'Die unsichtbaren Stimmen' - Seiten 109 - 216

  • Mich hat die Sprache sehr gestört, ich dachte eher an etwas Fantasymässiges und die Geschichte der Frauen war für mich reichlich verwirrend.


    Nun muss ich sagen das ich hier privat ziemlich viel unplanmässiges gehabt habe.


    Ich biete das Buch zwar an , aber es scheint keiner Intresse daran zu haben,sodass ich mich nocheinmal mit etwas mehr Ruhe im Hintergrund damit beschäftigen werde. Es ist auf alle Fälle kein einfacher Roman, den man eben mal so wegliest.


    Ich habe vielleicht falsche Vorstellungen davon gehabt.

  • Ich hatte auch den Verdacht, Andrés sei schwul und hatte Mitleid mit Eva, weil er bei Nacht und Nebel verschwunden ist. Sie hätte meines Erachtens eine Erklärung verdient.
    Ihre Motivation, sich mit Dr. Santos einzulassen, ist mir eigentlich nicht ganz klar. Von Gefühlen ist hier gar nicht die Rede :gruebel

  • So jetzt habe ich diesen Abschnitt (endlich) auch geschafft und kann hier mitschreiben :-). Es wurde ja schon viele interessante Punkte angesprochen.


    Tres (Montevideo)


    Ganz ehrlich: Ich war entsetzt!!! Mir reicht es, wenn ich über so etwas furchtbares wie die Vergewaltigung von Kindern in der Zeitung lesen muss und will so etwas NICHT in einem Unterhaltungsroman haben!!! NICHT LESEN und schon gar NICHT VORSTELLEN! :schlaeger Das war mir echt zu heftig, vor allem da die Sprache jetzt gar nicht mehr distanziert, sondern in dem Fall sehr, sehr nah an Eva dran war. Ich musste also auch noch hautnah mitleiden. Ich hab das Buch dann auch erstmal kurz liegengelassen, bevor ich weitergelesen habe. Was natürlich auch noch sehr schlimm war, war das drumherum: die Schläge ihres Vaters, der Prister ... - das war wirklich alles heftig. Besser wurde es erst dann wieder, als sie sich (gottseidank) endlich gewehrt hat (und das auch noch recht wirksam - der wird wohl keine Frau mehr anrühren, ohne an Eva zu denken).


    Wie schon erwähnt fand ich die Sprache wie ihr auch in diesem Abschnitt wesentlich angenehmer als im ersten Teil.


    Zitat

    Original von Mrs Bean
    Übrigens eine sehr schöne Idee, dass Eva sich gedanklich in Schuhen versteckt, um auf psychischer Ebene der grausamen Realität entfliehen zu können und somit auf eine abstrakte Weise unsichtbar (!) zu sein.


    Dem kann ich mich nur anschließen und ich fand auch schön, wie ihre Liebe zu den Wörtern und zu den Gedichten einfach so miteinfließt. Ich konnte mir Evas Welt dadurch gut vorstellen.


    Was mich ein bißchen verwundert hat, war die Begeisterung beim Ende des Krieges. Ich dachte nicht, dass ein unabhäniges Land in Südamerika so vom 2. Weltkrieg betroffen war. Erschreckend, wie so ein kleines Land die gesamte Welt in Mitleidenschaft ziehen konnte, obwohl ja damals die Verflechtungen der Länder untereinander noch überhaupt nicht so waren wie jetzt.


    Cuatro (Buenos Aires)


    Dieses Kapitel finde ich wieder etwas distanzierter geschrieben als das über Evas Kindheit und Jugend. Ist das vielleicht Absicht, das sich der Schreibstil der jeweiligen Lebenssituation der Protagonistin anlehnt? Also die Kindheit von Eva sehr intensiv mit viel Einblick in ihre Gefühlswelt, wie man sie als Kind gewährt und dann als junge Frau abgeschotteter, weil sie ihre Gefühle in sich verschließt? Allerdings war dieses Kapitel sehr flüssig und angenehm zu lesen (vor allem, da sexuelle Gewalttaten mal weitgehend nicht vorkommen).


    Auf die Idee, der Lippenstift gehöre Andrés, bin ich ja überhaupt nicht gekommen! Aber das erklärt vieles, da habt ihr wohl recht! (Gut, dass es eine Leserunde gibt :-]) Ich hoffe, wir hören noch von ihm.


    Zitat

    Original von Roma
    Ihre Motivation, sich mit Dr. Santos einzulassen, ist mir eigentlich nicht ganz klar. Von Gefühlen ist hier gar nicht die Rede.


    Darüber habe ich auch nachgedacht. Ich glaube nicht, dass sie Gefühle für Dr. Santos hat, sie möchte "nur" ein Zuhause und eine gewisse Sicherheit. Sie ist da wirklich recht berechnend, ergreift aber ihre (einzige) Chance. Obwohl sie natürlich ein sehr riskantes Spiel gespielt hat.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Mrs Bean

    Warum hat sich Eva nicht geweigert, weiterhin im Schuhladen zu arbeiten? Und warum vertraut sie sich dem Priester an? Käme mir in einer solchen Situation nicht in den Sinn und war letztlich auch nicht hilfreich!


    Ich denke (wie Babyjane), Hauptgrund von Evas Verhalten ist die Tatsache, dass sie sich selbst die Schuld an der Vergewaltigung gibt. Deshalb traut sie sich ihrer Mutter nicht an, da sie Angst hat, ihre Mutter könnte sie (Eva!!!!) nicht mehr lieben und sich von ihr abwenden. Deshalb arbeitet sie auch weiterhin im Schuhladen, um ihr vermeitliches Fehlverhalten nicht öffentlich zu machen. Und deshalb vertraut sie sich auch einen Priester an, um ihre angebliche Schuld zu sühnen. Für uns heute vielleicht nicht nachvollziehbar, aber passend zu Zeit und Ort. Ich denke sie war sehr gläubig und wollte Vergebung.


    Was ich nicht verstanden habe war das Verhalten von Pajarita.


    Zitat

    Klusi schrieb:
    Als Eva von ihrem Vater geschlagen wird, ist danach mit keiner Silbe erwähnt, wie Pajarita reagiert hat. Immerhin hatte Eva eine Platzwunde an der Lippe, das läßt sich ja nicht so einfach verheimlichen. Später, in ihren Briefen, kommt dann wieder die Sorge der Mutter zum Ausdruck. Das paßt irgendwie nicht so ganz zusammen.


    Das habe ich auch so verstanden. Pajarita hätte doch allerspätestens nach dem Geschlagenwerden und dem Jobwechsel merken müssen, dass da etwas nicht stimmt. Was mich zu der Frage bringt: Wollte sie es vielleicht gar nicht merken? (Wäre natürlich sehr erschreckend). Hat sie sich so mit ihrem Leben arangiert, dass sie es nicht "gestört" haben wollte?


    Und wer mir da auch noch völlig fehlt sind Onkel Artiga und Cousine Xhana. Nach dem Weglaufen wusste sie nicht wohin. Wieso ist sie nicht zu ihnen gegangen? Wieso hat sie sich nicht zumindest Xhana anvertraut?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • So, jetzt geht es um Eva, die in ihrem kurzen Leben schon einiges Unschöne miterleben muss. Als ob es nicht schlimm genug wäre, dass sie mit 10 Jahren die Schule verlassen muss, um den Familienunterhalt aufzubessern, nein, sie wird noch von Pietro missbraucht und bekommt die Schuld dafür. Mich hat es allerdings erstaunt, dass die beiden Brüder scheinbar ohne Gegenwehr hinnehmen, dass die kleine Schwester arbeiten gehen soll, damit sie in der Schule bleiben können. Sie kann doch mit 10 Jahren niemals besonders viel Geld bekommen. Hm. Hätten die beiden Brüder nicht nach der Schule/an Wochenenden arbeiten können?


    Auch die Sprachlosigkeit zwischen Eva und Pajarita hat mich erstaunt. Schlimm genug, dass ihr Vater ihre Seite der Geschichte überhaupt nicht hören will, aber dass ihre Mutter sich nicht mehr darum bemüht, Zugang zu ihrer Tochter zu finden hat mich erstaunt. Auf der anderen Seite passt wohl wirklich in die Zeit, auch wenn es für mich heute fast unverständlich ist. Die Szene mit dem Priester hat mir auch gut gefallen. Der Leser ahnte schon, was auf der anderen Seite passiert und auch Eva weiß es am Schluss. So stand sie dann ganz alleine da. :-( Schade auch, dass Pajarita ihre Tochter nicht von klein auf in die Geheimnisse der Pflanzen einweihte. Hätte ich auf so engem Raum schon fast selbstverständlich gefunden.


    Andrés sagt ihr, dass er sie liebt und will sie am nächsten Morgen nicht mitnehmen, weiß aber nicht, wie er es verhindern soll. So läuft er dann davon, als sie ihm ihre Liebe gesteht. Die Sache mit dem Lippenstift wusste ich auch nicht so recht zu deuten.


    Die Schilderung der Familie gefiel mir gut. Auch wenn Artiges sich jahrelang nicht gemeldet hat, musste er nicht vor der Tür bleiben. Pajarita und ihr Mann raufen sich wieder einigermaßen zusammen. Evas Bedingung für das Verlassen der Schule war pfiffig, glaubwürdig, weil sie die Probleme ja selbst miterlebt hatte. Unrealistisch fand ich auch, dass eine Siebenjährige "Das Kapital" lesen und verstehen würde.


    Ob sie mit Dr. Santos glücklich wird? Amüsant, dass es in seiner Familie öfter schwarze Flecken gab. Aber zwischen den beiden gibt es so viele Unterschiede, Bildung und familiäre Herkunft. Hinzu kommt die offene Ablehnung von Eva durch seine Familie. So sehr ich ihr eine glückliche Ehe wünsche, habe ich doch gewisse Zweifel. Oder ob ihre Beine in den nächsten Jahren noch öfter versagen werden?

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Was ich schrecklich fand war das der Vater mit saufen angefangen hat. Und auf Seite 125 Eva sehr stark ihrem vater gegenüber tritt. Er soll aufhören zu saufen, dann geht sie arbeiten. Sie bringt ja auch das Opfer dann nicht mehr in die Schule zu gehen. Was ihr sicher nicht leicht fällt.


    So nun muss ich noch was sagen



    Heute morgen hatte ich die absolute Ruhe von 6-7 Uhr und was soll ich sagen?
    Ich bin drin im Buch und muss jetzt weiterlesen wie es weitergeht.


    Pietro ist ein Schwein, aber das was zuhause bei Eva abgeht,gibt es leider auch heute noch viel zu oft das das Opfer sich schuldig fühlt.


    Am Schluss des Kapitels bleibt mir nur zu sagen Viel Glück Eva! Hoffentlich findest Du das was Du suchst.Unvorstellbar welches Leid sie mit macht. Ich glaube sie wird nicht glücklich.




    Anmerkung zu meinem Leseverhalten: Vielleicht sollte ich immer so früh aufstehen um die Ruhe zu haben? :lache

  • Zitat

    Original von Mrs Bean
    Mein Problem besteht darin, dass ich mir die Frauen nicht richtig vorstellen kann. Mir fehlte von Anfang an eine genauere Charakterisierung der einzelnen Personen, z.B. eine Beschreibung ihrer Gesichtszüge. Irgendwie komisch, dass die Autorin sich mehr an der Beschaffenheit der Haare aufhängt. Für mich sind Haare jedenfalls nicht das wichtigste Merkmal an anderen Menschen! :-)


    Wie ist denn eure Meinung dazu?
    ____________________



    Das mit den Haaren ist mir auch aufgefallen. Auch im ersten Teil habe ich schon eine Vermutung dazu abgegeben: Es geht ja in diesem Buch um Frauen und ihre starke, weibliche Seite. Ich denke, dass die Haare die Weiblichkeit symbolisieren sollen (Haare sind ja generell ein Symbol dafür! Wenn in Filmen oder in der Werbung die Frauen besonders weiblich dargestellt werden sollen, fangen sie ja auch fast immer an die Haare zu schütteln, damit zu spielen, sie hin und her zu werfen...usw...) und deswegen immer wieder so explizit darauf eingegangen wird.


    Klingt das nachvollziehbar?

    "Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns." :eiskristall
    Franz Kafka


    :lesend Walsch: Gespräche mit Gott
    :lesend Norman: Grausames Spiel
    :lesend Patterson: 1st to die


  • Das waren zwei verschiedene Männer einer der von hinten , und sie stand vor einem dem sie dann auf die Jacke kotzte

  • Zitat

    Original von Lese-rina



    Ich denke (wie Babyjane), Hauptgrund von Evas Verhalten ist die Tatsache, dass sie sich selbst die Schuld an der Vergewaltigung gibt. Deshalb traut sie sich ihrer Mutter nicht an, da sie Angst hat, ihre Mutter könnte sie (Eva!!!!) nicht mehr lieben und sich von ihr abwenden. Deshalb arbeitet sie auch weiterhin im Schuhladen, um ihr vermeitliches Fehlverhalten nicht öffentlich zu machen. Und deshalb vertraut sie sich auch einen Priester an, um ihre angebliche Schuld zu sühnen. Für uns heute vielleicht nicht nachvollziehbar, aber passend zu Zeit und Ort. Ich denke sie war sehr gläubig und wollte Vergebung.


    In meinen Augen ist Eva zum Zeitpunkt des Gesprächs mit ihrer Mutter noch nicht im eigentlichen Sinne vergewaltigt worden. Es handelte sich ja noch um eine Art Vorstufe zu dem, was Eva dann zwei Jahre lang erdulden muss. Ich hoffe, ihr wisst, was ich meine, auch wenn ich hier ein wenig um den heißen Brei herumrede! ;-) Jedenfalls hätte sie meiner Ansicht nach noch die Möglichkeit gehabt, sich zu retten. Indirekt hat sie sich ja durch die psychisch bedingten Lähmungserscheinungen in ihren Beinen erst einmal aus dem Problem herausgezogen. Ganz schlimm fand ich, dass Eva dann durch den Kräuter-Tee ihrer Mutter oberflächlich gesundet und keine Ausrede mehr hat, um nicht wieder arbeiten gehen zu müssen. Eigentlich ist also Pajarita schuld an dem, was folgt! Das ist ziemlich ungeschickt gemacht! Ich verstehe trotzdem nicht, warum Eva lieber weiterhin zu Pietro geht, als sich Pajarita anzuvertrauen, Schuldgefühle hin oder her. Auch wenn die Zeiten damals anders waren, habe ich an dieser Stelle eine plausible Erklärung für Evas Verhalten vermisst.


    Dein Argument bezüglich der Beichte finde ich sehr einleuchtend. Eva ist ja auch noch sehr unwissend in allen Dingen, die mit dem anderen Geschlecht zu tun haben.


    _______________________

  • Eva war bestimmt sehr unwissend in diesen Dingen, die Pietro tat. Allerdings glaube ich irgendwie nicht, dass sie so sehr gläubig war, weil Glaube und Kirche ansonsten in dem ganzen Buch kaum eine Rolle spielen. Vielleicht war der Priester eher so eine Art letzte Hoffnung, jemand von außerhalb, der ihr helfen könnte, zumindestens mit Worten?

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Zitat

    Original von bula84



    Das mit den Haaren ist mir auch aufgefallen. Auch im ersten Teil habe ich schon eine Vermutung dazu abgegeben: Es geht ja in diesem Buch um Frauen und ihre starke, weibliche Seite. Ich denke, dass die Haare die Weiblichkeit symbolisieren sollen (Haare sind ja generell ein Symbol dafür! Wenn in Filmen oder in der Werbung die Frauen besonders weiblich dargestellt werden sollen, fangen sie ja auch fast immer an die Haare zu schütteln, damit zu spielen, sie hin und her zu werfen...usw...) und deswegen immer wieder so explizit darauf eingegangen wird.
    Klingt das nachvollziehbar?


    Ja, das klingt tatsächlich nachvollziehbar! Solche Gedanken sind mir dazu gar nicht gekommen! Danke! :wave


    Zitat

    Original von Roma


    Ich hatte auch den Verdacht, Andrés sei schwul und hatte Mitleid mit Eva, weil er bei Nacht und Nebel verschwunden ist. Sie hätte meines Erachtens eine Erklärung verdient.


    Als der Lippenstift erwähnt wurde, dachte ich auch gleich, dass Andrés vom anderen Ufer sein muss. Ich fand es sehr unfair von ihm, Eva einfach so sitzen zu lassen. Andrés hätte wenigstens später mal versuchen können, ihr zu schreiben. Wenn Eva ihn nicht durch Zufall in Montevideo gefunden hätte, wären sie sich vielleicht nie wieder begegnet.


    Schade, dass es im ganzen Buch nicht einen Menschen gibt, der in der Lage ist, mit einem anderen über seine Gefühle zu sprechen. Es finden zu allen Problemen immer nur innere Monologe statt! :rolleyes


    _____________________



  • Dankeschön! :knuddel1

    "Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns." :eiskristall
    Franz Kafka


    :lesend Walsch: Gespräche mit Gott
    :lesend Norman: Grausames Spiel
    :lesend Patterson: 1st to die

  • Zitat

    Original von Mrs Bean


    In meinen Augen ist Eva zum Zeitpunkt des Gesprächs mit ihrer Mutter noch nicht im eigentlichen Sinne vergewaltigt worden. ... Jedenfalls hätte sie meiner Ansicht nach noch die Möglichkeit gehabt, sich zu retten...
    Eva ist ja auch noch sehr unwissend in allen Dingen, die mit dem anderen Geschlecht zu tun haben.


    Ich gebe dir vollkommen recht, was du über den Zeitpunkt schreibst, wann Eva reden hätte sollen. Vielleicht liegt aber eine Lösung darin, dass sie noch nichts über den Umgang von Männern und Frauen wusste. Aufklärung gab es ja damals sicher überhaupt nicht. Vielleicht wusste sie einfach nicht, wohin das führen wird. Ich denke, sie hatte zwar ein Gefühl, dass das so nicht in Ordnung ist, aber wie es weitergehen könnte - da hatte sie sicher keine Vorstellung davon. Und vielleicht wollte sie ihre Familie auch nicht im Stich lassen.


    Zitat

    Original von Ottifanta
    Allerdings glaube ich irgendwie nicht, dass sie so sehr gläubig war, weil Glaube und Kirche ansonsten in dem ganzen Buch kaum eine Rolle spielen.


    Das ist richtig, trotzdem ging sie aber regelmäßig zur Beichte und beichtete jede Kleinigkeit, die sie vielleicht falsch gemacht haben könnte. Deshalb denke ich, dass ihr so eine große "Verfehlung" schon auf dem Herzen lag.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Mrs Bean
    Ich verstehe trotzdem nicht, warum Eva lieber weiterhin zu Pietro geht, als sich Pajarita anzuvertrauen, Schuldgefühle hin oder her. Auch wenn die Zeiten damals anders waren, habe ich an dieser Stelle eine plausible Erklärung für Evas Verhalten vermisst.


    Ich glaube nicht, dass es für das Verhalten in so einem Ausnahmezustand eine plausible Erklärung geben kann, nach allem, was Eva durchgemacht hat, war das letzte, was ich von ihr erwartet habe, rationales Verhalten.


    Zitat

    Original von schnatterinchen
    Anmerkung zu meinem Leseverhalten: Vielleicht sollte ich immer so früh aufstehen um die Ruhe zu haben? :lache


    klingt nach einem guten Plan! :lache


    Aber im Ernst, ich brauchte auch Ruhe, um in das Buch zu finden. Aber so geht es mir häufig, ich brauche meine Zeit, bis mich die Handlung vollkommen gepackt hat, dann kriege ich nichts mehr um mich herum mit. Aber bis zu diesem Punkt dauert es manchmal etwas, bei diesem Buch hat es auch ein paar Seiten mehr gebraucht.

  • So, im Gegensatz zu dem ersten Abschnitt bin ich jetzt durch diesen Teil geflogen. Jetzt bin ich richtig gut drin.


    Die Ausblicke in die Zukunft machen mich auch neugierig und ich bin gespannt, wie es weitergeht.


    Kann man behaupten, dass Eva vielleicht am "Stockholm-Syndrom" leidet? Ich weiß es gar nicht mehr, aber in dem vorablesen.de Buch von Camilla Läckberg oder von Arne Dahl, ich glaube eher letzteres, wurde das erwähnt. Wenn Opfer sich mit dem Täter identifizieren und ihn in Schutz nehmen, sich selber als Täter sehen und den eigentlichen Täter eher als Opfer betrachten. Irgendwie so war glaube ich die Erklärung. Vielleicht ist so Evas Verhalten zu erklären. Ganz ungewöhnlich ist ihr Verhalten sicherlich nicht. Ich denke es gibt genügend Frauen, die nicht über eine Vergewaltigung sprechen. Erst neulich habe ich im Fernsehen einen Bericht gesehen, wo es um K.O.-Tropfen ging. Immer die Getränke im Auge behalten! Viele Frauen trauen sich nicht zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten, weil sie sich eben an nichts erinnern können. Die Situation ist jetzt nicht ganz mit der von Eva vergleichbar, aber es war eine andere Zeit und über Sex wurde damals bestimmt nicht so offen diskutiert wie heutzutage.


    Was Andre angeht, da stimme ich hier einigen anderen zu. Ich vermute auch, dass er evtl. homosexuell ist oder Transvestit. Wenn er als besonderer Fall im Krankenhaus gelandet ist... Ich hoffe, dass wir über ihn auch noch einiges erfahren werden.


    Was ich von Dr. Santos halten soll, weiß ich noch nicht so recht. Ein komischer Typ eben. Ich bin mal gespannt, wie sich seine Ehe mit Eva jetzt entwickelt.

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Zitat

    Original von Mrs Bean
    Warum hat sich Eva nicht geweigert, weiterhin im Schuhladen zu arbeiten?


    Ich bin an der Stelle angelangt, als Eva wieder laufen kann und zurück in den Laden geht.
    Das hat mich irgendwie auch gewundert.


    Dieses "Nicht-mehr-Laufen-können" war für mich wie so ein Stopp-Schild ihres Körpers: Halt, ich will das nicht.
    Weshalb dann plötzlich dieses willenlose Akzeptieren und Annehmen kam......


    Mal sehen, was die nächsten Seiten bringen.

  • Mit diesen Abschnitten um Eva ist mir erst richtig klar geworden, dass die Aufteilung schlichtweg nach den drei Generationen von Frauen benannt wurden, wie es im Klappentext so schön angekündigt wird. Das war mir in den ersten Kapiteln tatsächlich gar nicht so bewusst....


    Während die Inhalte und somit auch der Erzählstil um Pajarita immer etwas märchenhaftes und mythisches mitschwingt, erhalten die Kapitel um Eva einen gänzlich anderen Charakter. Da sind die Erzählungen stark chronologisch geprägt bis geradezu brutal realitätsnah beschrieben.


    Während Pajarita laufend als eine sehr starke Frau dargestellt wird, habe ich eine entsprechende Reaktion von ihr schmerzlich vermisst, als ihre Tochter Eva missbraucht wird. Es wird wieder und wieder der Bruch mit dem Vater thematisiert, die Reaktionen der Mutter - bis auf die Pflege am Bett - bleiben jedoch nahezu unerwähnt. Das hat mich nach den vorherigen Kapiteln - und einem innerlich schon gemalten Bild dieser Frau als Mutter - kollosal gestört!!!


    Auffällig ist mittlerweile auch, dass eigentlich alle Protagonisten Migranten sind. Während die Menschen um diese Personen herum scheinbar stetig in ihren Orten oder Städten ausharren, greifen die Protagonisten bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten zur Flucht aus ihrer vertrauten Umgebenung oder gar ihrem Heimatland. Das finde ich schon auffällig...


    GRÜSSE
    savanna

  • Zitat

    Original von ottifanta


    Auch die Sprachlosigkeit zwischen Eva und Pajarita hat mich erstaunt. Schlimm genug, dass ihr Vater ihre Seite der Geschichte überhaupt nicht hören will, aber dass ihre Mutter sich nicht mehr darum bemüht, Zugang zu ihrer Tochter zu finden hat mich erstaunt. Auf der anderen Seite passt wohl wirklich in die Zeit, auch wenn es für mich heute fast unverständlich ist.


    Da geht es mir sehr ähnlich. Leider zeigt die Realität jedoch, dass es in allen möglichen Familien vorkommt, dass Missbrauch nicht zur Sprache gebracht wird. Pajarita wird nicht als ein Typ Frau beschrieben, die Dinge verdrängt oder aus Angst vor ihrem Mann runter schluckt und dennoch tritt sie nicht stärker für die Tochter ein. Schon seltsam und eigentlich ein klarer Widerspruch zu dem von der Autorin bis dahin gezeichneten Charakter...


    GRÜSSE
    savanna

  • Noch zwei Sätze zu Andrés:


    Ich war völlig in der Erwartung, dass Eva und Andrés bald schon ein Paar würden - das romantische Finale einer Kindergarten-Liebe sozusagen. Die Eifersucht auf Beatriz konnte doch deutlicher nicht sein. Um so mehr erstaunen auch mich die unerwarteten Wendungen...


    GRÜSSE
    savanna

  • Zitat

    Original von schnatterinchen
    Mich hat die Sprache sehr gestört, ich dachte eher an etwas Fantasymässiges und die Geschichte der Frauen war für mich reichlich verwirrend.


    Das ist wieder mal ein wunderbares Beispiel dafür, wie unterschiedlich die Lese-Geschmäcker sind! Genau das, was Dich wohl am Buch stört, fasziniert mich am allermeisten: Der Touch Fantasy oder - wie ich es nennen möchte - lateinamerikanischer Mystik.


    Bisher habe ich noch kein vergleichbares Buch gelesen - ücher über mehrere Frauengenerationen hinweg sind oft schlichtweg realitätsnah beschrieben,um so mehr freue ich mich über diesen gänzlich anderen Ansatz!


    GRÜSSE
    savanna