Der Alleinunterhalter – Lars Saabye Christensen

  • Kurzbeschreibung
    Es ist Ende Juni, Mittsommernacht:
    Jonatan Griff, Pianist aus Oslo, tritt seinen neuen Job als Alleinunterhalter in einem gottverlassenen Hotel auf einer der nordnorwegischen Inseln an. Doch die Dorfbewohner haben anderes im Kopf als Tanzmusik - und verhelfen Griff damit zu völlig ungeahnten Einsichten und Lebensperspektiven...


    Über den Autor
    Lars Saabye Christensen, 1953 in Oslo geboren, ist einer der bedeutendsten norwegischen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher sind vielfach preisgekrönt und wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt. Zuletzt feierte er mit seinem Roman "Der Halbbruder", für den er den "Nordischen Literaturpreis" erhielt, in ganz Europa und den USA Triumphe. Der Autor lebt in Oslo.


    Meine Meinung:
    Jonatan, der Alleinunterhalter, soll Schwung in das abgehalfterte Hotel am Rande der zivilisierten Welt bringen. Was alleine schon deshalb schwierig ist, weil er der einzige Gast ist, von einem griesgrämigen deutschen Ehepaar mal abgesehen, das hier gestrandet ist, weil der Hotelbesitzer aus Versehen ihr Wohnmobil zerdeppert hat.
    Da sich also das berufliche Eingebundensein in Grenzen hält, hat Jonatan ausreichend Zeit, sich mit seinen neuen Nachbarn auseinander zu setzen. Sehr schnell stellt er fest, dass ein tiefer Graben die Dorfgemeinschaft spaltet. Das hat offensichtlich was mit dem Spielmannszug zu tun und seine Ursachen liegen sehr lange zurück.
    Während also nach und nach die dörflichen Geheimnisse ans Licht kommen, wobei Liebesglück und -leid auch nicht ganz außen vor bleiben, enthüllt sich nebenbei die Lebensgeschichte Jonatans, die schwierige Beziehung zu seiner schrägen Mutter zum Beispiel und die Ursachen seines höchst ambivalenten Verhältnisses zur Musik.
    Die ist dann auch zentrales Thema: Die Leidenschaft, mit der Jonatan sein abendliches Medley zusammenstellt, auch wenn das Publikum lediglich aus drei bierseeligen Fischköppen besteht, seine Versuche, einem hoffnungslos untalentierten Mädchen des Spielmannszugs das Tubaspielen beizubringen, sein Engagement zur Rettung der Kirchenorgel, die in seinem Beisein die Hufe hochreißt: immer ist die Musik die Jonatans „Roter Faden“, sie treibt ihn durch diese absurde Kulisse einer norwegischen Mittsommernacht.


    Ein schönes Buch, in dem alle Beteiligten ihren ganz persönlichen Knall haben, was in ganz furchtbar amüsanten Szenen resultiert, und das es ohne langatmige Landschaftsbeschreibungen schafft, diese ganz spezielle Stimmung zu beschwören, die herrscht, wenn sich der Tag einfach nicht davonmachen will.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Danke für die schöne und interessante Rezension :-) Nachdem mich "Der Halbbruder" ziemlich umgehauen hat, bin ich immer noch auf der Suche, welches Buch ich von Christensen als nächstes lesen sollte.


    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Ein schönes Buch, in dem alle Beteiligten ihren ganz persönlichen Knall haben, was in ganz furchtbar amüsanten Szenen resultiert, und das es ohne langatmige Landschaftsbeschreibungen schafft, diese ganz spezielle Stimmung zu beschwören, die herrscht, wenn sich der Tag einfach nicht davonmachen will.


    Das hört sich wirklich ganz nach meinem Geschmack und das Buch kommt sofort auf meine Wunschliste :wave

  • :lache


    Nein. Aber der Titel, die Kurzbeschreibung... selbst der Autorenname wirkten auf mich spröde und abweisend, daher hat mich Deine Rezi angenehm überrascht! ;-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)