'Die unsichtbaren Stimmen' - Seiten 391 - Ende

  • Klusi : Das ist noch ausführlicher als das bei Amazon. Danke für den Link.


    Bin gespannt, worum es in ihrem zweiten Buch geht.


    Nachtrag: Warum Evas Bruder in die USA ging und nie wieder zu einem Besuch nach Montevideo kam wurde nicht gesagt, oder ist mir das entgangen?

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von ottifanta ()

  • Zitat

    Original von ottifanta


    Nachtrag: Warum Evas Bruder in die USA ging und nie wieder zu einem Besuch nach Montevideo kam wurde nicht gesagt, oder ist mir das entgangen?


    Direkt kam es m.E. nicht zur Sprache, aber ich vermute, dass er sich nicht mehr sicher gefühlt hat. In einer Diktatur in der Art, wie das damals war, zählte er wahrscheinlich automatisch zu den Verdächtigen, nachdem seine Schwester im Gefängnis saß. Dass er später, nach ihrer Freilassung, nie zu Besuch nach Montevideo kam, kann ich mir nur so erklären, dass er Angst hatte, Salome könnte ihre Tochter beanspruchen.

  • Ganz ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass mir die letzten 70 Seiten des Romans nahe gehen könnten. Sind sie aber in gewisser Weise.


    Zwar ärgere ich mich schon wieder, dass Salomé wirklich nie daran denkt, dass auch wegen der Tupas Menschen gestorben sind und dass sie schon zu Recht im Gefängnis sitzt. Schließlich hat sie auch Waffen besessen, hat Banken überfallen, hat ihre Stimme für die Ermordung von Mitrione gegeben usw. Ich weiß nicht, ob es da reicht, wenn man denkt, dass das alles für eine gute Sache war.


    Ich frage mich, warum Salomé bei dem Ausbruch nicht mit geflohen ist. War der Schacht in die Kanalisation zu eng, dass sie mit ihrem Schwangerschaftsbauch nicht durchgekommen wäre? Oder hatte sie Angst, dass sie und das Kind bei dem Ausbruch umkommen könnten? Oder dass Tinto sie mit dem Kind aus einer Vergewaltigung ablehnen könnte? Diese Stelle ist für mich sehr unklar...


    Nahe gegangen ist mir dieser Teil, weil es wirklich erbärmliche Zustände in den Gefängnissen dort (gewesen) sind, die einfach menschenunwürdig sind. Von der Folter und den Vergewaltigungen mal ganz abgesehen...
    Gut nachempfinden konnte ich auch, dass Salomé so lange gebraucht hat, bis sie die Jahre im Gefängnis verdaut hat und wie eifersüchtig und wütend sie war, als die erfahren hat, dass Tinto nicht auf sie gewartet hat, sondern einfach Anna geheiratet hat. Die Erinnerung an Tinto und an ihre Tochte haben sie schließlich im Gefängnis aufrecht erhalten.
    Ebenfalls sehr gut, dass sie endlich das Geheimnis um Zolá gelüftet hat und ihre Mutter deshalb nicht verurteilt. So sind jetzt beide in die Geheimnisse der anderen eingeweiht.


    Ich hatte gar nicht geahnt, dass Pajarita so sehr an Artigas hängt, dass sie quasi mit Nachricht von seinem Tod ihr eigenes Leben ebenfalls für beendet erklärt. Er ist schließlich schon seit vielen Jahren in Kuba und mE ist es dann doch egal, ob er dort glücklich lebt oder gestorben ist, sie hätten sich ja nie wieder gesehen.
    Das Ende mit dem Gondelbau fand ich sehr schön. Klar, dass sich der Kreis wieder schließt und Pajarita genau am Neujahrtag von Ignazio auf den Rio de la Plata hinaus "gegondelt" ( :lache @ Mrs Bean, sehr passend) wird. Da zeigt sich ja nun, dass er es letztendlich doch geschafft hat, wenigstens eine einzige Gondel auf den Fluss zu bringen. Das war ja sein großer Traum.
    Es war zu ahnen, dass dieses Erlebnis Salomé endlich die richtigen Worte zu Papier bringen lässt.

  • Zitat

    Original von ottifanta


    Nachtrag: Warum Evas Bruder in die USA ging und nie wieder zu einem Besuch nach Montevideo kam wurde nicht gesagt, oder ist mir das entgangen?


    Der Bruder ist in dem ganzen Buch eine Randerscheinung. Vielleicht auch daraus resultierend, dass er seiner Mutter nach der Geburt weggenommen wurde und sie vermutlich nie eine so innige Beziehung wie zu Salomé aufbauen konnte.


    Aber nun zu dem Ende des Buches:
    Auch ich fand den letzten Teil sehr bewegend und obwohl die Mitleser recht haben, die der Meinung sind, Salomé habe es nicht anders verdient, hatte sie mein Mitleid. In erster Linie wegen der schlimmen Zustände im Gefängnis. Unter diesen Bedingungen ein Kind zu bekommen und dieses dann zu seinem Schutz abzugeben, ist schon ziemlich heftig.


    Die Sache mit den Klopfzeichen fand ich auch eigenartig, aber solche "Kleinigkeiten" kann ich als schriftstellerische Freiheit abhaken und einfach so hinnehmen ;-)


    Auch, wenn es ein wenig pathetisch war, fand ich das Ende, als Ignazios Traum sich verwirklicht hat, doch sehr bewegend. Schade nur, dass er damit die letzte Reise mit seiner toten Frau antreten musste.


    Salomé hat nun doch Hoffnung, den Kontakt zu ihrer Tochter aufbauen und intensivieren zu können und nach den allesamt eher distanzierten Mutter/Tochter- Beziehungen in diesem Buch, wünscht man ihr von Herzen, dass es ihr gelingt.

  • Danke, Babyjane! :wave


    Ich werde jetzt erst einmal den Link von Klusi aufrufen und dann versuchen, irgendwie eine abschließende Meinung zu schreiben. Nachdem ich den Roman nun ein paar Tage innerlich habe sacken lassen, bin ich leider noch verwirrter als zuvor. :rolleyes Aber zum Glück scheint es einigen anderen hier auch so zu gehen. Das ist sehr beruhigend! :-]


    ________________________

  • Leider ist mein Englisch nicht mehr gut genug, um den Text zu lesen :-(.
    Für die Rezi brauche ich noch etwas. Ich muss ein Buch erst immer ein paar Tage sacken lassen, bevor ich meine Gedanken sortieren und formulieren kann.

  • Vielen Dank für die Links! Sie haben für mich das Buch abgerundet und noch einige offene Fragen beantwortet.
    Der Salome-Teil war für mich der spannendste des Buches. Die Zeit im Gefängnis wird sehr realistisch geschildert (wobei ich die Klopfzeichen auch nicht nachvollziehen konnte). Das Salome jahrelang im Gefängnis war ist schon heftig, aber bei Mord schon gerechtfertig (allerdings nicht die Misshandlungen). Schön fand ich das Ende des Buches, es hat mich mit manchen "Fehlern" wieder versöhnt. Ignazio baut seine Gondel und segelt mit seiner Frau davon - und Salome kann endlich Viktoria schreiben. Für die Rezi brauche ich noch etwas - ich habe das Buch noch nicht richtig "verarbeitet". :wave

  • Zitat

    Original von Klusi
    Zum Buchtitel habe ich mir gerade Gedanken gemacht. Ich denke, mit den unsichtbaren Stimmen sind die der Geister gemeint, die bei der letzten Szene im Wasser erscheinen.


    Oder die Stimmen im eigenen Kopf. Was mir irgendwie gefehlt haben waren Dialoge. Ich hatte zu keinem der Protgonisten irgendeine "Beziehung"


    Zwischendrin war es spannend und dann plätscherte es wieder so vor sich hin.
    Was ist denn mit Eva und Zola passiert? Die wurden gar nicht mehr erwähnt..


    Die Gondel fand ich auch sehr schön, ging damit doch ein großer Traum in Erfüllung.


    Meine Rezi hab ich schon drangehängt, aber so richtig kann ich es nicht in Worte fassen wie ich das Buch fand.


    Gute Rezensionen fallen mir leichter ;-)

  • Zitat

    Original von schnatterinchen


    Was mir irgendwie gefehlt haben waren Dialoge. Ich hatte zu keinem der Protgonisten irgendeine "Beziehung"


    Das ging mir auch so. Es liest sich auch viel leicht, wenn mehr Dialoge drin sind. Das empfand ich auch als störend.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Für mich war Salomés Zeit im Gefängnis der intensivste Teil des Buches, kaum auszuhalten, was für grausame Zustände dort herrschten. Klar, Salomé hat sich eines Verbrechens schuldig gemacht, doch rechtfertigt dies nicht die menschenverachtenden Zustände, die dort herrschen. Die Folter, die Vergewaltigungen, die Einsamkeit, die Dunkelheit, wie soll ein Mensch das alles ertragen? Dann noch die Schwangerschaft, die Trennung von dem Baby, die Ungewissheit, was mit ihr passiert ist.


    Gefehlt hat auch mir in dieser Zeit eine Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit, wie sie in diesen Strudel der Gewalt geraten konnte, wie sie mit ihrer Schuld an den Verbrechen umgeht. Dennoch fand ich diesen Abschnitt sehr berührend.


    Ebenso ihre Rückkehr in die Freiheit, ihre anfängliche Unfähigkeit, mit ihrer Freiheit überhaupt umzugehen, die langsame Rückkehr in ein "normales" Leben.


    Auch das Ende fand ich gelungen, Ignazio hat endlich seine Gondel und kann seiner Frau ihr letztes Geleit geben, so wie er es sich wünscht. Ich glaube nicht, dass er diese letzte Reise überleben wird, vielmehr habe ich das Gefühl, dass er mit ihr gehen will.


    Salomé wünsche ich, dass sie eine Chance bekommt, ihre Tochter richtig kennen zu lernen.


    Insgesamt stimmt mich das Ende versöhnlich dem Buch gegenüber, auch wenn auch hier einige unrealistische Dinge passieren (wie die Klopfzeichen).


    Für eine abschließende Rezi muss ich das Buch allerdings erstmal ein wenig sacken lassen.

  • Habe heute die englische Taschenbuch-Ausgabe gesehen und die ersten Seiten durchgeblättert. Das englische Buch beginnt mit "When Salomé finally wrote to her daughter..." und irgendwie konnte ich mich so überhaupt nicht daran erinnern, dass dieser Brief schon ganz am Anfang erwähnt wird. Mit meinem deutschen Leseexemplar in der Hand habe ich dann festgestellt, dass mein Gedächnis noch nicht so stark nachgelassen hat... Auf der Homepage der Autorin ist eine Leseprobe mit den ersten Seiten des Buchs.


    Mir gefallen beide Anfänge, wüsste aber schon gerne, wie es zu diesen Unterschieden kam. :gruebel


    Habe den Auszug hier beim Ende gepostet, weil ich - nach der Lektüre der deutschen Fassung - finde, dass die Erwähnung des Briefs von Salomé an ihre entfremdete Tochter im Ausland viel vorwegnimmt.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • @ Ottifanta: Danke für die Info, mich würde auch interessieren, wie es dazu kam, warum wurde nicht einfach der original-Anfang übernommen? Ich sehe den Sinn irgendwie nicht. Wer weiß, was noch alles vom Original abweicht. Für mich ein Grund mehr, lieber die englischen Originale zu lesen.

  • Ich habe mir das auch gerade mal durchgelesen...der Anfang auf Englisch ist ja komplett anders. Mich würde auch interessieren, warum man in der deutschen Ausgabe Pajaritas Sicht vom Totenbett aus darstellt und in der englischen Ausgabe die von Salomé, die dabei ist diesen Brief an ihre Tochter zu schreiben.


    Ich finde auch, dass sich beide Anfänge eignen, um das Buch einzuleiten, aber wie es zu diesem Unterschied gekommen ist, würde mich ebenso brennend interessieren.

  • Ich bin nun auch endlich durch. Den Schluss fand ich zumindest noch einmal ergreifend. Ignazio wirkte ja schon sehr verwirrt, aber dann noch die Anweisungen zum Gondelbau und seine Aktion davonzurudern... Mit so einem Ende hätte ich jetzt nicht gerechnet.


    Dass Salomé ihre Mutter auf Zola anspricht, hätte ich auch nicht gedacht. Dass sie sie dann auch noch kennen lernt, ebenfalls nicht. Mehr erfahren wir dann aber auch nicht.


    Roberto muss es doch eigentlich ganz gut gehen in den USA. Stand nicht irgendwo, dass er auch Geld schicken würde? Warum kommt er dann mal nicht nach Uruguay? Das kann ich nicht nachvollziehen.


    Das "Leben" im Gefägnis ist echt hart. Die Sache mit der Kommunikation zweifel ich auch stark an. Also wie in den vorangegangenen Abschnitten bleiben auch hier wieder ein paar Fragen offen.


    Jetzt muss ich mir erstmal die ganzen Links hier durchlesen, um vielleicht etwas mehr Verständnis für die Autorin zu entwickeln.


    Den Buchtitel habe ich ja gleich schon zu Beginn des Buches angezweifelt. Man muss ja nicht immer wörtlich übersetzen, aber in diesem Fall hätte ich es glaube ich bevorzugt. Da muss ich Bouquineur in ihren Erläuterungen zustimmen.

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Zum deutschen Titel habe ich im vorherigen Abschnitt folgendes geschrieben (was in die gleiche Richtung wie Schnatterinchen geht, allerdings hatte ich da dieses Thread noch nicht gelesen):


    Was mit zum Titel eingefallen ist: Könnte sich "Die unsichtbaren Stimmen'" vielleicht auf die Stimmen der Protagonistinen in deren Köpfen beziehen. Sie haben ja alle viele Gedanken, die ihr Leben entscheidend bestimmen - Pajaritas geheimnisvolle Geschichten aus der Vergangenheit, Evas Worte und Gedichte und Salomés Gedanken zur Revoulution. Das würde für mich stimmig sein. Was meint ihr?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Salome landet im Gefängnis und bringt dort eine Tochter zur Welt. Keine Perspektive für das Kind, daher verwundert es nicht, dass Salome Victoria weggibt.
    Aber schön, dass es später doch noch zu einem Kontakt kommt.
    Insgesamt betrachtet, war dieser Teil der Gewinnenste von allen. Ich hätte mir gewünscht, die anderen Passagen wären ebenso teilnehmend geschrieben.
    Einen leicht zerknirschten Gesamteindruck des Buches kann der Abschluss jedoch nicht ganz wettmachen.


    Ich denke, ich werde das Buch nochmal zusammenhängend lesen, wenn neben anderer Verpflichtungen mehr Zeit bleibt und ich nicht nur auf Häppchen angewiesen bin. Kann mir doch gut vorstellen, dass diese Herangehensweise das Verständnis/Empfinden noch zusätzlich erschwert hat. (Bis dahin warte ich mit einem abschließenden Urteil, bevor ich dem Buch doch unrecht tue, das ist hoffentlich ok...)


    Die englische Leseprobe und den Link werde ich mir auf jeden Fall auch noch zu Gemüte führen...
    Der erwähnte Brief zu Beginn hätte sicher meine Auffassung beeinflusst. Würde mich auch interessieren aus welchem Grund die deutsche Version nicht so beginnt. :gruebel

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Zum deutschen Titel habe ich im vorherigen Abschnitt folgendes geschrieben (was in die gleiche Richtung wie Schnatterinchen geht, allerdings hatte ich da dieses Thread noch nicht gelesen):


    Was mit zum Titel eingefallen ist: Könnte sich "Die unsichtbaren Stimmen'" vielleicht auf die Stimmen der Protagonistinen in deren Köpfen beziehen. Sie haben ja alle viele Gedanken, die ihr Leben entscheidend bestimmen - Pajaritas geheimnisvolle Geschichten aus der Vergangenheit, Evas Worte und Gedichte und Salomés Gedanken zur Revoulution. Das würde für mich stimmig sein. Was meint ihr?


    So seh ich das auch. Die Gedanken überwiegen somit sind sie die unsichtbaren Stimmen.


    In der aktuellen Buchjournal Ausgabe ist das Buch vorgestellt. Mit dem beschriebenen hätte ich das Buch sofort gekauft und wäre hinter her genauso enttäuscht gewesen.