'Rot ist mein Name' - Kapitel 01 - 12

  • Ich habe jetzt den ersten Abschnitt beendet und mag das Buch bisher sehr. Ich komme aber auch nur langsam voran, nur heute habe ich mehrere Kapitel am Stück gelesen. Ich finde es wirkt aber besser, wenn man immer mal ein Kapitel liest und das Buch dann wieder beiseite legt. Ohne die Leserunde hätte das Buch bestimmt noch Ewigkeiten im Regal gestanden, auf die Art habe ich schon oft festgestellt, was für Schätze ich in meinen gesammelten Werken habe.


    Über den Inhalt habt ihr ja schon viel geschrieben.
    Worüber ich mich gewundert habe ist, woher Ester wusste, dass Seküre das Fenster in dem Moment öffnen wird, in dem Kara vorüber reitet.

  • Ich habe den ersten Abschnitt nun auch beendet – leider komme ich im Moment nicht so oft zum Lesen – und so lange – wie ich es mir wünsche ...



    Zitat

    Original von milla
    Kapitel 10
    Ein gemalter Baum kommt zu Wort - zunächst dachte ich: Wie absurd! Aber dann fand ich ihn irgendwie faszinierend - den Gedanken, dass Gemaltes in irgendeiner Form auch Realität ist - oder wie der gemalte Baum selbst sagt, der Inbegriff einer Realität ist. Doch, faszinierend! :gruebel


    Das hat mir auch sehr gut gefallen, da es eines der bisherigen Hauptthemen des Buches sehr deutlich macht: Die unterschiedliche Herangehensweise an die bildende Kunst im Abend- und im Morgenland. Auf der einen Seite steht das abendländische individuelle Bild als naturalistisches Abbild, dessen realistische Aspekte durch die extreme Naturgetreuigkeit überlagert werden und oft schwer zu finden sind (Definition "realistisch": Das Wesen des Dargestellten, also auch Facetten des Dings/der Person, die über die äußere Form hinausgehen. Das können Charakterzüge sein, die Geschichte einer dargestellten Person etc.). Auf der anderen Seite haben wir die morgenländische, vom Islam beeinflusste Sicht: Die Realität des Dings/der Person wird durch das perfekte Abbild erst sichtbar. Wenn ich das Gemalte aller Individualität beraube, erhalte ich eine universale Darstellung. Das ist ein ziemlich komplexes Thema, aber der Baum hat den Weg wunderbar bereitet für Kapitel zwölf.


    Zitat

    Original von milla
    Kapitel 12
    Buchmaler Schmetterling (mit gesundem Selbstvertrauen gesegnet) wird von Kara nach Stil und Signatur gefragt und erzählt drei Fabeln als Antworten. Die Annahme, eine Signatur könnte ein Fehler im Bild sein, ist gewöhnungsbedürftig, und die daraus gezogene Schlussfolgerung in der zweiten Fabel, in der es heißt "Denn das hieß, der Band, in dem er las, erzählte nicht eine Geschichte, eine Legende, sondern das, was sich für ein Buch am wenigsten ziemte: ein wahres Geschehen" erst recht. Überhaupt scheinen die Vorstellungen, wie ein Bild gemalt werden darf oder muss, ziemlich rigide gewesen sein. Für alle Kreativen wohl ein furchtbarer Zustand!


    Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich ein furchtbarer Zustand ist – mit der adäquaten Sozialisation. Die Buchmaler haben sich ja nicht als Künstler verstanden, sondern als Handwerker, deren oberstes Ziel es war, eben jenes perfekte, universelle Bild zu malen. Die Individualisierung entspringt der persönlichen Eitelkeit, die es ja eigentlich zu überwinden gilt. In diesem Sinne ist auch Kreativität des Teufels, denn Kreativität steht nur Gott zu. Vielleicht interpretiere ich jetzt zu viel hinein. Aber mich beschleicht das Gefühl, dass in diesem Buch die Geschichten (die um Kara und Seküre, der Mord etc.) beinahe nebensächlich sind. Vielmehr scheint es um die verschiedenen Denkweisen zu gehen, die sich letztendlich in dem geheimen Buchprojekt manifestieren.


    Wie dem auch sei, dieses waren meine zwei Piaster :grin
    Mir gefällt das Buch immer besser und ich freue mich schon aufs abendliche weiterlesen!
    Ganz liebe Grüße aus dem schon wieder schwarz verhangenen Hamburg
    SteffiB :wave

  • Erstmal entschuldigt, daß ich so lange weg war.
    War in Amsterdam.


    Je weiter ich lese um so mehr denke ich, daß Fein Efendi doch die Anrede ist, habe mich deshalb mit meinem Türkischlehrer noch mal kurzgeschlossen, der meinte, er weiß es nicht, es erscheint ihm unwahrscheinlich, aber im Zusammenhang gesehen, denkt er doch, daß es die Anrede sein könnte.


    Seufz... Türkisch ist schrecklich, alles... so schwammig, bildhaft und bedeutungsschwanger !! IMMER!
    Da er im Folgenden aber auch die anderen Illustratoren immer mal Efendi nennt (nachgestellt) denke ich also, daß es sich um die Anrede handelt..



    Die Sache mit dem Baum fand ich spaßig, überhaupt gefällt es mir, die verschiedenen Blickwinkel einzunehmen und wie es ihm gelingt, so viele Erzähler zu nutzen, ohne unübersichtlich zu werden.

  • Zitat

    Original von SteffiB
    Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich ein furchtbarer Zustand ist – mit der adäquaten Sozialisation. Die Buchmaler haben sich ja nicht als Künstler verstanden, sondern als Handwerker, deren oberstes Ziel es war, eben jenes perfekte, universelle Bild zu malen.


    Stimmt, so habe ich das gar nicht gesehen. Mit diesem Selbstverständnis haben sich dann vermutlich auch gar nicht die Kreativen, sondern jene als Buchmaler betätigt, die das Vorgegebene besonders gut erfüllen konnten. Dann machten sie ihre Arbeit im Sinne der Gesellschaft natürlich auch besonders gut.

  • Ich hab ja nun doch mit etwas Verspaetung das Buch bekommen und zum Glueck konnte mich gleich das erste Kapitel wirklich in den Bann ziehen. Erzaehlt aus der Perspektive einer Leiche kommt es spannend, etwas philosophisch und gleichzeitig glaubwuerdig rueber.


    Der Schreibstil bleibt auch danach weiterhin interessant und recht anspruchsvoll.


    Es wird aber auch mehr und mehr verwirrend. Ich hab etwas Muehe die Namen auseinander zu halten. Und zu verstehen, was ich Name, was ist Anrede bzw. Familienzugehoerigkeit (Onkel ...). Ich denk auch da werden Sprachen vermischt, einiges kommt wohl auch eher aus dem Arabischen und einiges ist eher Tuerkisch. Und dann les ich ja die englische Uebersetzung und bekomm noch eine Verwirrung hier in der Leserunde: der Kara in der deutschen Uebersetzung ist naemlich fuer mich "Black" - die entsprechenden Kapitel heissen dann auch "I am called Black".


    Ich bin gespannt wie sich der religioese Aspekt entwickeln wird. In Europa ist zu diesem Zeitpunkt ja die Renaissance in der Bluete, daher auch die Verweise nach Venedig. Bis dato war ja auch in der katholischen Kirche Malerei von lebensgetreuen Menschen und Landschaften eher verteufelt, was sich ja mit der Renaissance zu aendern begann. Im Islam scheint es da aehnliche Komplikationen zu geben.


    Insgesamt denk ich, dass dies ein sehr interessantes Buch werden koennte, das ich ohne diese Leserunde wohl kaum gefunden und dann auch noch gelesen haette.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Zitat

    Original von Beatrix
    Der Schreibstil bleibt auch danach weiterhin interessant und recht anspruchsvoll.
    Es wird aber auch mehr und mehr verwirrend. Ich hab etwas Muehe die Namen auseinander zu halten.


    Das mit den Namen wird im Laufe der Zeit besser, finde ich. Der Schreibstil bleibt :grin

  • Kapitel 3 - Ich der Hund
    Gerade auf den letzten zwei Seiten des Kapitels hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass es hier weniger um Hunde als um die verschiedenen Lebensarten des Westens und des osmanischen Reiches geht.


    Ketten, Halsbänder, Zwänge und Regeln im Abendland (jeder für sich), ein freies, eher ungebundenes Leben ohne Zwänge im Morgenland (Gemeinschaft).


    Zitat

    Original von Patricia_k34
    Kapitel 4:
    Der Bruder sagt, dass er Fein erschlagen hat. Wer auch immer der Bruder sein mag. Man erfährt erste Anzeichen warum Fein erschlagen wurde.


    Ich glaube hier ist Bruder im übertragenen Sinne gemeint, nicht im familiären. Brüder, weil sie an der gleichen Sache arbeiten, Brüder, weil sie sich schon so lange kennen.

  • Zitat

    Original von Patricia_k34
    Was bedeuten die Überschriften ELIF, BE und CIM? :help Ganz nebenbei fragt Kara nach, ob Schmetterling weiß wo Fein Efendi abgeblieben ist. Wir erfahren hierbei, dass Fein zum Kreis der Erzurumer Prediger gehört.


    aus einem anderen Forum geklaut:


    Elif und Be ergeben zwei Kreise die sich überschneiden und die Schnittstelle ergibt Cim


    Die zwei ersten Fabeln haben also als Ergebnis quasi die dritte Fabel :gruebel


    Wörtlich genommen sind das wohl nur die Zahlen 1, 2 und 3:


    http://bp1.blogger.com/_Pl-SQ7…WCVRhSI/s1600-h/ebced.JPG


    Ich hab mich gerade mal quer durchs Web gelesen. Zahlen scheinen hier überhaupt eine Bedeutung zu haben, vor allem dieses dreifache.



    Pamuks Stil liegt mir sehr. Ich frage mich nur andauernd, ob ich irgendetwas überlese. Ich würde fast vermuten, dass diese Einschübe vom Hund, Baum, etc. alle einen tieferen Sinn haben. Gibt es für Pamuk irgendwo eine Interpretarionshilfe? :lache


    Zitat

    Original von milla
    Kapitel 11
    Aha, nun kennen wir die beiden Vorteile der Ehe: Ordnung im Haushalt und keine Notwendigkeit mehr zu onanieren oder Prostituierte aufzusuchen :rolleyes . (An dieser Stelle die Anmerkung, dass ich manche Ausdrucksformen erstaunlich direkt finde im Vergleich zu der oft poetischen und "gelehrten" Sprache. Ob das an der Übersetzung liegt oder schon im Original so ist, weiß ich aber auch nicht.).


    Da bin ich auch fast vom Sofa gefallen. Seite 76:

    Zu vorgerückter Nachtstunde brachte mich diese Vorstellung vom Erlöstwerden auf den Gedanken, mir wieder einmal einen runterzuholen.


    Die Kapitel um die "realen" Personen sind deutlich handfester als die um die Erzählungen.


    Zitat

    Original von SteffiB


    Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich ein furchtbarer Zustand ist – mit der adäquaten Sozialisation. Die Buchmaler haben sich ja nicht als Künstler verstanden, sondern als Handwerker, deren oberstes Ziel es war, eben jenes perfekte, universelle Bild zu malen. Die Individualisierung entspringt der persönlichen Eitelkeit, die es ja eigentlich zu überwinden gilt. In diesem Sinne ist auch Kreativität des Teufels, denn Kreativität steht nur Gott zu. Vielleicht interpretiere ich jetzt zu viel hinein. Aber mich beschleicht das Gefühl, dass in diesem Buch die Geschichten (die um Kara und Seküre, der Mord etc.) beinahe nebensächlich sind. Vielmehr scheint es um die verschiedenen Denkweisen zu gehen, die sich letztendlich in dem geheimen Buchprojekt manifestieren.


    Sein Verhalten steht eigentlich im Widerspruch zu seinen Fabeln. Er erzählt über die Fabeln, dass nirgendwo eine persönliche Note des Illustrators zu sehen sein darf, alles muss gleich sein, der Illustrator ist unwichtig. Sich selber sieht er aber nicht so. Arrogant bis zum Abwinken. Er ist der Beste. Die von ihm verteufelte Eitelkeit legt er also insgeheim selber an den Tag.


    ______________


    Ich hatte mich für die Runde zwar nicht angemeldet, bin aber auf so nette Weise immer wieder auf den Pamuk gestupst worden, dass ich ihn mir letzte Woche spontan gekauft habe. Ich hoffe es ist ok, dass ich hier einfach mit drauflos schreibe :-)

  • Nä, hier dürfen nur angemeldete Eulen rein, alle anderen müssen draußen bleiben :lache


    Quatsch, wir freuen uns über jeden Mitleser, die SZ Leserunden sind ja meist leider nicht so doll besucht, da freut es mich immer, wenn eine so belebt ist, wie dieser hier...


    Allerdings komme ich selbst nur sehr langsam voran und merke, daß ich nicht so aufmerksam lese, woran das liegt, kann ich aber irgendwie auch nicht sagen. :gruebel

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Allerdings komme ich selbst nur sehr langsam voran und merke, daß ich nicht so aufmerksam lese, woran das liegt, kann ich aber irgendwie auch nicht sagen. :gruebel


    Öhm, an Mr. Jane vielleicht?
    Ja, ja, bin schon wieder weg, hab auch gar nichts verloren hier :schnellweg

  • Nein, leider nicht, der hat ja zur Zeit doof Dienst, so daß ich eigentlich genug Zeit zum Lesen hätte, aber mir ist es zu heiß, zu kalt, zu unbequem.... keine Ahnung, grad ein Lesetief glaub ich. :pille

  • Ich hab jetzt angefangen mir ein besonderes Lesezeichen fuer das Buch anzulegen: ein Stueck schoenes Papier, wo ich ein paar Zitate drauf schreib, die mir im Buch auffallen. Bisher folgendes:


    Painting is the silence of thought and the music of sight.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich