Gebundene Ausgabe: 640 Seiten
Verlag: Rowohlt, Reinbek; Auflage: 2 (6. März 2009)
Sprache: Deutsch
Kurzbeschreibung
"Menschenrauch" hat schon bei seinem Erscheinen in den USA auch in der deutschen Presse für heftige Kontroversen gesorgt War der Zweite Weltkrieg der 'gerechte Krieg' gegen Hitler? Waren Churchill und Roosevelt die Lichtgestalten, welche die abendländische Zivilisation retteten? Um das herauszufinden oder doch einer Antwort wenigstens näher zu kommen, benutzt Nicholson Baker ein verblüffendes Mittel. Er "setzt aus historischen Nachrichten, Anekdoten und Kommentaren eine eindrucksvolle Textcollage zusammen, die überkommene Gewissheiten über den Krieg erschüttert" (Der Spiegel). Der Autor meldet sich nicht zu Wort, er vertraut auf die Wirkung der zitierten Texte aus Tageszeitungen, Politikerreden, Tagebüchern, Briefen. Herausgekommen ist "eine subjektive Chronik mit hohem Wahrheitsanspruch", (Süddeutsche Zeitung) die belegt, dass ein Vernichtungskrieg vermeidbar gewesen wäre. Bakers Buch ist ein flammendes Plädoyer für den Pazifismus und für den Erhalt der Menschlichkeit auch in schwierigen Zeiten.
Über den Autor
Nicholson Baker wurde 1957 in Rochester/New York geboren. Er studierte u.a. an der Eastman School of Music und lebt heute mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in South Berwick, Maine. 1997 erhielt er den Madison Freedom of Information Award.
Meine Meinung
Wie kann man den Zweiten Weltkrieg verstehen? diese Frage versucht Nicholson Baker auf seine ganz eigene Art und Weise in seinem Buch zu beantworten.
In über hundert kleinen Abschnitten, die zum Teil nur aus ein oder zwei Sätzen bestehen aber zum Teil auch über eine Seite gehen, wird Schritt für Schritt beschrieben, wie der Krieg näher rückte. Dabei kommen sowohl unbekannte Menschen zu Wort, als auch Politiker oder berühmte Schriftsteller wie Stefan Zweig.
ZitatKrieg bedeute nicht mehr Rittlerlichkeit und Paraden, schrieb Pastor Fosdick. "Der Krieg wirft jetzt Bomben aus Flugzeugen und tötet Frauen und Kinder in ihren Betten; er schießt auf telefonischen Befehl, von irgendwo weit weg, wo unsichtbare Menschen abgeschlachtet werden." Der Krieg, schrieb er, bedeute "Männer, die ihr halbes Gesicht verloren haben, ihre Augen, ihre Gliedmaßen, ihren Verstand". [...] Es war im November 1917.
Zitat"Was macht es für einen Unterschied, 500 Babys ins Feuer zu werfen oder aus Flugzeugen Feuer auf sie zu werfen?", fragte er. "Es gibt keinen." Es war der 5. Januar 1937.
Zitat"Also: Stadt aufräumen und auf den nächsten Lustangriff warten", schrieb Arnold. "Hinter allem die Entschlossenheit, sich nicht von der Landkarte wischen zu lassen."
ZitatBombardements waren für Churchill so etwas wie erzieherische Maßnahmen - eine Methode, um Stadtbewohnern nahezubringen, dass man auch außerhalb der Hölle ferner Schlachtfelder zu Tode kommen konnte.
Baker beginnt sein Buch im Jahr 1892 mit einem Zitat von Alfred Nobel und das Buch endet schließlich mit dem 31.12.1941. Die Beiträge sind zum größten Teil unheimlich erschreckend, aber daneben ist es auch informativ und interessant sie in der Art und Weise zu lesen, wie Nicholson Baker sie zusammengestellt hat.
Menschenrauch ist sicherlich kein Geschichtsbuch, aber es ist das Ergebnis von Nicholson Bakers Versuchen den Zweiten Weltkrieg zu verstehen. Ich kann mir nur in Ansätzen vorstellen, welche Recherchearbeit hinter diesem Buch gesteckt haben muss und Baker hat einige außergewöhnliche und in jeder Hinsicht faszinierende Quellen und Zitate gefunden.
Das Buch endet mit einem Nachwort von Nicholson Baker, in dem er noch einmal seine Intention erklärt, die er beim Schreiben dieses Buches hatte.
"Ich widme dieses Buch Clarence Pickett und anderen amerikanischen und britischen Pazifisten. Sie sind nie gebührend gewürdigt worden. Sie haben versucht, jüdische Flüchtlige zu retten, Europa mit Nahrungsmitteln zu versorgen, die USA mit Japan zu versöhnen und den Krieg zu verhindern. Sie sind gescheitert, aber sie hatten recht."
Menschenrauch ist ein Buch, bei dem ich froh bin, es zu besitzen. Und ich vergebe 10 Punkte.