Mit der Genre-Einordnung bin ich mir unschlüssig, wenn jemand behilflich sein kann, bitte Bescheid geben!
OT: Awlad Haratina
Kurzbeschreibung:
Am Ende der Straße, dort, wo die Wüste beginnt, steht das große Haus. Hinter hohen Mauern in einem paradiesischen Garten wohnt hier der geheimnisvolle Gabalawi, der Stammesvater des Viertels. Seit undenklichen Zeiten hat ihn niemand mehr gesehen. Dennoch leitet er mit unsichtbarer Hand das Schicksal seiner Kinder und Kindeskinder. Wächter und Verwalter terrorisieren das Viertel in wiederkehrenden Wellen von Aufruhr und Unterdrückung. Auf Adham folgt Gabal, auf Gabal Rifaa, auf diesen Kasim. Sind sie Figuren der Menschheitsgeschichte, hinter denen sich Adam, Moses, Jesus und Mohammed verbergen? Und wer ist Arafa, der mit Hilfe von Wissenschaft und Zauberei die Zwietracht zwischen den "Kindern unseres Viertels" zu beseitigen trachtet?
Über den Autor:
Nagib Machfus, geboren 1911 in Kairo, galt als einer der führenden Intellektuellen und bedeutendsten Autoren Ägyptens. 1988 erhielt er als erster arabischsprachiger Autor den Literaturnobelpreis. Er starb 2006.
Meine Rezension:
"Die Kinder unseres Viertels" ist der umstrittenste Roman des Nobelpreisträgers und ohne Frage verbirgt sich in ihm eine Menge Zündstoff, wenn man diesen suchen möchte. Vordergründig ist die Geschichte die eines Viertels, beherrscht von einem mittlerweile fast legendären Stammesvater und tyrannisiert durch die Verwalter und Wächter. Immer wieder gibt es jedoch Menschen, die mit ihrem Leben in Armut nicht nur unzufrieden sind, sondern es auch wagen aufzubegehren - sei es durch den Versuch Adhams, hinter das Geheimnis des Stammesvaters zu kommen oder durch die Bemühungen Rifaas, die Seelen der Bewohner zu läutern. Es ist kein klassischer Roman, erinnert vielmehr - und angesichts des Inhalt wohl nicht zufällig - an Geschichten aus der Bibel, dennoch fesselt er den Leser auf eine merkwürdige Art und Weise, die weniger aus den Handlungen und Personen selbst, sondern mehr aus den zahlreiche Parallelen, aber auch großen Unterschiede zur Religionsgeschichte hervorgeht. Letzten Endes dreht sich alles um die Frage, wie Menschen friedlich miteinander leben können und vor allem, wie dieser Zustand beibehalten werden kann. Diese Frage beantwortet auch Machfus nicht, aber er zeigt Beispiele auf, wie es möglich wäre und was dem entgegensteht.
Machfus erzählt die Geschichte seines Viertels mit einem feinen Augenzwinkern, meinem Empfinden nach jedoch ohne verletztend oder gar beleidigend zu werden, wie es ihm extremistische Gruppen vorwarfen. Es ist ein besonderes Lese-Erlebnis, das sicher nicht jedem Geschmack entspricht, aber mir hat es gefallen und Lust auf mehr Machfus gemacht!
Dafür von mir 8 Punkte!