'Der Turm' - Seiten 281 - 370

  • Zitat

    Original von Clare
    Ein seltsames Buch. Ich schwanke beim Lesen immer wieder zwischen Angetan-sein und "Ich lege es jetzt weg!".


    Nee, weglegen werde ich das Buch nicht. Aber ich stöhne oft, wenn ich sehe, wie lang sich das ein oder andere Kapitel noch hinzieht. Und dann kommen immer wieder Kapitel wie der nächtliche Spaziergang von Richard und Anne, die mich sehr interessieren. Mit den Kapiteln um Meno hab ich generell am meisten Probleme. Die sind mir zu verklausuliert.


    Zitat

    Original von Clare
    Nicht nur damals im Krieg, als Dresden bombardiert wurde, sondern auch in Zeiten der DDR, wo mit wundervoller Altbausubstanz so sträflich bzw. gar nicht umgegangen wurden, und wäre die DDR nicht untergegangen, so hätten wir Dresden und vielen anderen Städten mit historischer Bausubstanz beim Sterben zusehen können, wenn wir auf den Dächern der Neubauten von den Stadträndern in die Altstädte geblickt hätten.


    Ich kenne zur DDR-Zeit noch Ostberlin. In Leipzig und Dresden war ich erstmals 1995 und 1998 zog ich für 4 Jahre nach Erfurt und kenne daher Erfurt recht gut. Die mittlerweile wieder sehr schöne Altstadt von Erfurt sollte vor der Wende komplett abgerissen werden, da die Bausubstanz der Häuser wirklich erschreckend war und damit der Stadtring geschlossen werden konnte. Zum Glück kam es nicht dazu.


    Zitat

    Original von Clare
    Dass Richard gerade mit dem Freund über seine Fluchtgedanken, denn Pläne würde ich es nicht nennen, spricht, den er als Student denunziert hat, hat mich aber dann doch sehr gewundert. Ich vermute, er bereitet sein Geständnis vor ihm vor. Vielleicht aber auch nicht.


    Weder Plan, noch Gedanke, sondern einfach nur Zweifel und Verzweifelung. Der würde niemals flüchten, benötigt aber Hilfe, um mit den Realitäten und dem Druck klarzukommen. In dem Zusammenhang fand ich das Verhalten von Niklas interessant. Sinngemäß (ich finde die Seite nicht mehr): Er weiß, dass die Gegenwart nur eine von vielen Möglichkeiten der Wahrnehmung ist.


    In welcher Form hatte Richard Weniger denunziert? Ich weiß zwar noch, dass er es tat, aber nicht mehr, um was es ging.


    Zitat

    Original von Clare
    Menno ist, trotz seiner weltumspannenden, sich selbst befreienden Tagebuch-Gedanken, eher jemand, der einknicken wird. Es wird ein Manuskript kommen, vielleicht das von Judith Schevola, dass er zensieren muss oder so, wie es geschrieben ist, ablehnen, und er wird innerlich daran zerbrechen an der Schuld, dass er sich selbst und die Kunst verleugnet. Wir werden sehen.


    Interessanter Gedanke, mit dem Du Recht haben könntest.

  • Zitat

    Original von xexos
    ...
    In welcher Form hatte Richard Weniger denunziert? Ich weiß zwar noch, dass er es tat, aber nicht mehr, um was es ging.
    ...


    Ich habe gerade noch mal nachgeblättert, und es wird nicht konkret gesagt, was Richard genau über Weniger ausgeplaudert hat. Es wird davon geredet, dass er viel mitgeteilt hat und dass er damals wollte, dass man Weniger exmatrikuliert.

  • Zitat

    Original von xexos


    Nee, weglegen werde ich das Buch nicht.


    Mich hat es richtig gepackt, es wird für mich ein absolutes Highlight-Buch.


    Zitat

    Aber ich stöhne oft, wenn ich sehe, wie lang sich das ein oder andere Kapitel noch hinzieht.


    :knuddel1


    Zitat

    Mit den Kapiteln um Meno hab ich generell am meisten Probleme. Die sind mir zu verklausuliert.


    Und mir sind das die liebsten. :-]

  • Zitat

    Original von xexos


    Zu Fortsetzung habe ich einen aktuellen Artikel in der FAZ gelesen. Da ich mich mit den kursiven Kapitel aber auch schwertue, ist mein Wunsch zum Lesen der Fortsetzung nicht allzu groß. Aber ich hab ja noch ein paar Seiten und den Film vor mir, dass ich vielleicht nochmal umdenke.


    http://www.faz.net/aktuell/feu…r-turm-fort-12008234.html


    Danke für den Artikel!
    Die Fortschreibung werde ich mir sofort holen, wenn das Buch erscheint, das muss einfach sein.
    Was kann der Mann schreiben! :anbet




    Zu diesem Abschnitt:
    Das Gespräch zwischen Anne und Richard ist mir ziemlich nahe gegangen, im Grunde für mich die bisher emotionalste Szene. Anne ist eine sehr starke Frau, scheint mir, aber wie weit wird ihr Verständnis gehen, wie weit ihre Bereitschaft, auch in ihrer Ehe Kompromisse schließen zu müssen, die gegen ihre Prinzipien sind? Wie lange trägt Liebe so etwas?
    Aber das die Paare spazieren gehen müssen, um sich in Ruhe (und ohne Zuhörer) auszusprechen, ist ja einerseits ganz witzig, andererseits finde ich es tieftraurig.


    Seite 298: Die alten Herrschaften, die aus den Pflegeheimen mit Oberschenkel- oder Oberschenkelhalsbrüchen oder sonstigen Brüchen kommen, gepäppelt werden, dann zurück müssen ins Pflegeheim, die „nur“ verwirrt sind, weil sie zu wenig trinken und als dement gelten, die an Lungenentzündungen sterben – das kommt mir leider viel zu bekannt vor. Die beiden Gespräche der Ärzte in Kapitel 24 sind heftig; ich habe mich gefragt, ob Weniger am Schluss dieses Kapitels etwas ahnt. Und zum ersten Mal ist mir der Name von Richards Freund so richtig bewusst geworden. Er gibt mir zu denken, wie das bei Swetlana auch der Fall war. Aber vielleicht bedeutet es ja auch alles nichts.


    Das Kapitel 25 ist eines der Highlights bisher, ich nehme an, das wird sich am Ende auch nicht entscheidend ändern. Aber auch hier: Man freut sich, man schmunzelt („Bücherheuschrecke“!), man lächelt still vor sich hin und gleichzeitig macht sich in mir Traurigkeit breit. Dichter Eschschloraque wird mir immer unsympathischer, vielleicht sollte man ihm den … ähem … angeeigneten Band von Solschenizyn in die Hand drücken und ihn zum Lesen verpflichten – aber: würde er es glauben? Wohl erst, wenn er selbst in einem der Lager gewesen wäre … und nicht als Besucher. Andererseits: Er scheint aber doch eine Ahnung (oder mehr) davon zu haben, was mit unliebsamen Zeitgenossen unter Stalin geschah, zumindest weiß er, dass sie verschwanden.


    Die Szene Christian vor Fahner ab Seite 328: Mir erscheint das so schrecklich, wie er sich produziert, wie er „ehrlich lügt“. Dass es gar dafür Lehrer gibt …


    Zu den Highlights des Buches gehören für mich definitiv auch Kapitel 28 (nie hätte ich vermutet, dass man in der DDR auch Däniken kennt; aber warum auch nicht) und 29. Interessant, dass sich Meno in gewisser Weise von den Türmern distanziert, für mich gehört er doch dazu. Ist fast Synonym für einen Türmer. Und doch spricht er von „sie“ und „ihnen“ etc.

  • Mit den Meno-kapiteln habe ich auch große Schwierigkeiten und durch seine Tagebucheinträge muss ich mich regelrecht durchquälen.


    Das Gespräch zwischen Anne und Richard war für mich auch eine der emotionalsten Szenen bisher.


    Mich würde interessiern wie es Falk bei Fahner ergangen ist, hat er wirklich nicht unterschrieben?

  • Ich habe dieses Buch heute mal wieder in die Hand genommen und diesen Abschnitt beendet, gerade durch Menos Tagebucheinträüge quäle ich mich geradezu hindurch.


    Wenn das Buch nicht seine Momente hätte, würde ich es in die Ecke legen, aber so bleibt noch die Hoffnung, dass der Sinn dieser Darstellungen sich mir irgendwann erschließt, auch wenn ich das Gefühl habe, dass von diesen kursiven Abschnitten bei mir nicht wirklich viel hängen bleibt.


    Schade finde ich, dass man den Figuren nicht näher kommt, es bleibt eine Distanz, die es für mich nicht zulässt, mich den Figuren auf emotionaler Ebene zu nähern.

  • Durch diesen Abschnitt habe ich mich ein wenig durchgekämpft, aber ich versuche durchzuhalten Scheinbar möchte der Autor sich und der Leserschaft etwas beweisen, dass er der große Bildungsbürger ist und wir nur die kleinen Leser Wer weiß, ein bisschen weniger ausufernde Beschreibungen wären nicht schlecht gewesen. Und Menos Tagebucheinträge haben mir schon einiges abverlangt, also das Buch ist eine gute Konzentrationsübung.


    Die Szenen auf der Buchmesse fand ich sehr interessant, auf der man in den Mänteln mit den tiefen Taschen angereist ist, nur um an die begehrte
    Westliteratur zu kommen.


    Über das kleine Abenteuer von der Schevola und Meno musste ich auch schmunzeln, Meno scheute sich ja anfangs etwas, hoffentlich wurde ihr kleiner
    Ausflug nicht bemerkt.


    Zitat

    Original von Lipperin


    Das Gespräch zwischen Anne und Richard ist mir ziemlich nahe gegangen, im Grunde für mich die bisher emotionalste Szene. Anne ist eine sehr starke Frau, scheint mir, aber wie weit wird ihr Verständnis gehen, wie weit ihre Bereitschaft, auch in ihrer Ehe Kompromisse schließen zu müssen, die gegen ihre Prinzipien sind? Wie lange trägt Liebe so etwas?


    Ja, das ist schon hart, was die beiden da durchleben, am Ende geht das sicher nicht auf Dauer gut, das trägt man doch ständig mit sich herum.


    Zitat


    Die alten Herrschaften, die aus den Pflegeheimen mit Oberschenkel- oder Oberschenkelhalsbrüchen oder sonstigen Brüchen kommen, gepäppelt werden, dann zurück müssen ins Pflegeheim, die „nur“ verwirrt sind, weil sie zu wenig trinken und als dement gelten, die an Lungenentzündungen sterben – das kommt mir leider viel zu bekannt vor.


    Tja, heutzutage wird doch auch nur das nötigste getan.