'Die Lilie von Florenz' - Kapitel 01 - 06

  • Hallo, liebe Büchereulen,


    darf ich mich noch als Zaungast dazusetzen? Juliane/JulyRose hat mich netterweise eingeladen, bei der Leserunde zu ihrer „Lilie von Florenz“ mitzumachen. Dem ein oder anderen von euch bin ich wahrscheinlich schon vom Montségur-Autorenforum bekannt.


    Jetzt aber zum Text: „Die Lilie von Florenz“ ist der erste erotische Roman, den ich lese – aber man soll ja auch mal über den Tellerrand schauen. :-)
    „Die Lilie“ ist in einem flüssigen, gut lesbaren Stil geschrieben, der mir sehr gut gefällt. Schön finde ich vor allem das Wechselspiel der Perspektiven, bei dem man einmal den einen, dann den anderen Protagonisten kennenlernt. Bei den erotischen Szenen (soweit) ist von sinnlich bis deftig alles vertreten. Ein wenig stören mich Bezeichnungen wie Nippel und Möse, aber das ist wahrscheinlich Usus.


    Gleich zu Anfang geht es ans Eingemachte. Allegra beobachtet zwei Menschen beim Liebesspiel, wobei es ziemlich deutlich zur Sache geht. Hier habe ich mich gefragt, wie Matteo genau aussieht (er wird ja erst später etwas genauer beschrieben). Für mich ist er ein Typ ‚Byronic hero‘; dunkel, geheimnisvoll, arrogant und von einer gewissen Düsterkeit umgeben.
    Auch die nächsten Szenen steigen meist direkt und ohne Umschweife ein ins Geschehen. Faszinierend fand ich das Schicksal eines Kastraten – die armen Jungs, denen man ja wirklich alles genommen hat, nur um die Stimme zu erhalten. Schlimm, das. Allegra ist ein sympathischer Charakter – vor allem ihre Neugier und Offenheit zeichnen sie aus. Und offen sollte sie schon sein für das, was sie wohl noch erwartet.


    Die Principessa spielt mit beiden – ach, so was liebe ich ja. Und ich als Leser weiß mehr als unsere beiden armen Protas ... Was sie wohl noch plant?


    Matteo kann Allegra nicht vergessen. Diese verkleidet sich also als Junge und reist ihm nach. Matteo erkennt sie nicht, fühlt sich aber zu ihr hingezogen. Nur die Principessa und der Malerlehrling erkennen sie als Frau. Gut, das akzeptiere ich jetzt einfach mal.


    Die Szene, in der der Malerlehrling Alberto Allegra in die Liebe einweist, sind wunderbar geschrieben und von großer Zärtlichkeit. Schade, dass nicht er es ist, nach dem sie sich sehnt. Oder ist da noch mehr zu erwarten?


    Soweit meine zwei Cent.


    Liebe Grüße
    Inez

  • Willkommen in der Leserunde, Inez! :wave


    Der Vergleich zu Byron gefällt mir ganz gut, obwohl ich von einem Lord Byron mehr Zynismus und Spott erwarten würde. Matteo ist Ironie größtenteils fremd. OK, gegenüber Allegra ist er auch manchmal spöttisch, aber ihm fehlt meiner Meinung nach das poetische Moment.


    Vom Verhalten und von der Erscheinung hingegen passt der Byronvergleich auch für mich!

  • Zitat

    Original von Mona87
    Das ein oder andere Mal bin ich auch über die Wortwahl gestolpert, aber das lässt sich glaube ich einfach nicht vermeiden.


    Ich bin gerne für kreative Vorschläge offen, wenn's an den nächsten Roman geht :gruebel; allerdings habe ich bereits versucht, mich da auf normalen Bahnen zu bewegen und eben nicht in Bereiche abzurutschen wie "Liebeskrieger", "Jadestab", "Lustgrotte" usw. Das gibt es wohl auch, ist aber einfach nicht meine Richtung. (wirklich nicht.)


    LG, Juliane

  • Hui, hallo Inez! :wave


    Matteo ist für mich von Anfang an zwar auch ein etwas düsterer Held gewesen (und der Byron-Vergleich gefällt mir natürlich), aber ist er für mich vor allem auch ein Suchender gewesen. Ich bin leider total verkitschte Romantikerin und glaube daran, dass es diese gewisse Anziehung auf den ersten Blick gibt, und dass sich daraus oftmals etwas Beständiges fürs Leben entwickelt. (also: pro Leben ein- bis zweimal.)


    Dass es dann beide ein bisschen überrascht - Allegra als Unerfahrene, Matteo als Allzuerfahrener - nun, das war der Reiz, den ich in dieser Geschichte sah. Als die beiden sich im Palazzo Pitti begegnen, versteht Matteo nicht, warum er sich von einem Knaben angezogen fühlt - dabei fühlt er sich von Allegra angezogen, ebenso wie schon bei ihrer ersten erotischen Begegnung in der ersten Szene. Er weiß nicht, dass sie es ist, aber irgendwie setzt sich das Begehren über sämtliche Verkleidungen hinweg fort.


    LG, Juliane

  • heute komme ich endlich dazu das Buch zu beginnen. Einfach unglaublich die letzten Tage, aber jetzt kommt ein laaaaanges WE und da gehts endlich!

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  • Nachdem ich gestern endlich angefangen habe, geb ich auch noch meinen Senf dazu:


    Ich finde das Cover gelungen, alles in allem gefällt mir ein nakter Frauenkörper doch besser als ein Männerkörper. Aber das ist ja Geschmackssache.


    Alles in allem ist mir der Lehrer Alberto bisher am sympathischten. Er zeigt so viel Einsatz und hält sich dennoch zurück. Ich wünschte meine Einführung in die schönste Sache der Welt wäre so behutsam und erfolgreich gewesen.


    Allegra kann ich mir mit großen grauen Augen gut vorstellen (kann es sein, dass sie tatsächlich schon 21 Jahre ist?? Das wäre dann ja schon ziemlich alt für eine Braut.)
    Matteo stell ich mir als wirklich gutaussehenden Widerling vor, ich glaub, dieses schwarz/weiss denken brauch ich jetzt erst mal. Dennoch scheint er sich auf der Stelle in Allegra verliebt zu haben und Liebe kann Berge versetzen.


    Seine Geliebte ist einfach nur arm. Sie wird ihre Stellung nicht verteidigen können und zieht jetzt mal alle Register, um Matteo vielleicht doch halten zu können. Aber eins frage ich mich doch, sie ist verheiratet und alle wissen, dass sie ihren Mann betrügt - war das damals für Frauen überhaupt möglich?


    Die beschriebenen Sexszenen fand ich nicht zu übertrieben. Die Wechsel der Erzähler waren amüsant.

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  • Zitat

    Original von sollhaben
    Alles in allem ist mir der Lehrer Alberto bisher am sympathischten. Er zeigt so viel Einsatz und hält sich dennoch zurück. Ich wünschte meine Einführung in die schönste Sache der Welt wäre so behutsam und erfolgreich gewesen.


    Da gebe ich dir Recht! Alberto ist mir auch sehr sympathisch! :grin


    Auch der Charakter von Matteo hat es mir angetan! Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass er sich für Allegra tatsächlich ändern kann und wird! Das ginge vielleicht ein oder zwei Jahre gut, aber dann bräuchte er wohl die nächste Mätresse! :-( :gruebel


    Tja, der einzige Charakter, der mir nicht so recht gefällt, ist Allegra. Mir geht tatsächlich ihre naive Art etwas auf den Wecker. Interessant finde ich auch, dass viele sie direkt als Frau "entlarven", aber Matteo dies nicht auf die Reihe bekommt! :-]


    Alles in allem fesselt mich dieses Buch sehr! Es ist toll geschrieben! Auch die erotischen Szenen finde ich sehr gelungen: Sie sind zwar schön direkt, aber nicht so plump und derb wie in anderen erotischen Romanen, die ich kenne.

    "Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns." :eiskristall
    Franz Kafka


    :lesend Walsch: Gespräche mit Gott
    :lesend Norman: Grausames Spiel
    :lesend Patterson: 1st to die

  • Zitat

    Original von sollhaben
    Allegra kann ich mir mit großen grauen Augen gut vorstellen (kann es sein, dass sie tatsächlich schon 21 Jahre ist?? Das wäre dann ja schon ziemlich alt für eine Braut.)


    Es gab im 16. bis 18. Jahrhundert eine Entwicklung, die in vielen historischen Romanen nicht berücksichtigt wird. Damals heirateten viele erst in den Zwanzigern, auch Frauen wurden nicht mit 16 grade mal so weggeheiratet. Das ist ein interessantes Feld, dem ich während meines Geschichtsstudiums begegnete; man kann sagen, dass es nicht ungewöhnlich war, wenn Frauen erst in den Zwanzigern heirateten und Männer tief in den Dreißigern steckten, ehe sie das erste Mal zum Traualtar schritten. Die Gründe sind vielfältig und das Phänomen setzte sich vor allem in den niedrigeren Schichten durch, wo Frauen erstmal jahrelang irgendwo in Dienst standen, ehe sie genug beisammen hatten, um zu heiraten - ebenso die Männer. Es fehlte oftmals eine wirtschaftliche Grundlage für die Hochzeit, und das ist ja bei Allegras Familie kaum anders; erst nachdem sich abzeichnet, dass Luigis Kastratenausbildung durchaus von Erfolg gekrönt sein würde (was ja auch nicht selbstverständlich war; für viele Knaben reichte es eben nicht zur großen Karriere) konnte die Familie auf etwas Geld und damit eine gute Eheschließung für Allegra hoffen.

  • Moin, Runde,


    dann will ich mich auch endlich mal dazu gesellen.


    Zitat

    Original von JulyRose
    Es gab im 16. bis 18. Jahrhundert eine Entwicklung, die in vielen historischen Romanen nicht berücksichtigt wird. Damals heirateten viele erst in den Zwanzigern, auch Frauen wurden nicht mit 16 grade mal so weggeheiratet. Das ist ein interessantes Feld, dem ich während meines Geschichtsstudiums begegnete; man kann sagen, dass es nicht ungewöhnlich war, wenn Frauen erst in den Zwanzigern heirateten und Männer tief in den Dreißigern steckten, ehe sie das erste Mal zum Traualtar schritten.


    Ja, das fällt mir auch immer wieder auf, dass da bei den Lesern oft falsche Vorstellungen herrschen. Im Osten war es etwas anders, wie ich bei meinen Recherchen für die Kosakenbraut erfahren habe; da wurde früher geheiratet (und das ist auch heute noch der Fall). Hier war es so, wie von Juliane beschrieben. Vielleicht auch als eine Art natürlicher Geburtenregelung?


    Das Cover gefällt mir schon mal sehr gut. Ich finde es schön, dass so ein weicher, sinnlicher Frauenkörper dargestellt wird. Oft finde ich die Frauenaufnahmen auf erotischen Romanen als zu hart, zu modern fitnessstudio-gestählt. Auch das Weichgezeichnete finde ich gut. (Mir fehlt nicht mal der Kopp.) Viele Cover sehen aus wie die einschlägiger Magazine.


    Die Ausgangssituation verspricht Spannung. Beide verlieben sich ineinander, aber die Geschichte ist so angelegt, dass beide sich ändern müssen, um wirklich zusammenkommen zu können. Also eine Reifungsgeschichte. Immer gut.


    "Sie war verloren." Schöner letzter Satz der ersten Szene.


    Ja, im erotischen Roman herrschen andere Gesetze als in anderen Genres. Es ist wie in einer Komödie, wo auch die absurdesten Zufälle legitim sind, und wo kein Mensch auf die Idee käme, sie in Frage zu stellen. Und so gestatte ich auch hier der Autorin, mit den Figuren und mit dem Zufall zu spielen, und Allegra darf Matteo kurz hintereinander zufällig treffen und er braucht sie in der Verkleidung nicht als Frau zu erkennen, obwohl andere es tun.


    Die Albertoszenen sind sehr erotisch. Sie gefallen mir umso mehr, als ich gerade bei Erotik immer streng darauf achte, dass den Leuten nichts Falsches beigebracht wird. In meinem Brotjob erlebe ich jeden Tag, wieviel himmelschreiende Unkenntnis noch herrscht, was die weibliche Sexualität betrifft. Ich hätte Probleme gehabt mit einer jungfräulichen Heldin, die den erfahrenen Mann trifft und innerhalb von Sekunden zur allzeit orgasmusfähigen Sexgöttin mutiert. Und es ist meinem strengen Auge wohlgefällig, dass Ms. Gordon zeigt, dass es eben nicht so einfach ist mit der weiblichen Sexualität wie mit der männlichen. Und dass Allegrachen da erst etwas üben muss.

  • Zitat

    Original von JulyRose


    Ich bin gerne für kreative Vorschläge offen, wenn's an den nächsten Roman geht :gruebel; allerdings habe ich bereits versucht, mich da auf normalen Bahnen zu bewegen und eben nicht in Bereiche abzurutschen wie "Liebeskrieger", "Jadestab", "Lustgrotte" usw. Das gibt es wohl auch, ist aber einfach nicht meine Richtung. (wirklich nicht.)


    LG, Juliane


    Also bevor du "Liebeskrieger" und co. benutzt, bleib lieber deine jetzigen Wortwahl treu. Ich müsste mich da sonst kaputt lachen :lache
    Ich stelle es mir auch unheimlich schwierig vor, die richtigen Worte zu finden. Ich glaube ich bin da keine große Hilfe. Aber wenn mir mal etwas einfällt, lasse ich es dich wissen ;-)