Walter Kempowski - Sirius. Eine Art Tagebuch

  • Titel: Sirius. Eine Art Tagebuch
    Autor: Walter Kempowski
    Verlag: btb
    Erschienen: Dezember 2005
    Seitenzahl: 636
    ISBN-10: 3442734193
    ISBN-13: 978-3442734191
    Preis: 11.00 EUR


    In diesem Buch findet man die Tagebuchaufzeichnungen von Walter Kempowski von 1983, versehen mit Kommentaren aus dem Jahre 1990. Schon nach wenigen Seiten wird dem Leser klar, dass Kempowski in sehr vielen Dingen unheimlich verbohrt ist, das Ganze noch angereichert mit einer ordentlichen Portion Selbstgerechtigkeit.


    Kempowski hat acht Jahre in DDR-Gefängnissen gesessen, sicher für ihn eine ganz schlimme Zeit – aber es kann nicht angehen, dass diese Haftzeit für alles und jedes herhalten muss, was ihm missfällt und was ihm nicht gelingt. Kempowski fühlt sich ohne Frage ganz wohl in seiner Außenseiterrolle die er sicher unter den deutschen zeitgenössischen Literaturschaffenden genießt.


    Manchmal kann man ihn seinen Meinungen einfach nicht folgen. Von Tucholsky hält er nichts, auch an Gerhard Roth und Uwe Johnson mäkelt er herum. Wahrscheinlich ist da auch sehr viel Neid dabei, da er deren Klasse nie auch nur annähernd erreicht hat. Und auch an Siegfried Lenz hat sehr viel auszusetzen.


    Dieses Tagebuch ist wirklich sehr gut geeignet den Menschen Kempowski ein wenig kennen zu lernen. Es ist eine wirklich interessante Lektüre. Allerdings sollte man sich immer wieder ins Bewusstsein rücken, dass Kempowski wohl ein eher mittelmäßiger Autor gewesen ist.


    Kempowski wirkt in seinem fast schon pathologischen Antikommunismus eigentlich fast schon lächerlich. Die Russen sind böse, die Amis sind gut – das ist seine Weltanschauung auf einen ganz kurzen Nenner gebracht. Kempowski ist resistent fast gegen jegliche gegenteilige Meinung. Manchmal hat man so den Eindruck, das nur er gelitten hätte, das Leiden anderer Menschen schien für ihn nicht zu existieren.


    Trotz aller Kritik an der Person Walter Kempowski ist „Sirius“ ein sehr lesenswertes Buch. Erlebte Geschichte aus dem eigentlich ersten Jahr der Wende hin zu Helmut Kohl – das Lesen dieses Buches ist sicher keine verschenkte Lebenszeit.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für die Rezension und für die Informationen über Kempowski. (Ich wusste weder, dass er Antikommunist war, noch dass er in der DDR im Gefängnis saß.)


    Kurze Frage aus Interesse: Mochtest Du Kempowski vorher schon nicht so sehr oder erst durch das Tagebuch?
    Ich habe von ihm nur "Alles Umsonst" und einen Band aus dem Echolot gelesen. Ich fand beides auf seine Art sehr lesenswert.
    Ich bin ja immer skeptisch, mich zu sehr von Antipathien bei zeitgenössischen Autoren leiten zu lassen, weil die "Alten" den Vorteil haben, dass man ihnen neutraler gegenübersteht.

  • Zitat

    Original von Vulkan
    Danke für die Rezension und für die Informationen über Kempowski. (Ich wusste weder, dass er Antikommunist war, noch dass er in der DDR im Gefängnis saß.)


    Kurze Frage aus Interesse: Mochtest Du Kempowski vorher schon nicht so sehr oder erst durch das Tagebuch?
    Ich habe von ihm nur "Alles Umsonst" und einen Band aus dem Echolot gelesen. Ich fand beides auf seine Art sehr lesenswert.
    Ich bin ja immer skeptisch, mich zu sehr von Antipathien bei zeitgenössischen Autoren leiten zu lassen, weil die "Alten" den Vorteil haben, dass man ihnen neutraler gegenübersteht.


    Ich halte Kempowski für einen interessanten Schriftsteller und auch als Person scheint er sehr interessant gewesen zu sein. Zwiespältig durch und durch. Sein schriftstellerischen Können hat mich allerdings nie so ganz überzeugen können, auch wenn ich einige seiner Bücher gelesen habe.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.