Erstmals erschienen 1959
Der Popp, der sich hier entscheiden muß, ist der kleine Popp. Eigentlich heißt er Heiner, aber so nennen den Elfjährigen höchstens die Eltern. Für alle anderen ist er der kleine Popp, weil es auch einen großen Popp gibt, das ist sein Bruder Klaus, auch genannt Keule.
Der kleine Popp hat ein Problem. Eigentlich möchte er gern bei den Jungen Pionieren mitmachen. Irgendwie findet er, daß sich das gehört, außerdem ist es lustig, mit den anderen Kinder zusammenzusein. Dumm ist nur, daß es in der Gruppe, zu der er gehört, langweilig zugeht. Und wie! Also möchte er eigentlich doch nicht hin. Keule sagt auch immer, daß die Jungen Pioniere langweilig sind. Der kleine Popp bewundert seinen Bruder sehr. Also geht er mit ihm, als dieser sich mit seinem besten Freund Erbse triff, und nicht in die Gruppenstunde.
Erbse hält schon gleich gar nichts von Jugendgruppen. ‚Bloß gehorchen, nee.’ Davon hat er zuhause schon genug, er hat einen Prügel-berüchtigten Vater.
Erbse ist es auch, der den Plan gefaßt hat, alte Bleirohre aus der Garage zu klauen. Die Garage, eine unterirdische Anlage, ist verbotenes Terrain, sie ist seit dem Krieg einsturzgefährdet. Das hält die Jungen aber nicht ab. Kaum sind sie im ersten dunklen Gang verschwunden, gehen ihnen die Streichhölzer aus. Es gelingt ihnen, den Ausgang wiederzufinden, und nach ein, zwei Minuten an der frischen Luft kehrt auch der Mut zurück. Aber eine Lampe muß her, ehe sie sich wieder in die Garage wagen. Geld haben sie allerdings keines. Aber dem Mutigen hilft das Glück, oder?
Da steht eine kleine Karre, mit der andere Kinder gerade Altstoffe sammeln. Unter den Gerümpel befindet sich auch eine Lampe. Erbse entdeckt sie und schon langt er zu. Die Lampe aber hat sich so verhakt, daß er sie nicht herausziehen kann. Ehe der kleine Popp kapiert, was geschieht, hat Erbse schon den ganzen Karren ein paar Meter weit in die Garage gezogen. Kurz darauf tauchen die Kinder auf, denen der Karren gehört. Und Keule erzählt ihnen eine Lügengeschichte.
Der kleine Popp - schweigt. Man kann doch den eigenen Bruder nicht verraten. Und überhaupt, der Karren ist nur geliehen, sagt Erbse.
Dem kleinen Popp läßt das aber keine Ruhe. Durch einen Zufall lernt er die Kinder näher kennen und erfährt, daß sie eine alte Laube in einem Schrebergartengelände zu einem Pionier-Clubhaus umbauen. Da würde der kleine Popp zu gern mitmachen. Aber er gehört doch zu den Karrendieben! Er entscheidet sich, die Karren klammheimlich zurückzuschaffen.
Aber mit dieser auf den ersten Blick mutigen Tat schafft er nur noch mehr Schwierigkeiten. Unversehens gerät er zwischen die Fronten. Er muß sich entscheiden, offen. Klammheimlich mutig sein, ist keine Lösung.
Die Geschichte spielt im Berlin der späten fünfziger Jahre. Benno Pludra bleibt immer ganz dicht an seiner Hauptfigur, dem kleinen Heiner. Seine Gewissenskonflikte wegen des Diebstahls, seine Loyalitätskonflikte und die Verteidigung seiner eigenen Wünsche sind streckenweise geradezu atemberaubend spannend beschrieben. Der kleine Popp ist ein defensiver Charakter, er weiß, was richtig ist und was falsch, aber er hat nicht den Mut, dafür einzustehen. Seine Versuche, zu signalisieren, was er möchte, weil er nicht wagt es auszusprechen, bringen ihn von einer Bredouille in die nächste. Was immer er tut, um die Sache unauffällig aus der Welt zu schaffen, es endet in einer Beinahe-Katastrophe. Das ist für Leserinnen und Leser ebenso schrecklich wie komisch.
Die moralischen Konflikte sind sehr scharf gezeichnet und formuliert. Das doch sehr jugendliche Alter der Hauptfigur und damit des Zielpublikums hat keinen Einfluß, die moralischen Gesetzmäßigkeiten sind nicht flexibel. Hier wird ein Lesepublikum ungeheuer ernst genommen. Das führt auch dazu, daß man den erhobenen Zeigefinger an keiner Stelle sieht, eine echte pädagogische Leistung.
Die Geschichte endet erwartungsgemäß, aber nicht kitschig, es gibt einen Ausblick auf ein künftiges Zusammensein mit den Jungen Pionieren, kein gemeinsames Absingen parteipolitisch geprägter Freundschaftslieder im Abendsonnenschein. Die Hoffnung also, die Pludra in seinen Büchern so wichtig ist, keine Parolen.
Der Text enthält eine Menge schwarz-weiß Illustrationen, die die Alltagswelt jener Jahre zeigen, man kann viel entdecken. Nicht nur das Lesen macht hier Spaß.
Das Buch ist längst vergriffen, aber es ist durchaus zu denen zu zählen, die man Kindern in die Hand geben kann, wenn sie wissen möchten, was ihre Altersgenossen damals gelesen haben in dieser fremden DDR. Der Grundkonflikt hat ohnehin nichts von seiner Aktualität verloren.
Spannend, lebendig, empfehlenswert.