Was passiert beim Lesen mit euch?

  • Oh man, ich habe mich ehrlich gesagt noch nie damit beschäftigt, wie es ist, wenn ich lese......habe mich jetzt gerade selbst befragt und mit meinem Mann diskutiert :-]


    Ich bin zu folgendem Ergebnis gekommen, ich höre keine Stimme, auch nicht meine eigene, wenn ich lese, dann bin ich drin in der Geschichte, praktisch die kleine Maus, die keiner sieht....wenn etwas beschrieben ist, dann stelle ich es mir vor, kann genaue Einzelheiten nennen.


    Als ich zum Beispiel die letzte Leseprobe "Die Fehde der Königinnen" gelesen habe, da hatte ich den kompletten Stall vor Augen, wo der Mann stand, wie die beiden Burschen versucht haben, dem Pferd beim fohlen zu helfen, sehe praktisch die Gesichtsausdrücke so, wie sie beschrieben sind, meine zu wissen, dass der Mann links stand und dass das andere rechts passierte, ..ich sehe das alles, aber irgendwie nicht wie im Film, ganz komisch, weiß nicht wie ich es genau beschreiben soll, so wie schwarz-weiß und ganz schnell an einem vorbei gehuscht, aber trotzdem in fest in mir verankert.
    Auch nehme ich Dinge ausserhalb von meiner "Lesewelt" nicht mehr richtig wahr, wenn aber z.B. nebenher das Radio läuft, dann kann es passieren, dass wenn ich das Lied wieder höre, mich genau an die Szene erinnere, die ich vorher zu diesem Lied gelesen habe.


    Manchmal ist es auch so, als ich richtig mitdabei bin, als wenn ich die/derjenige bin, der.....ganz merkwürdig....


    Hier hat jemand als SignaturSpruch: Lesen ist Kino im Kopf, ja, so ist das bei mir auch...

  • Ich finde die Frage auch sehr interessant und wenn ich ehrlich bin, habe ich heute zum ersten mal versucht mich damit WIRKLICH zu beschäftigen.


    Vorher hätte ich auch einfach behauptet, daß bei mir während des Lesens im Kopf ein Film abläuft.
    Aber ist das wirklich so? Stelle ich mir wirklich Personen und Umgebungen bildlich vor?


    Wenn ich z. B. ein Buch lese, in dem die Äußerlichkeiten der Personen nicht beschrieben sind, müßte ich mir demnach ja das Aussehen der Personen selbst ausdenken, damit ich sie bildlich (wie in einem Film) vor mir sehe. Aber ich glaube so läuft das bei mir nicht ab. Ich könnte am Ende eines Buches bestimmt nicht sagen, daß Person x groß und dunkelhaarig war und Person y klein und blond.
    Also scheint das Kopfkino irgendwie anders zu funktionieren. Aber wie?


    Oder höre ich doch eher nur (m)eine Stimme, die erzählt?


    Als ich mal ein Buch von Dieter Nuhr gelesen habe, da habe ich tatsächlich die ganze Zeit seine Stimme (mit allen Stimmlagen und Betonungen) in meinem Kopf gehabt. Ohne diese Vorgabe hätte mir das Buch wahrscheinlich auch nur halb so gut gefallen. Aber gut, danach wurde hier nicht gefragt.


    Ich werde auch mal versuchen beim nächsten Buch darauf zu achten, wie ich lese.

  • Diesen Thread finde ich klasse! :gruebel


    Ich "höre" mich eigentlich auch beim Lesen, sehe dann aber gleichzeitig wie sich die Handlung als Film in meinem Kopf abspielt. Wird eine Person oder ein Schauplatz nicht genau beschrieben, sehe diese Dinge so, wie ich sie mir vorstelle oder wie Dinge, die mir bereits bekannt sind. Daher ist es schwer mich wirklich zu stören, wenn ich so richtig in ein Buch vertieft bin.


    Wenn ich nach Beendigung und sei es Jahre später an das Buch oder einzelne Szenen zurückdenke, spielt sich wider der Film ab oder zumindest tauchen dann die Bilder daraus wieder auf.


    Wahrscheinlich werde ich daher oft enttäuscht, wenn ich ins Kino gehe, und mir den Film zu einem Buch, das ich gelesen habe, anschaue. Ich habe es mir einfach anders vorgestellt und anders erlebt als der Regieseur es umgesetzt hat.

  • Zitat

    Original von Gwendy


    Ab und zu hab ich so bildliche Vorstellung von einem Buch, da ist es mir passiert, dass ich Monate später dachte, ich hätte einen Film im TV oder Kino gesehen und werde schier verrückt, weil sich mein Mann nicht daran erinnern kann. Da wird man dann schon etwas kleinlaut, wenn man den "Film" später im Bücherregal wiederfindet. :lache


    Oh, das ist mir auch schon mal passiert. Seitdem halte ich mich raus, wenn es um Filme geht ;-)

  • Zitat

    Original von Sigrid2110


    Beneidenswert (dass Du da so überall lesen kannst, ich nämlich nicht).


    Wenn ich das nicht könnte, würde ich NIE lesen.
    Ich habe mal während die Strasse unten gebaut wurde und ein Höllenlärm war in der Küche auf der Arbeit gelesen. Meine Kollegin kam rein und fragt mich, wie ich bei dem Lärm lesen kann. Ich hab das gar nicht mitbekommen, weil die Bauarbeiter wohl Pause hatten, als ich anfing zu lesen. Erst in dem Moment hab ich das selbst bemerkt. Schon komisch, war aber schon immer so.


    Edit: Mir ist es auch schon passiert, dass ich ein Buch weiterträume. Allerdings meist anders als es wirklich weiter geht ;-)

  • Zitat

    Original von Charlotte
    Ich könnte am Ende eines Buches bestimmt nicht sagen, daß Person x groß und dunkelhaarig war und Person y klein und blond.


    Genau das könnte ich dir sagen. Wer wie aussah, wer wo stand, welche Farbe die Tapete hatte (auch wenn es nicht beschrieben wird...) und welche Atmosphäre an der Stelle der Geschichte herrscht. Letztere ist für mich übrigens das wichtigste an Büchern, wenn mir die Atmosphäre nicht gefällt, kann das Buch noch so klug, witzig, gruselig oder sonstwas sein - es berührt mich einfach nicht.


    Nur bei den Gesichtern der Personen habe ich - ähnlich wie andere hier - auch eher leere Flecken, die sehe ich nicht im Detail vor mir. Ich "klau" mir auch keine Personen, die ich schon kenne.
    Das mache ich witzigerweise nur mit Wohnungen, ist mir mal aufgefallen. Die meisten Wohnungen, die ich mir als Kind in Geschichten vorgestellt habe, waren in abgewandelter Form entweder die meiner besten Freundin oder die von meinem Onkel, nie unser Haus. Warum auch immer...
    Lese ich die Bücher heute wieder, sieht es da noch genauso aus, auch die Figuren und andere Orte und eben die Stimmung bleiben die gleichen.
    Deswegen lese ich wohl auch so gerne die Bücher von früher, gerade wenn es mir schlecht geht, weil ich dann komplett in diese anderen, vertrauten, geliebten Welten abtauche.

  • Ich habe zu Anfang nur Wörter vor Augen, erst wenn die Szene (Landschaft oder Personen) dann beschrieben wird, füllt sich bei mir ein leerer Raum mit Farben und Formen. Wenn mir das Buch gefällt und mich mitreißt, dann wird ein Film davon, wenn mir das Buch nicht so zusagt, dann bleibt es bei einzelnen Bildern.


    Emotionen kommen bei mir ebenfalls beim lesen durch. Vom richtig lauten Lachen bis zum hemmungslosen heulen war schon alles dabei. Manchmal führe ich auch Handlungen der agierenden Personen beim lesen aus. Z.B. Figur sitzt im Gras und und pflückt ein paar Blumen, da kann es schon vorkommen, dass ich auch mit der freien Hand am Sofa rumzupfe... Oder wemm besondere Mimik beschrieben wird, kann es schon sein, dass ich diese ebenfalls gleich beim lesen mitmache, soll laut meinem Freund zum schreien komisch sein...ich selbst merke das meistens gar nicht.

  • Gute Frage....Hmmm, darauf hab ich ehrlich gesagt noch gar nicht geachtet...Werd es heute aber bestimmt tun :grin


    Lg, Violet

    Bücherfasten: 21.6.2009 - 22.9.2009


    SuB: 31


    Ich lese gerade: Harry Potter und die Kammer des Schreckens

  • ...wenn ein Buch richtig gut geschrieben ist, dann kann ich praktisch darin herumlaufen, sehe alles genau vor mir. Ich bin Teil des Geschehens, und wenn ich später jemandem davon erzähle, kommt es mir im Rückblick so vor, als erzählte ich von einem Film.
    Bei holperig geschriebenen Büchern höre ich auch eher meine Stimme, als würde ich mir laut selbst vorlesen.
    Bei Dieter-Nuhr-Büchern gehts mir wie Charlotte, ich höre seine Stimme, sehe seine Mimik und bin dauernd am kichern :-]

  • Wenn mir ein Charakter bzw. Person aus einem Buch besonders gut gefällt, wünschte ich mir oft, diese würde es tatsächlich geben und ich konnte sie/ihn kennenlernen. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich mir beim Lesen überlege, was machte er/sie gerade in dem Moment, in den Zeilen bei denen sie nicht vorkommen oder als nächstes. :lesend
    Oder ich wünsche mir in dieses Land/Ort reisen zu können, der in der Handlung vorkommt, besonders wenn ich noch nicht dort war. :-)
    Auch Reisen in die Vergangenheit fände ich spannend, wenn dies möglich wäre, was historische Romane betrifft. :-]

    Wenn du ein Gärtchen hast und eine Bibliothek, so wird dir nichts fehlen. "
    Marcus Tullius Cicero

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  • ohje ich hab mir noch nie darüber gedanken gemacht.


    Aber ich sehe Bruchteile einer Szene. Z.b. kam in Nachtflamme vor, das jemand immer im Kreis wanderte. DAs sehe ich als Bruchteil einer Szene. Oder den großen Schwarzen Wolf der im Weg steht kann ich mir vorstellen. Also lese ich wohl in Bildern.
    Emotionen kann ich gut nachfühlen und mich oft hineinsetzen. Je spannender es wird, desto tiefer sinke ich in die Geschichte und es dauert bis ich wieder in der Realtität bin.
    Auch lese ich noch schneller, je mehr ich eintauche und je mehr es mich mitnimmt.

  • Ich hab mir jetzt extra Zeit gelassen mit der Antwort, weil ich mir einfach nicht sicher war.


    Gestern abend (ich hatte die Fragestellung schon total vergessen) sitze ich so am Sofa und lese den neuen Donna Leon. (Ich geh jetzt mal davon aus, dass viele Guido Brunetti kennen) Brunetti geht also so in Vendig herum und beschreibt, wie komische Gerüche herum sind und dann ein bekanntes intern. Seifengeschäft (LUSH) in sein Bickfeld kommt. Da hat es mich gepackt, ich konnte das (für mich) eklige Geschäft riechen und sehen. Da ich schon dort war und es mir ähnlich erging wie Brunetti, wusste ich genau wo er gerade ist.
    So geht es mir eigentlich oft in Büchern, auch wenn ich den Ort nicht kenne, aber ich tauche so in die Geschichte ein, dass ich sogar Gerüche wahrnehme und die Nase verziehe. Ich sehe die meisten Geschichten auch als Fortsetzungsserien, wie im TV. (Vorteil: es gibt keine festgelegten Sendezeiten).
    Beschriebene Gefühle kann ich total nachvollziehen. Ich weine und lache. Manchmal ziehe ich damit auch die Blicke vorbeigehender Leute auf mich.


    Deshalb lese ich eigentlich, wegen der Vorstellung, der Geschichte und der damit verbundenen Gefühle. Es ist eine Parallellwelt, in die ich mich immer "flüchten" kann.


    @all: es stimmt, diese Frage verständlich zu beantworten, ist total schwer. Ich hoffe, ich konnte mich klar genug ausdrücken.

    Who is Keyser Soze?


    (\__/)
    (o ,o)
    (>_<) <- This is Bunny.


    Copy Bunny into your signature to help him on his way to world domination.

  • Zitat

    Ich könnte mich heute grün ärgern das meine Mutter meine Bücher aus der Kindheit verschenkte.


    Oh ja, denen trauere ich auch noch hinterher! :cry ...ist zwar noch nicht sooo lange her bei mir, aber aufhalten konnte ich sie trotzdem nicht!
    *seufz* Ich vermisse die kleine Hexe!

  • Ein super Thread und ein Thema zu dem ich mir noch nie Gedanken gemacht habe und jetzt dazu gekommen bin.


    Am Anfang eines Buches höre ich meine "Gedankenstimme". Dann formen sich Landschaften und Charaktere. Dabei sehe ich nicht alles glasklar, vieles bleibt schemenhaft. Ich lese im Moment "Die Zwerge" von Markus Heitz. Der "Hauptzwerg" in dem Buch hat für mich einen langen struppigen, dunkelbraunen Bart und eine Axt an einem Ledergürtel an der Hüfte und das war's. Die anderen Zwerge sehen aber auch nicht viel anders aus haben aber ein anderes "Feeling" eine andere Stimme wenn ihr so wollt.


    Beim lesen bin ich eine Art externer Beobachter. Ich kann ohne Probleme das ekelhafteste Gemetzel in einem Krimi lesen, innerlich distanziere ich mich davon auch wenn ich -je nach Art der Beschreibung- alles schön bildlich sehe. Da ich immer das Gefühl habe "in dem Buch zu stehen", möchte ich den einen oder anderen Protagonisten gerne mal schütteln wenn er Unsinn macht oder partout eine Rätsel nicht lösen kann.

  • Ja, wirklich eine interessante Frage. Ich habe mir dazu noch nie wirklich Gedanken gemacht, aber ich glaube, ich sehe keinen Film ablaufen, und ich stelle mir auch die Charaktere nicht bildlich vor, es ist mehr so, dass ich in das Ganze eintauche, und mich mitreißen lasse und miterlebe, und vor allem auch die Emotionen teilweise sehr intensiv empfinde. Aber das passiert nicht bei jedem Buch, nur bei gut geschriebenen Büchern.

  • Hmm, find ich sehr interessant die Frage. Für mich gilt wohl auch, dass ich überwiegend in Worten lese. Bei mir entstehen zwar auch Bilder, aber nicht so intensiv wie das hier schon geschildert wurde. :gruebel

    Büchereulen sind Listen-Fetischisten :chen


    Lesestatistik 2011:
    31 Bücher
    13924 Seiten
    2,58 Bücher / Monat

  • Bei "die Glasbücher der Traumfresser" tue ich mich gerade überhaupt sehr schwer irgendwas wahrzunehmen :help seuuuuf


    Ansonsten ist es bei mir alles gemischt durcheinander.


    Ich sehe Situationen, einzelne Bilder, fühle extremst mit (manchmal sogar ein wenig zu sehr...da war ich bei "kalte Asche" froh, daß es mich nicht berührt hat, sonst hätte ich ihn leider nie lesen können) und höre Stimmen, die erzählen oder reden (allerdings sind das Stimmen, die ich, im laufe der Zeit, schon einmal gehört hab).


    Das alles hab ich aber nur, wenn ich mich selbst in eine der Personen "einbeamen" kann. sonst hab ich keinen Bezug dazu :lache

  • Wenn ich lese, dann läuft in einem Kopf meist ein richtiger "Film" ab! Kopfkino eben! :-) Das funktioniert manchmal besser und manchmal schlechter- kommt auch sehr auf das Buch und den Schreibstil an.
    Unterschiedliche Stimmen nehme ich dabei nicht wirklich wahr- meist ist es meine "Kopfstimme", die mir die Geschichte vorliest!

  • Das ist wirklich eine interessante Frage. Ich habe mir ehrlich gesagt auch noch nie Gedanken darüber gemacht, wie ich den nun lesen.


    Auf jeden Fall lese ich sehr emotional. Ich lache, wenn es lustig ist aber manchmal fleißen auch die Tränen.


    Ein Freund hat mich mal beim Lesen in der Bahn beobachtet. (Ich hatte gar nciht mitbekommen, dass er auch da saß), der meinte hinterher man konnte mir alles am Gesicht ablesen. Immer wenn es spannend wird kaue ich demnach wohl an meiner Unterlippe. Das war mir bis dahin noch nie aufgefallen.


    Manchmal sehe ich auch Bilder aber bei mir kommt das immer auch ein wenig auf die Umgebung drauf an und dann auch nie so intensic, wie das hier einige schon beschrieben haben.
    Wenn es sehr unruhig um mich rum ist lese ich ehr nur die Worte. Wenn es dagegen ruhig um mich rum ist und ich durch nichts abgelenkt werden, dann lese ich viel Intensiver.


    Was mir aber öfters mal passiert ist, das ich Nacht von einer Geschichte, die ich vorher gelesen habe träume. Das passiert meistens dann, wenn mich ein Buch besonders beschäftit und viel darüber nachdenke auch wenn ich gerade nicht lese.

  • Bei mir kommt es immer auf das Buch drauf an und ich unterscheide auf diese Art auch gute von schlechten (oder weniger guten) Büchern - wenn es darum geht wie sehr ich mich in die Handlung "vertiefen" kann.


    Wenn ich ein gutes Buch lese bin ich da "drin", ich sehe genau wie der beschriebene Ort aussieht und nehme Details war, die der Autor garnicht beschrieben hat. Ebenso sehe ich die Personen, wobei sich ihr "Aussehen" manchmal aufgrund ihrer Taten und dem was sie sagen verändern kann. Ich habe mal eine Person, obwohl sie als groß und schlank beschrieben wurde, im weiteren Verlauf der Handlung als kleinen Dicken gesehen, einfach weil es irgendwie besser passte.


    Wenn ich mich später an Bücher erinnere dann sind das hauptsächlich Bilder und "Filmsequenzen" von Handlungsabläufen, die Rekonstruktion der kompletten Handlung spielt sich auf einer ganz anderen, sachlicheren Ebene meines Gehirns ab.