Gleich hinter Wolke sieben - Melissa Hill

  • Verlag: Knaur; ISBN: 978- 3426663356
    443 Seiten; April 2009
    gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag



    Mit dem Kopf in den Wolken


    Vier ganz verschiedene Frauen stehen im Mittelpunkt dieses Romans von Melissa Hill. Seit frühester Kindheit sind Anna und Ronan ein Paar, doch kürzlich tauchten ein paar Probleme in ihrer Beziehung auf. Annas Beste Freundin Eve muss mit Haushalt und zwei Kindern allein klarkommen, da ihr Partner Liam ständig auf Geschäftsreisen unterwegs ist. Sie und ihre Schwester Sam, eine berühmte irische Autorin, tauschen für einige Tage die Rollen und lernen so die schönen, aufregenden und anstrengenden Seiten des Lebens, der jeweils anderen kennen.


    Diese Geschichte von komplizierten Partnerschaften, Alltagsproblemen, Glück und Leid liest die Lektorin Brooke in einem neuen Manuskript. Handelt es sich zu Beginn lediglich um eine vielversprechende Story für sie, wird schon bald viel mehr daraus. Hat dieses Manuskript vielleicht mehr mit ihr zu tun?


    Über alle Figuren bricht ein Strudel von Ereignissen herein. An Dramatik ist die Situation kaum noch zu überbieten. Auch der leicht kitschige und überzogene Handlungsverlauf ergibt nach und nach immer mehr Sinn. Es beginnt eine Achterbahnfahrt der Gefühle! Herumgewirbelt, durchgeschüttelt und völlig ahnungslos, wo oben und unten ist, durchleben der Leser und die Figuren unfassbare Situationen. Doch genau das löst ja dieses aufregende Prickeln aus.


    Klar, dass ein paar Klischees und die typischen Beziehungskisten nicht fehlen dürfen. Manchmal ist auch der Handlungsverlauf recht vorhersehbar. Dennoch können der humorvolle und einfühlsame Ton sowie die detaillierten Charakterisierungen der Figuren überzeugen. Plötzlich befindet man sich gedanklich selbst auf besagter Wolke sieben und beobachtet die Figuren von oben herab. Ein wohliges und angenehm sanftes Gefühl umfängt den Leser dabei.


    Sprachlich ist „Gleich hinter Wolke sieben“ leider weniger gelungen. Häufig kommt der Stil holprig, gestelzt und gekünstelt daher. Anspruch oder ein großes Maß an Authentizität sollte man ebenfalls nicht erwarten. Der Lesefluss wird durch die vielen Grammatik-, Ausdrucks-, Rechtschreib- und Logikfehler von Zeit zu Zeit gewaltig gestört. Der Leser wird in diesen Momenten brutal von seiner bauschigen Gedankenwolke heruntergerissen und in die Realität zurückversetzt.


    Sieht man einmal von den sprachlichen Schwächen ab, garantiert das Buch ein entspanntes Leseerlebnis mit Wohlfühlcharakter.



    Kurzbeschreibung
    Als der Lektorin Brooke das Manuskript einer unbekannten Autorin in die Hände fällt, ist sie vom ersten Augenblick an fasziniert. Eve und Samantha, die Hauptfiguren, nehmen sie mit in ein aufregendes Leben, und Brooke gerät immer mehr in den Bann der lebendigen Erzählung. Doch je weiter sie liest, um so bekannter kommt ihr die Geschichte vor ...


    Über die Autorin
    Melissa Hill stammt aus dem County Tipperary und lebt mit ihrem Mann und ihrem Hund in Ashford. Sie hat in verschiedenen Berufen gearbeitet und widmet sich heute voll und ganz dem Familienunternehmen in Wicklow. Bereits mit ihrem ersten Roman landete sie ganz oben auf den irischen Bestsellerlisten.

  • Danke für die schöne Rezi, Daniliesing. Auf meiner Wunschliste ist es schon, jetzt kann ich mir auch etwas mehr drunter vorstellen. Im Moment ist es zwar nichts für mich, aber später bestimmt. :wave

  • Wundert mich nicht mehr,dass die Bücher,die du oft vorstellst,genau die sind, die mich interessieren :-)


    Ich werd vermutlich ehre auf die TB Ausgabe warten,weil a) eh so viel endlose Bücher im RuB und b) die anderen von M.Hill auch in TB Ausgabe da stehen und mir gut gefallen haben.

  • Da mir die anderen Bücher von Melissa Hill gut gefallen haben, musste ich natürlich auch "Gleich hinter Wolke sieben" lesen...


    Gelungen fand ich die Mischung aus dem Manuskript, das Brooke liest, und den Teilen mit Brooke. Besonders amüsant fand ich dabei die Kommentare aus Sicht von Brookes Kollegen zu dem Manuskript...


    Die Story um Sam, Eve und Co fand ich fesselnd, aber auf die Dauer fand ich es nervig, dass es nur unglückliche Beziehungen gab und nicht ein halbwegs zufriedenes Paar.


    Zum Schluss hin wird die Story ziemlich übertrieben. Zwar schlüssig, aber doch dick aufgetragen.


    Die Auflösung, was Brooke mit dem Manuskript zu tun hat, hatte ich so schon recht bald vermutet. Schade, denn in den anderen Büchern der Autorin gab es immer eine wirkliche Überraschung.


    Alles in allem: ein netter Schmöker, aber es gibt bessere Bücher von Melissa Hill. Und die anderen Bücher gibt es auch alle als Taschenbuch...


    Von mir gibt es 7 Punkte.

  • Mir hat es supergut gefallen, war mein erstes von Melissa Hill. Wenn die anderen Bücher noch besser sind, dann kann ich mich ja noch auf etwas freuen.


    Wo sind nur die neuen Männer geblieben? Oder leben wir etwa noch in den siebzigern? Gleich zweien begegnen wir hier, die sich von alten Vorstellungen und der Geschlechterrolle nicht lösen können. Liam und Derek erwarten von ihren Frauen, dass sie sich um Haus und Kinder kümmern und den Männern das Geld verdienen überlassen. Lassen sich ihre Frauen das auf Dauer tatsächlich gefallen?


    Aber zum Glück ist es ja nur ein Roman, oder etwa doch nicht? Die australische Lektorin Brooke bekommt das Manuskript von "Gleich hinter Wolke sieben" auf den Tisch und ist sofort von dem Roman, der in Dublin spielt, vollauf begeistert. Die Geschichte in der Geschichte - eine geniale Idee von Melissa Hill, spannend umgesetzt. Es ist schon zum Schmunzeln, wenn Brooke sich mit einer Kollegin über den Roman unterhält, und genau die gleichen Sachen bemängelt, die einem selbst beim Lesen durch den Kopf schießen, man liest sozusagen seine eigenen Gedanken. Aber die Autorin bezweckt auch noch etwas Spezielles, denn die Geschichte "Gleich hinter Wolke sieben" wurde nur für Brooke geschrieben.


    In der Geschichte geht es um die Schwestern Eve und Sam und Eves Freundin Anna. Eve hat sehr früh ihr erstes Kind bekommen und kümmert sich seitdem um Lily und ihr zweites Kind, Max, der am liebsten Blumentopferde zu Mittag isst. Liam, ihr Mann, verdient die Brötchen, wobei er allerdings viele Auslandsreisen übernehmen muss. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Oder sind es doch nicht die richtigen Gedanken, die einem dabei sofort durch den Kopf schießen? Eve lässt sich in ihrer Rolle als Hausfrau von allen ein schlechtes Gewissen einreden, da sie ihrem Mann ja auf der Tasche liegt und eigentlich den ganzen Tag zuhause die Füße hochlegen kann und nichts Richtiges zu tun hat. Liam ist dabei der erste, der Druck auf sie ausübt, wenn er befiehlt, hat Eve zu springen. Wofür haben nur all die Frauenrechtlerinnen gelitten, wenn sich Frauen heute noch so behandeln lassen. Trotzdem wartet Eve seit neun Jahren sehnsüchtig auf einen Heiratsantrag von Liam.


    Sam, ihre Schwester, ist in ihrer Beziehung auch in einer Sackgasse gelandet. Derek macht ihr schon den dritten Heiratsantrag, erwartet dann aber auch von ihr, zuhause zu bleiben und ihre äußerst erfolgreiche Karriere als Schriftstellerin auf Eis zu legen. Als er ihr nun ein Ultimatum stellt, gerät Sam gehörig ins Grübeln. Sie schlägt Eve einen Rollentausch für einige Zeit vor, damit sie erfährt, wie es ist, sich um eine Familie zu kümmern und Eve mal wieder ein bisschen Zeit für sich selbst hat.


    Und dann gibt es da noch Anna und Ronan, die seit sechs Jahren verlobt sind und sich von Kindesbeinen an kennen. Sie schaffen es einfach nicht, einen Termin festzulegen. Als Anna dann schwanger wird und sie es nicht fertigbringt, Ronan davon zu erzählen, gerät man schon schwer ins Grübeln. Was sind wohl die Gründe und wie wird es den anderen Paaren ergehen? Melissa Hills Roman ist zum Glück nicht vorhersehbar, und manchmal ist man auch sehr froh, dass man in Gedanken nicht Recht hatte. Und was hat vor allem auch noch Brooke damit zu tun? Um das herauszufinden, muss man bis zum Schluß lesen, man kann es auch ansatzweise wirklich nicht erahnen.


    Aber das fällt auch nicht sehr schwer, Melissa Hill hat einen fesselnden Schreibstil. Sie erzählt mitten aus dem Leben, so einiges hat jeder schon mal mit Sicherheit erlebt. Unsensible, egoistische Männer, wer kennt sie nicht? Frauen, die sich ausbeuten lassen, Frauen, die lieber Karriere als Kinder möchten sind auch bestens bekannt. Aber die Art, wie sie hier alle zusammentreffen, macht den außergewöhnlichen Reiz dieses Buches aus.


    Im letzten Drittel bringt Melissa Hill noch eine sehr dramatische Wendung ein, eigentlich wie das wahre Leben, für den Leser aber ein absoluter Schock und man fragt sich willkürlich, ob diese Wendung der Geschichte wohl gut bekommt. Gespenstisch ist dann auch direkt die Reaktion Brookes darauf, sie gibt genau die Gedanken wieder, die jedem Leser bestimmt sofort in den Sinn gekommen sind. Und was danach passiert, das muss man selber lesen, nicht vorhersehbare Wendungen geben dem Buch einen ganz besonderen Reiz. Und danach weiß man auch, wieso die Männer so vorsintflutlich sind und ihre Frauen sich das gefallen lassen.


    Das Buch regt zum Nachdenken an. Durch die zwei miteinander verwobenen Geschichten wird man besonders gefesselt. Wer ist Brooke und wie hat sie mit der eigentlich erfundenen Geschichte zu tun? Seiten drehen sich von ganz alleine und atemlos verschlingt man das Geschehen, nur um das Geheimnis endlich lüften zu können. Als dann alle losen Fäden verknüpft werden lässt es einem vieles klarer sehen und man versteht so manche Handlung viel besser. Der Schreibstil fesselt ungemein und mit der ungewöhnlichen Erzählperspektive ist Melissa Hill hier ein wahres Meisterwerk gelungen.


    Fazit


    Australische Leser lieben irische Frauenromane und wie schön, dass es immer noch Geschichten gibt, die einen absolut fesseln und überraschen können.