Rickeracke (Ein "Max und Moritz"-Krimi) - Josef Rauch

  • Verlag: Verlag M. Naumann
    Seiten: 142


    Rückentext:
    Auf einem Einödhof werden vier Hühner tot und grotesk arrangiert aufgefunden. Ein banaler Kinderscherz?
    Den Beteiligten vergeht aber ziemlich schnell das Lachen, als sie merken, dass der "Hühnermörder" mit wachsender Brutalität das ganze Repertoire der "Max und Moritz"-Streiche nachspielt. Der Bauernhof wird zum Schauplatz bizarrer Ereignisse, hinter denen sich ein schreckliches Geheimnis verbirgt. Ein spannender und atmosphärischer Kriminalroman, der gleichzeitig eine komplette "Max und Moritz"-Ausgabe beinhaltet.


    Über den Autor: (von der Verlagsseite)
    Josef Rauch, geboren 1968 in Eichstätt, wohnt mit Frau und Sohn im Landkreis Fürth und arbeitet im Klinikum in Fürth.


    Meine Rezension:
    Da ich leider nicht auf die gestern stattfindende "Untergrundlesung" konnte, habe ich eben selbst das Buch gelesen.


    Ein namenloser Privatdetektiv wird zu Hilfe gerufen, als auf einem Bauernhof am Ende der Welt 4 Hühner ermordet werden. Durch chronischen Geldmangel gezwungen nimmt er diesen eigentlich unwürdigen Fall an. Als er die "Leichen" begutachtet, klingelt es irgendwo in seinem Kopf... 4 Hühner die an 2 überkreuzten Schnüren miteinander verbunden sind, wo hat er das schon mal gesehen? Die lesewütige Tochter der Bauernfamilie leiht ihm auf seinen Verdacht hin ihre Gesamtausgabe von Wilhelm Busch und tatsächlich wird er fündig. Erst tut er das noch als Zufall ab, und da der Bauer nicht unbedingt ein gastfreundlicher Mensch ist, will er den Hof eigentlich schon wieder verlassen, doch da bricht die Brücke zusammen die er gerade mit seinem Auto überqueren will. Jemand hat sie angesägt. Dieses war der dritte Streich, doch der vierte folgt sogleich...


    Irgendwie herrscht in diesem kleinen Büchlein eine fast unwirkliche Stimmung. Der Einödhof am Ende der Welt, der fast komplett autark funktioniert, eine Minimalanzahl an Protagonisten die noch dazu alle keine Namen tragen und eine immer grotesker werdende "Streichserie" nach dem Vorbild von Max und Moritz.


    Diese Idee hat mir von Anfang an gefallen und bietet wirklich Potential. Es fängt ja auch alles erst noch so harmlos an. Aber wie heisst es schon bei Busch? "Aber wehe, wehe, wehe! - wenn ich auf das Ende sehe!", denn der Rückentext übertreibt nicht wenn er sagt, es würde "brutaler" werden. Leuten die große Probleme mit Gewalt an Tieren haben würde ich von dem Buch eher abraten (da werden Mäuse und Ratten mit Gewehrkolben zermatscht und in der Hand zerdrückt... und was mit dem Hofhund passiert verrate ich hier gar nicht erst). Der Schluss der Geschichte ist dann auch was das menschliche angeht sehr düster und ich fand es fast schade, dass darauf nicht noch etwas mehr eingegangen wurde. Die Darstellung an sich fand ich aber glaubhaft und der Situation angemessen.


    Ich hatte zwar schon sehr früh einen Verdacht wer hinter all dem stecken könnte, hatte allerdings ein anderes Motiv vermutet. An einer Stelle hab ich mich etwas über den Detektiv geärgert, da er den Einfall, die Streiche mal im Voraus zu lesen anstatt erst dann wenn sie passiert sind, erst etwas spät hat und dann auch noch darüber einschläft. Wenn man das dann aber dem Schock über den unmittelbar zuvor erlebten Streich zuschreibt, ist es halbwegs erträglich. Außerdem wäre sonst die eh schon sehr kurze Geschichte vielleicht noch kürzer geworden. Denn von den 142 Seiten Handlung kann man 54 abziehen die das Reprint von "Max und Moritz" enthalten welches der Detektiv liest.


    Am Schreibstil ist mir, wie auch schon beim ersten Buch des Autors, wieder aufgefallen, dass vor allem zu Beginn der Hang zu Vergleichen seeeehr groß ist, im Lauf des Buches wirds besser, aber gerade am Anfang ist es fast schon etwas nervig, wenn so ziemlich alles an Hof, Bauer, Bäuerin und Tochter mit irgendwas verglichen wird (Beispiele: die Brücke ist so vertrauenserweckend wie ein Mafioso mit Kleinkaliberpistole, die Gebäude des Hofes sehen aus wie uralte totkranke Wracks im Endstatium ihres Daseins, der Bauer hat ein Gebiss das frapierende Ähnlichkeit mit einem Steinbruch hat an dem Raubbau betrieben wurde, an den Stiefeln klebt ihm der Dreck vom Urknall und mit dem Schnitzmesser hätte man einen Tyrannosaurus Rex obduzieren können, etc.). Sicher dienen solche Vergleiche dazu etwas besonders bildhaft darzustellen, aber dies wurde hier, zumindest am Anfang, für meinen Geschmack doch übertrieben.


    Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir die Idee, die der Geschichte zugrunde liegt, gut gefällt und man die Umsetzung schon als gelungen bezeichnen kann, auch wenn es für meinen Geschmack ruhig noch etwas länger hätte sein dürfen, so dass man mehr über die Hintergründe der Charaktere hätte erfahren können. Die stilistischen Mängel fallen jetzt nach dem Einstieg nicht mehr sooo schwer ins Gewicht, dass sie den Lesefluss hemmen und die gesamte Atmosphäre hat mir wie gesagt sehr gut gefallen, vor allem ab dem Moment als auch der Leser merkt: hier geht es nicht mehr nur um simple "Streiche" mit denen die Sonderlinge vom Einödhof schickaniert werden sollen, hier wird sich etwas wirklich Schlimmes ereignen.


    Der Preis ist für das dünne Buch natürlich schon ziemlich happig, aber da es sich um einen Autor (und einen Verlag) handelt der aus dem Regional-Bereich stammt, zumindest nachvollziehbar. Und vermutlich wird es auch hier irgendwann wieder ein Taschenbuch geben.


    7 von 10 Punkten

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda