Die jüdische Ärztin Sima Vaisman ist 41 Jahre alt, als sie nach ihrer Verhaftung im Dezember 1943 zu Beginn des folgenden Jahres von Frankreich nach Auschwitz-Birkenau deportiert wird. Sie überlebt die erbarmungslose Vernichtungsmaschinerie des Nazi-Regimes. Acht Tage nach ihrer Heimkehr schreibt sie einen erschütternden Bericht ihrer Lager-Erfahrungen nieder, um das Geschehene zu verarbeiten und für die Nachwelt festzuhalten.
Ein eindringliches Zeugnis gegen das Vergessen.
Ein Mahnmal für alle Unbelehrbaren.
Ein Denkmal für alle Opfer.
Im Jahr 1990 veröffentlichte Serge Klarsfeld in der französischen Zeitschrift „Le Monde juif“ Sima Vaismans Text zum ersten Mal und versah diesen dort mit Anmerkungen. Nun ist das bewegende Zeugnis jener tapferen Frau zu Recht auch in Buchform erschienen, um uns die grausame Wahrheit neu vor Augen zu führen und das Erinnern wach zu halten.
Schon viel ist aus zweiter und dritter Hand geschrieben worden über die Gräueltaten des Dritten Reiches. Renommierte Historiker, Philosophen, Theologen – sie alle versuchen sich dem zu nähern, was in dieser Zeit an Schrecklichkeit und abgrundtiefer, unmenschlicher Bosheit dem jüdischen Volk und vielen anderen für lebensunwert Erklärten angetan wurde. Aber nichts kann eindringlicher und nachhaltiger Zeugnis davon geben, als der Bericht jener, die unmittelbar in die Lebenswelt der Vernichtungslager hinabgestoßen wurden. So schreibt auch Klarsfeld im Nachwort zu seiner Veröffentlichung: „Kein Reporter der Welt hätte wie Sima Vaisman auf achtzig Seiten, mit hunderttausend Zeichen schildern können, welche Hölle die Juden auf Erden erlitten. Kein Reporter, kein Schriftsteller, kein Historiker – nur ein Zeuge und einer der ersten Stunde …“
Sima Vaismans Text ist von großer Unmittelbarkeit. Sie beschreibt das Lager sehr detailliert, ohne den genauen Plan wirklich kennen zu können. Sie selbst bekam ja nur den Teil Birkenaus zu sehen, der mit ihrem dortigen direkten Lebensumfeld zu tun hatte. Ihr Erinnerungsprotokoll konzentriert die unvorstellbar grausamen Erfahrungen, lässt sie auf diese Weise so ungemein eindrücklich und unvergesslich werden. Sima Vaisman berichtet von den ungeheuerlichen und unmenschlichen Lebensbedingungen und der unbarmherzigen Aussortierung der für die Arbeit wertlosen Kinder, Alten und Kranken. Sie schildert die Kollaboration Mitinhaftierter ebenso wie den unbändigen Kampf aller, das eigene Leben zu retten. Sie lässt die Flammen der Getöteten und Verbrannten aufsteigen als einen Ruf nach Vergeltung und Gerechtigkeit. Zuletzt erzählt sie von der Evakuierung Auschwitz‘, dem furchtbaren stunden- und tagelangen Fußmarsch hin nach Mecklenburg, auf dem noch viele sterben mussten ... Und bei all dem keine klagenden Worte über sich selbst und ihr Schicksal, sondern tiefes Mitgefühl für das Schicksal ihrer Leidensgenossinnen. Welch tapfere Frau!
„Wie können wir danach weiterleben? Nichts als der Haß gibt uns diese Kraft, die Hoffnung, vor unseren eigenen Augen das Naziregime stürzen zu sehen, die Hoffnung, daß wir eines Tages der Welt der Lebenden helfen werden, die Rückkehr dieser Verbrechen zu verhindern!“ So schreibt Sima Vaisman in der Mitte ihres bewegenden Protokolls. Den Sturz des Naziregimes durfte sie mit eigenen Augen erleben. Möge auch ihre Hoffnung erfüllt sein und bleiben, dass das grausame Lebensschicksal dieser Vielen uns ein ewiges Mahnmal ist!