Orginaltital: Sea Glass
Jahr: 2002
Kurzbeschreibung von Amazon
Ein romantisches Haus an der Atlantikküste, eine junge Frau in mandarinfarbenem Kostüm und Strohhut, an ihrer Seite ein Mann mit gebräunten Armen: der Mann, den sie gerade geheiratet hat. Hier, an den Klippen Neuenglands, wollen Honora und Sexton ihr Leben einrichten. Doch das einsam gelegene Haus wird zum fatalen Treffpunkt einer verbotenen Liebe ...
Ein paar eigene Worte zum Titel
Der Titel ist im deutschen schrecklich. Man assoziert soviel damit... meine ersten (nicht wirklich positiven) Gedanken dazu waren:
1. Aha - eine Schnulze
2. Eine Affäre
3. Herzschmerz
Zu 1.: Eine Liebesschnulze war das ganz bestimmt nicht. Es fällt mir schwer, das Buch richtig einzuordnen, da es die Gesellschaft in der Zeit der großen Depression charakterisiert. Es gibt zwar romantische Momente, aber die sind so kurz, dass man sich garnicht in seinen Gefühlen suhlen kann (oder muss). Ich mag die Wortwahl der Autorin, Dinge, Landschaften usw. auszumalen und zu beschreiben, ohne kitschig zu werden und in eine blumige Sprache abzudriften. Für große Romantiker ist dieses Buch also kein Fehlgriff, aber nicht genau das, wonach sie suchen.
Zu 2.: Ich verrate hier nun nicht zu viel, wenn ich sage, dass Affäre ein absolut unpassendes Wort ist als Beschreibung dessen, was wir im Buch erleben.
Zu 3.: Dazu hab ich im ersten Punkt schon was gesagt, aber zu erwähnen sei, dass es an Gefühlen durchaus nicht mangelt, ich habe während des Lesens gelacht, geweint (na ja - fast), ich war wütend, glücklich und noch viel wütender.
Ein paar eigene Worte zum Stil
Mich hat es anfangs sehr irritiert, dass die Kapitel immer eine der fünf Protagonisten (und einer weiteren Person, welche ich nicht Protagonistin nennen kann) in den Vordergrund stellen. Ich weiß nicht genau, wie ich es erklären soll, es ist kein Ich-Erzähler, jedoch bekommt man nur die subjektive Wahrnehmung der jeweiligen Hauptperson mit. Zu Beginn macht man riesige Sprünge und weiß zeitweise nicht, ob das nun gleichzeitig passiert oder nicht, doch dann verdichten sich die Sichtweisen immer und manchmal begegnet eine Person der anderen, was sich immer weiter zuspitzt. Dieses steigert wiederum den Höhepunkt, so dass man selber auch immer gespannter ist, zumal man alle Personen und ihre Gefühle kennt.
Ein paar eigene Worte zu den Charakteren
Ich werde mich bemühen, nicht zuviel zu verraten.
Die Personen wurden alle sehr detailliert dargestellt und es gibt da und dort auch ein paar Überraschungen - Personen, die man nicht mag, werden einem immer sympathischer und andersrum. Ein kleines Gefühlskarussell.
Ein paar eigene Worte zur Geschichte
Auch wenn ich mich immer schwer tue, Geschichten anderer zu bewerten (immerhin gehören sie nicht mir, es ist ihre Fantasie), muss ich hier sagen: Auch wenn sie fiktiv ist, ist sie nicht gekünstelt. Sie ist in eine reale Zeit hineingesetzt (1929 und 1930 - die Weltwirtschaftskrise), was schon schwierig genug ist, vor allem, wenn man versucht, nicht unrealistisch zu werden. Im Nachtrag sind die einzelnen Quellen der Autorin aufgelistet, denn auch wenn der Ort und die Geschichte erfunden sind, so sind viele einzelne Handlungen aus wahren Begebenheiten aufgegriffen. Das Aufeinandertreffen der Personen wirkt nicht gekünstelt, da man ihre Charaktere vorher kennengelernt hat und man sie "einschätzen" kann und zu wissen glaubt, wie sie reagieren könnten. Hin und wieder wird man trotzdem überrascht, jedoch stört das nicht das Gesamtkonstrukt.
Sea Glass ist ein wunderschöner Titel, schade, dass man es nicht auf deutsch einfach "Meerglas" nennen konnte, denn dieses Meerglas zieht sich wirklich wie ein roter Faden durch das Buch.
Meiner Meinung nach ein gelungenes Werk, dem ich 10 Punkte verleihe!