(sprachlich) anspruchsvolle Bücher?
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Ehrlich gesagt bezweifel ich, dass du Worten aus einem Buch, das einen extrem geringen Unterhaltungsfaktor hat, überhaupt viel Aufmerksamkeit schenken würdest. Wozu sollte man auch einen Text lesen, der einen in Wirklichkeit kaum interessiert, nur damit man seinen sprachlichen Horizont erweitert. Das zerstört doch die ganze Freude am lesen und sollte ggf. dann schon eher in den Bereich Fachliteratur gehören.
Ich bin eher der Meinung, dass der Wortschatz bei regelmäßigem Lesen von spannenden und interessanteren Romanen deutlich eher verbessert wird als bei einer Lektüre, in der man von Fremdwörtern bombadiert wird, denn das wird sich einfach auch nicht in unseren Köpfen festsetzen.
Dann kommt es übrigens auch noch drauf an, auf welchem Standpunkt du dich überhaupt sprachlich befindest. Es mag Leute geben, deren Wortschatz keiner anspruchsvollen Lektüre bedarf sondern auch schon ein Kriminalroman einen positiven Effekt auf die sprachlichen Gegebenheiten hat. (Das ist nicht negativ gemeint sondern soll lediglich aussagen, dass anspruchsvoll immer relativ ist)
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Ich kenne das Buch nur so teuer und habe keine Ahnung, was diesen Preis rechtfertigt.
Eventuell ist das der Grund - Zitat aus "Das Buch der Bücher" bei Amazon: Aufbau: Der komplexe Aufbau des Werks, der sich auch in seiner äußeren Form widerspiegelt, überforderte bei Erscheinen die zeitgenössische Setztechnik; nur eine fotomechanische Reproduktion des 1330 Seiten starken Typoskripts im Format DIN A3 war möglich.
Schmidt teilt die Seiten in drei Spalten auf, jeweils für Handlung, begleitende Zitate aus der Literatur und einen wortverspielten Kommentar, der dem Ich-Erzähler Pagenstecher zugeordnet werden kann. Die Verwobenheit dieser Stränge ist wesentlich für die Handlung, in der die gerade besprochene oder assoziierte Literatur die Personen steuert, ihnen Lebensentwürfe ebenso wie kleine Gesten vorschlägt oder aufzwingt, in der aber auch die Analyse von Poes Werk getragen und gelegentlich sabotiert wird von den eigenen Umständen. -
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Deswegen ist diese Frage auch nicht objektiv zu beantworten, weil sicher einige das für gute Sprache halten, was ich z. B. als verkrampft und gekünstelt ansehe.So habe ich das noch garnicht betrachtet.
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Es ist leider ein wenig teuer, aber wenn du das gelesen hast, würdest du zu einer erlauchten Minderheit gehören...Es gilt als eines der schwierigsten literarischen Werke in deutscher Sprache.
Geld ist nicht unbedingt der limitierende Faktor, aber 200 Euro für ein Buch? o.0
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Ehrlich gesagt bezweifel ich, dass du Worten aus einem Buch, das einen extrem geringen Unterhaltungsfaktor hat, überhaupt viel Aufmerksamkeit schenken würdest. Wozu sollte man auch einen Text lesen, der einen in Wirklichkeit kaum interessiert, nur damit man seinen sprachlichen Horizont erweitert. Das zerstört doch die ganze Freude am lesen und sollte ggf. dann schon eher in den Bereich Fachliteratur gehören.Könnte natürlich passieren, aber es gibt nur einen Weg um das heraus zu finden
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Ich bin eher der Meinung, dass der Wortschatz bei regelmäßigem Lesen von spannenden und interessanteren Romanen deutlich eher verbessert wird als bei einer Lektüre, in der man von Fremdwörtern bombadiert wird, denn das wird sich einfach auch nicht in unseren Köpfen festsetzen.Ja, bei den meisten würde das definitiv ausreichen.
Ich verfasse nachher einen etwas umfangreicheren Post, jetzt fehlt mir dafür die Zeit.
amog
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Original von Lucy1987
Ehrlich gesagt bezweifel ich, dass du Worten aus einem Buch, das einen extrem geringen Unterhaltungsfaktor hat, überhaupt viel Aufmerksamkeit schenken würdest. Wozu sollte man auch einen Text lesen, der einen in Wirklichkeit kaum interessiert, nur damit man seinen sprachlichen Horizont erweitert. Das zerstört doch die ganze Freude am lesen und sollte ggf. dann schon eher in den Bereich Fachliteratur gehören.Sehe ich genauso. Wenn du den Text nicht erfasst, weil a) zu anspruchsvoll oder b) zu langweilig wird dir auch die Anwendung irgendwelcher Fremdwörter, die in dem Text gebraucht wurden, verschlossen bleiben. Dann bleiben es für dich Worthülsen, und dafür gibt es etwas einfacheres: Phrasendreschmaschine
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Also, mir drängt sich die Frage auf, warum jemand ein Buch lesen will, wenn ihn die Handlung nicht interessiert.
Wenn mich die Geschichte kalt lässt, nützt mir der geschraubteste Schreibstil nichts. -
@ Remington
Darüber bin ich auch mehr als einmal gestolpert. Wenn man sehr wohlgesonnen ist, kann man ja noch sagen, der Inhalt ist egal, Hauptsache die Ausführung stimmt.
Ich lese z. B. kaum nach "Inhaltsangabe", weil ich gemerkt habe, dass der Klappentext überhaupt nichts darüber sagt, ob mich die Geschichte beim Lesen berührt oder nicht. Wie jemand Charaktere ausarbeitet, Gefühle und Gedanken beschreiben kann, steht nun mal nicht auf dem Klappentext.Aber prinzipiell teile ich Dein Erstaunen.
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Vulkan : Ja, genau. Ein interessanter Klappentext sagt noch nichts über die Qualität eines Buches aus.
Mich wundert es halt nur, wenn jemand von vornherein scheinbar keine Präferenz für ein bestimmtes Genre hat. Oder wenigstens eine Ahnung, was er gerne lesen würde. Fantasy oder Krimi oder Klassiker oder was weiß ich...
Und wenn es jemandem nur um Vokabular geht, dann liest er besser ein Wörterbuch oder so was, denk ich mal. Da ist dann auch keine nervige Handlung drin, die einen beim Ausbau des Wortschatzes stört.
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Also, ich habe seit Anfang des Jahres beim Lesen immer ein Fremdwörterlexikon in greifbarer Nähe ... Gerade so bei historischen Romanen, die im Mittelalter spielen, da hatte ich einige, wo ich immer wieder nachschlagen musste.
Aber dadurch habe ich jetzt so einige Begriffe drauf, die ich vorher nicht kannte ...
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Friedrich Dürrenmatt, Günter Grass, Max Frisch und zuallererst Thomas Mann und Erich Kästner, Bücher dieser Autoren kannst Du unbesehen nehmen.
jüngst erst veröffentlicht, sprachlich brillant auch dieses: Stefan Puchners Nebelheim.Wenn auch übersetzte Bücher gefragt sind: Umberto Eco: Baudolino, Der Name der Rose...
Inhaltlich wie sprachlich extrem anspruchsvoll: Martin Heidegger, Sein und Zeit.
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Also, mir drängt sich die Frage auf, warum jemand ein Buch lesen will, wenn ihn die Handlung nicht interessiert.
Wenn mich die Geschichte kalt lässt, nützt mir der geschraubteste Schreibstil nichts.Kann ich verstehen und trotzdem hoffe ich, dass du die Ansicht teilst, dass uns das hier nicht weiterbringen wird.
Ich lese gerne (Psycho) Thriller, aber ich befürchte, dass es schwer wird in diesem Bereich etwas sprachlich gehobenes zu finden.Ansonsten lese ich hauptsächlich Sachbücher (momentan Rhetorikbücher).
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Sehe ich genauso. Wenn du den Text nicht erfasst, weil a) zu anspruchsvoll oderGenau das suche ich. Ein Buch, dass mich bis an meine Grenzen bringt. Wer nur minimale Reize setzt muss sich damit abfinden, dass die Ergebnisse zwangsläufig suboptimal sein werden. Ich betrachte das Ganze als Experiment und suche eben keine UNTERHALTUNG, sondern "anstrengende" Werke.
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Friedrich Dürrenmatt, Günter Grass, Max Frisch und zuallererst Thomas Mann und Erich Kästner, Bücher dieser Autoren kannst Du unbesehen nehmen.Von Friedrich Dürrenmatt habe ich "Die Physiker" gelesen. Das wäre mir -in diesem Kontext- zu einfach. Der Name Thomas Mann ist öfters gefallen, ich werde mich gleich über seine Werke informieren.
amog
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Von Dürrenmatt gibt es mehr als die Physiker und man sollte Schlichtheit nicht unbedingt mit nicht anspruchsvoll gleichsetzen.
Ich würde im Gegenteil sogar behaupten, dass es durchaus höchsten Ansprüchen entspricht, wenn man einfach und gut schreiben kann. (dafür ist Kästner das beste Beispiel)zu Thomas Mann:
das Anspruchsvolle seiner Sprache sind nach meiner Meinung weniger die mitunter langen Sätze. Das ist oberflächlicher Anspruch...
Das Geniale und wirklich Anspruchsvolle ist, dass er in der Lage ist, seine Sprache der GEschichte, die er erzählt anzupassen - und dann innerhalb der Geschichten vermag er es, sie nochmals den einzelnen Protagonisten anzupassen. Er beherrscht den Plauderton des Aufschneiders Felix Krull ebenso wie die orientalische Fabulierkunst in der Josesphstetralogie und kann genauso gut den Ton der Moderne im Doktor Faustus treffen.
Dabei gut lesbar und spannend zu schreiben: das ist eine sprachliche Kunstfertigkeit, die mir so in der deutschen Literatur nirgend anders begegnet ist. -
Auch ich kann dir nur wärmstens Thomas Mann ans Herz legen. Mein Lieblingsbuch von ihm ist "Doktor Faustus". Anstrengend, aber auch sehr intensiv und interessant.
"Der Turm" von Tellkamp lese ich gerade und er fällt für mich auf jeden Fall in eine ähnliche Kategorie wie Mann.Kurzbeschreibung
Den Gedanken der fiktiven Romanbiographie eines Komponisten als moderne Variante der alten Faust-Sage fixierte Thomas Mann bereits 1904 in einem Notizbuch: »Figur des syphilitischen Künstlers: als Dr. Faust und dem Teufel Verschriebener. Das Gift wirkt als Rausch, Stimulans, Inspiration; er darf in entzückter Begeisterung geniale, wunderbare Werke schaffen, der Teufel führt ihm die Hand. Schließlich aber holt ihn der Teufel: Paralyse.«
Nahezu vierzig Jahre später, im amerikanischen Exil, am 23. Mai 1943, begann er schließlich mit der Niederschrift - zu einem Zeitpunkt, als Europa im Krieg lag und sein literarisches Vorhaben dem Lebensgefühl allgemein entsprach: »schwer, düster, unheimlich, traurig«. Thomas Mann schrieb mit Doktor Faustus »eine sonderbare Art von übertragener Autobiographie« in einer »Montage-Technik, erregend und aus der Erregung kommend«, die die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs und der endgültige Zusammenbruch Deutschlands hervorriefen. -
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Original von amog
Ein Buch, dass mich bis an meine Grenzen bringt. Wer nur minimale Reize setzt muss sich damit abfinden, dass die Ergebnisse zwangsläufig suboptimal sein werden. Ich betrachte das Ganze als Experiment und suche eben keine UNTERHALTUNG, sondern "anstrengende" Werke.
Männlicher Teenager mit starkem Hang zum Bodybuilding, alles klar - und nun guckst Du, ob Dein Gehirn wie ein Muskel funktioniert?
Literatur ist wahrscheinlich dann nur ein suboptimaler Reiz. Wenn das ganze sowieso etwas Experimentelles an sich hat, versuch es mit Platon, Kant, Nietzsche, Heidegger, Adorno. Der stärkste Reiz wäre wahrscheinlich Hegel (Phänomenologie des Geistes, Grundlinien der Philosophie des Rechts). Aber nimm hin und wieder wenigstens etwas Sekundärliteratur zur Hand, um zu prüfen, ob Du Dich nicht gerade total verrennst. Ich sage einmal offen, dass ich das für eine Schnapsidee halte, aber ich akzeptiere durchaus, dass man in dem Alter auch Sinnfreies ausprobieren möchte. -
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Original von buzzaldrin
"Der Turm" von Tellkamp lese ich gerade und er fällt für mich auf jeden Fall in eine ähnliche Kategorie wie Mann.
Na jetzt wird es spannend, auf diese Abschlussdiskussion über den Turm bin ich ja dann mal sehr gespannt. -
Ich weiß nicht genau, warum ich beim Lesen dieses Threads ein so seltsames Gefühl habe. Vielleicht hilft mir da folgender Gedankengang weiter:
Von "Kindesbeinen an" habe ich gern gelesen. Viele der Werke, die ich als Jugendlicher oder junger Erwachsener genossen habe, erschienen mir, als ich sie vor einiger Zeit erneut las, auf einmal banal und sprachlich simpel. Dennoch waren sie zum Zeitpunkt des ersten Lesens genau die richtigen für mich.
Inzwischen bin ich Mitte 40 und stelle (durchaus zufrieden) fest, dass sich die Sprache, die ich gerne lese, ebenso weiter entwickelt hat wie die Sprache, in der ich selbst formuliere. Weiterentwicklung bedeutet hierbei aber keinesfalls, dass ich andere durch übermäßig komplizierte Formulierungen und exzessiven Fremdwörtergebrauch vom zu Verstehenden ausschließe. Zu Beginn meines Studiums war ich fasziniert von den Professoren, die ich in den Vorlesungen nicht verstand. Am Ende des Studiums war ich viel mehr von jenen Lehrern fasziniert, die die schwierigsten Sachverhalte anschaulich darzustellen vermochten.
Du willst deine (sprachlichen) Grenzen austesten. Lobenswert. Gleichzeitig erscheint mir dein Ansinnen von einer leichten Arroganz geprägt. Auf gut Deutsch: Die Mitmenschen, die sich mit Büchern und Zeitschriften abgeben, die verständlich geschrieben sind, können einem leid tun ...
Interessanterweise gibst du aber an, dich über die Werke Thomas Manns informieren zu wollen. Ebenfalls lobenswert. Aber wenn du so sehr an anspruchsvoller Sprache interessiert bist, frage ich mich schon, wie es geschehen konnte, dass dir Thomas Mann bislang noch nicht über den Weg gelaufen ist.
Mein Rat: Nimm dir Zeit. Und lass dir dieselbe. Worte und Sätze formal übersetzen und sortieren zu können, ist das eine. Sprache aber zu lieben, ist eine ganz andere Sache. Ein langer Weg. Und anspruchsvoll ...
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Original von churchill
Du willst deine (sprachlichen) Grenzen austesten. Lobenswert. Gleichzeitig erscheint mir dein Ansinnen von einer leichten Arroganz geprägt. Auf gut Deutsch: Die Mitmenschen, die sich mit Büchern und Zeitschriften abgeben, die verständlich geschrieben sind, können einem leid tun ...
Churchill, das ganze ist m. E. nur aus einem rein sportlichen Ehrgeiz zu verstehen und hat mit Kunst, Literatur, Sprache und Freude an diesen Dingen nichts zu tun - das müssen wir, glaube ich, nicht nachvollziehen. Das erwartet er wohl auch gar nicht. -
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Original von Vulkan
Na jetzt wird es spannend, auf diese Abschlussdiskussion über den Turm bin ich ja dann mal sehr gespannt.Ich wollte dich schon mal etwas provozieren Aber im Ernst: bisher ist "Der Turm" für mich wirklich ganz große Literatur, die ich so das letzte Mal vielleicht bei Mann wahrgenommen habe. Aber vielleicht wird sich das auf den nächsten 500 Seiten ja noch ändern.
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Ich überlege schon, noch mal einzusteigen (ich bin ja damals nur bis S. 523 gekommen), um informiert mit Euch diskutieren zu können. Andererseits nervt mich Tellkamps Sprache - ich ringe noch mit mir.
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Och, ich finde, wir sollten unbedingt positiv würdigen, dass da ein junger Mann gute Literatur sucht, warum auch immer.
Lassen wir ihn doch lesen und nach seinen Ansprüchen suchen. Er will lesen, und er sucht die Herausforderung: das ist Jugend!! Ich finde es klasse.
Er bittet uns um Tips und so soll er sie haben. Jeder schreibt hier dazu, was er unter dem Titel "anspruchsvoll" versteht ... ich finde das sehr interessant.