(sprachlich) anspruchsvolle Bücher?

  • Hi,



    ich befinde mich auf der Suche nach äußerst anspruchsvoller Literatur und vermute, dass sich hier viele Leser finden, die mir bei meiner Suche behilflich sein könnten.


    Mein Ziel ist es, meine sprachliche Kompetenz zu steigern und ich glaube, dass das Lesen anspruchsvoller Literatur der beste Weg ist, um sich dauerhaft zu verbessern. ;)


    Sprachlich anspruchsvoll kann natürlich vieles bedeuten. Primär geht es mir darum meinen aktiven Wortschatz zu vergrößern und insgesamt komplexer formulieren zu können. Deshalb ist es kein Problem, wenn ein Buch voller "Fremdwörter" ist, weil ich sie alle nachschlagen werde.


    Das Genre ist mir egal, die Bücher müssen keinen hohen Unterhaltungsfaktor aufweisen.


    Ich bitte euch also darum, mir die (sprachlich) anspruchvollsten Bücher zu nennen, die ihr kennt. Ich spreche übrigens nur von deutschsprachiger Literatur =)



    amog

  • Oh, Deine Frage bietet viel Stoff für hitzige Diskussionen. :grin
    Aber ich versuche einfach mal, Deine Frage zu beantworten, wenn ich mir auch ein paar Nebenkommentare nicht sparen kann:
    1. Literatur, die nicht unterhält, liest man nicht. Außerdem ist in dem Fall das Auswendiglernen eines Fremdwörterbuchs oder Synonymwörterbuchs sinnvoller, weil Du schneller zu Deinem Ziel (Wortschatzaufbau) kommst.


    2. Deutschsprachige Literatur heißt also, keine übersetzten Autoren?


    3. Ich würde Dir raten, Dir die aktuelle Liste der Nobelpreisträger für Literatur zu nehmen (zu finden im Brockhaus oder im I-Net) und Dir die deutschsprachigen herauszusuchen und in Bibliothekskatalogen oder im Buchladen nach Romanen von ihnen zu suchen.


    Für aktuellen Erscheinungen gibt es die SWR-Bestenliste, die eher als die Bestsellerlisten anspruchvolle Literatur beinhalten.


    Alternativ kannst Du Dir auch das unten gezeigte Buch "Zeit-Bibliothek der hundert Bücher" besorgen, in denen eine Jury 100 wichtige Bücher der Weltliteratur zusammengestellt und rezensiert hat.


    4. Wenn es nur um Wortschatz geht, können Zeitschriften und Zeitungen (FAZ, Süddeutsche, Zeit, Spiegel, Stern) Abhilfe leisten, zumal das häufig gängigerer Sprachgebrauch ist.


    Noch als allgemeiner Tipp zu Deiner Bemerkung "Bücher voller Fremdwörter": Erstens spricht es nicht für guten Stil, zuviele Fremdwörter zu nutzen, wenn man genauso gut normales Vokabular verwenden kann. Außerdem zweifle ich am Erfolg so einer Strategie: Natürlich kannst Du gleich mit Thomas Manns Zauberberg oder Peter Weiss Ästhetik des Widerstands anfangen. Ich persönlich halte nicht viel davon, jemanden, der leseunerfahren ist, auf solche Romane loszulassen - Lesefreude kommt da wahrscheinlich eher weniger auf.

  • Hallo amog,


    dieses Buch hier ist ohne Zweifel sehr anspruchsvoll. War Anwärter auf den Deutschen Literaturpreis 2008 und ich muss gestehen, dass ich bei weitem nicht alle dort verwendeten deutschen Wörter kannte!


    Und doch ist es echt spannend dabei!


    GRÜSSE
    savanna

  • Zitat

    Original von Vulkan



    4. Wenn es nur um Wortschatz geht, können Zeitschriften und Zeitungen (FAZ, Süddeutsche, Zeit, Spiegel, Stern) Abhilfe leisten, zumal das häufig gängigerer Sprachgebrauch ist.


    Diesen Gedanken hatte ich übrigens ebenfalls sofort - Zeitungen sind nicht zu unterschätzen. Ein Jahr lang donnerstags DIE ZEIT und Dein Sprachreichtum UND Dein Allgemeinwissen sollte sich verändern... ;-)


    GRÜSSE
    savanna

  • Danke erstmal für eure Antworten =)


    Zitat


    1. Literatur, die nicht unterhält, liest man nicht. Außerdem ist in dem Fall das Auswendiglernen eines Fremdwörterbuchs oder Synonymwörterbuchs sinnvoller, weil Du schneller zu Deinem Ziel (Wortschatzaufbau) kommst.


    Vielleicht sollte ich das nochmal präzisieren.
    Es geht mir nicht darum, den Eindruck von Eloquenz durch den übermäßigen Gebrauch von Fremdwörtern zu erzeugen. Auch geht es mir nicht darum andere dadurch zu "übervorteilen".
    Ich möchte mich einfach differenzierter ausdrücken und das bedeutet meiner Meinung nach, dass man über einen möglichst ausgeprägten Wortschatz verfügen sollte.



    Zitat


    2. Deutschsprachige Literatur heißt also, keine übersetzten Autoren?


    Wer das Buch geschrieben hat ist unwichtig. Sofern die Übersetzung anspruchsvoll ist, dürfen es auch gerne übersetze Werke sein.



    Zitat


    3. Ich würde Dir raten, Dir die aktuelle Liste der Nobelpreisträger für Literatur zu nehmen (zu finden im Brockhaus oder im I-Net) und Dir die deutschsprachigen herauszusuchen und in Bibliothekskatalogen oder im Buchladen nach Romanen von ihnen zu suchen.


    Für aktuellen Erscheinungen gibt es die SWR-Bestenliste, die eher als die Bestsellerlisten anspruchvolle Literatur beinhalten.


    Alternativ kannst Du Dir auch das unten gezeigte Buch "Zeit-Bibliothek der hundert Bücher" besorgen, in denen eine Jury 100 wichtige Bücher der Weltliteratur zusammengestellt und rezensiert hat.


    Die Liste hätten wir hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Nobelpreisträger_für_Literatur


    Die besten Bücher laut SWR sind hier aufgelistet: http://www.swr.de/bestenliste/…226232/1m2ws1m/index.html



    Zitat


    Wenn es nur um Wortschatz geht, können Zeitschriften und Zeitungen (FAZ, Süddeutsche, Zeit, Spiegel, Stern) Abhilfe leisten, zumal das häufig gängigerer Sprachgebrauch ist.


    Sowas lese ich zwischendurch mal. Teilweise kriege ich die auch als Abo. Als anspruchsvoll würde ich sie allerdings nicht unbedingt bezeichnen.



    Zitat


    Ich persönlich halte nicht viel davon, jemanden, der leseunerfahren ist, auf solche Romane loszulassen - Lesefreude kommt da wahrscheinlich eher weniger auf.


    Ich lese eigentlich relativ viel. Immoment lese ich 2 Bücher von Rupert Lay und einen Roman. Die 2 zuvor genannten Werke kann man als anspruchsvoll bezeichnen?



    amog

  • Ok, die Listen hast Du schon mal gefunden. :grin
    Wenn Du bereits Leseerfahrungen hast (was aus Deinem ersten Posting nicht deutlich wurde), denke ich, dass Du Dich auch allein auf die Suche machen kannst - meine Tipps SWR-Liste, Nobelpreisträger, Zeit-Bibliothek bleiben davon unbenommen.


    Die beiden von mir genannten Romane würde ich als tendenziell eher anspruchsvoll bezeichnen, sowohl inhaltlich als auch sprachlich.
    Vielleicht passt auch Proust (Suche nach der verlorenen Zeit) in Dein Beuteschema - zumindest hat er eine relativ schöne und facettenreiche Sprache.

  • Hmm, ganz schön schwere Frage...:gruebel


    Sprachlich anspruchsvoll, das ist nicht so einfach zu beantworten. Ich habe mich an ein paar Titel erinnert, die ich in der letzten Zeit gelesen habe. Da ist mir klar geworden, dass es häufig gar nicht die Sprache ist, die ein Buch schwierig macht, sondern der Aufbau.


    - Berlin Alexanderplatz von Döblin: Sprachlich nicht besonders schwierig, aber die Struktur hat es in sich. Also nicht das passende für dich.


    - Der Turm von Tellkamp: Die Sprache ist nicht übermäßig schwer, aber streckenweise sehr poetisch. In einem Roman gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich auch nicht das richtige, um den Wortschatz auszubauen.



    Dann fällt mir Thomas Mann ein: Formuliert unglaublich elegant, wo andere bei langen Sätzen ins Holpern geraten, fließt es bei Thomas Mann einfach. Für mich ein Beispiel hoher Formulierungskunst.


    Vielleicht noch Wolfgang Hilbig... :gruebel


    In der Edition Suhrkamp gibt es auch diverse Essays usw., bei denen der Unterhaltungswert ausreichend niedrig ist. :lache

  • Das hier kann ich wärmstens empfehlen:


    Kurzbeschreibung
    Bulgarien? Rückständig, korrupt und faul? Als neuer Botschafter in London ist Varadin Dimitrov ausersehen, das Image Bulgariens im Westen zu verbessern. Was er vorfindet, als er eines Morgens an der respektablen Botschaftsadresse in Kensington läutet, macht klar, dass tatsächlich viel Arbeit auf ihn wartet: ein Provinzbürgermeister beim Katerfrühstück, der Koch im Clinch mit seiner Frau, der Staubsauger – kaputt. Die zivilisierte Welt verdankt Bulgarien zwar das WC, aber das hilft dem neuen Botschafter bei seiner Mission ebenso wenig wie die Tatsache, dass sein Vorgänger das Haus nicht räumen will, weil er verzweifelt gegen seine Rückkehr in die Heimat kämpft. Außerdem: In der Kühltruhe im Keller lagern Enten, die von der Russen-Mafia gekidnappt wurden. Mission impossible? Varadin Dimitrov sucht Hilfe bei einer PR-Agentur, die ihm Zugang zur High Society verspricht – Glanz, Glamour und jede Menge Prominente. Eine davon ist seine Putzfrau, die führt ein Doppelleben und ist darüber hinaus längst tot. Da stimmt doch was gröber nicht ... Alek Popov erzählt vom Osten im Westen und vom Westen im Osten. Er erzählt einen Roman voll Aberwitz, mit einer Fülle wunderbarer Figuren und in einem Ton, als wäre das alles gar nicht lustig. -- Dieser Text bezieht sich auf eine andere Ausgabe: Gebundene Ausgabe .



    Über den Autor
    Alek Popov geboren 1966, Studium der bulgarischen Philologie, lebt und arbeitet in Sofia. Insgesamt sechs Erzählbände und ein Roman. Seine Erzählungen und sein Roman „Mission: London“ wurden in mehrere Sprachen übersetzt, darunter Englisch, Französisch und Ungarisch.



    Das Buch war ein sprachlicher Hochgenuß.

  • Amog, Literatur ist kein System, das man in eine Skala von 1-100 pressen kann. Was weiß ich, was da gerade für Bücher auf der SWR-Liste sind. Der Zauberberg, die Ästhetik und die Suche sind Klassiker und für ihre - sehr unterschiedliche - Sprache bekannt. Erwarte doch jetzt nicht, dass Dir jemand das ultimativ anspruchsvollste Buch nennt - das wäre mehr als unseriös. Ich habe Dir auch nur diese Bücher genannt, weil sie weitgehend als anspruchsvoll akzeptiert werden, ich sie gelesen habe und das Urteil teile. Andere Leser werden Dir andere Titel nennen und damit genauso Recht haben.
    Wie gesagt, wenn Du Leser bist, begib Dich selbst auf die Suche (Anhaltspunkte hast Du) - geh in Bibliotheken, lies in Romane hinein und entscheide, welcher Stil Dich am ehesten weiterbringt.

  • Das Buch ist sprachlich ebenfalls klasse:



    Kurzbeschreibung
    Der Magier und Alchimist Castiglio lebt im Italien der Hochrenaissance. Gemeinsam mit seinem Famulus Andrea arbeitet er an der Verwirklichung eines Traums: Durch bestimmte Melodien soll der Mensch im guten wie im bösen beeinflußt werden können. Castiglios Ideen sind edel, seine Forschungsmittel skrupellos. Die ursprünglich hehren Ziele kehren sich ins Gegenteil, das, was die Welt positiv verändern sollte, steht im Dienst des Bösen und wirkt hinein bis in die Gegenwart


    Über den Autor
    Helmut Krausser, geboren 1964 in Esslingen war u. a. Spieler, Nachtwächter, Zeitungswerber, Opernstatist, Sänger in einer Rock`n`Roll-Band und Journalist. (Halb-)freiwillig verbrachte er ein Jahr als Berber. Nebenbei studierte er provinzialrömische Archäologie. er schrieb Erzählungen, Theaterstücke und ein Opernlibretto.



    Den Roman fand ich superklasse geschrieben!

  • Zitat

    Original von -Christian-
    - Der Turm von Tellkamp: Die Sprache ist nicht übermäßig schwer, aber streckenweise sehr poetisch. In einem Roman gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich auch nicht das richtige, um den Wortschatz auszubauen.


    Dann fällt mir Thomas Mann ein: Formuliert unglaublich elegant, wo andere bei langen Sätzen ins Holpern geraten, fließt es bei Thomas Mann einfach. Für mich ein Beispiel hoher Formulierungskunst.


    Ich finde, das ist der entscheidende Unterschied - ich persönlich habe Tellkamp als sehr anstrengend empfunden, weil ich für mich die Sätze zu verschachtelt waren. Ich hatte mit Thomas Mann nie Probleme, aber bei Tellkamp musste ich häufig einen Absatz nochmal lesen, um ihn zu verstehen. Aber das empfinde ich nicht als anspruchsvolle Sprache, sondern als mangelnden Stil, bzw. mangelndes Können. Nicht jeder kann Thomas-Mann-Sätze konstruieren, die über eine Seite fließen. :-)


    Deswegen ist diese Frage auch nicht objektiv zu beantworten, weil sicher einige das für gute Sprache halten, was ich z. B. als verkrampft und gekünstelt ansehe.

  • Zitat

    Original von Vulkan
    Nicht jeder kann Thomas-Mann-Sätze konstruieren, die über eine Seite fließen. :-)


    Deswegen ist diese Frage auch nicht objektiv zu beantworten, weil sicher einige das für gute Sprache halten, was ich z. B. als verkrampft und gekünstelt ansehe.


    Volle Zustimmung, nur weil der Kopf schwirrt, heißt das noch lange nicht, dass der Stil gut ist. :wave

  • Vor der Übersetzerin, die das folgende Buch ins Deutsche übertragen hat, habe ich anerkennend den Hut gezogen.


    Kurzbeschreibung
    Lou ist dreizehn, hochbegabt und eine Einzelgängerin: Am liebsten beobachtet sie die anderen und stellt dabei gewagte Theorien auf, um ihre Welt zu verstehen. Bis sie auf die achtzehnjährige No trifft, die mitten in Paris auf der Straße lebt. No mit ihren dreckigen Klamotten und ihrem müden Gesicht, No, deren Einsamkeit die Welt in Frage stellt. Und so stürzt sich Lou in ihr neues Projekt: Sie will No retten. Eine Begegnung, die das Leben verändert ...