Rattentanz - Michael Tietz

  • Mitten im Gespräch wird das Telefonat der kleinen Lea mit ihrem Papa unterbrochen: Stromausfall! Das Telefon geht nicht. Das Radio geht nicht, das Licht geht nicht. Kein Handy, kein Navi funktioniert. Noch nicht einmal Wasser kommt mehr aus den Leitungen! Und das nicht nur für ein paar Minuten, wie wir es -wenn überhaupt- gewohnt sind. Nein, für immer! Flugzeuge stürzen ab, Supermärkte werden im Nullkommanix geplündert, Banken überfallen. Und das sind nur die unmittelbaren Folgen.


    In Wellendingen, dem 400-Seelen-Dorf, in dem Lea lebt, geht das Leben irgendwie weiter. Es gibt Kühe und einen Müller, die Dorfbewohner organisieren sich, um sich gegenseitig zu unterstützen, jetzt wo die Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft weggebrochen sind. Allerdings befinden sich ihre Mutter und ihr Vater eben nicht zuhause, sondern sind arbeiten. Die Mutter im 30 km entfernten Städtchen, der Vater unglücklicherweise in Schweden. Eine abenteuerliche Odyssee quer durch Mitteleuropa beginnt...


    Michael Tietz' Erstlingswerk zeigt, wie es ablaufen könnte, wenn wirklich mal jemand den "ganz großen Schalter" umlegt und uns praktisch auf Knopfdruck zurück ins Mittelalter befördert. Und wie es überhaupt dazu gekommen sein könnte. Die Geschichte spinnt sich hauptsächlich um Leas Familie und "ihr" Dorf. Zwischendurch werden aber immer wieder kurz Szenen von irgendwo auf der Welt gezeigt. Am schönsten fand ich diese hier (auf die ich auch schon gewartet habe): Ein Stammeshäuptling eines zurückgezogenen Naturvolkes in Südamerika, lehnt sich am Abend eines für ihn völlig normalen Tages an einen Baumstamm und freut sich über die Geburt seiner Tochter, die diesen Tag für ihn einzigartig macht!

    Liebe Grüße :wave


    Waldmeisterin


    Every day I give my family two choices for dinner: take it or leave it!


    Nulla unda tam profunda quam vis amoris furibunda

  • Bin jetzt auch (endlich) durch. Was soll ich sagen.......... gute Idee, aber sehr langatmig...... wenn mich ein Buch gepackt hat, dann les ich es binnen 2-3 Tagen. Rattentanz hat mich 3 Wochen beschäftigt....... Einerseits fand ich es streckenweise langweilig, andererseits wollt ich unbedingt wissen wie es ausgeht.
    Fazit: so lala........ ?(

  • Meinem Vorredner kann ich mich voll und ganz anschließen, außer das sich bei mir die Zeitangaben verdoppeln. So ist auch "Endlich" meine vorherrschende Empfindung nach Beendigung dieses mit 837 kleinbeschriebenen Seiten doch dicken Schmökers. Und das, obwohl ich das Buch gerne gelesen habe und die Grundidee nach wie vor gut finde. Aber es las sich streckenweise mühsam und zog sich in die Länge.


    Dies ist vor allem auf die zu vielen „zuviels“ zurückzuführen. Es waren nicht nur zu viele Seiten, sondern auch zu viele Charaktere mit zu vielen
    Hintergrundgeschichten, zu viele Namen, zu viele Übertreibungen, zu ausführliche Szenen und Beschreibungen und vor allem auch zu viel Brutalität. Ich stimme allen meinen Vorrednern zu, die der Meinung sind, das Buch um einiges zu kürzen wäre kein Verlust der Grundaussage gewesen. Zu viel waren auch die Hauptprotagonisten, um die sich das Buch dreht. Eine Fokussierung auf zwei oder drei Personen, die dann durchgehend im Mittelpunkt stehen, hätte sicher mehr Spannung erzeugt. Es gab zu wenige Charaktere, die sich glaubhaft entwickeln, und zu viele, die von Anfang an gute Helden oder miese Bösewichte sind.


    Einzigartig an der Geschichte ist wohl der Zeitpunkt, an dem sie einsetzt. Es wird nicht in allerletzter Minute die Katastrophe verhindert, nein, das Buch beginnt ohne Vorrede mit der Minute 0, als es dunkel wird auf unserem Planeten und die Technik fast vollends versagt. Gerade diese Thematik macht das Buch so interessant. Der Autor schildert viele seiner Gedanken, wie das Leben „danach“ weitergehen könnte – düstere Zukunftsaussichten und mit einem sehr negativen Menschenbild. Ob es wohl wirklich so wäre? Um diese Frage kommt der Leser nicht herum und jeder kann sich seine eigenen Gedanken machen: „Was wäre wenn?“ Aber Michael Tietz stellt noch mehr Fragen in seinem Buch, über die es sich zu Nachdenken lohnt: Was bin ich bereit, für mein Überleben und für das meiner Kinder zu tun? Wie stabil sind soziale Geflechte? Welche Fähigkeiten zum Überleben könnte ich beitragen? Wann ist Gewalt tolerabel? Wer richtet Verbrecher, wenn es weder Polizei, Staat noch Justiz gibt? In den Wochen, in denen ich das Buch las, sind mir immer wieder Situationen aufgefallen, in denen ich bewusst darüber nachgedacht habe, welchen Luxus wir eigentlich besitzen: jederzeit Strom, fließend Wasser und vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten; eine funktionierende Regierung mit ihren Organen wie Polizei und Feuerwehr und vor allem auch die Möglichkeit, täglich an Lebensmittel zu kommen. Außerdem müssen wir nicht gegen ethische und moralische Bedenken handeln, um zu überleben. Was bei mir auch zu der Frage führte: Kann ich über Leute richten, ohne deren Lebensumstände zu kennen? Und außerdem: Was würde ich in einer Situation tun, in der es wirklich ums Überleben geht. Das Buch wirft also viele Fragen auf, die sich jeder einmal stellen sollte.


    Fazit: Schade, dass dieses äußerst spannende Thema und die vielen Gedankenimpulse durch den langatmigen Schreibstil getrübt werden. Weniger von fast allem hätte der Lesbarkeit des Buches gutgetan. So gibt’s nur 6 Punkte.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Die Meinungen zu diesem Buch sind ja sehr gemischt, mir hat es jedenfalls gut gefallen, ich fand es flüssig zu lesen und wurde nachdenklich. :-)


    Wenn der Strom ausfällt, ahnt zunächst niemand etwas Böses: was kann so ein Stromausfall schon ausrichten und außerdem wird in kürzester Zeit die Versorgung wieder hergestellt. Ein Stromausfall ist eine kleine Unbequemlichkeit, mehr nicht. Anders sieht es aus, wenn die Ursache für den Stromausfall der Absturz sämtlicher Computer weltweit ist. Spätestens dann wird nämlich klar, daß so gut wie alles von Computern gesteuert wird: Strom-, Gas- und Wasserversorgung. Warenlieferungen, Supermarktkassen und Benzinpumpen. Medizinische Geräte und Telefonnetze. Flugzeuge und hochmoderne Containerschiffe. Kein Bereich des Lebens ist mehr frei von Computern, direkt wie indirekt. Was aber, wenn die Computer abstürzen und sich nicht mehr hochfahren lassen?
    Mit genau diesem Szenario spielt der Autor und das sehr gekonnt. Exemplarisch wählt er ein kleines Dorf mit gerade 500 Einwohnern im Schwarzwald und erzählt, wie sich das Leben dort nach der Katastrophe verändert. Zwischendurch gibt es kleine Episoden, die das Leben in den Großstädten schildern. Sein Fazit: pure Anarchie bricht aus. Die Zivilisation, wie wir sie kennen, ist nur eine dünne Tünche, die innerhalb weniger Stunden bröckelt.
    Genau das aber ist ein Kritikpunkt: im Roman bricht die öffentliche Ordnung bereits nach zwei Stunden hoffnungslos zusammen und die ersten Polizisten werden gelyncht, was ich dann doch für überzogen halte. Die geschilderten Charaktere waren überwiegend sehr gut oder sehr böse, Grautöne gab es eher selten. Der Zusammenbruch der Gesellschaft wurde jedoch sehr interessant und vor allem spannend geschildert, wobei sich als das größte Problem innerhalb kürzester Zeit der Hunger herausschälte: sämtliche Lebensmittel-Produktionen sind computergesteuert und alle Angestellten zu Hause bei ihren Familien, die Supermärkte sind bereits nach drei Stunden geplündert. Die Handlung ist überwiegend auf das Dorf Wellendingen konzentriert, wo ein einzelner Bauernhof das Überleben der Dorfgemeinschaft sichert. Leider läßt die Spannung in der zweiten Hälfte nach, auch einige Landschaftsbeschreibungen hätten weniger ausführlich ausfallen können.
    Diesen Kritikpunkten zum Trotz macht das Buch nachdenklich und ich zumindest hatte nach dem Lesen den Wunsch, in den nächsten Supermarkt zu fahren und mich mit Konservern und Dauerwaren einzudecken ;-)



    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Michael Tietz hat mit „Rattentanz“ ein aufwühlendes, sehr realistisches und beklemmendes Buch geschrieben.
    Völlig atemlos wird der Leser im Sog der Geschichte rund um den Überlebenskampf einer Familie gezogen.
    Durch die zwei Erzählstränge gewinnt der Leser verschiedene Einsichten in die Handlung und dadurch wirkt alles auch sehr real und nachvollziehbar.
    Tietz Schreibstil ist prägnant, authentisch und passend zum Szenario stellenweise verstörend.
    Durch „Rattentanz“ merkt man erst wie schnell etwas Erschreckendes zur Realität werden kann. Sehr beklemmend und nachdenklich machend.
    Ein atemberaubendes Buch, dass trotz der Seitenanzahl von 825 schnell zu lesen ist und keinerlei quälende Längen besitzt.
    Ich hoffe sehr auf weitere Bücher eines so exzellenten Autors. „Rattentanz“ berührt und ist deswegen für mich ein ganz besonderes Highlight!


    5 von 5 Sternen!

  • ach danke dass ihr mir solche Lust darauf macht,das ist ein Buch um das ich schon seit es rauskommt herumschleiche! Hihi,ich hatte es garantiert schon 10mal in der Hand und dachte dann immer wieder"achh beim nächsten mal...du hast ja noch genug zu lesen..." man kent das ja...und bei viel Thriller und Horror hört sich oft alles gleich an und ich wusste doch nicht,ob sich eine Investition lohnt...aber wie ich lese,komme ich nicht drumherum...lach,na dann nix wie los...kaufen,kaufen,kaufen-lach

  • Ich bin jetzt durch mit dem Buch :-]


    Mein Fazit:


    Was wäre wenn.... wenn der "große Schalter" umgelegt wird und Errungenschaften der Zivilisation wie Strom - Energie von einer Sekunde auf die Nächste versiegen. Unvorstellbar! Wie abhängig sind wir doch und wie hilflos. Die Geschichte hat mich gefesselt. Anfangs waren mir die Charaktere z. T. unsympathisch.... nach und nach vertiefte ich mich in die Geschichte und hatte den Überlebenskampf der Protagonisten im Kopf... und konnte mich für den einen oder anderen erwärmen.


    Besonders gefiel mit Thomas Bachmann und seine 3 Stimmen im Kopf... das war schon sehr skurill und traurigkomisch.
    Hans, der dienstlich in Schweden war als es passierte und der sich nach seiner Familie in Süddeutschland sehnte. Mit einem Mitstreiter wagte er mit einem Floß den Weg über die Ostsee.
    Vor ein paar Tagen lag ich noch am Strand der Ostsee - das Wasser so herrlich, der Weite Blick bis zum Horizont. Ich hätte es nicht getan - das unendliche Wasser hätte mich doch abgeschreckt.
    Eva, die sich von ihrem Arbeitsplatz erst nicht losreißen konnte, dann aber in ihr Dorf zu ihrer Tochter zurückkehrt.


    Hunger, Durst, Gewalt, Mord und Totschlag, Neid... denkt jeder nur an sich? Oder lässt die Gemeinschaft einen zusammenhalten? Einige nutzen die Gelegenheit - nehmen sich was sie wollen, ohne das sie eine Strafe zu erwarten hätten, da keine Gesetzeshüter mehr für Recht und Ordnung sorgen. Gerade in der anonymen Großstadt ist jeder auf sich gestellt. Im Dorf scheint es anders zu sein... man rückt zusammen, aber auch hier ist man nicht gefeit vor Krankheit oder bösartigen Menschen.


    Alles in allem fand ich es sehr spannend. Etwas störend im Lesefluss fand ich die Zusätze in Klammern - die sind meiner Meinung nach unnötig.


    Wird Hans zu seiner Eva zurückkehren? Was passiert ihm auf dem langen Weg zu Fuß in seine Heimat. Wie organisiert sich das Dorf - zurückgeworfen ins Mittelalter?


    Mich hat das Buch nachdenklich gemacht - auf Knopfdruck lasse ich mich von Musik berieseln, wenn ich Duschen möchte, drehe ich einfach den Wasserhahn auf. Wenn der Kühlschrank gefüllt werden muss, gehe ich einkaufen. Der Arzt ist fast um die Ecke sowie auch zig Apotheken die Medikamente bereithalten. Ab und an habe ich schon daran gedacht einen Vorrat anzulegen - wie es das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorschlägt. Der Fall wie in "Rattentanz" beschrieben wird so nicht eintreten.... aber vor ein paar Jahren als im Winter in Münsterland die Stromleitungen zusammenknickten und die Lichter ausgingen... war schon ein Härtefall. Es kann immer irgendetwas unerwartetes eintreten... sollte man nicht für alle Fälle vorsorgen...?


    9 Punkte von mir! :wave

    Bye Nikki snail.gif
    SuB 378
    :lesendGrabkammer / Werde verrückt

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  • Was wäre wenn mit einem Schlag alle Errungenschaften unseres Jahrhunderts wegfallen würden? Kein Strom, kein Internet, kein fließend Wasser und keine Nahrung mehr.


    Dies greift der Autor perfekt in diesem Buch auf.


    Durch einen Computervirus verursacht fällt plötzlich auf dem gesamten Erdball der Strom aus. Flugzeuge stürzen vom Himmel. Als der Zustand anhält entstehen Chaos und Anarchie. Anhand etlicher Protagonisten schildert Michael Tietz anschaulich, was auf uns zukommen könnte, wäre so etwas wirklich möglich.


    Das einzige, dass mich ein bisschen gestört hat war, dass einer der Protagonisten zu oft in ausweglose Situationen gerät, das wirkt ein wenig unglaubwürdig.


    Ansonsten ist die Geschichte sehr spannend, an manchen Stellen richtig grausam beschrieben.


    Ich finde das Buch sehr gut geschrieben und kann es allen, außer zartbesaiteten Menschen, nur empfehlen!

  • @ Sunshine - Ich kann es mir gut vorstellen, dass viele ausweglose Situationen entstehen, wenn die Zivilisation zusammenbricht. Der Roman ist Fiktion - aber für mich wäre es schon eine auswegloste Situation ein Feuer ohne Streichhölzer oder Feuerzeug zu machen.


    Aber auch der Gedanke lässt mich nicht los. Die Lebenserwartung der Menschen würde stark zurückgehen. Heute haben wir eine Lebenserwartung von 80 Jahren. Wenn die ärztliche Versorgung ausbleibt oder medikamentöse Behandlung. Ich muss nur meine Eltern ansehen - mein Vater ist chronisch krank und meine Mutter leidet an den sogenannten Volkskrankheiten. Ohne Medikamente wären sie in Lebensgefahr. Nur der Stärkere gewinnt...

  • Nikki : ich meinte jetzt nicht die ausweglosen Situationen an sich, sondern dass eine der Personen laufend in eine solche gerät und immer und immer wieder herauskommt...


    Wie im Buch schon beschrieben, würden viele Menschen sterben, die chronisch krank sind, da keine Medikamente mehr da wären, allen voran die Diabetiker und alle die auf lebenswichtige Medikamente angewiesen sind.
    Mein Stiefvater muss zur Dialyse, das wäre auch nicht mehr möglich...


    Wenn man jetzt nach Portugal oder Russland schaut, Überschwemmungen und Feuer - reicht das schon aus, um Menschen in tödliche Gefahr zu bringen...

  • Zitat

    Original von Rene
    sooo, nun Ihr es geschafft: ich habe es mir aus Neugierde gekauft und bin gespannt, wie ich es finde. Gleich geht es los mit :lesend


    Rene´


    Dann viel Spaß bem lesen! :wave

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Meine Rezi:
    In dem kleinen Örtchen Wellendingen fällt am 23. Mai früh um 7 der Strom aus. Das Radio funktioniert genausowenig wie das Licht, aber auch Handys funktionieren nicht mehr und zu allem Unglück stürzen auch noch Flugzeuge vom Himmel. Ob der Stromausfall mit den Abstürzen in Verbindung steht, ist für die Bewohner unklar. Doch der Leser weiß, dass 2 Schüler an diesem Unglück schuld haben. Nicht nur Wellendingen ist von dem großen Stromausfall betroffen, sondern die ganze Welt. Die Kraftwerke sind stillgelegt, die mediale Vernetzung gibt es nicht mehr und die Menschen leben auf einem Schlag wieder im Mittelalter. Da nichts darauf hindeutet, dass sich dieser Zustand bald wieder bessert, ist zunächst jeder auf sich allein gestellt. Es herrscht zunächst Gewalt, Mord und der Kampf ums Überleben.


    Wie bereits erwähnt liegt der Hauptblick auf dem Dörfchen Wellendingen und seinen Bewohnern. Es wird gezeigt, wie sie im ersten Chaos nach der Katastrophe versuchen zu überleben und zu begreifen was geschehen ist. Es gibt mehrere Hauptakteure und so springt die Story oft hin und her. Das führt zwar nicht zu Verwirrungen, wird aber irgendwann zu viel. Vor allem da Personen vorgestellt werden, welche im nächsten Moment sterben. Diese Personen treiben die Handlung allerdings nicht voran, sondern sollen wahrscheinlich einfach nur die katastrophalen Zustände verdeutlichen. Zusätzlich zu der Geschichte rund um Wellendingen wird auch noch die Reise von Hans Seger, ein Einwohner des Dörfchens, erzählt. Dieser befindet sich in Schweden und kämpft sich nun zurück in seine Heimat, in der sich seine Frau und seine Tochter selbst durchschlagen müssen.
    Die Zustände gleichen denen im Mittelalter, wie schon im Prolog deutlich wird, welcher im Übrigen das Ende vorherahnen lässt.


    Gerade der Anfang war für mich eher schwierig, ich wollte das Buch oft weglegen, da es mir einfach zu übertrieben erschien: innerhalb weniger Stunden nach dem Stromausfall kommt es bereits zu Plünderungen und Morden. Natürlich weiß ich nicht, wie es in Deutschland aussehen würde, würde sowas tatsächlich mal eintreten, aber während des Lesens ging es mir einfach zu schnell und es wurde zu viel. Viele Charaktere haben einen sehr stereotypen Charakter, so gibt es den Bösen, die eindeutig Gute welche sich für allen und jeden einsetzt und eine Figur die nicht genau weiß wo sie hingehört.


    Wahrscheinlich liest man aus meiner Rezension keine überschwängliche Begeisterung, so ist es auch. Irgendwie hat das Buch was, was für mich schwer zu erklären ist. Vielleicht die generelle Verarbeitung des Themas: Wie reagiert die Menschheit wenn sie plötzlich mit mittelalterlichen Zuständen zu kämpfen hat? Generell finde ich diese Frage sehr spannend. Miachel Tietz hat sie eben in seinem Werk „Rattentanz“ für sich beantwortet.

  • Zitat

    Original von mh3maria
    Gerade der Anfang war für mich eher schwierig, ich wollte das Buch oft weglegen, da es mir einfach zu übertrieben erschien: innerhalb weniger Stunden nach dem Stromausfall kommt es bereits zu Plünderungen und Morden.


    Wollte ich die ganze Zeit schon mal dazu anbringen:


    Einfach mal (wenn altersmäßig möglich) zurückerinnern an den Bericht als 1977 im New York der Storm länger ausfiel. Oder wie schnell es Plünderungen nach Katastrophen gibt.


    Und einfach einmal Beobachtung einen Supermakt, wenn ein Schnee-Sturm angekündigt wird. Wehe, wenn die Hamsterkäufer vor verschlossenen Türen stehen würden

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Ich hab das Buch in der Hardcover Ausgabe und zuallererst muss ich die Aufmachung loben. Der Schutzumschlag gefällt mir sehr gut und auch das Buch als solches mit seinen dünnen Seiten, der glasklaren und schön gedruckten sowie leicht lesbaren Schrift vermag zu überzeugen und als Supplement ist ein Lesebändchen mit dabei. Das Buch, in der Hand gehalten, fühlt sich irgendwie hochwertig an. Wenn ein Buch so daher kommt bin ich gerne bereit den Mehrpreis für ein Hardcover zu bezahlen.


    So jetzt der Inhalt - Wir schreiben den 23. Mai des aktuellen Jahres, also 2010, und wir sind in einem kleinen Dorf ganz im Süden Deutschlands - Es ist Morgens um 07.00 Uhr und es knackt kurz in und an allen elektrischen Geräten *Knacks* und sie gehen aus... Stromausfall! Najjjaaa, nicht so schlimm, der Strom kommt in ein paar Minuten sicherlich zurück. Es muss so sein, denn wir sind uns dies schliesslich so gewöhnt. Aber er kommt nicht zurück - auch nach ein paar Stunden nicht. Handys funktionieren auch nicht mehr - die Telefongesellschaften haben ja schliesslich auch keinen Strom mehr um die Sendemasten zu betreiben - also keine Verbindungen zu anderen Personen die in anderen Regionen wohnen. Der kleine Ort in Süddeutschland in dem sich der Hauptteil der Geschichte abspielt liegt in der Anflugschneise zum Flughafen Zürich-Kloten. Und da ohne Strom auch Tower und Funkverbindungen nicht mehr funktionieren stürzen mehrere Flugzeuge ganz in der Nähe ab. Dorfbewohner eilen zu den Flugzeugen und wollen helfen aber viele Überlebende gibt es nicht mehr. Komisch ist auch das keine Sanitätsfahrzeuge und Feuerwehren zu Hilfe eilen... So langsam wird allen Bewohnern klar das der Stromausfall nicht nur regional ist sondern grössere Ausmasse hat. Womöglich ist ganz Deutschland oder sogar ganz Europa betroffen, ja womöglich die ganze Welt... Es geht nicht lange bis die unvermeidbare Panik ausbricht und das Chaos seinen Lauf nimmt...


    Wie es zu diesem kompletten Blackout, sprich Stromausfall, kommt ist unwichtig und vollkommen egal. OK, für den interessierten Leser: es ist ein Computervirus der dies alles auslöst. Nach meiner Meinung kann sich so etwas nicht ereignen aber das ist nicht Thema des Buches. Es ist passiert und damit Basta - die Ausgangslage zu dieser Geschichte ist geschaffen. Es geht um die Folgen und wie sich die Menschen verhalten und verändern wenn so etwas geschehen sollte. Ja, was passiert falls Strom und fliessend Wasser ausbleiben??? Damit befasst sich das Buch und ich denke auch die überwiegende Mehrheit der Leser wird sich immer wieder diese Frage stellen: Was passiert mit uns? Der Autor schreibt seine Sicht der Dinge nieder wie sie sich ereignen könnten. Ich habe ein paar Mal gestutzt weil ich anderer Meinung bin aber beweisen lässt sich zum Glück weder seine noch meine Meinung und wenn ich ehrlich bin will ich das auch gar nie Wissen. Niemals!


    Positiv zu erwähnen ist der Schreib-/Erzählstil von Michael Tietz. Frisch von der Leber weg geschrieben nimmt die Geschichte einen Lauf, mitsamt etlichen Wendungen und Ereignissen, die sich der Autor wohl zu Anfang auch nicht hätte träumen lassen. Getrieben von immer neuen Ideen sind es schlussendlich rund 830 Seiten geworden. Hätte man von diesen 830 Seiten rund einhundert Seiten weggelassen bzw. nachträglich gekürzt wäre es ein sackstarkes Buch geworden. So bleibt aber doch auch ein Gefühl zurück das sich der Autor in Details und Belanglositäten verzettelt hat. Hier wäre ein erfahrener Lektor eines Verlages Gold wert gewesen der auf die Kürzung bestanden hätte.


    Wie schon von anderen Eulen erwähnt hätte man bei der Ausgestaltung der Protagonisten etwas mehr "Überraschungsmomente" einfliessen lassen können. Ich will sagen die Guten bleiben immer die Guten und die "Bösen" hecken immer etwas arglistiges und fieses aus. Gerade weil Michael Tietz immer die Gedanken und Denkweise der handelnden Personen beschreibt weiss ich als Leser immer schon im voraus was sich kurz darauf ereignen wird. Lieber Michael Tietz falls sie meine Rezi lesen: Personen ambivalenter gestalten und nicht alle Pläne der Bösewichte schon im voraus beim planen beschreiben. So gibt es für mich als Leser wesentlich mehr Überraschungsmomente.


    Fazit


    Hier handelt es sich um ein beachtenswertes und eindrucksvolles Erstlingswerk vom Autor Michael Tietz. Ich bin förmlich an diesem Buch geklebt und habe die Geschichte in, für meine Verhältnisse, sehr kurzer Zeit gelesen. Zudem hat mich der Inhalt immer wieder zum Nachdenken gebracht. Ich habe sogar auf der Arbeit mit meinen Kollegen gefachsimpelt was passiert wenn Strom und fliessend Wasser plötzlich verschwinden? Wie lange lässt sich die allgemeine Ordnung aufrecht erhalten? Spannend wie dazu jeder seine eigene Meinung hatte. Wie bereits erwähnt: rund hundert Seiten kürzer und die Zeichnung der Personen etwas vielschichtiger und dieses Buch wäre ein absoluter Knaller. So muss ich aber bei der Bewertung Punkte abziehen. Eigentlich müsste ich wegen den erwähnten Mängeln 7 Punkte vergeben aber weil mich die Erzählung gefesselt hat, bin ich bereit auf gute 8 Punkte aufzurunden.

  • Ich bin zur Zeit bei Seite 800 und freu mich auf die letzten 30 Seiten. Hab jetzt einfach mal ein wenig im Internet gesucht und wollte gerne wissen, was andere Menschen von dem Buch halten.


    Bisher gefällt es mir ziemlich gut und ich würde ihm eine 8, aber habe das Ende ja noch nicht erreicht.
    Zu Beginn des Buchs ging es mir ähnlichen wie manchen hier, zu viele Personen und das, so schön beschriebene, Kopfkino wollte sich nicht einstellen. Bei Schätzings Limit wird man ja ebenfalls mit den verschiedensten Charaktären bombadiert, aber dort fand ich irgendwie schneller in ein "System".
    Naja, irgendwann kam aber der Klick und die Seiten verfesselten mich, wie selten bei einem Buch. Erschrocken und fasziniert baute sich langsam meiner Version eines Wellendingen auf und die Personen bekamen Gestalt.


    Ich kann das Buch jedem empfehlen, der auf Thriller steht. Man sollte aber schon etwas Durchhaltewillen an den Tag legen, da es über 800 Seiten zu lesen gibt, wobei jedoch ein gutes Buch viele Seiten haben muss, wo bleibt denn sonst der Spaß!?


    Achja, man beurteilt ein Buch nicht nach seinem Cover, Aufmachung, Papiersorte, Farbe oder ähnlichen, sondern nach seinem Inhalt.

  • Willkommen bei den Eulen, seijuurou :-)



    Diese Verallgemeinerung stört mich aber:


    Zitat

    Original von seijuurou
    Achja, man beurteilt ein Buch nicht nach seinem Cover, Aufmachung, Papiersorte, Farbe oder ähnlichen, sondern nach seinem Inhalt.


    Wer ist "man"? Für mich als Buchliebhaber sind Faktoren wie Cover, Gestaltung und Papierqualität interessant und können durchaus in die Bewertung einfließen. Natürlich reißt ein schönes Cover kein schlechtes Buch heraus, aber bei einem guten Buch ist eine gelungene Aufmachung das Tüpfelchen auf dem i.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

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