Ich, der Wächter -Charles MacLean

  • Klappentext
    "Es gab keinerlei Vorwarnung. Keine erkennbare Folge von Ereignissen, die zu dem Vorfall geführt hätte. Kein auslösender Faktor, kein Präzedenzfall. Es war ein isoliertes Phänomen - unbegreiflich, es hatte mit nichts sonste etwas zu tun". Für Martin Gregory wird die Wirklichkeit zum Alpdruck. Erfolgreich in Beruf, glücklich verheiratet, kommt er eines Tages zur gewohnten Zeit nach Hause und begeht eine Greueltat, so schauderhaft, das dem Leser der Atem stockt.




    Über den Autor
    Der schottische Autor und Journalist Charles Maclean wurde 1946 geboren und lebt mit seiner Familie in Schottland und Kroatien. Nach Jahrzehnten in der britischen Umweltbewegung – Maclean war Mitbegründer des Magazins »The Ecologist« – arbeitet er heute gelegentlich noch als Reisejournalist, betreibt eine Farm bei Argyll und brennt den berühmten MacPhunn Single-Malt-Whisky. Charles Maclean ist Autor mehrerer Thriller und Sachbücher.




    Eigene Meinung
    Wenn vergriffene Bücher hochgelobt werden, juckts mir immer in den Fingern. Die muss ich dann haben. So war es auch hier.
    Die Geschichte wird in weiten Teilen von dem Ich-Erzähler Martin geschildert. Martin hat mit seiner jungen Frau Anna ein Haus ausserhalb New Yorks. Dort leben sie mit 2 Hunden ein sorgloses Leben. Eines Tages, es ist Annas Geburtstag, die Geschichte beginnt an dem Tag, fährt Martin mit Päckcken bepackt nach Hause zu ihr und will ihr eigentlich nur einen schönen Tag bescheren. Aber irgendwas läuft bei ihm schief und er begeht am nächsten Morgen eine grässliche Tat.


    Im Laufe der Geschichte werden wir Zeuge, wie Martins Geisteszustand nach und nach verfällt. Er begibt sich in Behandlung und wird bei den Sitzungen auch hypnotisiert. Dort gibt er Vor-Lebenserfahrungen von sich. Wir als Leser erfahren von 2-3 Leben, die er vor seinem Eigenen gelebt hat. Zwischendurch werden kurze Berichte des Arztes eingeschoben, der Martin betreut und hypnotisiert.


    Der Autor versucht uns als Leser zu verunsichern. Was ist wahr und was nimmt nur Martin in seinem Wahn war? Hat er eine Affäre mit der Helferin des Arztes oder geht seine Phantasie mit ihm durch? Gewiss ist er nicht der Wächter, für den er sich hält. Denn eins seiner Leben ist gewiss eine Phantasiestory. Für mich war eigentlich immer klar, das Martin krank ist und Wahnvorstellungen hat. Einiges mag zwar an andere Leben gemahnen, aber insgesamt hat mich die Geschichte weder in meiner Sicht auf die Dinge noch sonstwie geängstigt oder beeindruckt. Martin war für mich einfach ein schwer kranker Mann, der eine Gefahr für andere war und in Behandlung gehörte. Seine Erzählung und Wahrnehmung, sein geistiger Verfall, sind gut und anschaulich beschrieben. Seine Berichte aus der Hypnose fand ich nur mässig interessant.


    Als Fazit würde ich sagen, das das Buch nicht wirklich neu aufgelegt werden muss. Zu überholt ist das ein oder andere, vor allem bei Martins Behandlung. Hoffe ich zumindest :wow

  • Danke für die interessante Rezension Darcy!
    es klingt fast so danach, als ob Rowohlt einen guten Grund gehabt hat, den Titel nicht ins nächste Programm zu übernehmen... :lache



    versuchungsfreie Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Ich kann mich dem Halb-Verriss nicht ganz anschliessen. Hab das Buch vor ungefähr 15 Jahren gelesen und fand die Geschichte sehr originell. Natürlich ist Martin krank, aber seine Wahnvorstellungen aus der Innen-Perspektive zu erleben, die zunehmende Paranoia und Entrückung aus der Realität aus seiner Sicht als perfides, übernatürliches Komplott wahrzunehmen, das ist schon richtig gut umgesetzt. Es gibt eine ähnliche Geschichte von Stephen King (Das heimliche Fenster, der heimliche Garten), die aber später entstand und deutlich anders auf den Punkt kommt.
    Diese Rückführungstherapie wird heute sicher nur noch selten angewendet, dadurch wird das Buch aber nicht weniger interessant.


    Dass jemand mit der Geschichte garnichts anfangen kann, tja, das kommt sicher vor ...

    Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen, und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?
    Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)

  • aadam : ich hab nicht gesagt, das ich so gar nichts anfangen konnte mit der Geschichte. Aber für mich war halt immer klar, das Martin krank war. Ich hab seine Gedanken nie für real gehalten. Das war für mich eindeutig. Umgesetzt, da im Grunde konsequent aus seiner Sicht geschildert und sich steigernd und ineinandergreifend, ist es schon gut. Ich würde aber auch sagen, das ich vor 15 Jahren das Buch anders aufgenommen hätte. So ein Leseeindruck ist doch etwas sehr persönliches und abhängig von Lese- und Lebenserfahrung. Ich finde es nicht verstörend oder beängstigend. Der Typ war für mich einfach krank und gefährlich und seine Umwelt hat das nicht so ernst genommen. Ich hab aber den subjektiven Eindruck, das der Autor eine gewisse Unsicherheit beim Leser erzeugen wollte, was real ist und was nicht. Und das ist bei mir nicht aufgetreten.
    Das schlimmste ist eigentlich Martins Tat zu beginn. Das ist wirklich fies. Danach konnte ich ihn aber nicht mehr als geistig zurechnungsfähig einschätzen und fand seinen Wahn nur bedingt spannend.

  • Danke für die Rezi, Darcy. Mit dem Buch hatte ich schon etwas geliebäugelt, und ich lasse es wohl lieber. Es klingt nicht wirklich nach einem Buch für mich. :gruebel