'Die unsichtbaren Stimmen' - Seiten 001 - 108

  • Ich habe heute Nacht schon mit dem Lesen begonnen (natürlich erst nach Mitternacht :-))! Da ich gerade ein paar Tage frei habe, kann ich gleich zu Beginn in die Leserunde einsteigen.


    Am Anfang haben mich die vielen verschiedenen Personen und Generationen etwas irritiert. Irgendwann wusste ich nicht mehr so recht, wer zu welcher Familie und in welche Zeit gehörte. Beim zweiten Anlauf ging es dann. Ich gehe mal davon aus, dass die Autorin den Lesern einfach ein paar familiäre Hintergrundinformationen zu ihren Hauptfiguren an die Hand geben wollte. Diese Herangehensweise ist natürlich legitim, ich hätte aber auch durchaus darauf verzichten können, da die Schilderungen sehr an der Oberfläche blieben und mir deshalb das Schicksal der einzelnen Personen ziemlich egal war.


    Auch das viele Blut auf den ersten Seiten und die häufigen Vergleiche des weiblichen Körpers mit den Eigenschaften von Früchten waren nicht so mein Fall. Hätte ich eher bei einem männlichen Autor erwartet! ;-)


    Gut gefallen hat mir dafür der flüssige Erzählstil der Autorin. Wirklich sehr angenehm! Je weiter sich die Handlung entwickelte, desto leichter konnte ich ihr folgen. Eingangs bin ich noch über einige Begebenheiten gestolpert, die ich als sehr unglaubwürdig empfand, wie das mit Pajarita verbundene Wunder, aber ich gewöhne mich langsam daran. Solche phantasiereichen Geschichten mit vielen Ausschmückungen sind schließlich ziemlich typisch für die lateinamerikanische Erzähltradition, oder?


    Hat eigentlich jemand eine Ahnung, warum Ignazio nach Montevideo und nicht, wie von seinem Großvater gewünscht, nach New York gereist ist? Der Mann ist mir total unsympathisch. Er betrügt seine Frau, ist aber total von der fixen Idee besessen, dass sie ihm untreu ist. Außerdem hat er das Verhalten seines Vaters überhaupt nicht reflektiert und entwickelt sich zu einem totalen Abklatsch seines Erzeugers. Deshalb verlässt er die Familie wohl auch für lange Zeit, nachdem er zum ersten Mal handgreiflich geworden ist, um sein inneres Chaos zu ordnen.


    Die Ereignisse in Brasilien konnten mich nicht überzeugen. Ana Claras Tod wurde mal eben so nebenbei eingestreut. Da fehlte es mir einfach etwas an Gefühl. Und Artigas nächtliche Erscheinung hätte ich als weniger unrealistisch empfunden, wenn er nicht plötzlich gewusst hätte, dass Pajarita in Montevideo lebt.



    Zu Lese-rinas Frage:


    Der deutsche Titel "Die unsichtbaren Stimmen" hat mich auch sehr beschäftigt, da Stimmen nun einmal nicht mit den Augen, sondern den Ohren wahrgenommen werden. Man kann eine Stimme also hören, ohne den Menschen, dem sie gehört, sehen zu müssen. Der deutsche Titel ergibt für mich absolut keinen Sinn. Der Originaltitel des Buches "The Invisible Mountain" gefällt mir viel besser. Ich habe dabei gleich an Montevideo gedacht, da die Stadt ja nach einem Berg benannt wurde, der eigentlich nur ein kleiner Hügel ist. Ich könnte mir gut vorstellen, dass der Titel im übertragenen Sinne für Hindernisse und Widerstände im Gefühlsleben der Hauptpersonen steht, die erst überwunden werden müssen, damit die Betreffenden frei sein können.


    Ich bin jetzt mittlerweile schon beim 2. Teil und der Roman gefällt mir immer besser! :chen


    ________________________

  • Ich bin mit dem ersten Abschnitt durch. Auch mir fiel der Einstieg sehr schwer. Erst die vielen spanischen Namen, die ich nicht zuordnen konnte, dann war es für meinen Begriff etwas zu langatmig am Anfang...


    Aber gegen Ende des ersten Abschnittes hatte ich Sympathien für Pajarita entwickelt. Und jetzt ist der Abschnitt um und wir werden wahrscheinlich nix mehr über sie erfahren. :-(


    So richtig weiß ich noch nicht, was ich von dem Abschnitt halten soll. Wirklich was passiert ist ja nicht und ich bin schon sehr gespannt, was im Abschnitt 2 auf mich zu kommt. Ich hoffe, es nimmt ein bisschen an Fahrt auf.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Seid mir nicht böse, dass ich erst morgen richtig einsteige! Ich habe morgen früh noch Prüfung und konnte mich heute noch gar nicht auf das Buch konzentrieren! :-(

    "Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns." :eiskristall
    Franz Kafka


    :lesend Walsch: Gespräche mit Gott
    :lesend Norman: Grausames Spiel
    :lesend Patterson: 1st to die

  • @ bula84


    Das kann ich gut verstehen! Mach dir mal keine Sorgen wegen der Leserunde! Soweit ich weiß, kommt es bei den Beiträgen auf ein paar Tage früher oder später gar nicht an. Ich wünsche dir für die Prüfung jedenfalls ganz viel Glück!! :wave



    ________________________

  • Zitat

    Original von Mrs Bean
    @ bula84


    Das kann ich gut verstehen! Mach dir mal keine Sorgen wegen der Leserunde! Soweit ich weiß, kommt es bei den Beiträgen auf ein paar Tage früher oder später gar nicht an. Ich wünsche dir für die Prüfung jedenfalls ganz viel Glück!! :wave


    Dankeschön!

    "Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns." :eiskristall
    Franz Kafka


    :lesend Walsch: Gespräche mit Gott
    :lesend Norman: Grausames Spiel
    :lesend Patterson: 1st to die



  • Ich Dir auch :-)

  • Ich hab gestern schon angefangen und finde es bisher arg zäh, weder konnte ich zu einer der Figuren eine Beziehung aufbauen, noch interessiert mich sonderlich, was mit ihnen passiert.
    Irgendwie fehlt mir das Gefühlvolle bisher...
    Ich hoffe, das wird noch besser, im Moment erscheint es mir ein wenig lieblos zusammengeschustert.


    Außerdem ist das Buch arg empfindlich, hatte es heute mit zur Arbeit, trotz Büchertasche und pfleglichem Umgang, hat es ein paar Macken, leider. :cry

  • Zitat

    Original von Babyjane


    Außerdem ist das Buch arg empfindlich, hatte es heute mit zur Arbeit, trotz Büchertasche und pfleglichem Umgang, hat es ein paar Macken, leider. :cry


    Das empfinde ich auch als sehr mangelhaft. Ist zwar nur ein Leseexemplar, sollte aber nicht nach einmal lesen auseinander fallen.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Genau wie einigen anderen hier auch, fiel mir der Einstieg gestern sehr schwer und das vor allem wegen der vielen, fremden Namen. Ich war schon ganz verzweifelt, weil ich dachte, nie in diese Geschichte hineinzufinden.


    Und dann die eigenartige Sache mit dem Kind im Baum.... :pille Verstanden habe ich bis jetzt nicht, was das überhaupt soll.


    Aber etwa auf Seite 70 geschah es..... Ich wurde von der Geschichte gepackt und mochte nicht mehr aufhören :-)

  • So, jetzt bin ich mit den hundertzehn Seiten durch! puh! Auf den ersten Seiten des Romans hatte ich erhebliche Schwierigkeiten den ständigen Sprüngen von Person zu Person, von einem Jahrhundert zum nächsten zu folgen. Magischer Realismus, dass ist ein Stil den Gabriel Garcia Marques einmal geprägt hat, in die Richtung interpretiere ich den spektakulären Pajarita Flug vom Baum und den Titel des Buches. Schöner Einstiegssatz: manche sagen, sie flog, andere sagen, sie fiel. Danach baut sich die Geschichte ziemlich zäh auf, eben der vielen Personen wegen. Die Venedig Gondel Phase finde ich mittelprächtig interessant. Zu Ignazio kann ich keine rechte Bindung aufbauen. Überhaupt scheint der Roman ziemlich Frauenlastig zu sein, was die Helden angeht. Das wird schon auf der Rückseite des Buches deutlich, dass sich ausschließlich an das weibliche Geschlecht wendet.


    Bis Seite fünfzig oder sechzig sind die unsichtbaren Stimmen ein ganz nettes Buch, sprachlich gelungen, die Autorin verwendet auffallend wenig Adjektive, man fliegt nur so durch den Text. Dann trifft Ignazio auf Pajarita und es kommt Leben in die Bude. Die beiden heiraten. Es geht nach Montevideo. Ignazio baut ein Haus. Kinder werden geboren. Der Mann rackert, die Frau betüdelt die Kinder. Ignazio würde nur lieber Gondeln bauen, ausserdem treten nun bei ihm Eigenschaften zu Tage, denen schon sein Vater anheim gefallen ist: die Sauferei, er schlägt Pajarita sogar. Sie ist gezwungen sich und die Kinder alleine durchzubringen, gut dass sie Über gesundmachende Kräuterkenntnisse verfügt.


    Grundsätzlich sind auf den ersten Hundert Seiten die Männer, die Schwachen, die Frauen zeigen Stärke. Selbst in der Revolution, die auf Seite 102 geschildert wird ergreift die Frau die Initiative. Nicht, dass ich das einer Frau nicht zu trauen würde nur kommt mir das Verhalten von Artigas -einem südamerikanischen Mann!- an den Haaren herbei gezogen vor. Insgesamt wird das Buch aber von Seite zu Seite stärker. Ein Lesesog entsteht. Langsam kommen leise philosophische Einschübe und literarische Schmankerl.

  • Sagt mal, ich bin ja nicht prüde, ganz bestimmt sogar nicht, aber stört euch nicht auch dieses sexualisieren jeder Situation? Ganz schlimm wars mit Ignatio und seinem Vater im Bordell... grauselig...

  • Nachdem ich gerade festgestellt habe, dass sich schon die ersten Risse im Buchrücken gebildet haben, mag ich mein Exemplar gar nicht mehr ganz aufklappen! Hoffentlich hält es bis zum Ende durch! :rolleyes


    Das ständige Sexualisieren stört mich auch ganz gewaltig! Aber wenigstens tauchen keine weiteren Obstsorten mehr auf! :grin


    ________________________

  • Der Schreibstil ist schon faszinierend. Mir fällt im Moment kein Autor ein, der ähnlich schreibt. Auch die Kommasetzung ist eigenwillig. Wobei ich mich frage, ob das hier noch unkorrigiert ist oder so absichtigt:


    Seite 55:


    Ignazio ritt, zielstrebig, über die Wiese. Eigentlich wird dieser Satz ganz ohne Kommata geschrieben.


    Es gibt noch mehr solcher merkwürdigen Sätze.


    Die Geschichte selber fand ich auf den ersten 60 Seiten ebenfalls ziemlich konfus. Irgendwie hat sich mir da keine gerade Linie gezeigt. Ab Seite 60 wurde es aber tatsächlich besser. Mein Highlight dieses Abschnitts war der obere Abschnitt auf Seite 90. Pajaritas Gedanken zu Artigas Rückkehr und wie sie damit umgeht. Schlicht, kraftvoll und schon fast poetisch.


    Zitat

    Original von Luc
    Grundsätzlich sind auf den ersten Hundert Seiten die Männer, die Schwachen, die Frauen zeigen Stärke. Selbst in der Revolution, die auf Seite 102 geschildert wird ergreift die Frau die Initiative. Nicht, dass ich das einer Frau nicht zu trauen würde nur kommt mir das Verhalten von Artigas -einem südamerikanischen Mann!- an den Haaren herbei gezogen vor.


    Wie müsste der denn Deiner Meinung nach sein? Er stammt zwar auch einer Gaucho-Familie, ich denke aber, dass er eine sensible Seele hat. Die Musik, irgendwo stand doch auch, er würde singen. Der Wunsch zu trommeln. Eher introvertiert. Ich finde, er hat so gar nichts von einem Gaucho.

  • Ich bin mit diesem Abschnitt durch.


    Nach den ersten Seiten gefiel es mir immer besser.


    Pajarita mag ich richtig gern, sie muß sehen wie sie die Kinder ernähren kann.
    Ignazio hat es auch schwer, er möchte seiner Familie etwas bieten, das ist nicht so leicht.


    Artiigos Leben verläuft auch nicht leichz. Schön das die Geschwister sich wiedergefunden haben.


    Ich freue mich aufs Weiterlesen.

  • Fertig bin ich mit dem ersten Teil noch nicht, aber immerhin habe ich mir auf der Fahrt zum Krankenhaus den ersten Schwung Seiten durchlesen können.


    (Das Buch hat auch bei mir unter der eigentlich pfleglich-vorsichtigen Busreise gelitten... :fetch)


    Die Art und Weise des Erzählens erinnert mich sehr an Filme großer südamerikanischer Familien mit entsprechender Erzähltradition über mehrere Jahrzehnte oder eben Jahrhunderte. Nicht schlecht. Aber auch etwas gewöhnungsbedürftig durch die Masse an Infos, die man so nebenbei bekommt.
    Ich muss zugeben, manche Absätze mehrmals durchgesehen zu haben wegen der Namen und Beziehungen untereinander.


    Das viele Blut ist mir auch aufgefallen (und meinem Magen erst, der zur Zeit ohnehin sehr labil ist!) und der Hang zum 'Kuschligen' (keine Ahnung ob der Filter hier das tatsächliche Wort protokollieren würde) hätte auch etwas weniger sein können.


    Naja, aber immerhin bin ich gespannt wie es weiter geht, das spricht doch für das Buch ...