Erica Bauermeister - Das Liebesmenü

  • OT: The School of Essential Ingredients


    Über den Autor
    Erica Bauermeister wurde in Pasadena geboren. Sie studierte Literatur an der Universität von Washington, wo sie anschließend Kreatives Schreiben unterrichtete. Nach zwei Sachbüchern über Frauenliteratur beschloss sie, selbst Belletristik zu schreiben. "Das Liebesmenü" ist ihr erster Roman. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Seattle.


    Kurzbeschreibung
    Wenn Kochen die Liebensgeister weckt
    Man nehme ... einen Schuss Liebe, einen Spritzer Lebenswürze und neun Menschen, die durch das Kochen verzaubert werden!
    "Am liebsten mochte Lillian den Augenblick, bevor sie das Licht einschaltete. Sie stand im Türrahmen der Restaurantküche und ließ sich von den Düften umhüllen - hefiger Sauerteig und süßlich-erdiger Kaffee, reife Tomaten, Cantaloupe-Melonen und frisch gewaschene Salatblätter." Lillian ist Besitzerin eines Nobelrestaurants. Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen, aber dank ihrer Kochkünste hat sie es bis ganz nach oben geschafft. Besonders am Herzen liegt ihr die Weitergabe ihres kulinarischen Wissens. Jeden zweiten Montag im Monat treffen sich die Teilnehmer ihres Kochkurses: Da ist etwa Claire, die ganz in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter aufgeht und endlich wieder etwas für sich selbst tun möchte; Tom, der über den Tod seiner geliebten Frau Charlie hinwegzukommen versucht; oder die hübsche Antonia, die aus Italien eingewandert ist und sich immer noch fremd fühlt. Jeder der acht Koch-Lehrlinge sucht nach dem perfekten Rezept - für ein exquisites Gericht oder, wie bald klar wird, auch für ein glückliches Leben. Während des Kurses wird gekocht, gegrillt und gebacken - und es werden Ehekrisen gemeistert, zarte Bande gesponnen, Tragödien verhindert und Freundschaften geschlossen. Und am Ende findet nicht nur Antonia ihr Glück ...


    Meine Rezension
    Lillian ist Köchin aus Passion und besitzt ein Nobelrestaurant. Aber Montags bleibt es geschlossen. Montags gibt Lillian abends Kochkurse für die verschiedensten Menschen: Unsichere Köche, Leute, die nur wegen eines Geschenkgutscheines für einen Kochkurs hier sind und Hobbyköche, die ihre Kunst perfektionieren wollen… In den einzelnen Kapiteln wird erzählt, wer sie sind und was sie hierhergeführt hat….


    Da sind z.B. Helen und Carl, ein älteres Ehepaar das anscheinend eine sehr harmonische Beziehung führt. Doch wie es sich zeigt, hatten auch diese beiden ihre Krisen zu meistern. Oder Tom, dessen Lebensgefährtin einst eine ebenso sinnenfrohe Köchin war wie Lillian, doch an Krebs gestorben ist. Tom sucht gerade seinen Weg zurück ins Leben….


    In den einzelnen Kapiteln wird die Geschichte jedes einzelnen Kursteilnehmers erzählt, eingebettet in die überaus sinnliche Zubereitung der Menüs.


    Ich bin ein wenig zwiegespalten, was dieses Buch angeht: Die kulinarische Seite des Buches hat mir sehr gut gefallen. Die Speisen, das Zubereiten, Kochen und Zelebrieren der Mahlzeiten, ist sehr sinnlich, bunt und lebensfroh geschrieben.


    Doch die Story um das Kochen herum ist so typisch amerikanisch: Alle haben scheinbar bewegende Probleme mit ihrem Leben und ihrer Partnerschaft, die aber letztlich größtenteils absolut trivial und einfach lösbar sind. Aber sie sind zu blind, das Glück vor ihrere Nase zu erkennen. Das ist so platt und leider so typisch für viele amerikanische Bücher dieser Machart, egal ob sie sich ums Kochen, Stricken oder um Leseclubs drehen.


    Dennoch ist der Roman alles in allem gut lesbar. Sehr sinnlich sind wirklich die kulinarischen Passagen geschrieben: man sieht das Essen vor sich und kann es förmlich riechen oder gar schmecken.


    Doch wann soll man dieses Buch lesen? Liest man es beim Essen, hat das Essen auf dem Teller vor dem Leser schon verloren. Aber zu jeder anderen Zeit kreiert es Lust auf gutes Essen. Schwierige Frage.


    Ein leichtgewichtiges Buch, das zu Schwergewicht führen kann *grins*. Wer gerne mal so was liest, wird seinen Spaß daran haben.

    Meine Kritikpunkte habe ich ja erwähnt, ansonsten war es wirklich leicht, flüssig und unterhaltsam zu lesen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Henry James versus Kartoffelpüree, das ist eine Kombination, die mich zu Anfang des Romans ja fast schon elektrisiert hat: Beides mag ich ausgesprochen gerne, und ob und wie es gelingen mag, mit dem einen von dem anderen abzulenken, ist eine Frage, die mich zunächst an das Buch gefesselt und dann so lange und gründlich festgehalten hat, bis ich nach viel zu kurzer Zeit die letzte Seite umgeschlagen hatte.


    Es hat mir ausgesprochen gut gefallen, „Das Liebesmenü“. Flüssig zu lesen war es auf jeden Fall. Die Personen sind eher dezent beschrieben, trotzdem hatte ich einen visuellen Eindruck von ihnen. Was mir allerdings sofort deutlich vor Augen stand, war das Restaurant, war die Küche und der Garten.


    Die „Drumherum-Geschichten“ sind, was sie sind, nämlich Beiwerk, Ausschmückung wie die obligatorische Möhren-Rose an Petersilienzweiglein, die auf jedem Teller beim Chinesen liegt, oder der viel zu süße Keks zum Tee, der mir mal in einem Café serviert wurde, zu dem, was – mir - wirklich wichtig ist an dem Buch: nämlich das Kochen, das Essen, das Duft, der Geschmack, die Konsistenz der verschiedenen Waren. Diese Passagen sind von einer überraschenden Sinnlichkeit, vermögen in meinem Fall den betäubenden Duft der Schokolade heraufzubeschwören, den süßen der Melonen, den erdigen von Kartoffeln, haben in mir den Eindruck erweckt, es sei kein Buch, was ich in Händen hielt, sondern eben diese straffe Festigkeit gerade geernteter Tomaten. Rezepte? Wie sollte es Rezepte geben, wenn jemand Rezepten so sehr misstraut wie Lillian, die Köchin, – und doch, zumindest die Variation des Tiramisu, das Ian, einer der Schüler, zubereitet, werde ich nachmachen, das es gelingen wird, steht für mich fest. Die Idee hinter der Kochschule, wohl auch der Idee von Lillians Restaurant hat etwas faszinierendes: nämlich nicht streng nach Rezept zu kochen, sondern nach den Bedürfnissen des Tages, der Zutaten, die vorhanden sind, der Menschen, für die gekocht wird.


    Ein „Drumherum“ sticht für mich heraus aus den anderen Geschichten der acht Teilnehmer des Kochkurses, nämlich jene Szenen, die Isabelle betreffen. Ist es ein rührender Versuch oder würde es wohl gelingen, einen zumindest zeitweise verwirrten Menschen mittels eben dieser Sinnlichkeit des Essens, des Kochens zu sich selber zurückzuholen, ihn sich wieder seiner selbst erinnern zu lassen? Mit Musik funktioniert das, und was ist Musik hören oder Musik machen anderes als ein zutiefst sinnliches Erlebnis? Ob es in der Realität auch gelingen kann, wäre einen Versuch wert.


    Für dieses Leseerlebnis vergebe ich neun Punkte.