Schattentag - Jan Costin Wagner

  • Kurzbeschreibung
    Ein genial komponierter Roman, der an einem höchst ungewöhnlichen Schauplatz spielt: in der menschlichen Seele.


    Sein Haus, seine Familie, seine Firma - und sein Augenlicht. All das verliert der Protagonist in Jan Costin Wagners neuem Roman buchstäblich über Nacht. Ein Leben endet, eines beginnt. Denn ausgerechnet am Tag der Katastrophe, im Krankenhaus, trifft der plötzlich Erblindete seine Jugendliebe Mara wieder. Gemeinsam mit ihr sucht er auf einer grünen Insel, in einem roten Holzhaus, umgeben nur von Himmel und Wasser, einen neuen Anfang. Doch das Glück ist fragil. Die sich in immer kürzeren Abständen in seine Gedanken stehlenden Bilder und Szenen aus der Vergangenheit sind ebenso bedrängend wie die wiederkehrenden Ängste: vor dem Scheitern. Vor Mara, die ihn verlassen könnte. Vor dem seltsamen Kommissar vom Festland, der ihm nicht sagen will, wie sein Kinderbild in die Brieftasche eines Mordopfers kommt. In einer sich beschleunigenden Spiralbewegung mischen sich surreale Wirklichkeit und realistische Fiktion zu einer Tour de Force der Seele - und treiben den Leser auf ein Ende zu, das mit einem Paukenschlag das gesamte Buch in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt.


    Über den Autor:
    Jan Costin Wagner, 1972 in Langen bei Frankfurt am Main geboren, studierte Germanistik und Geschichte. Sein Romandebüt, „Nachtfahrt“, wurde 2002 als bester Kriminalroman des Jahres mit dem „Marlowe-Preis“ ausgezeichnet. Mit „Eismond“ und der Figur des Inspektors Kimmo Joentaa schrieb sich Jan Costin Wagner in die Herzen vieler Leser und Kritiker. Der Autor lebt mit seiner Familie abwechselnd in der Nähe von Frankfurt am Main und in Finnland, der Heimat seiner Frau.


    Meine Meinung:
    Ich schwanke noch immer zwischen der Frage, ob es sich hier um ein überschätztes Buch handelt oder ob ich einfach zu blöd bin, den tieferen Sinn zu verstehen. Ich hatte von Beginn an das Gefühl, dass es bei diesem Buch um ein literarisches Experiment handelt, ein Spiel mit Sprache, Stil und mit Elementen. Man weiß als Leser nie, wo man dran ist. Ist die Blindheit und die Zeit auf der Insel nur Fiktion? Gibt es Mara wirklich? Wenn ja, was hat es mit ihr auf sich (außer, dass Mara permanent Zitronenkuchen backt)? Was ist mit dem seltsamen Kommissar, der den Protagonisten zuerst verhört, irgendwann im Lauf der Geschichte zusammenschlägt, ohne dass es dafür einen Grund gibt? Den kennt weder der Prota noch der Leser und er bekommt auch keine Erklärung dafür. Genauso wenig gibt es Erklärungen, was es mit dem Mord auf sich hat und schon gar keine Auflösung dazu. Gab es überhaupt einen Mord, oder hat sich der Prota das nur eingebildet? So setzt sich das eigentlich während des ganzen Buches fort. Erinnerungsfetzen an die Vergangenheit mit Frau und Kind. Was mit der Familie passiert ist, erfährt man nicht. Erinnerungsfetzen an die regelmäßigen Besuche bei Prositituierten und dazwischen sowas wie ein weiterer Erzählstrang, die Geschichte eines Löwen, der sich auf eine Reise begibt. Immerhin erfährt der Leser am Ende, was es mit dem Löwen auf sich hat. Das ist auch schon die einzige Erklärung, die der Leser jemals erhält.
    Der angekündigte Paukenschlag bleibt jedenfalls aus, das Ende ist offen.


    Wenn mir etwas gefallen hat, dann waren es die Rückblicke auf Frau und Tochter, auf die Eltern und die Schwiegermutter. Da konnte ich auch das Innenleben des Protas verstehen. Alle anderen Handlungsstränge haben sich mir nicht erschlossen, am wenigsten der mit Mara. Vielleicht steht die Aussage des Buches irgendwo zwischen den Zeilen, während die Handlung eigentlich unwichtig ist.


    Die Sprache ist gewöhnungsbedürftig. Die Rückblicke auf die Familie waren dicht und flüssig, die auf Mara oft abgehackt und kurz. Auf manchen Buchseiten gab es Passagen, wo oft nur ein oder zwei Wörter pro Zeile standen, Sätze also bewusst auseinander gerissen wurde, auf anderen wird einem wörtliche Rede bis zum Abwinken um die Ohren gehauen.
    Mit Pop-Art verglich jemand den Stil in einer Buchbesprechung, die ich dazu gelesen habe. Genial? Ich weiß es nicht. Mich hat es nicht wirklich überzeugt.

  • :gruebel Das erinnert mich an "Ich werde hier sein, im Sonnenschein und im Schatten" - Es gibt Bücher, die sollen anscheinend nur Stimmungen erzeugen, habe ich damals gelernt. :grin Einen tieferen Sinn oder gar eine Logik sollte man nicht suchen...Danke für die Warnung, denn das Buch hätte ich mir beinahe gekauft, nachdem mir das letzte Buch des Autors gut gefallen hat.

  • Vermutlich ist das bei diesem Buch wirklich so. Es soll einen Einblick in die Seele geben. Das geht vielleicht nur ohne Logik. Für jemanden wie mich, der nicht gerne abstrakt denkt, sondern irgendwann Lösungen geboten bekommen möchte, wohl nicht gerade die ideale Lektüre :lache


    Man geht aber auch mit einer falschen Erwartung an das Buch, weil suggeriert wird, es würde sich um einen Krimi handeln. Und das ist es definitiv nicht.

  • Ich habe das Buch vor langer Zeit mal gelesen, nachdem ich von "Eismond" so begeistert war.
    Und mir ging es auch so. Das Buch blieb mir irgendwie ein Rätsel.


    Aber die Krimis von Jan Costin Wagner sind wirklich zu empfehlen. Auch wenn da die Sprache für einen Krimi recht anspruchsvoll ist, verstehen konnte ich sie :-).

    Liebe Grüße, Sigrid

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