Darsteller: Otmar Suitner, Marita Suitner, Renate Heitzmann
Regie: Igor Heitzmann
Schnitt: Inge Schneider
Länge: 105 min
Land: Deutschland Jahr: 2007
Der Dokumentarfilmer Igor Heitzmann hat sich in seinem ersten Langfilm seiner Familiengeschichte gewidmet. Die Konstellationen sind faszinierend genug. Heitzmann hat einen weltberühmten Vater, den Dirigenten Otmar Suitner. Dieser lebte und arbeitete in der DDR, der Sohn wuchs bei der Mutter, die nicht die Ehefrau war, in West-Berlin auf. Heitzmann kannte seinen Vater fast nur von seltenen Besuchen an Wochenenden.
Das Ende der DDR und der Rückzug Suitners vom Dirigentenpult wegen seiner beginnenden Erkrankung am sog. Parkinson-Syndrom, war für Heitzmann der Anlaß, sich dem nahezu unbekannten Vater zu nähern.
Herausgekommen ist ein ganz eigener, hoch emotionaler, aber nie sentimentaler, im besten Sinne aufregender und wunderschöner Film über vier Menschen von außergewöhnlichem Charakter, über die Entwicklung einer Vater-Sohn-Beziehung und, natürlich, über die Musik.
Suitner, aus Österreich stammend, kam mit seiner Frau Marita 1960 als Chefdirigent der Staatskapelle Dresden in die DDR. 1964 wird er an die Staatsoper Berlin berufen. Gastspiele führen ihn u.a. nach Bayreuth, wo er die zweite Frau seines Lebens kennenlernt.
Die Stationen von Suitners Leben und vor allem die Geschichte seiner Mutter Renate Heitzmann, bilden das chronologische Gerüst. Fotos, Briefe und Briefstellen und immer wieder Ausschnitte aus Gesprächen mit den Eltern oder der Eltern untereinander illustrieren es. Dazwischen blitzen immer wieder winzige Hinweise auf Suitners Frau Marita auf.
Im Mittelpunkt aber stehen Gespräche Heitzmanns mit Suitner. Ihr Thema ist nicht die Beziehung zwischen Sohn und Vater, sie treffen sich beim Thema Musik. Das ist nur vermeintlich objektiv. Die Musik ist nämlich Suitners Spielfeld und daher wird diese Vater-Sohn-Geschichte bald unmerklich von Suitner bestimmt. Als Leiter großer Orchester ist das Herrschen für ihn wohl längst ein automatisches Verhalten. Er tut es aber so charmant und mit einer so selbstverständlichen Überzeugung von seinem Recht, daß man ihn auch als Zuschauerin nur bewundernd dabei beobachten kann. Gleich, ob sie sich im Wohnzimmer unterhalten, gleich, ob sie gemeinsam verreisen, nach Wien, nach Tirol.
So wird der Film dann auch das heimliche Porträt eines großen Dirigenten.
Tatsächlich aber gelingt es Heitzmann die drei Stränge, die vier betroffenen Personen, seine eigene Familiengeschichte und den Dirigenten Suitner (die Musik zum Film stammt aus dem Repertoire Suitners) so ineinander zu weben, daß am Ende ein runder Film herauskommt. Wobei dies nicht zuletzt auch ein Verdienst der Cutterin Inge Schneider ist, die einige tausend Meter Filmmaterial zu dieser inhaltlichen Geschlossenheit fügte.
Am Ende geht Suitner für seinen Sohn noch einmal ans Dirigentenpult der Staatsoper. ‚Wenn du mich schon von den Toten auferweckst’ sagt er, halb verlegen, halb augenzwinkernd, ‚dann muß ich halt noch ein bißchen herumfuchteln.’ Also ‚fuchtelt’ er. Mit dem überlegenen Stolz des Könners.
Das ist nur eine von vielen bedeutsamen Szenen in diesem Film. Tatsächlich ist das Thema ein sehr schweres. Im Film kommt das aber so leicht daher, daß er geradezu glücklich macht. Er ist pure Harmonie über ein Thema, das de facto pure Disharmonie ist. Es ist die Leichtigkeit und Harmonie, die Suitner im Film von seinen MusikerInnen, seien sie Profis, SchülerInnen oder ein Amateur, wie sein Sohn, in seiner charmanten Unbarmherzigkeit fordert. Sein Sohn scheint die gleiche Hand für die Leichtigkeit im Schweren entwickelt zu haben.