Gesellschaftsspiele - Louise Jacobs

  • Fahrenheit, 2009, gebundene Ausgabe, 249 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Sie haben ihn gehypt. Sie haben ihm seine Liebe genommen. Leo Becker, mit Mitte dreißig kurz vor dem Höhepunkt seiner künstlerischen Karriere, muss sich entscheiden: zwischen seiner Ehefrau, die ihn betrügt, und einer alten Liebe, die er nicht vergessen kann. Und zwischen seiner Kunst und den Versuchungen einer Gesellschaft, die nicht davor zurückschreckt, ihn zum Spielball ihrer Obsessionen zu machen.Wen der Kunstbetrieb einmal in seinen Klauen hat, den lässt er so schnell nicht wieder los. Um sich voll und ganz auf seine Malerei konzentrieren zu können, zieht sich Leo Becker in sein Atelier im Ruppiner Land zurück. Allein mit sich und seiner Kunst, bereitet er sich auf die Chance seines Lebens vor eine Ausstellung im Metropolitan Museum von New York. Doch die Berliner Kunstszene und ihre Verlockungen lassen sich nicht auf Dauer fernhalten. Und auch in der Liebe findet Leo keinen Halt. Denn Rahel, seine Frau, hat nicht nur eine Affäre, sondern droht Leo endgültig an den Kunstmarkt zu verkaufen. Verzweifelt wendet sich Leo seiner ehemaligen Geliebten zu. Doch wie soll sich das einst so abrupt zerbrochene Verhältnis wieder herstellen lassen? Zerrissen zwischen den beiden Frauen, zwischen seiner Kunst und den Verheißungen des Ruhms wird Leo zum gehetzten Wild einer Gesellschaft, die keine Gnade kennt. Und die einen Menschen genauso schnell fallen lässt, wie sie ihn zu ihrem Gott erklärt hat.


    Über die Autorin:
    Louise Jacobs, geboren 1982, ist Enkeltochter von Walther Jacobs, der nach dem 2. Weltkrieg das Unternehmen Jacobs zum Synonym für Kaffeekultur in Deutschland machte. Sie lebt in der Schweiz und in Berlin.


    Meine Meinung:
    Erzählt werden die letzten Monate im Leben des Malers Leo Becker. In neun Monaten soll er zwölf Bilder für eine Ausstellung im Metropolitan Museum von New York anfertigen. Doch, obwohl er sich in ein Atelier im ländlichen Garz zurückgezogen hat, gerät er mehr und mehr unter Zeitdruck.


    So wie es Leo nicht gelingt, das Gesicht seiner Frau Rahel in einem Bild zu malen, so erscheint auch die Ehe der beiden: gesichtslos.
    Auf Leos Geburtstagsfeier in Berlin kommt es zu einem kleinen Eklat, da er eine allzu offensichtliche Affäre seiner Frau nicht mehr hinnehmen kann.
    Leo sucht wieder die Nähe zu Ebba, seiner Geliebten aus vergangener Musikerzeit.


    Louise Jacobs macht es mit ihrem Roman aus der Berliner Künstlerszene den Lesern nicht leicht.


    Leo Becker bleibt unsympathisch, egoistisch und unfähig zu menschlichen Bindungen. Er ist zerrissen zwischen seiner Kunst, Geld und Ruhm. Auch Rahel, seine Frau,beschränkt sich auf die Vermarktung ihres Mannes, kühl spielt sie ihre Rolle in der Maschinerie "Kunstszene".


    Die Figuren mögen flach, kalt und oberflächlich erscheinen, spiegeln damit aber nur das Geschäft um die Kunst wider. "Marken" sind gefragt, Inhalte sekundär. Alle Beteiligten, Künstler, Agenten, Galeristen, Sammler sind ständig auf der Suche, versuchen Einsamkeit und innere Leere durch "ihre Kunst" zu füllen.


    Einzig Ebba, die ehemalige Geliebte, die sich ganz aus der Szene zurückgezogen hat, macht einen nachdenklichen und reflektierten Eindruck. So wundert es auch nicht, dass erst beim Wiedersehen Leo Emotionen, Wut, Angst artikulieren kann. Er vergleicht sich mit einer Spinne, die selbst die Fäden zieht und zugleich in ihrem Netz gefangen ist.
    Aber manchmal reicht auch das nicht aus....


    Auch wenn Louise Jacobs die gängigen Klischees bemüht, Alkohol, Drogen, Sex, Krisen, empfand ich ihre Darstellung der Kunstszene nicht als überhöht.Die Autorin vermittelt ihre Intention klar und glaubhaft.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Danke Sigrid für die tolle Rezi.
    Wird gleich auf die WL gepackt :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • "Lichterloh" ist auch bei Fahrenheit erschienen :wow? Das möchte ich auch noch unbedingt lesen.


    Die Rezis, die ich bisher über "Gesellschaftsspiele" gelesen habe, waren allerdings eher negativ. Zu viel über die Kunstszene, zu kalt. Nun ja, ein Wohlfühl-Buch ist es sicher nicht.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Louise Jakobs Buch "Gesellschaftsspiele" ist ein Roman über die aktuelle Kunstszene.
    Leo Becker, 37 Jahre alt, ist der Protagonist. Nach zehn Jahren freiem künstlerischen Schaffens wird er entdeckt. Eine Ausstellung seiner Werke in einer Galerie bringt den Durchbruch und Erfolg. Leo erhält die einmalige, sensationelle Chance, einige seiner Bilder in New York in der MET auszustellen. Vier Bilder müssen noch fetiggestellt werden, aber Leo ist wie gelähmt; er hält den Druck nicht aus und kann seine Arbeit nicht vollenden..
    Das Gesellschaftsspiel hat längst begonnen, und alles ist auf Leo fokussiert. Er hat sich korrumpieren lassen; nur das Geld zählt. Er wird am Marktwert seiner Bilder gemessen. Alle Strategien sind darauf ausgerichtet, den Preis nach oben zu treiben..
    Umgeben ist er von vielen Menschen - falschen Freunden -, die wie Statisten zu diesem Spiel gehören. Man trifft sie überall, sie wollen dabeisein, sehen und gesehen werden und nichts verpassen. Man begegnet ihnen in Bars, auf Partys und in anderen Ausstellungen. Wenn man ihnen die Maske vom Gesicht zöge, so bliebe nur Oberflächlichkeit und Belanglosigkeit..
    Louise Jakobs zeigt in einem - im gesamten Romantext verteilten - Psychogramm, wie sehr Leo in diesem Spiel leidet: Er ist erfüllt von Selbsthass, Leere, Selbstzweifeln, Schuldgefühlen und vor allem Einsamkeit.
    Es gibt nur drei Menschen, die ihm zeitweise etwas bedeuten:
    Da ist sein Freund Tobias, der ihm ehrlich seine Meinung sagt ( "Du willst ein Held sein und spuckst denen, die dich feiern, ins Gesicht.").
    Glückliche Jahre hat Leo mit seiner Frau Rachel verbracht. Sie ist eine Frau mit Minderwertigkeitskomplexen, und erst mit dem Erfolg ihres Mannes wird sie zu seiner ehrgeizigen Managerin. Allerdings steht sie in seiner schlimmsten Lebensphase, als zehn Tage vor dem Beginn der Ausstellung in New York seine Bilder noch nicht fertig sind, nicht zu ihm. Deswegen hängt Leo völlig ab, und Alkohol und Drogen führen ihn auf direktem Weg ins Krankenhaus.
    Leos dritter und letzter Anlaufpunkt ist seine ehemalige Freundin Ebba. Während eines gemeinsamen Abends sprechen beide über Leos Arbeit. Er öffnet sich ihr und spricht über seine Ängste und Selbstzweifel. Er hofft diese Beziehung nach seiner Ausstellung in New York wieder aufnehmen zu können.
    Beide Frauen lieben ihn, aber Rachel weiß, dass Leo sich schon längst von ihr getrennt hat. Ebba hingegen hat für sich entschieden, dass sie ihr frühere Beziehung zu Leo nicht wieder aufnehmen will.
    Das Buch beginnt mit einem Prolog: Leos Beerdigung. Ich finde dieses Stilmittel sehr gut, weil man beim Lesen des Romans viel intensiver auf mögliche Anzeichen achtet, die auf den Tod hinweisen könnten.
    Das Cover gefällt mir teilweise: Zwei Diagonale schneiden etwas von der Schrift "Gesellschaftsspiele" weg. Ist dies ein Hinweis auf die Zerrissenheit desProtagonisten?
    Mein Fazit: Da das Thema Künstlerszene überhaupt keinen Reiz auf mich ausübt, fand ich das Buch langweilig.
    Interessiert habe ich mich allerdings sehr für die Psyche des Protagonisten. Er kann ohne das leicht verdiente Geld nicht leben und willigt kurz nach seiner Ausstellung in die Vorbereitung einer Retrospektive seiner Schaffenszeit ein ... Er ist die goldene Spinne in seinem eigenen Netz.

  • Hallo Cabriofahrerin,
    ich habe die Überschrift angepaßt. Mit dem Titel und Autor in der Überschrift kann man das Buch so in der Suche finden. Bitte immer daran denken, dass andere evtl. das Buch über die Suchoption nicht finden können, wenn der Titel nicht stimmt :wave

  • Gesellschaftsspiele - Louise Jacobs
    "Gesellschaftsspiele" ist ein Roman aus dem Kunstmilieu.


    Der Titel jedenfalls ist überaus passend gewählt, denn es geht grundsätzlich um die Auswirkungen der Gesellschaft auf den Menschen - im übertragenen Sinne kann man es als Frage betrachten: "Spielt die Gesellschaft mit uns?".
    Was richtet die Gesellschaft mit uns an, wenn wir unter einem enormen Druck stehen?
    Eben so geht es dem Protagonisten Leo Becker: Er steht unter dem Schaffensdruck als erfolgreicher Künstler - er soll Gemälde für eine Ausstellung im Metropolitan Museum N.Y. schaffen - und sieht sich mit zunehmendem Druck immer mehr gezwungen kreativ zu werden.
    Sein eigener Schaffensdrang, seine Kreativität nehmen immer mehr ab und er geht in Existenszweifeln und seiner immer größeren Einsamkeit nahezu unter.


    Dieser Zwiespalt zwischen Druck und eigenem Drank spiegelt sich auch in Leos verbleibenden Sozialkontakten wieder. Da ist Rahel, seine Ehefrau und Managerin, die aus gutem Hause stammt, aber nicht allzu selbstbewusst ist. Dagegen steht Leos Jugendfreundin Ebba, bei der er sich fallen lassen kann und die ihn als Mensch und nicht nur als Künstler wahrnimmt.


    Der Stil bleibt distanziert und leicht fremdelnd - eine wirkliche Nähe zwischen den Menschen ist kaum spürbar, sondern es zeigt sich eher eine Anonymität. Manches mag auch überspitzt gezeichnet worden sein, im großen und ganzen bildet das Buch aber ein meiner Meinung nach realistisches Bild der heutigen Gesellschaft.
    Das Buch zeigt deutlich, wie die Gesellschaft heute mit den Menschen umgeht.
    Alles muss schneller, besser werden und die geforderte Leistung kann oftmals nur noch unter großem Druck und unter enormer seelischer Belastung erfüllt werden.
    Gerade kreative und künstlerische, freidenkerische Menschen können, wie das Buch zeigt, an dieser Leistungsgesellschaft zugrunde gehen.


    Wirkte Leo auf mich in der Leseprobe noch irgendwie unsympatisch (zu frustriert, zu unreif, zu abhängig, zu negativ) scheint mir jetzt doch ein realistisches Bild gezeichnet zu werden.
    Seine Stimmung und sein beschriebenes Wesen werden durch den enormen Druck begründet.


    Das Buch rüttelt wach (wie eigentlich alle Fahrenheit-Bücher), da man nicht so werden will wie Leo. Man beginnt über die Gesellschaft nachzudenken, und das ist sicher auch im Sinne der Autorin.


    7, 5 von 10.

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

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  • Ich wollte nur bescheid sagen, dass die Autorin sich mit 'ou' schreibst.
    Hier im Forum steht nur 'Luise' - da kann es sein, dass die Rezi nicht gefunden wird. Muss ich das irgendwo melden, oder kann Wolke das so ändern?

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

  • Leo Becker ist ein angesehner und erfolgreicher Künstler. Er will anders sein, verachtet die Gesellschaft und die Normalität. Irgendwie scheint er sich für etwas besseres zu halten. Die Welt dreht sich nur um ihn. Jedenfalls verlangt er dies. Er wirkt sehr unsympathisch und das hält sich das ganze Buch über. Seiner Frau gegenüber tritt er sehr unnahbar, verschlossen und egoistisch auf. Er lässt sich allerdings auch zu sehr in das Klischee eines Künstlers drängen. Auf der einen Seite will er den Erfolg, auf der anderen Seite ist er nicht wirklich bereit dafür Kompromisse einzugehen und wenn, dann ist er mit diesen nicht glücklich.
    Leos Frau Rahel ist nicht weniger unsympathisch als Leo selbst. Sie wünscht sich mehr zu sein als sie ist. Sie will nicht nur die Frau des Künstlers sein, sondern eine eigenständige Persönlichkeit. Aber dafür hat sie einfach nicht das nötige Selbstbewusstsein. Auch Finn, ihre Affäre, ist keine wirklich sympathische Figur. Er handelt einfach so, wie es die Gesellschaft verlangt.
    Und dann ist da auch noch Ebba. Die ehemalige Freundin von Leo. Sie ist die einzige, die in diesem Buch zumindest ein wenig Sympathie mit sich bringt. Allerdings sind auch ihre wenigen beschriebenen Gefühle und Gedanken zu wirr.


    Insgesamt ist die Geschichte recht nichtssagend und undurchsichtig. Ja, die Gesellschaft spielt. Mit sich selbst. Und die Gesellschaft erwartet, sie manipuliert. Ob das gut oder schlecht ist, das liegt wohl immer im Auge des Betrachters.


    Jacobs Schreibstil hat mich an einigen Stellen ein wenig angeödet. Viele Wiederholungen und lange Ausführungen ermüden einen.
    Auch, dass das Ende bereits zu Beginn im Prolog mitgeteilt wird und dass darauf aber keine wirklich tolle Erkenntnis kommt, kein Aha-Effekt, nichts. Das hat mich ziemlich enttäuscht.
    Auf dem Cover steht die Frage "Wer hat Leo Becker getötet?". Tja. Meiner Ansicht nach bleibt diese Frage ungeklärt. Alles auf die Gesellschaft an sich zu schieben ist wohl ein wenig zu einfach und unreflektiert.


    Insgesamt hat mir das Buch nicht gefallen und ich hatte mehrmals mit dem Gedanken gespielt es abzubrechen. Da es aber eh nur so kurz war mit seinen knappen 250 Seiten und ich immer noch auf eine Erkenntnis gehofft hatte, habe ich mich doch durchgequält.

  • Leo Becker ist 37 Jahre alt und einer der angesehensten Maler Deutschlands. Sein aktueller Auftrag besteht darin, eine Serie von zwölf Bildern für das Met-Museum in New York anzufertigen. Je näher die Abgabefrist rückt, desto klarer wird sich Leo über die Veränderungen in seinem Leben. Die Leichtigkeit und das Erfolgsgefühl von früher sind längst einem großen Druck gewichen: Er malt nicht mehr, weil er Lust dazu hat, sondern weil es von ihm erwartet wird. Zudem geht seine Ehe mit Rahel langsam aber sicher in die Brüche und Ebba, die Frau seiner Vergangenheit, verdreht Leo zwar wieder den Kopf, scheint sich jedoch vor ihm zu verschließen. Im Strudel seiner Krise verliert Leo das Gleichgewicht und stellt sein Leben und die ihm zugeschriebene Rolle in der Gesellschaft in Frage…


    Louise Jacobs lässt in ihrem Roman drei Figuren zu Wort kommen:
    An erster Stelle steht Leo, scheinbar von sich überzeugt, kalt und den Menschen und Dingen um ihn herum gleichgültig gegenüber. Hinter der Fassade sieht es jedoch anders aus. Zweifel nagen an ihm und seiner Arbeit. Seine Liebe ist auf der Strecke geblieben und trotz seines Erfolgs sehnt er sich zurück in seine Kindheit, in der das Leben unverfälschter schien.
    Der Leser merkt recht schnell, dass Leo sich selbst verloren hat.
    An zweiter Stelle steht Rahel, Leos Frau, die sich danach sehnt von ihm geliebt zu werden. Zu glücklich waren die Tage ihres Kennenlernens! Wie kann das alles vorbei sein? Sie hadert mit sich selbst und ihren Wünschen, testet Affären und findet doch nie das, was sie eigentlich sucht: Leos Aufmerksamkeit und Zuneigung.
    Rahels stille Rivalin ist Ebba, Leos Jugendliebe und sein gedanklicher Ruhepol. Langsam gewinnt sie wieder einen Stellenwert in seinem Leben und sie wird zum einzigen Halt, den Leo in seiner Krise noch finden kann.


    Erstaunlich ist, dass bis auf Ebba alle Personen in dem Roman erstmal unsympathisch wirken. Leo scheint sehr egoistisch, Rahel provoziert ihn mit anderen Männern und die gesamte Kunstszene ist ein Gemisch aus Oberflächlichkeit und Schein.
    Erst in ruhigeren Momenten kann man als Leser in die Seelenleben der einzelnen Protagonisten eintauchen und sehen, dass es unter all dem Geld und Smalltalk ganz anders aussieht. Dieser Blick hinter die Fassade wertet den Roman zwar auf, konnte mich jedoch im Ganzen nicht tiefer berühren. Die Gedanken und Geschehnisse sind so sehr von Kälte und Nüchternheit gezeichnet, dass man die zerstörerische Kraft des Künstlerseins zwar vor Augen geführt bekommt, jedoch erfüllt sie einen selten mit Mitgefühl.
    Vielleicht hat Jacobs genau diese Regung hervorrufen wollen, da sie der von Leo, Rahel und Ebba wohl ähnelt: Innen drin ist etwas abgestorben und die Gefühle werden im Laufe der Zeit taub. Die Figuren stecken in ihren Rollen fest und können sich nicht mehr unbekümmert aus ihnen lösen, wodurch sie schließlich zum Scheitern verurteilt sind. Es wird ein Bild der Trostlosigkeit gezeichnet.
    Müsste ich dessen Farbgestaltung beschreiben, so wäre es wohl ein Gemisch aus Grau, erdigem Braun und kleinen pinken Spritzern, die fehlplaziert wirken.


    Der Schreibstil ist zwar der Nüchternheit des Inhalts angepasst, wirkt aber sehr flüssig und macht einem beim Lesen keine Mühe.
    Den Aufhänger „ Wer hat Leo Becker getötet?“ sollte man nicht wörtlich nehmen. Es geht um keinen Mord im eigentlichen Sinne, auch wenn in diesem Roman Menschen mitsamt ihren Gefühlen sterben. Zurück bleibt Leere – vielleicht auch beim Leser.

  • Wo blieb die Gesellschaft?


    In Ihrem Buch „Gesellschaftsspiele“ beschreibt Louise Jacobs ungefähr das letzte halbe Jahr im Leben des weltbekannten Malers Leo Becker. Als Prolog steht dabei die Beerdigung des knapp 40-Jährigen. Leo Becker hatte als einer der wenigen lebenden Künstler die Ehre einer Ausstellung von 12 seiner Bilder im Metropolitan Museum in New York. Der Druck dieser Auftragsarbeit und die nachfolgende Leere werden in 250 Seiten des Buches aus seiner Sicht, aus der seiner Ehefrau Rahel und der Sicht seiner Exfreundin Ebba geschildert.


    Laut Klappentext und Titel des Buches geht es in „Gesellschaftsspiele“ um das Leben eines Künstlers und darum, was die Gesellschaft aus ihm macht. Die Autorin hatte sich zur Recherche-Arbeit ein Jahr in die Kunstszene zurückgezogen. Diese gesammelten Hintergrundinformationen zeigen sich in detaillierten Beschreibungen der erwähnten Kunstwerke und Bilder und sind zwar angenehm, aber auch meiner Meinung nach bisweilen etwas zu dick aufgetragen. Inwiefern es auch in diesem Buch wirklich um die Spiele geht, die die Kunstszene mit ihren Künstlern treibt, das wurde mir bis zum Schluss leider nicht klar.


    Für mich bleibt das Buch ein einfacher Beziehungsroman mit drei Hauptpersonen, von denen mindestens zwei, nämlich Leo und Rahel, voller Selbstmitleid dahinleben, unfähig miteinander zu reden. Ebba scheint sich nach einigen Tiefs selbst gefunden zu haben und bleibt auf eigenen Füßen stehen. Sie bildet für mich das Highlight, da in ihren Szenen zumindest die Möglichkeit des selbstständigen Handelns gezeigt wird. Leo und Rahel langweilten mich beim Lesen, wie sie wahrscheinlich sich selbst auch langweilten. Dass Leo Maler ist, ist meiner Meinung nach dabei größtenteils unwichtig.


    Sämtliche andere Personen des Buches tauchen wie Dekoration im Hintergrund auf und gehen wieder. Die Beschreibungen der Charaktere bleiben dabei oberflächlich, wahrscheinlich waren sie eh nur Füllmaterial?


    Viel Mühe gab die Autorin sich bei detaillierten Darstellungen seltsam ekliger Träume und unter Drogen gemachter Einflüsse. Der Sinn dieser Details hat sich mir leider nicht erschlossen, und ich hoffe nur, dass die Autorin dafür nicht auch intensiv recherchiert hat.


    Insgesamt drängt sich mir leider das Gefühl auf, dass Louise Jacobs ein Buch mit einer schönen Fassade geschrieben hat, aber wenn man dahinter schaut, war vielleicht auch dieses Werk, ähnlich Leos Bild „Die Bar“, aus welchem Grund auch immer einfach noch nicht vollendet. Schade.


    3 von 10 Punkten