Meinung zu einem Grundschulthema

  • Hallo,


    ich möchte mal eine Frage in den Raum stellen, weil sie mich zur Zeit sehr beschäftigt.


    Die Kinder in der 2. Klasse meines Sohnes haben sich mit dem Thema Bauernhof beschäftigt, welche Tiere dort leben, was sie essen etc pp. Dann brachte ein Kind das Bild von einem Käfighuhn mit, was bei den Kindern große Empathe ausgelöst hat. Die Kinder haben sich das Thema dann näher angeschaut und sich mit den Eier Kennzeichnungen etc beschäftigt.


    Dann entwickelte sich der Gedanke, dass auch andere Menschen davon erfahren müssen, wie schlecht es den Hühnern geht, damit sie keine Eier aus Käfighaltung mehr kaufen. Sie entwarfen einen Fragebogen (Welche Eier sollte man kaufen, Was bedeuten die Zahlen auf den Eiern, Wie viel Platz hat ein Käfighuhn), mit dem sie vor dem örtlichen Supermarkt die Menschen befragen wollten. Der Supermarktleiter war einverstanden.


    Wie findet ihr das?


    (ich habe versucht es neutral zu formulieren)

  • Also ich bin kein Umweltaktivist oder so... aber ich bin jemand der sehr genau darauf achtet, keine Eier aus Käfighaltung zu kaufen. In Gesprächen mit anderen Leuten habe ich festgestellt, dass einige gar nicht darüber nachdenken was sie tun, wenn sie Eier aus Käfighaltung kaufen.


    Ich finde die Idee der Schüler gut. Wenn ich es richtig verstehe, dann gehen sie zum Supermarkt, stellen sich davor und befragen die Leute. Kann das schlimm sein? Eigentlich ist es doch schön, wenn sich Schüler heute noch "praktisch" mit einem Thema beschäftigen. Das kommt doch oft viel zu kurz. Ich finde das auch vom Supermarktleiter toll, dass er zugestimmt hat.


    Ich frage mich gerade was dagegen sprechen kann.

  • Ich finde die Idee auch klasse. Toll, daß der Supermarktleiter mitmacht. Vielleicht greifen dadurch einige Leute weniger zu Käfigeiern.
    Sehe nur schon die genervten Omas vor mir, die es ja immer eilig haben und keine Zeit, auf die Fragen der Kinder zu antworten.
    By the way: ich finde solche Umfragen wirklich klasse (es steckt ja immer viel Engagement und Zeitaufwand hinter so einem Projekt) und das honoriere ich dann auch gerne. Ich habe mir schon mehrfach die Zeit genommen, wenn Schüler so etwas gemacht haben.

  • Zitat

    Original von Lesemaus79
    Die Kinder in der 2. Klasse meines Sohnes haben sich mit dem Thema Bauernhof beschäftigt, welche Tiere dort leben, was sie essen etc pp. [...]
    Dann entwickelte sich der Gedanke, dass auch andere Menschen davon erfahren müssen, wie schlecht es den Hühnern geht, damit sie keine Eier aus Käfighaltung mehr kaufen. Sie entwarfen einen Fragebogen (Welche Eier sollte man kaufen, Was bedeuten die Zahlen auf den Eiern, Wie viel Platz hat ein Käfighuhn), mit dem sie vor dem örtlichen Supermarkt die Menschen befragen wollten. Der Supermarktleiter war einverstanden.


    So, als jemand der ausschließlich Freiland- oder Bioeier kauft, stelle ich mir folgende Fragen:
    1. Haben die Kinder sich mit der Frage beschäftigt, was es für Konsequenzen hätte, wenn NUR noch Eier aus Freiland-/Biohaltung produziert werden würden (Preise, Platzangebot, Produktionsmengen, steigende Preise bei industriell hergestellten Lebensmitteln, für die m. W. fast ausschließlich Käfigeier genutzt werden)?
    2. Geht es nur um Eier oder um den ganzen Rattenschwanz, der an der Tierhaltung zum Zwecke der Nahrungsproduktion hängt? (Und vielleicht Kinder der 2. Klasse etwas überfordern könnte.)
    3. Haben sich die Kinder mit dem Budget von Geringverdienern oder kinderreichen Familien beschäftigt?
    4. Hat der Klassenlehrer eine Vorstellung davon, wie die Menschen im Ort auf 7jährige reagieren, die eine relativ offensichtliche, aber vielleicht auch etwas naive Botschaft rüberbringen wollen?


    Insgesamt gefällt mir eins an der Sache nicht - dass es hier um wirklich kleine Schulkinder geht. Das Thema der nachhaltigen Produktion von Lebensmitteln ist wichtig und ich finde gut, wenn Kinder sich damit beschäftigen. Aber ich hätte Angst, dass diese Einseitigkeit (auch wenn man von Kindern dieses Alters vielleicht komplexere Herangehensweisen noch nicht erwarten kann) in Kombination mit "Öffentlichkeitsarbeit" doch schief ankommt. Wenn das ganze ein Lehrstück in Sachen zivilbürgerliches Engagement sein soll, bitte schön. Aber ob das bei diesem Thema die Aufgabe von 7jährigen ist?

  • Vulkan, ich kann deinen Denkansatz komplett verstehen, das Thema ist einfach zu komplex, als dass es von den Kindern in seiner ganzen Reichweiter erfasst werden könnte.


    Aber sollte nicht jeder mit seinen Mitteln versuchen, sich für Dinge, die ihm wichtig erscheinen einzusetzen? Sie wollen den Hühnern helfen, haben Bilder von glücklichen Freilandhühnern gemalt und sich die Fragen für die Erwachsenen überlegt. Sie haben Flugblätter gemalt, auf denen traurige Käfighühner abgebildet sind auf denen steht "Kauft bitte keine Eier von Käfighühnern".


    Man mus und soll mit den Kinder nicht über Einkommen etc diskutieren und das Thema in seiner ganzen Reichwiete ausdiskutieren. Dafür sind die Kinder einfach noch zu klein.


    Aber können sie nicht dennoch in ihren Möglichkeiten und in ihrem Rahmen aktiv werden? Sie wollen die Leute dazu bringen, beim Einkauf genauer hinzusehen, nicht mehr und nicht weniger.

  • Lesemaus, natürlich ist das legitim. Ich persönlich reagiere allergisch darauf, wenn jemand meint, mir zwischen Tür und Angel (=Straße, Supermarkt, etc.) Gutmenschentum beizubringen, selbst wenn ich mit der Sache ansich konform gehe. Und Gutmenschentum ist es für mich, wenn man meint, mit Bioeiern die Welt zu retten.


    Abgesehen davon würde ich nicht wollen, dass mein 7jähriges Kind 30-, 40-, oder 80jährige versucht darüber aufzuklären, was man für Eier kaufen sollte. Aber das ist meine persönliche Einschätzung. Ich wäre zu solchen Kindern, sollten sie meinen Supermarkt bevölkern, freundlich und kooperativ. (Das bin ich sonst nicht, wenn mich Menschen ungefragt wegen ihrer Belange auf der Straße anquatschen!) Aber wo genau der Lerneffekt wäre, erschließt sich mir trotzdem nicht so ganz


    Edit: Und ich bin doch glatt so überheblich, zu sagen, dass mir ein durchschnittliches 7jähriges Kind ganz sicher nicht beibringen kann, bei Lebensmitteln genauer hinzuschauen. Ich würde mir wahrscheinlich das Kind greifen, mit ihm in die Kühlabteilung gehen und ihm erstmal erklären, was so alles in Fruchtzwerge, Milchschnitte und Co drin ist - einschließlich Produkten aus Käfigeiern. :grin

  • Ich sehe diese Aktion auch eher als Ansatz, man kann nicht erwarten, dass hier die ganze "Bandbreite" diskutiert, erfasst und womöglich verändert wird.


    Aber es kann mMn nicht schaden, auf dieses Thema aufmerksam zu machen, auch in diesem Alter schon.


    Und wenn sich jemand tatsächlich für die ( teureren ) Eier aus Nicht-Käfig-Haltung entscheidet - finde ich das sehr gut.
    Den höheren Preis kann man evtl. dadurch ausgleichen, dass man sein Ess-und Einkaufsverhalten überdenkt. Es müssen z.B. nicht immer Eierteigwaren sein. ;-)

  • Aufklären ist sicher etwas anderes. Die Kinder werden auf ein Thema bestenfalls aufmerksam. Da wäre viel gewonnen.
    Aber - und da bin ich Vulkan sehr dankbar für die Hinweise - das eigentliche Problem liegt ja viel tiefer als bei den Eierpackungen. Es liegt in der Massenproduktion, in dem Willen der Masse der Kunden, zu jeder Zeit volle Regale zu finden und das zu möglichst kleinen Preisen. Solange dies den Kindern nicht mit dazu vermittelt wird, bleibt die Kampagne nur bei einem romantischen netten Bild und frommen Wünschen stecken...
    Aber vielleicht werden ja doch auch dadurch schon ein paar Kinder sensibel, weiter am Thema dran zu bleiben und dann auch tiefer zu schauen als zur Stufe "ach die aaaarmen Hühnchen ...."

  • Forderst du da nicht ein bißchen viel von 7/8jährigen, die einfach nur etwas unternehmen/helfen wollen? Klar sind sie in dem Stadium "die aaarmen Hühner", aber sie jammern nicht, sie wollen etwas verändern. Und in ihrer kleinen Welt ändern sie es eben, wenn sie Erwachsene bitte keine Käfigeier zu kaufen. Das ist nur ein kleiner Schritt, aber ein kleiner Schritt, der zum umdenken anregen kann, der vielleicht die Erwachsenen auch mal dazu bringt, einfach mal im Internet zu dem Thema zu googlen etc.


    Wenn die Kinder nur 1-2 Personen erreichen, ist das ein riesen Erfolg.


    Viele kleine Schritte helfen mehr als kein Großer, oder?

  • Zitat

    Original von Lesemaus79
    Forderst du da nicht ein bißchen viel von 7/8jährigen, die einfach nur etwas unternehmen/helfen wollen? [...]
    Viele kleine Schritte helfen mehr als kein Großer, oder?


    Lesemaus, das ist eine Glaubens- und Erziehungsfrage, bei der man nicht auf einen Nenner kommen muss.
    Ich persönlich finde es wichtig, dass Kinder so viel wie möglich über Lebensmittel und ihre Produktion lernen. Dazu gehört für mich auch, dass ein Lehrer mal mit ihnen den täglichen Speisezettel durchgeht und auf die ganzen versteckten Probleme in industriellen Produkten aufmerksam macht. Wenn die Kinder dann damit ihre Eltern, Großeltern und Tanten zutexten und ein paar Milchschnitten, Pizzen und Fertigdrinks weniger zu sich nehmen und für ihr Leben sensibilisiert sind, wäre meines Erachtens mehr als genug geholfen.
    Das Ganze mit der Belehrung von Erwachsenen zu verbinden ist nicht mein Ding, zumal ich der Meinung bin, das gerade die Eierfrage doch so präsent ist, dass man da keinen mehr hinter dem Ofen hervorlocken kann. Dann schon eher Grundschulkinder, die sich vor den Fruchtjoghurtregalen positionieren und die Erwachsenen fragen, was sie meinen, wie viel Zucker und Obst da wohl drin sind - könnte auch etwas penetrant rüberkommen, wäre für die Kinder aber bestimmt ein größeres Erfolgserlebnis.


    Die nächste Frage ist, wie man mit Kindern in dem Alter umgeht. Kleine Kinder brauchen einfache Wahrheiten. Aber die Welt ist nicht immer so einfach. Die Zweitklässler jetzt in so eine Aktion zu verstricken, um ihnen 3 Jahre später zu erklären, das was sie damals gemacht haben war ja ganz nett, aber vollkommen naiv und undurchdacht... Ich würde die Zeit lieber in anschaulichen Lebensmittelunterricht stecken.

  • Zitat

    Original von Lesemaus79
    Darf ich fragen, wie ihr damit umgehen würdet, wenn das die Klasse eurer Kinder wäre?


    Wenn das ganze schon läuft, würde ich es laufen lassen und versuchen, die Macken an der Geschichte selbst auszubügeln, also meinem Kind begreiflich zu machen, dass es zwar sehr schön ist, sich für etwas einzusetzen, aber die Sache häufig etwas komplizierter ist, als sie auf den ersten Blick scheint. Und ich denke, auch einem 7jährigen Kind kann man ein wenig über zusätzliche Probleme in der Lebensmittelindustrie erzählen, einfach, damit es weiß, dass es da noch mehr zu erforschen gibt.


    Wenn das ganze auf einem Elternabend vom Lehrer im Vorfeld angesprochen wird, würde ich meine o. g. Einwände geltend machen und fragen, ob man nicht eine Aktion im Supermarkt machen könnte, von der die Kinder eher noch etwas lernen, als dass sie andere belehren.


    Aber mit Lehrern anlegen würde ich mich nur, wenn mein Kind ungerecht/schlecht behandelt werden würde - und das sehe ich hier nicht gegeben.

  • Ich würde versuchen mitzugehen und mitzumachen und die Kinder dabei zu unterstützen UND versuchen, noch etwas mehr Tiefe in die Geschichte zu bekommen, indem man auch mal eine Hühnerproduktion besucht und mit den Leuten da redet ...
    und vielleicht auch noch ein Nudelwerk und evtl noch ein drittes, wo lecker Kindersachen aus Eiern hergestellt werden ...


    Ja, dann stehen die Kinder am Ende mit vielen Fragen und vielleicht ohne klare Antwort da, aber mir sind fragende Kinder allemale lieber als altkluge Kinder, die Halbwahrheiten verbreiten...

  • Ich esse nur Bio- und Freilandeier von Hühnern...
    In meiner Klasse wurde einmal ein Buch vorgestellt, dass für die Kleinen gut passen würd!


    Kurzbeschreibung by Amazon:


    Hanna ist ein Superhuhn. Sie ist 99 Jahre alt, und kann nicht nur sprechen, sondern auch schreiben. Sie ist nämlich blitzgescheit. Und so faßt sie den mutigen Plan, ihre Schwestern aus den so genannten Legebatterien zu befreien. Mit von der Partie sind die Kinder Sebastian und Theresa sowie der Fuchs Bartholomäus. Vom Ausgang dieses Abenteuers, und davon, wo leider heutzutage die meisten Frühstückseier herkommen, erzählt diese Geschichte, die aufgenommen wurde in die Ehrenliste zum Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis.