'Der Turm' - Seiten 281 - 370

Die tiefgreifenden System-Arbeiten sind soweit abgeschlossen. Weitere Arbeiten können - wie bisher - am laufenden System erfolgen und werden bis auf weiteres zu keinen Einschränkungen im Forenbetrieb führen.
  • Richard hat im Keller einen Hobbyraum - dort kann er dem Schreinern nachgehen.
    Das unterscheidet ihn von Meno:
    Meno liebt die Poesie und Richard kommt auf diesem Gebiet wohl nicht so ganz mit.
    Richard bezieht seine tiefste Befriedigung durch die Werkbank und die handwerkliche Arbeit.
    Bei seinem Vater war es das Innenleben einer mechanischen Uhr (schon wieder: Uhr)


    ab S. 284:
    Ernsthafte Probleme werden auf Spaziergängen besprochen - da kann niemand lauschen.
    Anne ist misstrauisch geworden: hat Richard eine andere Frau?
    Weitere Themen sind:
    Ausreiseantrag und die Konsequenzen, auch für die Söhne
    der alte Vorfall,der zu Richards Studienzeit in Leipzig passiert ist
    Bespitzelung und die Einstellung Richards dazu



    S. 309 Tagebucheintrag von Meno:
    Die afrikanische Wüstenheuschrecke hat eine ostdeutsche Verwandte, die Bücherheuschrecke ( Locusta bibliophila)...


    ein köstlicher Abschnitt!


    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Das Autorengespräch im Restaurant "Jägerschänke" ist interessant.(ab S.315)


    Eschschloraque - was für ein merkwürdiger Name.
    Lt. Wikipedia ist Eschschloraque eine Mischung aus Peter Hacksund Stephan Hermlin
    Sein Auftritt in dem Restaurant wird sehr genau beschrieben. (S.313-315)
    Eschschloraque dient wohl als Mittler zwischen Literatur und Politik.(Auf S. 212 ist er Meno als 1. Zensor begegnet)


    26. Kapitel: Wolken im April ( S. 322 -)


    Christian unterhält sich mit seinen Mitschülern Falk, Jens, Verena und Siegbert über die Nationale Volksarmee und die 3 Jahre, die sie als Männer ableisten müssen, um beruflich weiterzukommen.
    Falk will sich nicht verpflichten.


    Die Gespräche mit Fahner finden im April 83 statt:
    Falk, der als Erster befragt wurde, kommt blasser raus wie vorher. Keiner spricht mit ihm - Christian und Jens merken, dass da was nicht stimmt.
    Christians Gespräch bekommt man dann voll mit.
    Mit voller Überzeugung erklärt Christian seine Bereitschaft zum 3-jährigen Dienst.
    aber ist es wirklich seine Überzeugung, die er da von sich gibt?
    Er hat zwei Erfahrungen gemacht:
    - dass er vor Fahner "gekrochen" ist, dass er sich verleugnet hat
    - Christian hat kein Mitleid empfunden, verachtet Falk sogar.(Christian weiß nicht, ob Falk zu seiner Überzeugung gestanden hat)


    Auf S. 332 erfährt man, dass Christian und Robert die sach-und fachgerechte Lüge beigebracht bekommen haben.
    Eigentlich ein Widerspruch:
    sie werden zur Aufrichtigkeit erzogen und gleichzeitig sollen sie lügen, wenn es nützlich und angebracht ist.

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Das Lied von den Moorsoldaten kenne ich sogar.

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
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  • Jetzt bin ich gerade beim 28. Kapitel: Schwarzgelb (S. 342)


    Wegen "schwarzgelb" habe ich gegoogelt und folgenden link gefunden:


    http://www.mdr.de/mdr-figaro/l…-hintergrund-2373754.html


    Mit den kursiv geschriebenen Textstellen (Meno schreibt sie) habe ich am meisten "Probleme" - die lese auch zweimal.
    Dort wird irgendwie der Bewusstseinsstrom angesprochen.
    Was denkt ihr?


    :wave

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  • Hm, ich denke, Bewustseinsstrom trifft es nicht so ganz. Das ist bei Tagebucheinträgen auch eher unwahrscheinlich. Denn Meno beschreibt ja die meisten Ereignisse in der Rückschau und beim Bewusstseinsstrom geht es gerade darum, dass Flüchtige, dass sich dem Bewustsein sofort wieder entziehende einzufangen. Aber Meno hat so etwas Assoziatives in seinem Stil, das hat auf jeden fall Parallelen zum Bewusstseinstrom. Ich würde sagen, hier soll auf jeden Fall ein ambitionierter Schreiber gezeigt werden. Habe mich auch gefragt, ob seine Verfremdungen damit zu tun haben, dass seine Einträge möglicherweise auch von der Stasi gelesen werden.
    Gelegentlich hatte ich auch das Gefühl, dass das leicht parodistisch ist und Tellkamp Meno ein bißchen auf die Schippe nimmt.

  • So ganz sicher war ich mir mit dem Bewusstseinsstrom auch nicht.
    Danke, Clio, für die Antwort. :-)
    Deine Vermutungen lasse ich mir mal durch den Kopf gehen...(Stasi/ leichte Parodie) :gruebel

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  • Bei der Lesung die ich besucht habe, hat eine Frau angemerkt, dass sie mit den kursiven Passagen die meisten Probleme gehabt hätte und irgendwann dann anfing diese Abschnitte zu überspringen. Das fand Tellkamp sehr schade, da diese Abschnitte für ihn eine besondere Funktion besitzen - wobei ich mich nicht mehr ganz erinnere, wie er das erklärt hat. Auf jeden Fall hat er darauf hingewiesen, dass diese kursiven Passagen in der Foprtsetzung eine wichtige Rolle spielen werden, da man dort erfahren würde, warum diese Passagen geschrieben wurden.


    Ich beginne heute Abend mit diesem Abschitt und freue mich schon auf das weiter lesen :-)

  • Ich zitiere jetzt mal, weil ich die Stelle als bezeichnend empfinde und ich denke, sie umschreibt das schon öfters erwähnte Zitat:"die süße Krankheit Gestern"


    "Die Beschwörungen beginnen, die Dresdner Sehnsucht nach Utopie, einer Märchenstadt. Die Stadt der Nischen, der Goethe-Zitate, der Hausmusik blickt trauernd nach gestern: die leidige, ausgehöhlte Realität wird mit Träumen ergänzt: Schatten-Dresden, Schein hinter dem Sein, fließt durch dessen Poren, erzeugt Hoffmannsche Zwitter." (Zitat S.368)


    Tellkamp erwähnt hier (mal wieder) einige Dichter, Musiker und auch Maler:
    Goethe, Hauptmann, Wagner, Benn und Dix. Mit Hoffmann ist sicher E.T.A.Hoffmann gemeint.


    Dresden als "Elbflorenz, so italienisch weich, eine lächelnde Stadt"(S.369)
    wichtig da auch die Frage:
    " Und die soziale Lage? Wie lebte man damals wirklich? Eine schöne Fassade für viel Elend? Gab es nicht 100 000 Arbeitslose 1933?"(S. 369)


    Die Türmer träumen wohl von einer "fugendichten "Welt" - abgekapselt von den anderen.

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  • Ich habe heute morgen die ersten Kapitel dieses Abschnitts gelesen. Sehr interessant fand ich die Beschreibung von Richards Hobbyraum und seinen eigenen Eindruck, dass er Meno geistig häufig nicht gewachsen ist. Auch das Spaziergangsgespräch zwischen ihm und Anne war sehr intensiv - auch wenn Anne nicht genaueres weiß, scheint sie doch zu ahnen, dass Richard eine Affaire hat.


    Während des Nachtdienst spricht Richard dann zum ersten Mal mit einem Kollegen über seine "Fluchtpläne". Diese Passagen finde ich besonders interessant geschildert, vor allem das Gefühl von Richard, dass er wirklich niemandem trauen kann, wird sehr eindrucksvoll geschildert.

  • Zitat

    Original von Conor
    Auf S. 332 erfährt man, dass Christian und Robert die sach-und fachgerechte Lüge beigebracht bekommen haben.
    Eigentlich ein Widerspruch:
    sie werden zur Aufrichtigkeit erzogen und gleichzeitig sollen sie lügen, wenn es nützlich und angebracht ist.


    Diese Passage hat mich sehr berührt: Richard engagiert einen professionellen Lügner (Orré) um seinen Kindern - vor allem Christian - das Lügen beizubringen. Schrecklich, dass so etwas scheinbar notwendig war damals.

  • Das finde ich auch -auch wenn sie sich damit selbst schützen.


    Ob Tellkamp mit Judith Schevola eine bestimmte Autorin gemeint hat?


    Gut hat mir die Passage gefallen, wo Christian mit den anderen in der Rock-Bar waren und es ihm nicht gefallen hat.
    Er geht dann ja vorzeitig und Verena spricht mit ihm - man erfährt mal eine andere Seite - dass er wohl arrogant sei und es wohl nicht ertragen könne, dass er kritisiert wird.(S. 415)

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Zitat

    Original von Conor
    Ob Tellkamp mit Judith Schevola eine bestimmte Autorin gemeint hat?


    Das habe ich mich auch schon gefragt. Am Wochenende habe ich in einigen Foren gelesen und gegooglet und habe ein paar Vermutungen gelesen: Christa Wolf, Brigitte Reimann, Angela Krauß ...
    Es scheint aber wohl keine eindeutige Antwort zu geben, Judith Schevola ist vielleicht doch eher eine Mischfigur.

  • :yikesdas war doppelt - aber hier hängt das Internet wohl :fetch

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    Virginia Woolf

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  • Nun habe ich diesen Abschnitt auch beendet und ich war vor allem von den letzten Kapiteln (Menos Einträge) sehr begeistert.


    Auch die Aussage Gerhart Hauptmanns "Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens." hat mich im Zusammenhang mit den Beschreibungen des "alten" Dresdens sehr bewegt.


    Ich freue mich darauf, weiter zu lesen :-)

  • Der Satz ist mir auch aufgefallen, buzzaldrin :-)


    :wave

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  • Wiederaufnahme der Leserunde ab 3. Januar 2013


    Ein seltsames Buch. Ich schwanke beim Lesen immer wieder zwischen Angetan-sein und "Ich lege es jetzt weg!".


    Auch wenn in der LR von 2009 einige so angetan waren von Mennos Tagebucheinträgen: Ich kann mit ihnen nicht viel anfangen!
    Der Satz "Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens." ist mir auch aufgefallen, und Gerhard Hauptmann hatte da wohl auch Recht. Nicht nur damals im Krieg, als Dresden bombardiert wurde, sondern auch in Zeiten der DDR, wo mit wundervoller Altbausubstanz so sträflich bzw. gar nicht umgegangen wurden, und wäre die DDR nicht untergegangen, so hätten wir Dresden und vielen anderen Städten mit historischer Bausubstanz beim Sterben zusehen können, wenn wir auf den Dächern der Neubauten von den Stadträndern in die Altstädte geblickt hätten.
    Ich könnte das Buch gerade in die Ecke werfen. :-(


    Von den Romanfiguren füllt sich gerade Christian für mich am meisten mit Leben.
    Ein Bisschen gewundert hat mich, dass er nicht schon vor seinem Übergang auf die EOS eine Verpflichtungserklärung zu erweitertem Wehrdienst unterschreiben musste, aber wahrscheinlich waren seine Zensuren in der 10. Klasse sehr gut, so dass er auch so weiter zur Schule durfte.
    Weiter vorn wurde sich gewundert, dass die Jungs nach ihren Verpflichtungsgespräch mit Fahner nicht miteinander und darüber geredet haben. Mich wundert das nicht wirklich. Darüber sprach man nicht unbedingt.


    Dass Richard gerade mit dem Freund über seine Fluchtgedanken, denn Pläne würde ich es nicht nennen, spricht, den er als Student denunziert hat, hat mich aber dann doch sehr gewundert. Ich vermute, er bereitet sein Geständnis vor ihm vor. Vielleicht aber auch nicht.


    Menno ist, trotz seiner weltumspannenden, sich selbst befreienden Tagebuch-Gedanken, eher jemand, der einknicken wird. Es wird ein Manuskript kommen, vielleicht das von Judith Schevola, dass er zensieren muss oder so, wie es geschrieben ist, ablehnen, und er wird innerlich daran zerbrechen an der Schuld, dass er sich selbst und die Kunst verleugnet. Wir werden sehen.

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    ... Auf jeden Fall hat er darauf hingewiesen, dass diese kursiven Passagen in der Foprtsetzung eine wichtige Rolle spielen werden, da man dort erfahren würde, warum diese Passagen geschrieben wurden.


    Zu Fortsetzung habe ich einen aktuellen Artikel in der FAZ gelesen. Da ich mich mit den kursiven Kapitel aber auch schwertue, ist mein Wunsch zum Lesen der Fortsetzung nicht allzu groß. Aber ich hab ja noch ein paar Seiten und den Film vor mir, dass ich vielleicht nochmal umdenke.


    http://www.faz.net/aktuell/feu…r-turm-fort-12008234.html

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    ... auch wenn Anne nicht genaueres weiß, scheint sie doch zu ahnen, dass Richard eine Affaire hat.


    Glaub ich nicht. Ist dies nicht eher die erste reflexartige Reaktion bei Geheimnissen zwischen Ehepartnern?


    Zitat

    Original von buzzaldrin


    Diese Passage hat mich sehr berührt: Richard engagiert einen professionellen Lügner (Orré) um seinen Kindern - vor allem Christian - das Lügen beizubringen. Schrecklich, dass so etwas scheinbar notwendig war damals.


    Das fand ich auch spannend. Aber Orré ist nicht gleich ein professioneller Lügner, sondern eigentlich nur ein Schauspieler. ;-)