Die Rückseite des Taschenbuches verrät zum Inhalt:
Dresden, 1829: Paganini ist auf Konzertreise. Bald beschäftigt sein Auftauchen Adel und Bürgertum, Dienstmädchen und Pferdekutscher. Hinter vorgehaltener Hand kursieren Schauergeschichten über den „Teufelsgeiger“ - bis die Stadt ihn spielen hört.
Zum Verfasser verrät das Buch:
Klaus Funke wurde 1947 in Dresden geboren. Er begann früh zu schreiben und veröffentlichte schon während des Studiums Texte fürs Kabarett. Bis heute hat er zahlreiche Erzählungen, Märchen, Romane, Bühnenstücke und Hörbücher verfasst, unter anderem den Erzählband „Am Ende war alles Musik“ und den Roman „Der Abschied oder Parsifals Ende“. Zuletzt erschien sein Roman „Zeit für Unsterblichkeit“.
Weiter habe ich keine Informationen über ihn gefunden.
Meine Gedanken zu dem Buch:
Ohne viel zu erwarten, habe ich zu diesem Buch gegriffen. Ein Paganini-Roman, der mir hauptsächlich Ablenkung bringen sollte. Natürlich kenne ich einige Stücke Paganinis, auch sie dienen in meinem Fall mehr der Unterhaltung als der wirklichen Auseinandersetzung mit dem einzelnen Stück. Ich hätte ihn – Paganini – natürlich auch gerne spielen gehört bzw. gesehen, das gehörte in seinem Fall unbedingt zusammen. Es muss ein Zauberer ganz eigener Couleur gewesen sein, der Mann aus Genua, fast immer in schwarzer Kleidung, als blass, ja bleich wird er beschrieben, gesund kann er auch nicht gewesen sein. Heute würde man ihn wohl als Charismatiker bezeichnen, damals, unter anderem auch im Jahre 1829, in dem dieser kleine, aber sehr feine Roman spielt, nannte man ihn „Teufel“.
Was also hätte ich erwarten sollen von einem schmalen Bändchen, nur 139 sehr klein, fast schon augenunfreundliche bedruckte Seiten über ganze zwei Tage im Leben des Niccolò Paganini, zwei Tage, die er auf seiner Deutschlandtournee in Dresden verbringt, um dort ein Konzert zu geben? Auf keinen Fall erwartet habe ich, auf Wilhelmine Schröder-Devrient, auf Ludwig Tieck oder gar Louis Spohr zu treffen. Willkommene Begegnungen, das gebe ich gerne zu; auch die Bekanntschaft des Kellners Knöfel oder der Bettenmamsell Johanna Kleditzsch zu machen, war meinerseits ein außerordentliches Vergnügen. Besonders die beiden letztgenannten Personen – ob auch sie wirklich existierten, weiß ich nicht – haben die Lektüre zu etwas ganz besonderem werden lassen.
Um was geht es eigentlich in dem Buch? Nun, zwei Tage werden beschrieben: im Leben Paganinis und der Stadt Dresden. Paganini ist im vornehmsten Hotel der Stadt abgestiegen, er wird ein Konzert geben, zu dem auch der König erscheinen wird. Es gibt einen Auflauf vor dem Hotel, jeder will den „Teufel“ sehen, man hat ungeheuerliche Töne aus seinem Hotelzimmer gehört. Johanna Kleditzsch, die Bettenmamsell, wird vom Kellner Knöfel beauftragt, Paganini „auszuspionieren“. Warum – und was dabei herauskommt, das verrate ich an dieser Stelle nicht. Nur so viel: Wie Paganini Johanna und gerade auch Knöfel be- und verzaubert, sind Köstlichkeiten der ganz besonderen Art.
Vor dem Konzert gibt es noch einen literarischen Empfang bei Ludwig Tieck, zu dem unter anderem auch die große Gesangstragödin Wilhelmine Schröder-Devrient geladen ist. Und es wird natürlich das Konzert selber beschrieben, dieses Konzert, zu dem Paganini beinahe zu spät kommt eben wegen des Empfangs bei Tieck und der „dramatischen“ Szenen dort.
Der Roman kommt ohne wörtliche Rede aus, trotzdem – oder gerade deshalb? - ist nicht eine einzige Sekunde, nicht einen einzigen Satz lang Langeweile aufgekommen. Die Sätze sind zum Teil lang, verschachtelt, es ist konzentriertes Lesen vonnöten. Es ist einfach wunderbar erzählt, fast zärtlich, liebevoll ist hin und wieder der Ton, immer fesselnd und vor allem: Ich glaube dem Schriftsteller jedes Wort. Er hat mich für eine leider viel zu kurze Zeit am damaligen Leben teilnehmen lassen, ich habe mit den anderen Besuchern vor dem Theater auf Paganini gewartet, habe mit dem Journalisten Preiswein und dem anderen großen Geigenvirtousen jener Zeit, Louis Spohr, ein Gespräch geführt, habe mit dem Kellner Knöfel auf dem Flur getanzt, sogar dem König Anton I. und dem später so groß gewordenen Bernhard von Lindenau bin ich begegnet. Und zum Schluss, ja da ging es mir ganz genau wie der Bettenmamsell Johanna. Jede einzelne Figur ist so einzigartig charakterisiert, wird aber trotz mancher Skurrilität nie der Lächerlichkeit preisgegeben. Wie Klaus Funke das auf so wenigen Seiten geschafft hat, davor ziehe ich meinen Hut.
Eine Humoreske mit manch dramatischem Zwischenton (dazu gehören unbedingt „Introduzione“ und die immer wieder aufblitzenden Erinnerungen Paganinis), so wirkt dieser Roman auf mich. Ein Kleinod ist dieser schmale Band, der mir eine sehr dunkle Stunde wunderbar erhellt hat. Für mich ist es ein Leseereignis, nicht nur für das Jahr 2009.
Wohl wissend, dass dieses Buch nicht das Interesse vieler finden wird, wünsche ich dem „Teufel in Dresden“ doch sehr, sehr viele Leser. Und jedem, der es lesen wird, wünsche ich das gleiche Vergnügen, das mir dieses wundervolle Buch bereitet hat.