Paradiso - Thomas Klupp

  • Berlin Verlag, 2009, gebundene Ausgabe, 200 Seiten


    Kurzbeschreibung (lt. Amazon):
    Eigentlich wollte er auf kürzestem Wege von Potsdam nach München reisen. Aber nichts im Leben von Alex Böhm ist vorhersehbar. Er fährt los und wird in die Heimat verschlagen, wo sich bodenlose Abgründe auftun. Auch die gehören zu seinem Leben, und das ist kein Wunder bei einem, dessen Charakter geprägt ist von einem chronischen Mangel an Moral -Es ist heiß. Glühend heiß. In der flirrenden Tankstellenluft wartet Alex Böhm auf einen gelben Kombi, der gleich an den Zapfsäulen halten und ihn nach München bringen soll. Von dort wird er am nächsten Morgen mit seiner Freundin Johanna nach Portugal fliegen. Das ist der Plan. Aber dann taucht Konrad auf, der "Loserkonrad" aus Schulzeiten, und diese Begegnung katapultiert Böhm auf das Minenfeld seiner Vergangenheit. Während er in atemlosen Monologen einen Zünder nach dem anderen schärft, gerät er in die nördliche Oberpfalz, seine alte Heimat. Hier riecht es nach Zerstörung, und der Eindruck trügt nicht. Bei einem Fest am Paradiso, einer Kiesgrube tief im Wald, kommen all diejenigen zusammen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben, darunter der beste Freund und die Frau, die er liebt. Er hat sie verlassen, für eine andere, Schönere, aber in Böhm fängt es zu ticken an. Als er das Fest nach Sonnenaufgang verlässt, ist nichts mehr wie zuvor. Zurück bleiben verbrannte Erde, eine zerstörte Liebe und ein halbtoter Freund im Wald. Und natürlich er selbst. Alex Böhm findet sich am Morgen in einer oberbayerischen Dorfkirche wieder und fleht die Gläubigen mit Speed verschnupfter Nase an, ihn zum Münchner Flughafen zu fahren. Das Debüt von Thomas Klupp ist ein bitterböser Roman über einen Charakter ohne moralisches Innen, über einen Blender im Hier und Jetzt. Anarchisch und mit tiefschwarzem Humor erzählt, lässt er den Leser atemlos und mit weit aufgerissenen Augen zurück.



    Über den Autor (lt. Amazon):
    Thomas Klupp wurde 1977 in Erlangen geboren und lebt in Berlin. Er gab die Litera - tur zeitschrift BELLA triste heraus und arbeitet am Lite - raturinstitut der Universität Hildesheim. Er veröffentlichte Prosa in Zeitschriften und Anthologien, erhielt u. a. ein Werkstattstipendium der Jürgen Ponto-Stiftung und war Stipendiat beim 10. Klagen furter Literatur - kurs. Paradiso ist sein erster Roman.



    Meine Meinung:
    Alex Böhm, Filmhochschulstudent in Potsdam, steht an einer Autobahnraststätte und wartet auf seine Mitfahrgelegenheit. Er ist auf dem Weg nach München zu seiner neuen Freundin Johanna, um mit ihr nach Portugal zu fliegen.
    Als sich die Mitfahrgelegenheit verspätet, Alex dafür seinen ehemaligen Schulkameraden Konrad trifft, beginnt für Alex eine Tagesreise mit vielen skurrilen Umwegen und Begegnungen aus seiner Vergangenheit.
    "Loserkonrad" hat inzwischen viel Geld mit einer Computerfirma gemacht und hat eine gut aussehende Freundin. Nachdem Alex in dessen Auto gestiegen ist, hat man Mitleid, da er sich viel anhören muss.
    Aber so harmlos diese Reise auch beginnt, stellt sich bald heraus, dass Alex ein mächtiger Aufschneider ist. Mit den Leuten, die ihm auf seinem Weg im Auto mitnehmen, ist er nicht zimperlich. Die Studentin Patrizia, zum Beispiel, lässt er in einer Kneipe einfach sitzen.


    Alex verirrt sich zunehmend in seinem eigenen Lügengebäude. Er landet auf einem Grill- und "Drogen"fest seiner ehemaligen Schulfreunde in seiner Heimatstadt Weiden. Dort trifft er seine "Ex-Freundin" Leni, die gar nichts vom Ende der Beziehung weiß, und prügelt sich mit seinem einst besten Freund.
    Im Drogenrausch fährt er mit 200 "Sachen" Richtung München, landet in einer vollbesetzten Kapelle und findet auf fast schon wundersame Weise doch noch seinen Weg.


    Mit reichlich schwarzem Humor hat Thomas Klupp das Lebensgefühl von Alex eingefangen. Er beschreibt sehr lebensnah die Schwierigkeiten junger Erwachsener beruflichen Anforderungen, Familie, Freunden und einer Beziehung im 21. Jahrhundert gerecht zu werden.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Dankeschön für die Rezi, Sigrid :knuddel1. Den Weg zu mir hat es noch nicht gefunden, aber ich bin nach wie vor sehr angetan von allem, was ich über "Paradiso" lese.

  • Der Anti-Held dieses Romans, Alex Böhm, ist per Anhalter unterwegs von Potsdam nach München. Von dort will er mit seiner neuen Freundin Johanna in den Urlaub nach Portugal fliegen. Dies ist die Ausgangslage des Romans. Was folgt kann man vielleicht mit "Roadtrip in die Deutsche Provinz" oder "Roadtrip in die Vergangenheit" umschreiben.


    Die Hauptperson Alex Böhm ist ein unsympathischer Lügner, Hochstapler, Feigling und Egoist. Einfach eine Person mit der, zumindest ich, nicht befreundet sein möchte. Als Leser verfolgen wir die Handlungen und Gedankengänge von Alex Böhm wenn er unterwegs von einem alten Schulkameraden, der früher ein Loser war aber jetzt erfolgreich ist, als Anhalter mitgenommen wird. Anschliessend legt er einen Teil der Wegstrecke mit einem Lastwagenchauffeur der mit einer Tschechischen Prostituierten verheiratet ist zurück. Wir lesen von seinen Gedanken in einem Erotikshop auf der Autobahnrastätte und der nächsten Mitfahrgelegenheit Patrizia der "Hippie" Frau die noch zu sich selbst finden muss und die er dann kaltblütig in einem Lokal sitzenlässt. Schliesslich landet er in seiner alten Heimatstadt Weiden und trifft dort auf seine Vergangenheit und seine vielleicht etwas seltsame Familie. Beim jährlich stattfindenden Fest der aktuellen und ehemaligen Dorfjugend trifft er auf seine (Ex)Freundin Leni und seinen ehemals besten Freund Simon. Drogen werden konsumiert und fatale Handlungen nehmen ihren Lauf.


    Wer diese Buch kaufen oder lesen will sollte folgendes beachten. Alles ich aus der Ich-Sicht des Hauptprotagonisten geschrieben. Es handelt hauptsächlich von den Gedanken und Denkweise von Alex Böhm, von einem jungen Mann der seinen Platz im Leben noch überhaupt nicht gefunden hat und sich als, entschuldigung für den Ausdruck, "kleines Arschloch" entpuppt. Es gibt etliche Erotik- und Sexszenen oder Anspielungen darauf. Ich möchte mich Sigrid2110 anschliessen: Zielgruppe 20- bis 30 jährige, tendenziell eher die männlichen Leser.


    Das Beste am Buch ist die Schreib- und Erzählart von Thomas Klupp. Mit seiner Schreibe reisst er den Leser immer wieder mit und lässt ihn nicht los. Zweifellos ein talentierter Autor dessen Zukünftige Bücher ich stets genauer anschauen und unter die Lupe nehmen werde.


    Mir hat das ganze so so la la gefallen. Der Thematik bin ich entwachsen so das ich mich das ganze nicht soooo zu fesseln vermochte. Die Schreibe von Thomas Klupp rettet den Roman. Ich vergebe 7 Punkte.

  • Viel gibt es Sigrids und sapperlots Rezis nicht hinzuzufügen. Der Protagonist und Ich-Erzähler Alex Böhm ist ein absoluter Unsympathler, der notorisch lügt und betrügt, mit dem Geld seines reichen Papis lebt und keine Ahnung davon hat, was er mit seinem Leben eigentlich anfangen will. Dennoch habe ich das Buch recht gerne gelesen, was vor allem am Schreibstil lag: rasant erzählt, mit einigem Humor und auch irgendwie fesselnd, obwohl ich als Zielgruppe Männer Anfang der Zwanzig schätzen würde.
    Über 500 Seiten hätte ich den Gedankengängen und Entscheidungen der Hauptfigur nicht folgen mögen, aber auf 200 Seiten war es ganz okay.

  • Titel: Paradiso
    Autor: Thomas Klupp
    Verlag: Berliner Taschenbuch Verlag
    Erschienen: August 2009
    Seitenzahl: 199
    ISBN-10: 3833306564
    ISBN-13: 978-3833306563v
    Preis: 7.95 EUR


    „Eigentlich wollte er auf kürzestem Wege von Potsdam nach München reisen. Aber nichts im Leben von Alex Böhm ist vorhersehbar. Er fährt los und wird in die Heimat verschlagen, wo sich bodenlose Abgründe auftun.“


    So beschreibt der Klappentext dieses Buch und trifft es – im Gegensatz zu vielen anderen völlig danebenliegenden Klappentexten – doch wirklich gut.


    Dieser Alex Böhm ist ein Egoist, ein Blender, ein Zyniker – ein echter Dreckskerl eben. Alex Böhm kennt genaugenommen nur Alex Böhm und sucht immer den Weg des geringsten Widerstandes, wobei ihm offensichtlich ziemlich egal ist, wen oder wie er andere Menschen verletzt. Insofern unterscheidet sich Alex Böhm um kein Jota von uns anderen Menschen. Nehmen aber möglichst nichts geben, das könnte die Lebensphilosophie dieses Alex Böhm sein. Der Autor Thomas Klupp hat es geschafft, einen Menschen zu charakterisieren, der uns so ähnlich ist, dass man am liebsten weglaufen würde – denn es ist halt nicht so sehr angenehm, wenn man uns den Spiegel vorhält.
    Wer aber sagt, mit diesem Alex Böhm hätte sie/er nichts gemein, der sollte vielleicht dieses Buch ein zweites Mal oder eventuell sogar ein drittes Mal lesen – spätestens dann sollten auch dem Verstocktesten die geschilderten Parallelen zur eigenen Person deutlich werden.


    Thomas Klupp gelingt es immer wieder, Situationen so zu schildern, dass man sich als Leser nicht nur als Beobachter der Szene fühlt, sondern das man schon ein wenig das Gefühl haben kann, man sei als unmittelbar Beteiligter mittendrin. Klupp deckt menschliche Schwächen, also das ganz normale menschliche Verhalten, auf – ist dabei unterschwellig zynisch und lässt nichts und niemand etwas durchgehen. Niederlagen werden nicht als solche empfunden, immer wieder versucht sich Alex Böhm sein Scheitern als vermeintlichen Sieg schönzureden; ihm fehlt jegliche Orientierung und um an sein Ziel zu kommen, von dem er zudem überhaupt nicht weiß wo es ist, wie es aussieht – benutzt er die Menschen nur als Schachfiguren in seinem ganz persönlichen Spiel – und merkt dabei nicht, dass er die schlechteren Karten resp. Figuren hat.


    Ob man dieses Buch allerdings als „todkomisches Roadmovie“ bezeichnen kann, wie es NEON getan hat, mag dahingestellt bleiben. Zu dieser Beurteilung kann man eigentlich nur kommen, wenn man dieses Buch ggf. nur vom Hörensagen kennt, geschweige denn es selbst gelesen hat.


    Ein Buch, gewöhnungsbedürftig, nicht unbedingt alltäglich – allemal lesenswert; ein interessantes Buch.


    Alex Böhm der vermeintliche Frauenversteher, der aber auch Frauen nur ausnutzt und dabei offensichtlich kein schlechtes Gewissen hat, der Frauen darauf reduziert, ihm nicht auf die Nerven zu gehen und sich von ihm benutzen zu lassen und darin nichts Negatives sieht. Es sind immer die anderen – nicht nur Frauen – die an seinem Versagen die Verantwortung tragen. Der beste Weg ist immer der Weg, der so bequem ist, dass man sich mit nichts abmühen muss und geht dieser Weg auch irgendwann mal ein klein wenig bergauf, so wird er verlassen und ein anderer Weg eingeschlagen.


    Ein Buch über einen Menschen wie du und ich. Lesenswert.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.