Stephen Hunt- Das Königreich der Lüfte

  • Kurzbeschreibung (laut Verlagshomepage):
    Eine finstere Macht bedroht das Königreich von Jackal. Seine Bewohner – Menschen, Magier, Roboter, die in riesigen fliegenden Städten friedlich zusammenleben – ahnen nichts von der Gefahr. Zwei Kinder, die Waise Molly und der mit besonderen Kräften begabte Oliver, sind dazu ausersehen, den Kampf aufzunehmen. Noch wissen sie nichts von ihrem Schicksal, doch der Gegner hat sie bereits aufgespürt. Eine Jagd beginnt, bei der es um das Überleben einer ganzen Welt geht …


    Über den Autor (dito):
    In Kanada geboren, lebt Stephen Hunt derzeit mit seiner Familie in London - und so oft als möglich in Spanien, seiner Wahlheimat. Das Schreiben machte er bereits im Rahmen seiner Redaktions- und Herausgebertätigkeit für verschiedene englische Zeitschriften zu seinem Beruf. Er ist auch der Begründer einer der ältesten und bekanntesten Fantasy- und Science-Fiction-Websites, die monatlich von einer Viertelmillion treuer Fans besucht wird. "Das Königreich der Lüfte" ist Stephen Hunts Debütroman.


    eigene Meinung:
    Der Autor hat eine interessante Welt erschaffen. Auf der einen Seite werden deutliche Assoziationen zum viktorianischen/edwardianischen England geweckt beispielsweise durch die Nervenanstalt Hawklam (hieß es so? ich hoffe doch, ich habe leider das Buch nicht zur Hand) oder das Gefängnis in Bonegate. Auf der anderen Seite ist diese Welt sehr neu und komplex, prall gefüllt mit verschiedenen Rassen, politischen Gruppierungen und wechselnden Bündnissen, mit eigener Geschichte und Legenden.


    Die Lektüre des Buches lässt sich mit einem All you can eat-Büffett vergleichen: hier eine interessante Kleinigkeit, dort eine geniale Idee, hier noch ein bißchen, dort auch noch- und am Ende ist man zwar satt und zufrieden, aber das Ganze liegt einem doch etwas schwer im Magen. Vielleicht hätte der Autor ein paar Ideen weniger unterbringen sollen? Das wäre allerdings auch mein einziger Kritikpunkt.


    Das Buch ist etwas sperrig- daran lässt sich nicht rütteln. Ich habe relativ lange zum Lesen gebraucht (für meine Verhältnisse) und habe (ebenfalls für mich untypisch) nebenher ein Zweitbuch gelesen- zur Auflockerung. Dennoch hat sich die Lektüre definitv gelohnt! Denn der Autor hat einen waschechten Steampunk-Roman abgeliefert, der genau die gleiche Atmosphäre trifft wie die Klassiker von Powers, Blaylock und Jeter. Zudem wurde nicht nur das technische "Steam"-Motiv verwendet (es gibt z.B. Dampfmänner, pflerdelose Kutschen und Aerostate, also Luftschiffe), sondern explizit auch das "Punk"-Motiv i.S. einer großen gesellschaftlichen Veränderung.


    Mit einer Einordnung der Rezension habe ich mich etwas schwer getan, denn das Buch enthält sowohl Elemente der Fantasy (Magie) als auch der Science Fiction (oder Himmelsfiktion, wie es im Buch genannt wird). Steampunk ist ja eigentlich ein Subgenre der Science Fiction- oder vielleicht auch doch nicht, da sind sich die Experten ja selbst nicht einig.
    Bei Bedarf bitte ich die Rezension also einfach zu verschieben. :wave


    Im Oktober erscheint übrigens bereits der Nachfolger "Das Königreich jenseits der Wellen".

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Danke für die Rezi!


    Ich hatte es auch schon im Laden in der Hand, aber bin immer noch unschlüssig, ob ich es mir kaufen soll. Ich mag das Steampunk-Genre zwar sehr gern, aber der Klappentext, der von welterschütternden Ereignissen, verschiedenen phantasievollen Rassen etc. kündete, hat mich doch zweifeln lassen. Das klingt für mich doch schon sehr nach High Fantasy mit einer Runde Dampf.


    Hat sonst noch jemand das Buch gelesen? Ein zweite Meinung würde mir sicherlich weiterhelfen.

  • Ich bin auf Englisch noch dabei, sprich habe es erst mal bei der Hälfte pausiert. Ich finde es auf Englisch recht schwer zu lesen und brauche dazu Zeit und Konzentration...


    Es gefällt mir aber richtig gut - keine Frage!

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

  • Ich habe es nun doch gelesen und leider wurden meine Befürchtungen bestätigt.


    Inhalt:
    Dank seiner einzigartigen Celgas-Vorkommen und der königlichen aerostatischen Marine ist das Land Jackal seit vielen Generationen von seinen eroberungswütigen Nachbarn verschont geblieben. Doch im Inneren gärt es - die Arbeiterschaft begehrt gegen die Herrschaft des Patriziats auf. Mittendrin befinden sich die beiden Waisen Molly und Oliver, die plötzlich auf der Abschlussliste einer unbekannten Macht stehen und um ihr Leben fliehen müssen. Sie ahnen nicht, dass sie für das Schicksal der Welt von entscheidender Bedeutung sind...


    Meine Meinung:
    Ich habe das Buch in Erwartung einer schönen Steampunk-Geschichte in die Hand genommen und wurde zuerst auch nicht enttäuscht. Die ersten 200 Seiten haben mich mit ihren einfallsreichen Weltbeschreibungen, verschrobenen Charakteren und verrückten Erfindungen in ihren Bann gezogen und ich glaubte schon, eine echte Genre-Perle gefunden zu haben. Doch dann ließ die Geschichte immer weiter nach. Szenarien, die an sich schon eine halbe Geschichte getragen hätten, wurden in wenigen Kapiteln abgehandelt und die Handlung versank immer mehr in einem brutalen Gemetzel nach dem anderen, das von einem klischeehaften größenwahnsinnigen Evil Dark Overlord(TM) heraufbeschworen wurde, während die beiden jugendlichen auserwählten(TM) Hauptfiguren immer mehr besondere Fähigkeiten und Deus Ex Machina-Artefakte ansammelten, um oben genanntem Evil Dark Overlord(TM) ein Schnippchen zu schlagen. Dabei ging das erzähltechnische Potential so wunderbarer Figuren wie des grummeligen Tauchbootkapitäns Kommodore Black oder des schlitzohrigen Magieragenten Harry Stave leider ziemlich unter und geringere Nebencharaktere hätten genauso gut gleich ein großes Schild mit der Aufschrift 'Kanonenfutter' um den Hals tragen können. Ich hätte viel lieber die originelle Welt Jackals mit ihnen entdeckt, als hunderte von Seiten sinnloser Materialschlacht zu lesen, in der eine gewaltige Höllenmaschine die nächste jagte, bis die Geschichte schließlich unter einer Menge Blut, epischer Magie und Helden mit Superkräften begraben wurde. Leider scheint dies ein Trend zu sein, der immer mehr in der heutigen Fantasy Fuß fast. Nur machen mehr welterschütternde Magie, mehr gewaltige Artefakte und mehr Gewalt, Blut und Dämonen noch keine gute Geschichte.
    Fazit: Eine Geschichte mit interessanten Ansätzen und schönen Charakteren, deren Potential leider verschenkt wurde.

  • Ich habe es mir dann doch noch auf deutsch geholt, weil mir das Englisch zu anstrengend war. Eigentlich lese ich recht viel auf Englisch, aber hier schien es mir zu sehr auf das Detail anzukommen und da auch viele Namen sprechende Namen waren, bei denen mir der Sinn verborgen blieb, habe ich es eben auf deutsch nochmal gelesen. Wer also Interesse an der englischen Ausgabe hat ;-) :wave melden!


    Auf deutsch hat es mir dann aber sehr gut gefallen.
    Zugegeben ist es etwas langatmig, auf deutsch ist es wirklich sehr dick (ich habe die neue Heyne-Ausgabe für 10€ mit rund 780 Seiten) und ich habe zeitweise mal einen Tag Pause einlegen müssen. Haupsächlich geht es um die beiden Hauptfiguren Molly und Oliver, aber es sind zahlreiche Nebenstränge eingeflochten.
    Wenn man das Buch kurz beschreiben müsste, dann würden mir die Adjektive "wahnwitzig" und "skurril" einfallen. Das Ende hätte gute 200 Seiten früher kommen können, aber dennoch hat mir das Buch wegen der skurrilen Ideen gut gefallen. Der Weltentwurf ist mal etwas anderes, es lassen sich viele Anspielungen entdecken und besonders die Dampfmänner haben es mir angetan.
    Ich habe auch den zweiten Teil inzwischen begonnen, der mir bisher auch gut gefällt. Er spielt zeitlich nach den Ereignissen in diesem Band und ist bis auf wenige nebensächliche Anmerkungen gut vom 1. Teil unabhängig zu lesen. Er hat ein anderes Setting, da es hier um eine U-Boot-Expedition in den Dschungel geht.

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