Kalix - Die Probleme einer beziehungsunfähigen Werwolffamilie oder Irrungen und Wirrungen des Clan McRinnalch
Klappentext:
London: Werwolf Kalix MacRinnalch streift allein durch die Stadt. Sie hat ihren Vater, den Anführer des Werwolfclans, attackiert eine unverzeihliche Tat. Nun wird sie nicht nur von mörderischen Werwolfjägern verfolgt, sondern auch von ihren rachsüchtigen Verwandten. Kalix findet jedoch Unterschlupf bei den Studenten Daniel und Moonglow. Diese werden dadurch in einen Konflikt hineingezogen, der vom schottischen Hochland bis nach London reicht und noch ein paar Dimensionen weiter. Denn die Werwölfe rüsten sich zum Krieg um die Führung des Klans, und Kalix steht im Zentrum des Geschehens.
Zusammenfassung:
Wäre dieses Buch nicht so fantasylastig, würde es sicher ein gutes Familiendrama abgeben. Die Geschichte handelt vordergründig von der jungen Werwölfin Kalix. Sie lebt alleine in London, nachdem sie aus dem Familienschloss in Schottland verstoßen wurde, weil sie ihren Vater, den Fürsten der Werwölfe angegriffen und verletzt hat. Eine große Schmach für diesen, sodass Werwölfe unterwegs sind, um die missratene Tochter zu fangen und tot oder lebendig nach Schottland zurückzuschleifen.
Kalix ist 17 Jahre alt und kämpft mit den klischeehaften Problemen eines Teenagers - geringes Selbstbewusstsein, Drogensucht (Laudanum), Magersucht und Einsamkeit - und nebenbei ist sie eben auch noch eine Werwölfin.
Da sie zur Herrscherfamilie gehört, den McRinnalchs, kann sie sich jede Nacht verwandelt, ist aber in den drei Nächten rund um Vollmond dazu gezwungen. Neben ihrer menschlichen und ihrer komplett wölfischen Gestalt, in der die Werwölfe nicht sprechen können und von ihren tierischen Instinkten überwältigt werden, besitzen Millars Werwölfe noch eine weitere Gestalt: Eine Art Mischung aus beidem. Sie können Sprechen, Laufen, mit ihren Pfoten mit Mühe und Not auch mal einen Computer bedienen, und relativ klar denken. (Ich stelle mir das so ein wenig wie Scooby Doo vor ;-))
Leider überlebt der Fürst seine Verletzungen nicht, sodass im Clan der McRinnalchs ein Krieg um seine Nachfolge ausbricht, den wir aus allen möglichen Sichtweisen miterleben.
Da haben wir die beiden Kandidaten auf den Fürstentitel, beides Brüder von Kalix: Markus, der gerne mal in Frauenkleidung schlüpft und Sarapen, den brutalen und skrupellosen Kämpfer. Beide benötigen eine Mehrheit im Rat um zum Fürst gewählt zu werden und versuchen daher mit allen Mitteln diese Stimmanzahl zu erlangen. Auch ihre Mutter Verasa und ihre Großmutter Dulupia mischen fleißig mit, daneben eine Menge Onkels, Tanten, Cosuins, Cousinen, entferntere Verwandte, Berater und viele Werwölfe mehr, die natürlich alle andere Ziele verfolgen und einen bestimmten Kandidaten unterstützen.
Und um an die nötigen Stimmen zu kommen, ist ihnen nahezu alles recht. Da wird gekämpft, gemordet, intrigiert und umworben.
Und ebenda kommt Kalix wieder ins Spiel - die Großmutter Dulupia gibt demjenigen Kandidaten ihre Stimme, der Kalix für die tötet. Also gehen die beiden Brüder auf die Jagd...
Doch Kalix findet Unterstützung in den beiden Studenten Daniel und Moonglow, ihrer Schwester Thrix (einer Modedesignerin), der Königin der Feuergeister Malveria und deren Nichte Vex.
Auch ihre Cousine Dominil mischt kräftig mit, denn neben Dulupias Stimme werden auch die Stimmen der "Cousinen, über die man nicht spricht" benötigt: Der Zwillinge Beauty und Delicious, wie sie sich nennen.
Diese beiden sind ebenfalls in Lodon unterwegs, haben aber nicht die Wahl eines neuen Fürsten, sondern nur ihre Band "Yum Yum Sugary Snacks" im Kopf, die leider gar nicht erfolgreich ist. Um ihre Stimmen zu gewinnen, muss Dominil die beiden unterstützen und ihnen zu Erfolg verhelfen, wozu sie leider gar keine Lust hat und viel zu gelangweilt ist...
Die beiden Handlungsstränge rund um Kalix und rund um Dominil laufen natürlich nicht nebenher, sondern sind verzwirbelt - es geht also hoch her beim Kampf um die Stimmen für die neue Fürstenwahl!
Als dann auch noch Kalix lang verschollener und unstandesgemäßer Geliebter auftaucht und ein kroatischer Werwolfjäger mit einem Zaubermesser auf den Clan angesetzt wird geht es erst recht drunter und drüber...
Wir erleben eine Menge Kämpfe, Missverständnisse, witzige Begegnungen, Tragik und vieles mehr!
Meine Meinung:
Von Marin Millar war mir vor der Lektüre dieses Buches schon sein "die Elfen von New York". Schon in diesem Buch ist mir die unglaubliche Phantasie des Autors aufgefallen. Dachte ich zu Beginn an ein 'normales' Fantasywerk, so fand ich mich kurzerhand in einer abgedrehten und unglaublich witzigen Welt wieder. - Diesen Eindruck konnte Kalix durchaus halten! Erneut weicht Martin Millar von den typischen Klischees, die man mit dem Begriff 'Werwölfe' verbindet ab, und schafft eine Sippe schottischer Werwölfe, die ihren eigenen Whisky destilieren, sich auch außerhalb des Vollmondes verwandelt können und auch sonst so ihre Macken haben.
Die Geschichte hat durchaus einen ernsten Hintergrund, aber Martin Millar schafft es mit seinem schon aus "Die Elfen aus New York" bekannten Humor die Geschichte sehr witzig zu gestalten. Der Schreibstil ist locker flockig und leicht lesbar.
Die im Vordergrund stehende Geschichte um Kalix und ihre Probleme ist eine nette Rahmenhandlung, sodass das Kriegstreiben der Werwölfe nicht zu sehr ins Gewicht fällt.
Besonders toll haben mir die Charaktere gefallen: Die modeverückte Königin der Feuergeister, die Angst vor Falten und dem Altern hat; ihre "fast adoptierte Nichte" Vex; die Modeschöpferin Thrix und ihre Assistentin; der Krämer McDoig, der über alle Wölfe bescheid weiß und viele mehr!
Alle haben Tiefgang und wirken nicht oberflächig, bleiben in ihrem Handeln unvorhersehbar. Das macht die Handlung wirklich spannend und bei mancher Überraschung musste ich laut lachen!
Das Werwolfthema wirkt hier mal ganz anders, als in der momentan oft gesehenen "Einheitsbrei"-Literatur. Die witzigen Ideen Millars tragenhier eine Geschichte, die sich eigentlich "nur" um die Wahl des neuen Fürsten dreht, aber durch die Erzählweise und die Ideen Millars unendlich viele Einblicke bietet.
Einziger Negativpunkt an dem ganzen ist die Länge des Buches. War mit vorher schon "Die Elfen von New York" bekannt, das mit seinen 300 Seiten dagegen wirklich kurz und knackig ist, kamen mir die wirklich klein bedruckten über 700 Seiten doch sehr lang vor.
An manchen Stellen denkt man schon, dass sich ein Problem nun auflöst, da findet sich die nächte Wendung und alles beginnt von neuem... Mit kleinen Lesepausen ist das Buch aber dennoch zu genießen!
An "Die Elfen von New York" kommt es für mich aber nicht ganz heran, obwohl es in Stil und Gestaltung durchaus ähnlich abgedreht und ausgeflippt ist.
Ich vergebe 8 von 10 Punkten.