Hatifas Eltern kamen bei einem Einfall der Krieger Königs Assurbanipals ums Leben, sie selbst wurde als Sklavin verkauft. Ihr gelingt die Flucht, aber sie weiß nicht, wohin sie sich wenden soll. Durch Zufall stößt sie auf eine Karawane von Kriegern, die auf dem Weg in die Hauptstadt Ninive sind. Der Abenteurer und Geschichtenerzähler Simsal liest das kleine Mädchen am Rand der Karawanenstraße auf und kümmert sich um sie. Hatifa gewöhnt sich schnell an das Leben unter den Männern. Als sie in einem Dorf eine kleine Katze vor den Dorfkindern rettet und ihr Simsal erlaubt, die Katze zu behalten, ist ihr Glück nahezu vollkommen. Allerdings wird es gefährlich, als der Krieger Ghanem ihr Geheimnis entdeckt. Hatifa kann ihn überreden, sie nicht zu verraten, dafür nimmt er ihr aber das Versprechen ab, ihn aufzusuchen, sobald sie in Ninive angekommen sind. Er hat seine Pläne mit ihr.
In Ninive findet Simsal eine Stelle als Schreiber bei Barkom, dem Traumdeuter. Auch Hatifa mitsamt der Katze Prinzessin kommen dort unter. Hatifa aber hat das Versprechen nicht vergessen, das sie Ghanem gegeben hat und eines Tages huscht sie tatsächlich davon, um ihn zu besuchen. Sie gerät in eine Falle, aus der auch Prinzessin sie nicht retten kann.
Erst viele Jahre später und nach einigen Abenteuern finden sich Simsal und Hatifa wieder. Trotzdem geht die Geschichte anders aus, als Simsal gehofft hat.
Willi Meinck (1914 - 1993) war Lehrer, Schulbuchlektor und ab 1955 freier Schriftsteller in der DDR. Er schrieb zahlreiche Kinder - und Jugendbücher, vielfach über historische Themen. Der Kinderroman ‚Hatifa’, der erstmals 1958 im Kinderbuchverlag Berlin erschien, hat nichts von seiner Frische verloren.
Die Handlung spielt irgendwann in der Regierungszeit König Assurbanipals zwischen 668 und 631 (Meinck schreibt in seinem Nachwort noch 626, aber die Assyrologie hat sich in den vergangenen 50 Jahren weiterentwickelt). Meinck läßt Simsal, den Schriftkundigen, die Geschichte nicht nur erzählen, sondern auch mit Schreibstäbchen in Tontafeln ritzen. Entsprechend sind die Einzelkapitel mit der Nummer der jeweiligen Tontafel überschrieben. Die Personen sind sparsam gezeichnet, aber nicht einschichtig. Jede und jeder hat mit widersprüchlichen Gefühlen zu kämpfen. Hatifa ist freundlich und zugleich ein ungebärdiger Trotzkopf, Simsal ist zuverlässig, aber auch ein Abenteurer, Ghanem schwankt zwischen Geldgier und Anstand. Der Erzählton ist angelehnt an die Art, wie in sehr alten Texten erzählt wird. Knapp, auf das Wesentliche konzentriert, Charakterisierungen ergeben ausschließlich sich aus Dialog und Handeln, die wenige Beschreibungen leben von Wiederholungen bestimmter Motive, etwa der Sonnenhitze, des Staubs oder der Tapferkeit der Krieger. Wie Schilderungen aus Märchen leuchten daraus unvermutet die Pracht der Stadt, die Farbe eines Marktes oder einer Frühlingslandschaft hervor.
Die Geschichte ist sehr spannend und romantisch. Natürlich liebt Simsal Hatifa. Trotzdem gibt es noch einmal eine Wendung am Ende, die das Ganze richtig traurig-schön macht. Das Tüpfelchen auf dem ‚i’ ist die Aufnahme von Prinzessin, der Katze. Sie gibt dem umfassenden fremdartigen Hintergrund genau das richtige Maß an Vertrautheit.
Eine Handvoll ganzseitiger schwarz-weiß Zeichnungen in modernisiertem altägyptisch-assyrischen Stil illustrieren gekonnt die Handlung, ein weiteres Plus. Die Taschenbuchausgabe hat noch dazu zwei farbige Abbildungen auf der inneren Umschlagseite.
In einem Nachwort, das vor allem für Kinder sehr informativ ist, erzählt Meinck, wie es dazu kam, daß er sich ausgerechnet mit dieser Zeit beschäftigt hat.
1960 wurde der Roman verfilmt.
Schade, daß diese schöne Geschichte nach 1987 nicht mehr aufgelegt wurde.