Soeben registrierte ich ungläubig, dass es hier noch keine einzige Rezension zu einem Werk von Edgar Allan Poe von mir gibt :yikes. Da dachte ich, fange ich mal mit "The Fall of the House of Usher" an.
"The Fall of the House of Usher" ist eine 1839 erstmals veröffentlichte Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe. Als einzelnes Buch gibt es sie nicht, aber in dem unten genannten Sammelband ist sie enthalten. In diesem Sammelband umfasst sie knapp 13 Seiten; nur so als Orientierung.
Zum Autor:
Edgar Allan Poe wurde 1809 als mittleres Kind eines Schauspielerehepaares in Boston geboren. Schon 1810 verließ sein Vater die Familie. Kurz darauf starb seine Mutter an Tuberkulose. Edgar Allan Poe wuchs daraufhin bei dem Kaufmann John Allan und seiner Frau in Richmond auf, die ihn jedoch nie adoptierten. Die Zeit von seinem 6. bis 11. Lebensjahr verbrachte Poe in England und Schottland; ab 1815 war er Schüler an der Old Grammar School in Irvine, Schottland. 1820 kehrte John Allan mit seiner Familie nach Richmond zurück.
Mit 17 immatrikulierte sich Poe an der kurz zuvor von Thomas Jefferson gegründeten Universität von Virginia. Da seine Ziehmutter dahinter gekommen war, dass ihr Mann noch zwei uneheliche Kinder hatte, wird vermutet, dass Poe sich auf ihre Seite geschlagen hatte, was ihn die finanzielle Unterstützung seines Ziehvaters gekostet hat. Poe begann daraufhin zu trinken und zu spielen.
Um sich vor Gläubigern und Gerichtsvollziehern zu verstecken, nahm Poe den Namen Henri le Rennêt an, als er sich nach Boston einschiffte, wo er seinen ersten Gedichtband: „Tamerlane und andere Gedichte“ im Selbstverlag herausbrachte. Anschließend trat er unter dem Namen Edgar A. Perry als Soldat bei der US Army ein.
Im Jahre 1829, bevor er sich an der Militärakademie West Point einschreiben wollte, besuchte Poe Verwandte in Baltimore. Er verliebte sich in seine Cousine Virginia Eliza Clemm, die er 1836 im Alter von 13 Jahren heiratete. Ihr früher Tod im Januar 1847 hat seine weiteren Arbeiten inspiriert. Er gilt als Vater der American Short Story und des modernen Kriminalromans.
Edgar Allan Poe starb 1849 in Baltimore unter mysteriösen Umständen.
Zum Inhalt:
Die Kurzgeschichte "The Fall of the House of Usher" nimmt ihren Ausgang darin, dass der namenlose Ich-Erzähler einen aufwühlenden Brief von seinem Jugendfreund Roderick Usher erhält. Er reitet daraufhin zu dessen Anwesen, dem House of Usher, das durch seine gespenstische Umgebung, einen beunruhigenden und unheimlichen Eindruck erweckt.
Dem Ich-Erzähler fällt ein schmaler Riss auf, der sich durch das Gemäuer zieht. Außerdem wird von dem See erzählt, an dem das House of Usher liegt. Dämonische Gestalten sollen herauftreten und denjenigen holen, der zu lange auf den See starrt.
Im House of Usher empfängt den Erzähler der nervlich stark überreizte und anscheinend geisteskranke Hausherr. Roderick Usher bittet den Ich-Erzähler, ihm einige Zeit Gesellschaft zu leisten, um seine Krankheit erträglicher zu machen. Kurz darauf stirbt angeblich die ebenfalls krank anmutende Zwillingsschwester des Gastgebers, Lady Madeline, und wird im Keller des Hauses aufgebahrt und begraben.
Während einer Sturmnacht einige Tage später liest der Ich-Erzähler dem ebenfalls schlaflosen Roderick eine vermeintlich aufheiternde Rittergeschichte vor, die letztlich aber das Grauen vor den unheimlichen Geräuschen im Haus nur potenziert. Durch den Verlauf der Rittergeschichte und die sie begleitenden Geräusche sowie das darauf folgende Geständnis Rodericks wird es offensichtlich, dass Roderick seine Schwester lebendig begraben hat. Plötzlich steht Lady Madeline blutüberströmt in der Tür; sie wirft sich sterbend auf den Bruder, welcher an dem Schock sofort stirbt.
Panisch flüchtet der Ich-Erzähler vom Anwesen und sieht noch, wie der das Haus durchziehende Riss immer weiter auseinander klafft, bis es zusammenbricht und versinkt.
Meine Meinung:
Die Kurzgeschichte "The Fall of the House of Usher" ist schon ziemlich unheimlich und verstörend; wie so ziemlich alles von Poe :grin. Ich für meinen Teil fand sie, ganz besonders gegen Ende, gruseliger als so manchen Psychothriller, den ich schon gelesen habe :grin. Die spannende und beklemmende Atmosphäre wird zu einem großen Teil nicht dadurch erzeugt, was der Ich-Erzähler sagt, sondern dadurch, was er nicht sagt.
Auffallend ist zunächst einmal die Kulisse, die Poe herausbeschwört: Obwohl er ein amerikanischer Autor ist, spielt seine Kurzgeschichte in einer Burg / einem Schloss, das man in der Form eher in Europa finden würde. Ich erkläre mir das dadurch, dass Poe in seiner Jugend einige Jahre in England und Schottland verbracht hat :gruebel.
Außerdem finden wir wieder einmal das Poe-typische Motiv vom lebendig Begrabensein. Auch das Motiv der Geisteskrankheit wird aufgegriffen.
Edgar Allan Poe war nach den Puritanern, die an Literatur immer einen didaktischen, moralistischen Anspruch stellten, der erste Autor der Literatur um der Literatur Willen verfasste. Er stellte somit in erster Linie einen ästhetischen Anspruch an seinen Text. Nach Poe wird eine "Seelenregung" (ich habe es jetzt im Aristoteles'schen Sinne verstanden; in seiner "Philosophy of Composition" spricht er von "excitement of the soul") nicht durch Wahrheit, sondern durch Schönheit hervorgerufen. Poe verzichtete auch auf die Entwicklung einer Idee / eines Gedankenganges im Verlaufe des Textes. Er war der der Meinung, eine literarische Erfahrung sei eine Erfahrung aus einer anderen Welt, weshalb seine Texte auch keine politischen, sozialen oder moralischen Ziele verfolgen und es somit sinnlos ist, sie in dieser Hinsicht deuten und interpretieren zu wollen.