Die widerspenstige Braut – Deeanne Gist

  • Originaltitel: A Bride Most Begrudging
    Übersetzt von Silvia Lutz


    Gerth Medien, Gebundene Ausgabe, 416 Seiten
    2008 erschienen


    Kurzbeschreibung:
    Virginia, 1643; Der Tabak-Farmer Drew O'Connor sucht eine Frau, die sich um den Haushalt und um seine kleine Schwester kümmern soll. Als ein Schiff aus England mit sogenannten 'Tabakbräuten' einläuft - Frauen, die auf ein besseres Leben in Amerika hoffen - wird er fündig. Doch die kratzbürstige Rothaarige stellt Drews Geduld auf eine harte Probe . . .
    Ein wundervoller Roman über Liebe, Glaube und Vertrauen.


    Über die Autorin:
    Deeanne Gist hat bislang fünf Romane verfasst. Sie ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Houston, Texas.


    Meine Meinung:
    Dieser umfangreiche, aber schnell und leicht zu lesende Roman ist eine Mischung aus Historischer Roman und Romance, wobei die Anteile ungefähr ausgeglichen sind, obwohl die Liebesgeschichte im Vordergrund steht.
    Doch im Hintergrund sind die Lebensbedingungen der Einwanderer deutlich präsent und bestimmen auch die Handlung wesentlich mit. Das unterscheidet das Buch von den gängigen historical romances im Groschenheftbereich.


    Die Protagonistin Constanze, die als adlige Tochter aus England unfreiwillig nach Amerika verschleppt wird, hat es nicht einfach, sich mit den Sitten dieser neuen Umgebung zurecht zu finden. Das geht von einfachen Dingen wie Badegewohnheiten und modischen Belangen, die sich hier drastisch unterscheiden, bis hin zu exzentiellen Fragen, wer wen heiratet, wer auf der Tabakplantage welche Arbeit übernimmt und wie man sich gegenüber den Indianern in der Umgebung verhält.


    Wie sich die adlige Lady im Verlaufe des Romans mit der Situation arrangiert, die Liebe kennenlernt und bald auch das Land liebt, ist amüsant zu lesen. Constanze hat ihre Heimat gefunden. Der Roman macht Spaß, ist allerdings nur für die Leser geeignet, die mit Liebesgeschichten der leichteren Art etwas anfangen können.


    Der Roman ist konsequent nur aus der Sicht der Einwanderer geschildert, das erforderte schon die Erzählperspektive, doch die Autorin lässrt wenigstens noch im Nachwort die Benachteiligung der Indianer in aller Deutlichkeit einfließen.

  • Danke für die schöne Rezi. Das Buch befindet sich, allerdings in der amerikanischen Originalausgabe, seit geraumer Zeit in meinem SuB, wo es noch warten muß, bis wieder in Amerika spielende Bücher "dran" sind. Aber dann ist es bald fällig. :-)
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Die Inhaltsangabe zu diesem Buch hätte mich fast davon abgehalten, es überhaupt in die Hand zu nehmen, deutete sie doch ein wenig in jene Richtung, die zu lesen mir persönlich nicht so sehr behagt. Allerdings stand da dieser Name „Deeanne Gist“, dem zu vertrauen ich schon nach einem einzigen Buch („Die eigenwillige Jungfer“) gelernt habe. Und richtig, die Autorin sollte mich nicht enttäuschen:

    Ein bisschen dramatisch, ein bisschen romantisch, ein bisschen mit Gefühl, ein bisschen mit Schmerz: All das und noch ein bisschen mehr ist „Die widerspenstige Braut“. Die Figuren sind liebevoll gezeichnet und keinesfalls eindimensional beschrieben, im Gegenteil: Sie sind allesamt sehr lebendig für mich geworden. Auch die Art und Weise, wie die Lebensumstände in den Kolonien, die Härte des Lebens dort, aber auch die Schönheit und Ursprünglichkeit der Natur in die Romanhandlung eingebunden und mehr als anschaulich dargelegt sind, haben mir nicht nur für das Können der Autorin Respekt abgenötigt, sondern auch für die Menschen, die dieses Leben führen mussten, teilweise freiwillig, teilweise höchst unfreiwillig.


    Deeanne Gist hat es auch mit ihrem für mich zweiten Roman geschafft, mich zu begeistern. Die Geschichte, die sie erzählt, ist jenseits jeglichen Kitsches, sie ist ganz einfach ein in meinen Augen rundherum gelungenes Buch über zwei Menschen, die einiges zu lernen haben, was gar nicht immer freiwillig geschieht. Da ist zum einen Constance, Tochter eines Earls, durch das Schicksal zur „Tabakbraut“ gemacht und vollkommen überfordert mit den Anforderungen, die an sie als Farmersfrau gestellt werden. Da ist zum anderen Drew, der Tabakfarmer, der eines wohl mehr fürchtet als vieles andere, nämlich sein Herz wieder zu verlieren resp. sich zu binden, egal, ob an eine Frau oder ein Kind, denn die Wunden, die das Land ihm schlug, sind tief. Drews Schicksal, seine inneren Kämpfe, auch sein Ringen und letztlich Akzeptieren von Gottes Willen haben mich sehr berührt; auch Constance in ihrem Bemühen, ihren vielen Rückschlägen, aber auch den Erfolgen zu begleiten, war ein wunderbares Leseerlebnis.


    „Die widerspenstige Braut“ ist nicht nur die Geschichte dieser zwei Menschen, sondern auch ein bisschen die der Siedler im Virginia Anfang des 17. Jahrhunderts. Sehr deutlich wird, wie fragil die Beziehung von Siedlern und Indianern ist, wie wenig schon reicht, um die Lunte an einem Pulverfass in Brand zu setzen. Ein wenig verdutzt habe ich Drews Ausführungen gelesen, warum die Tabakfarmer keine Sklaven kaufen, sondern Schuldknechte, mit großer Sympathie habe ich Constances Widerwillen zur Kenntnis genommen, dass „jemand wie ein Stück Vieh gekauft wird, ob das nun kosteneffektiv ist oder nicht“ (Seite 309). Wenn man sich die Mühe machen möchte, einen Roman komplett zu zerpflücken, würde man diese Einstellung vielleicht als „christlich und politisch korrekt“ einzustufen haben. Zum Zerpflücken bin ich jedoch auch hier nicht bereit, dazu hat mir das Lesen viel zu viel Spaß gemacht. Bliebe noch der leidige Hinweis, das Deeanne Gist eine Schriftstellerin ist, die ihre christliche Einstellung und Überzeugung (auch) in ihren Büchern zum Ausdruck bringt. Mich haben sie nicht gestört, die Gespräche über Gott, über die Bibel, mich hat auch nicht gestört, dass beide Hauptprotagonisten im gedanklichen Austausch mit Gott ein gut Stück weit zu dem gefunden haben, was sie suchten.


    Oft habe ich schmunzeln müssen, manchmal auch herzhaft gelacht, ein paarmal wurden mir die Augen feucht und ich lege das Buch wirklich ungern zur Seite. Mit einem Wort: Ich habe mich ein bisschen verliebt, in Sally und in Mary, in Josh und in Großmutter, in Constance und in Drew – und ganz besonders in die Schreibe und die Geschichten von Deeanne Gist.