicher und von Papen.

  • Ich halte das Kopftuch der muslimischen Frauen nicht gerade für den Ausdruck von Glauben, genausowenig wie die Perücke bei orthodoxen jüdischen Frauen.


    Hier geht es um die Position der Frau innerhalb des jeweiligen Kulturkreises - genauso wie früher in Europa die Haube die Position der Frau in der christlichen Gesellschaft zeigte.


    Es ist eine Ungleichbehandlung der Geschlechter eines Teils der jeweiligen Glaubensgemeinschaft und zudem ein Statement zu welchem Grad man die Religion über die Verfassung stellt, die Gleichheit von Mann und Frau garantieren soll. Wenn das Kopftuch oder die Perücke Pflicht wäre, dann müssten sie ja alle Frauen dieser Religionsrichtung tragen (so wie es in Saudi Arabien und auch in anderen muslimischen Staaten verlangt wird), dies ist aber nicht so und erst recht nicht in der laizistischen Türkei.
    Also ist das Kopftuch bei Türken hauptsächlich der Ausdruck einer Regression zu alten Werten, die den Gehorsam der Frau zu ihrem Mann und zu den Regeln der Sharia bezeichnet und die nicht im Einklang mit den humanistisch-äufklärerischen Werten stehen und auch nicht mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau.

  • Oryx... was du in deinem letzten Beitrag schreibst (falls vorherige da waren, habe ich sie nicht gelesen), leuchtet mir zu einem gewissen Punkt ein, allerdings finde ich es schwer zu rechtfertigen, den Frauen nicht das Ausleben ihrer Religion zu ermöglichen, die das wirklich wollen. Woher weißt du, ob eine Muslime ihr Kopftuch aus Überzeugung trägt oder aus vorsintflutlich anmutendem Traditionsbewusstsein, dass vor allem die Männerwelt in ihren eigenen vier Wänden aufrecht erhält?


    Generell verstehe ich eins an der Diskussion nicht. Wieso besteht bei einigen hier die Auffassung, dass ein getragenes Kopftuch, eine Kippa oder auch das christliche Kreuz eine Beeinflussung der eigenen Religiösität darstellt (oder auch Nicht-Religiösität). So lange mir niemand sagt, was ich seiner Meinung nach zu glauben habe, ist doch alles in Ordnung.


    Da finde ich es beispielsweise schlimmer, wenn morgens mal wieder die Zeugen Jehovas klingeln und selbst nach einem freundlichen "Danke, ich bin nicht interessiert" weiter ihre Sprüchlein aufsagen, in der Hoffnung, mir die Bibel doch noch erklären zu dürfen. Das ist "gelebte Religionsfreiheit", die mich stört. Diese aktiven Bekehrungsversuche sind das Problem, nicht eine eher passiv ausgerichtete Darstellung der eigenen Religionszugehörigkeit, die ich jedem gönne, so wie er mir meinen Glauben gönnen muss...

  • Sangreal : Ich habe als Kind durch die Arbeit meiner Mutter im CC relativ viel Kontakt mit moslemischen Frauen im arabischen Raum gehabt und komme selbst teilweise aus einem Kulturkreis, in dem die Männer weniger wert sind als die Frauen. Für solche Feinheiten habe ich ein Gespür und mir ist die Gleichbehandlung der Geschlechter ein ganz besonderes Anliegen.


    Moslemische Frauen ausserhalb bestimmter Schichten (und selbst da nur eingeschránkt) sind angehalten, dem Manne zu gehorchen und das Kopftuch soll eine bestimmte Zucht und Demut beweisen - zu Allah und zu ihrer Familie, wobei sie sich vor den Blicken fremder Männer schützen soll. Die Kopfbedeckung ist selbt bei hochreligiösen Familien bei männlichen Familienangehörigen und prepubertären Kindern nicht nötig.
    Wenn Du Dir türkische Politikerinnen ansiehst oder auch die Sprecherinnen der PLO, oder die syrische First Lady oder die jordanischen Königinnen und Prinzessinnen, dann wirst Du ausser in einer Moschee diese Kopfbedeckung nicht finden, weil sie in diesen Ländern als retrograd und bäuerlich angesehen wird.