Der Limes - Egon Schallmayer

  • 136 Seiten, 2 Landkarten, etliche Zeichnungen, kartoniert
    Verlag: Verlag C. H. Beck oHG, München 2006 (lieferbar ist die 2. durchgesehene Auflage 2007)
    Reihe "Wissen"
    ISBN-10: 3-406-48018-7
    ISBN-13: 978-3-406-48018-8




    Klappentext


    Der Limes, einst Grenze des Römischen Reiches, ist heute eines der weltweit größten Bodendenkmäler und wurde als solches in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.


    Der vorliegende Band informiert anschaulich und kompetent über die Entwicklung des Limes, seine Funktionen, Bauten und Anlagen, aber auch über das Leben der römischen Legionäre und Zivilisten am Rande des Imperium Romanum.


    < Hier > die Seite zum Buch auf der Website des C. H. Beck Verlags. Von dort aus sind das vollständige Inhaltsverzeichnis sowie eine Leseprobe zugänglich.




    Über den Autor


    Prof. Egon Schallmayer wurde 1951 in Rödermark geboren. Er absolvierte eine Lehre, bevor er Vor- und Frühgeschichte, mittelalterliche Geschichte und Germanistik studierte. Er ist Honorarprofessor an der Universität Köln, Landesarchäologe des Bundeslandes Hessen sowie (seit 1995) Direktor des Saalburgmuseums in Bad Homburg. Er gilt als einer der renommiertesten Kenner im Bereich der Limesforschung.


    - < Hier > der Wikipedia-Artikel über ihn
    - < Hier > die Seite der Universität Köln (mit Lebenslauf und Publikationen)




    Meine Meinung


    Wenn ich das Vorwort richtig verstanden habe, hat das Büchlein eine recht lange Entstehungszeit hinter sich, und zudem einige Seiten mehr als bei der Reihe „Wissen“ üblich (nämlich 132 Seiten Text im Vergleich zu sonst i. d. R. 120). Beides hat dem Werk mehr als gut getan. Es zählt zu den besten, die ich aus dieser Reihe gelesen habe. Und es zählt zu den wenigen Büchern mit absolut zutreffendem Klappentext.


    Was der Limes war, wissen wir doch. Vor allem, wenn man in der Nähe des ehemaligen Limes aufgewachsen ist und zur Schule ging. Ich dachte also, wenn ich schon Romane lese, die im Römischen Reich spielen, könnte es nicht schaden, ein paar Schulkenntnisse aufzufrischen. Von wegen! Zunächst einmal gibt der Autor eine Erklärung des Wortes und leitet davon verschiedene Funktionen (und die Beschaffenheit) des Limes ab. Sehr schnell mußte ich dabei erkennen, daß das Limesbild aus der Schule ein doch sehr veraltetes und überholtes ist. Auch wenn es uns seinerzeit als der Weisheit letzter Schluß dargestellt wurde.


    Eine erste Erkenntnis ist also, daß der Limes nicht unbedingt (zumindest nicht am Anfang) eine Art „Schutzwall“ war, sondern Grenzfunktionen erfüllte, wie sie uns aus der heutigen Zeit nur zu geläufig sind. Als da sind die Möglichkeit, Zollabgaben zu erheben, oder auch bevölkerungs- und wirtschaftspolitische Gründe (z. B. Zuzug von Menschen - oder Abhalten des Zuzugs, je nach Bedarf im Reich).


    Im weiteren gibt Schallmayer einen Gesamtüberblick über die Grenzen des Römischen Reiches, womit ein zweites schulbedingtes (und nie hinterfragtes :rolleyes) Vorurteil widerlegt wird: der Limes bestand nicht nur aus dem Obergermanisch-Rätischen, sondern lief um die gesamten Reichsgrenzen herum. Das ist so selbstverständlich, daß es - zumindest bei mir - der expliziten Erwähnung bedurfte, um mir dessen bewußt zu werden. Wenn dann von ähnlichen Anlagen in drei Kontinenten berichtet wird, wird deutlich, wie weltumspannend das Römische Reich war.


    Nach einer Darstellung der Geschichte des Limes und seiner (vermutlichen) Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte mit Schwerpunkt auf dem Obergermanisch-Rätischen Limes, beschreibt der Autor die Bauweise, wie sie sich aus archäologischen Grabungen erschließt. Zur besseren Veranschaulichung sind dem Buch einige Zeichnungen beigegeben, so daß man sich alles gut vorstellen kann.


    Wie im Klappentext erwähnt, gibt das Buch auch einen Überblick über das Leben der Soldaten, wie teilweise auch Zivilisten, im Limesgebiet. Dabei habe ich endlich die Bedeutung des pilum für die Schlacht verstanden. Eigentlich ganz logisch, wenn man es weiß. (Das pilum bleibt im Schild des Gegners stecken, wodurch der Schild weitgehend unbenutzbar wird; genauere Beschreibung im Buch.)


    Interessant auch die Angaben beispielsweise über die Besoldung von „denen da oben“ bis zum einfachen Legionär. Gehaltunterschiede, wie wir sie heute finden (man denke an das Gehalt des Vorstandes einer deutschen Bank im Verhältnis zum einfachen Schalterangestellten), gab es damals schon. Also keine Erfindung der Neuzeit.


    Das Buch bietet sicher nicht den Platz, alle angesprochenen Themen ausführlich darzustellen. Doch indem die wesentlichen Fragen skizziert werden, erhält man einen guten Überblick bzw. Einführung in die Thematik. Wenn dann noch von gefundenen „Notizzetteln“ (auf Holztäfelchen) erzählt wird, in denen sich die Frau des Lagerkommandanten mit einer Freundin zum gemeinsamen Plauderstündchen verabredet, hat Schallmayer etwas geschafft, was ich nur in wenigen Sachbüchern gefunden habe: aus der trockenen Materie sind mir plötzlich Menschen aus Fleisch und Blut, die vor langer Zeit gelebt und gelitten, sich gefreut und vielleicht auch gefürchtet haben, entgegengetreten. Es sind solche Stellen, die deutlich machen, daß wir es hier nicht mit toter Materie, sondern der Geschichte einstmals sehr lebendiger Menschen zu tun haben.


    So seltsam das für manchen klingen mag: aber dieses kleine Büchlein hat mir erstmals so richtig zu Bewußtsein gebracht, wie groß das Imperium Romanum war, wie sehr es ein Vielvölkerstaat war, der dennoch funktionierte, und wie viele Länder wir in eine erweiterte EU aufnehmen müßten, um dieses alte Reich wiedererstehen zu lassen. Oder ganz deutlich: wie viele heute so verschiedene Völker eine im Ursprung gemeinsame Geschichte, eine gemeinsame Vergangenheit haben.


    Beenden will ich meine Vorstellung mit den letzten Sätzen des Buches, die mehr aktuelle Bezüge enthalten, als es auf den ersten Blick vielleicht scheinen mag:


    Durch die Beschäftigung mit dem Limes können die nicht nur auf einen Kontinent zu beschränkende Geschichte und Kultur einer ganzen Menschheitsepoche im Sinne eines humanistischen Anspruchs veranschaulicht werden. Vielmehr wird die zivilisatorische Leistung einer antiken Gesellschaft deutlich, die während ihrer Existenzzeit Grundlagen geschaffen hat, auf denen Abendland und Morgenland, ja auf denen heute die gesamte Welt aufbaut.




    Kurzfassung:


    Eine gut lesbare Darstellung von Geschichte und Bauweise des Limes sowie der Menschen, die dort lebten. Auf den ersten Blick trockene Materie lebendig dargestellt. Von mir eine klare Empfehlung.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Hm, brauch ich noch ein Limes-Buch?


    Na, alleine schon um den Autor - Landesarchäologe von Hessen und Direktor des Römermuseums Saalburg - zu unterstützen. :grin


    Übrigens war ich in den Sommerferien mit meiner Tochter in der Saalburg.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")