Religiöse Gefühle - eine kleine Phänomenologie

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  • Zitat

    Original von Tom
    Offenbar ist es, nebenbei bemerkt, ohnehin so, dass Glaubende jedwede Kritik an ihrer Weltanschauung sehr viel persönlicher nehmen als Nichtglaubende, aber diese Diagnose mag zu subjektiv sein (und ganz gewiss darf sie nicht verallgemeinert werden). Jedenfalls ist nach meiner Erinnerung der umgekehrte Fall noch nie eingetreten, also derjenige, dass ein Atheist plötzlich behauptete, seine (humanistischen?) Gefühle seien durch die Argumentationsweise der "Gegenseite" oder die Tatsache, dass sie überhaupt argumentieren würde, verletzt worden. Sondern höchstens sein Intellekt.


    Genau so empfinde ich es auch. Und ehrlich gesagt weckt das zumeist in mir das Gefühl, dass sich Gläubige, egal welcher Zuordnung, sich wohl doch nicht so sicher sind. Nicht sicher, dass all das glaubhaft ist, richtig ist. Und wohl deshalb fühlen sie sich schneller angegriffen als Nichtgläubige.


    Ich hatte letztens erst eine Diskussion mit einem Moslem. habe mit seine Sicht der Dinge angehört und wann immer er ein Feedback wollte, habe ich eins gegeben. Ihm meine Sicht und die unrealtischen Fakten in seiner genannt. hat ihm nicht geschmeckt obwohl er immer wieder neu versuichte sich zu rechtfertigen.


    Ja, rechtfertigen, das ist auch etwas was ich immer wieder beobachte. Gläubige haben ständig das Gefühl sich und ihre Religion rechtfertigen zu müssen. Warum? Keine Ahnung. Wohl, weil sie eine andere Sicht ungern zulassen? Weil sie mit der Gelassenheit und den größeren Fakten von Ungläubigen schlechter umgehen können? Weil sie Glauben nicht als galuben verstehen wollen und können?


    Glauben heißt für mich an etwas glauben, nicht wissen. Und so kann man an Gott, Allah, Spaghettimonster oder rosa Einhörner glauben. Aber nicht WISSEN, denn es lässt sich einfach nicht real belegen. Als Nichtgläubige muss ich nichts belegen, kann nur widerlegen. Naja, und das schmeckt halt nicht. :grin DA liegt wohl meines Erachtens des Pudels Kern. ;-)

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

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  • Zitat

    Original von Heaven
    Glauben heißt für mich an etwas glauben, nicht wissen. Und so kann man an Gott, Allah, Spaghettimonster oder rosa Einhörner glauben. Aber nicht WISSEN, denn es lässt sich einfach nicht real belegen. Als Nichtgläubige muss ich nichts belegen, kann nur widerlegen. Naja, und das schmeckt halt nicht. :grin DA liegt wohl meines Erachtens des Pudels Kern. ;-)


    Nein, widerlegen kann du dann wohl auch nicht. Das ist dann wohl der logische Umkehrschluss - wenn der Gläubige die Existenz seines Gottes nicht beweisen kann, dann kann auch keine definitive Nichtexistenz bewiesen werden.
    Wah, ich mutiere hier noch zum Agnostiker wenn das so weitergeht :wow


    Aber das Thema "Rechtfertigung" ist schon ein interessanter Ansatz finde ich. Und SiColliers Beitrag empfinde ich als fast schon erschreckend wahr. Gerade, was die Zurückdrengung betrifft. Und genau darüber muß ich nun erstmal in Ruhe nachdenken.


    Je aufgeklärter, moderner, offener, intelligenter, revolutionierter,freier (...) der Mensch in der Gesellschaft wird, umso (verzeihung!) beschissener wird die Gesellschaft doch, umso weniger funktioniert sie, die Welt, in der wir Leben. Grandiose Leistung, ehrlich...

  • Zitat

    Original von Heaven
    1. Ja, rechtfertigen, das ist auch etwas was ich immer wieder beobachte. Gläubige haben ständig das Gefühl sich und ihre Religion rechtfertigen zu müssen. Warum? Keine Ahnung. Wohl, weil sie eine andere Sicht ungern zulassen? Weil sie mit der Gelassenheit und den größeren Fakten von Ungläubigen schlechter umgehen können? Weil sie Glauben nicht als galuben verstehen wollen und können?


    2. Glauben heißt für mich an etwas glauben, nicht wissen. Und so kann man an Gott, Allah, Spaghettimonster oder rosa Einhörner glauben. Aber nicht WISSEN, denn es lässt sich einfach nicht real belegen. Als Nichtgläubige muss ich nichts belegen, kann nur widerlegen. Naja, und das schmeckt halt nicht. :grin DA liegt wohl meines Erachtens des Pudels Kern. ;-)


    zu 1. Genauso könnte ich jetzt meine Beobachtung schildern, dass viele Atheisten immer wieder das Bedürfnis haben, Religionen als reinen Glauben, der nicht auf Fakten und Wissen basiert, anzugreifen und sich in den (seit Jahrhunderten bekannten naturwissenschaftlich oder logisch nachweisbaren) Unstimmigkeiten von Glaubenssystemen zu sühlen. Tun sie das etwa, weil sie in ihrer eigenen Ungläubigkeit unsicher sind? ;-)


    zu 2. Der Versuch, Glauben durch Fakten zu "enttarnen" ist scheinbar leicht und nicht gerade neu. Die Frage ist der Sinn des Ganzen. Das Leben von allen Menschen, ob Atheisten oder nicht, basiert doch auch einer ganzen Reihe von Annahmen, Wunschvorstellungen, Überzeugungen und Werten, die rational kaum begründbar sind. Das ist keine Eigenart von Religionsanhängern. Natürlich ist es für mich leicht, einen Christen (der nicht philosophisch oder theologisch besonders geschult ist) auf das Glatteis zu führen, wenn ich nach dem Grund seiner moralischen Überzeugungen und seines Glaubens frage. Genauso leicht kann es sein, einen Atheisten mit der Frage nach der Basis seiner Werte ins Schleudern zu bringen.


    (Entschuldige, Tom, ich weiß, ich drifte ab, aber ich glaube, dieses Thema ist kaum so konkret einzugrenzen, wie Du es hier wolltest.)

  • Zitat

    Original von Insomnia
    Je aufgeklärter, moderner, offener, intelligenter, revolutionierter,freier (...) der Mensch in der Gesellschaft wird, umso (verzeihung!) beschissener wird die Gesellschaft doch, umso weniger funktioniert sie, die Welt, in der wir Leben. Grandiose Leistung, ehrlich...


    Kommt darauf an, wie du "funktionieren" defininierst. Ich persönlich bin ziemlich froh, in einer Welt zu Leben, in der ich sagen darf, dass der Glaube an Gott MEINER MEINUNG NACH Schwachsinn ist. Es gibt tatsächlich noch Länder, auch heutzutage (und Religionsangehörigkeiten), wo man dafür bitter zahlen muss. Allerdings hast du Recht: irgendwie funktionieren die ja auch, und es herrscht mehr Ruhe, da die Menschen Angst haben.


    Ich (und das ist meine absolut persönliche Meinung, die niemanden verletzten soll) fühle mich sehr wohl in meiner aufgeklärten, fortschrittlichen, relativ freien Weltansicht bedroht und beleidigt, wenn ich so manche rückschrittlichen religiösen Auswüchse mitbekomme. Z. B. Kreationismus in deustchen Klassenzimmern.

  • Zitat

    Original von Insomnia
    1. Das ist dann wohl der logische Umkehrschluss - wenn der Gläubige die Existenz seines Gottes nicht beweisen kann, dann kann auch keine definitive Nichtexistenz bewiesen werden.
    Wah, ich mutiere hier noch zum Agnostiker wenn das so weitergeht :wow


    2. Aber das Thema "Rechtfertigung" ist schon ein interessanter Ansatz finde ich. Und SiColliers Beitrag empfinde ich als fast schon erschreckend wahr. Gerade, was die Zurückdrengung betrifft. Und genau darüber muß ich nun erstmal in Ruhe nachdenken.


    Je aufgeklärter, moderner, offener, intelligenter, revolutionierter,freier (...) der Mensch in der Gesellschaft wird, umso (verzeihung!) beschissener wird die Gesellschaft doch, umso weniger funktioniert sie, die Welt, in der wir Leben. Grandiose Leistung, ehrlich...


    1. Wenn ich recht informiert bin, kann man je nach konkreter Auslegung des Begriffs sowohl als Theist wie auch als Atheist Agnostiker sein. Agnostizismus sagt ja erstmal nur etwas darüber aus, ob das Wissen um einen Gott möglich oder nicht ist. Welchen Schluss man hinsichtlich seines Glaubens zieht, ist dann m. W. noch eine andere Frage.


    2. Ich persönlich habe eher die entgegengesetzte Erfahrung gemacht - aber Berlin hat in den letzten 20 Jahren nun auch viele neue Christen "an Land gezogen", die muslimische Bevölkerung ist auch relativ hoch. Ich habe in den letzten Jahren in meinem Umfeld kaum noch so extreme Debatten über Religion gehabt. Und wenn, dann wurden sie von Menschen aus dem tiefen Westen angezettelt. :grin

  • Zitat

    Original von Insomnia


    Nein, widerlegen kann du dann wohl auch nicht. Das ist dann wohl der logische Umkehrschluss - wenn der Gläubige die Existenz seines Gottes nicht beweisen kann, dann kann auch keine definitive Nichtexistenz bewiesen werden.
    Wah, ich mutiere hier noch zum Agnostiker wenn das so weitergeht :wow


    Ok, widerlegen vielleicht nicht. Aber aufzeigen, dass es sich nur um einen GLAUBEN habndelt, nicht Realität.


    Zitat

    Original von Insomnia
    Aber das Thema "Rechtfertigung" ist schon ein interessanter Ansatz finde ich. Und SiColliers Beitrag empfinde ich als fast schon erschreckend wahr. Gerade, was die Zurückdrengung betrifft. Und genau darüber muß ich nun erstmal in Ruhe nachdenken.


    Warum Zurückdrängung? Weil andere nicht an das Gleiche glauben? Warum kann man den persönlichen GLAUBEN nicht als solchen betrachten und will, dass andere es ebenso glauben???
    ich denke eher, Gläubige fühlen sich deshalb zurückgesetzt, weil sie ihr nicht als puren GLÖAUBEN akzeptiren wollen oder können. Somit setzen sie sich eigentlich selbst zurück. Find:


    Zitat

    Original von Insomnia
    Je aufgeklärter, moderner, offener, intelligenter, revolutionierter,freier (...) der Mensch in der Gesellschaft wird, umso (verzeihung!) beschissener wird die Gesellschaft doch, umso weniger funktioniert sie, die Welt, in der wir Leben. Grandiose Leistung, ehrlich...


    Du meinst, ohne Religion verlottert die Welt? Ohne eine Gottheit, der man gehorchen und sie preisen muss?


    Ich glaube an mich selbst und das Gute im Menschen. Ist das nichts? ich finde, das reicht völlig aus um vernünftig miteinander um zu gehen. ;-)

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    Grüßle, Heaven


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  • Vulkan


    Mir sind noch keine Atheisten über den Weg gelaufen die mich unbedingt für ihr Gedankengut begeistern und bekehren wollen. Viel mehr sind es doch die Gläubigen, die anderen gern ihren Glauben aufdrängen wollen. Den muss man doch nicht wortlos hinnehmen, kann doch über die eigene Sicht der Dinge reden. Aber das schmeckt Gläubigen leider nie. Ob nett oder weniger ´nett angebracht.


    Für mich ist GLAUBEN eigentlich nur GLAUBEN, nicht WISSEN und von daher finde ich es absurd mit anders denkenden drüber zu diskutieren ob wahr oder nicht wahr. Soll jeder glauben woran er mag, aber bitte doch andere Meinungen akzeptieren und nicht immer auf Recht beharren.

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  • Zitat

    Original von Cookiemonster
    Ich persönlich bin ziemlich froh, in einer Welt zu Leben, in der ich sagen darf, dass der Glaube an Gott MEINER MEINUNG NACH Schwachsinn ist.


    Und es ist noch nicht so lange her, dass in Europa (ich zähle die SU dazu), Gläubige in Scharen verfolgt wurden, weil die Religion der herrschenden Ideologie mit ihrer materialistischen Geschichtsauffassung und dem entsprechenden Menschenbild widersprach. Ich finde, man kann andere Worte finden für Glaubenssysteme, an die man nicht glaubt.


    Und Kreationismus ist nun wirklich kein allgemein christliches Problem, sondern eines, was v. a. mit den Evangelikalen in Verbindung steht. Weder Huber, noch Zollitsch, noch Ratzinger würden diesen Unsinn unterstützen. Aber wenn man alles in einen Topf wirft, ist Religionskritik verdammt einfach.


    @ Heaven
    Ich habe kaum Christen getroffen, die mich missionieren wollten, dafür aber viele Atheisten, die meinten, mit dem Nachweis, dass die Erde nicht in sieben Tagen erschaffen worden ist, eine Weltreligion aushebeln zu können. ;-) Für mich ist eine aggressive, penetrante Beharrung auf den logischen Unstimmigkeiten durch Atheisten das Äquivalent zur Missionierung (auch wenn der Vergleich hakt).
    Natürlich hast Du recht, dass eine Diskussion über WAHRHEIT, zumindest solange man glaubt, die EINE Wahrheit zu finden, lächerlich ist. Ansonsten finde ich die Sicht von Gläubigen gleich welcher Art gewinnbringend, zumindest, wenn sie über eine sehr einfach strukturierte Frömmigkeit hinausgeht. Religionen beherrschen die Menschheitsgeschichte, 90 % der Menschen sind in irgendeiner Form religiös. Das ganze als Quatsch und Unsinn abzutun, finde ich eben problematisch. Solange mein Atheismus akzeptiert wird (und das wurde er bisher immer), bin ich an Sichtweisen der Theisten ernsthaft interessiert und glaube, dass ich durch Kennenlernen ihrer Weltsicht nur gewinnen kann. Ich glaube eben nicht an die EINE Wahrheit. :-)

  • Zitat

    Original von Insomnia
    Je aufgeklärter, moderner, offener, intelligenter, revolutionierter,freier (...) der Mensch in der Gesellschaft wird, umso (verzeihung!) beschissener wird die Gesellschaft doch, umso weniger funktioniert sie, die Welt, in der wir Leben. Grandiose Leistung, ehrlich...


    Stimmt das wirklich? Was wird beschissen?
    Nehmen wir den vielbesprochenen Raubtierkapitalismus. Ist der nicht urprotestantisch?
    Den gutsherrenartig agierenden Stahltycoon, der seine Arbeiter aus christlicher Nächstenliebe ( wie uneigennützig die tatsächlich ist, sei mal dahingestellt) nicht im Dreck verrecken lässt, sondern ihnen, wenn auch in sehr bescheidenem Maße, Betriebsunterkünfte zur Vefügung stellt, gibt es so wohl nicht mehr.
    Aber auch die Herren Neokons in den USA bezeichnen sich als durch und durch als christlich, quatschen ständig von Werten, wenn es um Abtreibung oder Homoehe geht, aber im Augenblick kann ich mir kaum eine beschissenere Gesellschaft, um bei Deiner Wortwahl zu bleiben, vorstellen als die us-amerikanische.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Vulkan : komisch, dass immer die Religion des Gesprächspartners "sauber" ist und immer nur Positives beinhaltet. Und die Richtige ist! Ich finde es ziemlich dreist, mir zu sagen, dass ich Glaubenssysteme an die ich nicht glaube, NICHT mit "Schwachsinn" betiteln darf, du aber vom Kreationismus (der durchaus auch viele Anhänger hat) als "Unsinn" sprichst. Sorry, aber von Unsinn zu Schwachsinn ist es kein weiter Weg.


    Nur der Glaube den man selbst vertritt darf also nicht angegriffen werden?!!!

  • @ Cookie
    Man kann naturwissenschaftlich beweisen, dass die Erde eine Kugel ist, genauso wie man beweisen kann, dass die Evolution sich anders als in der Schöpfungsgeschichte abgespielt hat.
    Aber der Katholizismus hängt nicht an solchen Banalitäten. Er konnte sich ziemlich gut an den Fortgang der Wissenschaft adaptieren. Ich sage nicht, dass ich jede Sekte oder jeden individuellen, eklektischen Glauben für sinnvoll halte oder jedes Detail eines Glaubenssystem für nachvollziehbar. Aber Weltreligionen, die über Jahrhunderte Geschichte, Kunst, Bildung, Wissenschaft prägen, kommt man m. E. mit dem Prädikat "Schwachsinn" nicht nahe.


    Edit: Vielleicht wird in meinem Edit an Heaven noch mal deutlich was ich meine? Ich würde eben einen Unterschied zwischen Details machen, die ein x-beliebiger Gläubiger glaubt und die naturwissenschaftlicher Unfug sein können und dem Glauben als ganzes, der durch diese Details noch lange nicht selbst zum Unfug wird - meiner Meinung nach.

  • Zitat

    Original von Cookiemonster
    Vulkan : komisch, dass immer die Religion des Gesprächspartners "sauber" ist und immer nur Positives beinhaltet. Und die Richtige ist! Ich finde es ziemlich dreist, mir zu sagen, dass ich Glaubenssysteme an die ich nicht glaube, NICHT mit "Schwachsinn" betiteln darf, du aber vom Kreationismus (der durchaus auch viele Anhänger hat) als "Unsinn" sprichst. Sorry, aber von Unsinn zu Schwachsinn ist es kein weiter Weg.


    Nur der Glaube den man selbst vertritt darf also nicht angegriffen werden?!!!


    ;-) So sind meine bisherigen Erfahrungen.


    Ich habe nichts gegen persönlichen Glauben. In der Not lasse ich mich ja auch mal dazu verleiten.


    Aber ich habe etwas dagegen, wenn Glaubensrichtungen Rechte beschneiden wollen. Oder Unwahrheiten verbreiten. Bsp dafür die leidige Kondomgeschichte und der Pabst. DA hört für mich das Verständnis auf. da fühle ich mich als MENSCH berufen auch mal dem gegenüber Realitäten aufzuzeigen.

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Vulkan, ich schrieb ja auch, dass ich in einer Welt lebe, in der ich sagen DARF, dass ich den Glauben an Gott für Schwachsinn halte. Nicht, dass es meine Meinung ist. Ich finde Religionen an sich ganz interessant und NATÜRLICH leben wir in einer religiös geprägten Gesellschaft.


    Ich zielte auf die Argumentationsweise ab. Es ist ein Fakt, dass jeder seine Religion meint, wenn er sich in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühlt. Für viele Gläubige ist es wahrscheinlich die einzige Wahrheit, die sie zulassen. Das stört mich so sehr.

  • Zitat

    Original von Heaven
    1. Ich habe nichts gegen persönlichen Glauben. In der Not lasse ich mich ja auch mal dazu verleiten.


    2. Aber ich habe etwas dagegen, wenn Glaubensrichtungen Rechte beschneiden wollen. Oder Unwahrheiten verbreiten. Bsp dafür die leidige Kondomgeschichte und der Pabst. DA hört für mich das Verständnis auf. da fühle ich mich als MENSCH berufen auch mal dem gegenüber Realitäten aufzuzeigen.


    1. ?(
    2. Bisher wurde mir nie irgendein Recht von irgendeiner Religion beschnitten. Mag sein, dass Ihr alle andere Erfahrungen gemacht habt, aber die Angst der Atheisten vor den Theisten halte ich als Atheist aktuell nicht für begründet. Wobei mir schon klar ist, dass Ängste häufig irrational sind. :-)
    Zum Papst: Wenn verdammt noch mal die afrikanischen Regierungen nicht so korrupt wären und sich um ihre Bevölkerung kümmern würden, die zum großen Teil ohne auch nur annähernd erkennbares Gesundheits- und Bildungswesen leben müssen, gäbe es das riesige HIV- und AIDS-Problem nicht. Es gibt einen afrikanischen Staat (mir ist leider gerade entfallen, welcher), der durch massive Aufklärungskampagnen die HIV-Rate massiv senken konnte. Es kann nicht Aufgabe des Papstes sein, Kondome zu verteilen. Sein Job ist nun mal, für die lebenslange Monogamie und Sex nur innerhalb der Ehe zu werben. Aufgabe des Staates wäre es m. M. n. genügend Wissen und Hilfsmittel zu streuen, damit Menschen, die den katholischen Normen nicht nachkommen können oder wollen, trotzdem geschützt werden.

  • Hallo, SiCollier.


    Zitat

    Die Frage ist für mich, wie gehen diese beiden Teil-Gesellschaften („Gläubige“ - „Ungläubige“) miteinander um. Beide haben ein völlig anderes Fundament und Wertesystem; wo sie sich überschneiden, ist die Reihenfolge der Wertigkeit meist eine andere.


    Teil-Gesellschaften. Mmh. Es ist also mehr als nur ein Unterschied bezogen auf die Weltanschauung, es ist ein anderes Lebensmodell - letztlich eines, das eine andere Gesellschaft erwarten würde? (Ist dieser Ansatz nicht in allen Ländern gescheitert, in denen während der letzten Jahre und Jahrzehnte ethnische Bürgerkriege ausgebrochen sind - ohne dass Atheisten beteiligt waren?) Ich habe jetzt bewusst nicht "Der Glaube ist also ein anderes Lebensmodell" geschrieben, weil das letztlich ja, nach Deiner Diagnose, für beide "Seiten" gelten würde. Im Prinzip würde das bedeuten, dass es unterschiedliche Wertesysteme gibt. Ist das so? Prinzipien wie Achtsamkeit, Nächstenliebe (ein sehr komplexer Begriff, der einer feineren Definition bedürfte), Subsidiarität, Schutz von Schwächeren usw. empfinde ich als grundsätzlich richtig, und ich bin ziemlich sicher, dass das eigentlich für die allermeisten Menschen gilt, ganz unabhängig davon, ob sie an irgendeinen Gott glauben oder nicht. Ich brauche keine andere Teil-Gesellschaft als diejenigen, die diese Werte für richtig erachten, weil ihr Glauben das vorgibt oder -schreibt. Moral und Ethik als bestimmende Faktoren des gesamtgesellschaftlichen Lebens bedürfen dieser Unterscheidung also nicht. Welche dann? Und inwiefern ist die "Reihenfolge der Wertigkeit" eine andere? Sind das wirklich beherrschende Fragen, etwa diejenige, ob man abtreiben darf, ob Stammzellenforschung erlaubt sein soll? Oder doch nur Teilaspekte, die das gesamte Zusammenleben eigentlich nur marginal berühren? Ich finde Deine These von der gegenseitigen Ausgrenzung beängstigend. Ist das Absicht?


    Zitat

    Wenn ich unter solchen Voraussetzungen mit einem Gegenüber aus der „anderen Fraktion“ eine Kommunikation aufbauen will, wird diese nicht gelingen, wenn ich eine Wortwahl verwende, die mein Gegenüber als beleidigend, herabsetzend oder provozierend empfindet


    Genau das ist ja die Frage. Wortwahl? Ist es wirklich nur das? Was unterscheidet "Die Idee von einem Schöpfergott ist Unsinn" (also ein logikfreier Sachverhalt) oder "Ich halte diesen Mohammed-in-der-Wüste-Kram für ziemlich albern" (vergnügtes Nicht-Ernst-nehmen) von "Es gibt nicht die allergeringste Evidenz für die Existenz Deines Gottes, also verneine ich sie" oder "Es erschließt sich mir nicht, wie Millionen Menschen glauben können, dass ein Kaufmann in die Wüste ging und dort von einem Engel heimgesucht wurde, der ihm den Koran diktiert hat"?


    Ich glaube, dass das Scheingefechte sind, Nebenkriegsschauplätze. Religion ist emotional. Die Gewissheit des Glaubens ist eine Gefühlssache, und deshalb sind "religiöse Gefühle", der Ausgangspunkt dieser Diskussion, praktisch immer berührt, und zwar in negativer Weise, wenn man Glaubensprinzipien, die Wirkung von Glauben, Hierarchien usw. verneint und kritisiert. Die Wortwahl, die hier so häufig den Endpunkt einer Diskussion markierte, übrigens auch solcher, die durchaus sehr sachlich und keineswegs in persönlicher Weise geführt wurden (davon gibt es einige in den Archiven), dient meiner Überzeugung nach nur als vorgeschobenes Argument. Mir ist im Laufe solcher Gespräche schon so oft unterstellt worden, ich würde Quatsch und Mist erzählen (was ich fraglos auch häufig getan habe), aber meine Gefühle hat das nicht verletzt - wie auch? Es schrieb ja niemand, ich sei ein Schwachkopf oder ähnliches, und das ist andersherum übrigens auch niemals passiert! Es liegt in der Natur der Sache, dass man auch mal Blödsinn von sich gibt. Umgekehrt aber berührt die vermeintlich beleidigende, provozierende, herabsetzende Wortwahl als Symptom die offenbar immanente Verletzlichkeit eines Systems, das auf Emotionalität beruht. Helmut Kammerer schrieb in seinem Buch "Kraftwerk Glaube", das hier auch besprochen wurde, sinngemäß, dass es keines Gottesbeweises bedarf, weil Milliarden Menschen "Gott erfahren hätten/würden", und Erfahrung sei nun einmal die Basis jeder Erkenntnis, also Evidenz genug. Abgesehen von der fragwürdigen Einlassung bezüglich der persönlichen Gotteserfahrung, die ich weder zu beweisen, noch zu widerlegen in der Lage bin, skizziert er damit sehr deutlich - und sogar für mich nachvollziehbar -, dass Glauben keiner Logik, keiner Beweisbarkeit bedarf, weil es eine persönlich-transzendente Angelegenheit ist, eine abseitige Erkenntnis, die sich nicht in die materielle Welt transportieren und ergo in ihr diskutieren lässt. Und genau das ist die Krux. Jeder Widerspruch, wie auch immer er formuliert wird, verletzt in dieser Konstellation "religiöse Gefühle". Und zwar in durchaus (auch für mich) nachvollziehbarer Weise. Eigentlich muss das zu der Schlussfolgerung führen, dass jeder Diskurs obsolet ist, weil er ohne Beleidigung nicht auskommen kann. Davon abgesehen steht an seinem Ende sowieso niemals jemand, der von etwas anderem überzeugt wurde, obwohl er vorher die Gegenposition eingenommen hat.


    Übrigens - als kleine Randanmerkung. In meinen Augen ist nebensächlich, mit welcher Spielart der Religiosität man sich auseinandersetzt. Natürlich versucht die katholische Kirche, Wissenschaft zu "adaptieren" (sehr schöne Wortwahl!), wohingegen sich die Kreationisten diese Mühe nicht machen. Letztlich aber redet man immer über dasselbe. ;-)

  • Zitat

    Original von Tom
    Natürlich versucht die katholische Kirche, Wissenschaft zu "adaptieren" (sehr schöne Wortwahl!), wohingegen sich die Kreationisten diese Mühe nicht machen. Letztlich aber redet man immer über dasselbe. ;-)


    Tom, wenn Du mich paraphrasierst, dann bitte richtig. So habe ich es nicht gesagt und so war es auch nicht gemeint. Und was bitte soll "immer dasselbe" sein?

  • Zitat

    Original von Tom
    Übrigens - als kleine Randanmerkung. In meinen Augen ist nebensächlich, mit welcher Spielart der Religiosität man sich auseinandersetzt. Natürlich versucht die katholische Kirche, Wissenschaft zu "adaptieren" (sehr schöne Wortwahl!), wohingegen sich die Kreationisten diese Mühe nicht machen. Letztlich aber redet man immer über dasselbe. ;-)


    O Wunder der Meme! Was für eine Weisheit! :anbet :anbet :anbet

  • Zitat

    Original von Vulkan
    Da es kaum Gesellschaften gibt, die nicht geprägt von Religionen sind (zumal, wenn man die sozialistisch-kommunistischen Systeme als quasireligiöse versteht), ist es verdammt schwer, herauszufinden, wie Menschen fernab jeder Religion sich verhalten würden. Vielleicht muss man auch als atheistischer Mensch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das Bedürfnis nach Spiritualität ein sehr weit verbreitetes menschliches sein könnte. (Womit ich Dir aber nicht die Vorstellung einer paradiesischen Welt ohne jegliche Religionen nehmen möchte. :-))
    Ich persönlich bin ja tendenziell Anhänger der Tocquevillschen Haltung zur Religion: Skeptisch hinsichtlich des persönlichen Glaubens, aber froh, dass es sie als soziale und moralische Basis der Gesellschaft gibt. Ein Satz, für den mich wahrscheinlich auch genug Gläubige hassen werden...


    Zitat

    Original von Insomnia
    Je aufgeklärter, moderner, offener, intelligenter, revolutionierter,freier (...) der Mensch in der Gesellschaft wird, umso (verzeihung!) beschissener wird die Gesellschaft doch, umso weniger funktioniert sie, die Welt, in der wir Leben. Grandiose Leistung, ehrlich...


    Zum Glück hat das schon mal jemand untersucht. :-]


    Zitat

    Zuckerman, P. (2006). Atheism: Contemporary Rates and Patterns. Cambridge University Press.

    Indeed, countries containing high percentages of non-believers are among the most healthy and wealthy nations on earth (Paul, 2004). Of course, we must always distinguish between those nations where non-belief has been forced upon the society by dictators (“coercive atheism”) from those societies wherein non-belief has emerged on its own without governmental coercion (“organic atheism”). Nations marked by coercive atheism -- such as China, North Korea, Vietnam, and former Soviet states -- are societies marked by all that comes with totalitarianism: poor economic development, intellectual censorship, widespread corruption, ubiquitous depression, etc.. However, nations marked by high levels of organic atheism – such as Sweden, the Netherlands, and France -- are among the healthiest, wealthiest, most educated, and most free societies on earth.


    Man muss unterscheiden zwischen Ländern, in denen Atheismus von einer Regierung "erzwungen" wurde wie in China, Nord-Korea, Vietnam und der ehemaligen UdSSR und Ländern, in denen der Anteil der Ungläubigen auf natürliche Weise ohne Zwang zugenommen hat und die heute einen hohen Anteil von Atheisten haben, so wie zum Beispiel Schweden, Niederlande oder Frankreich. Die Länder mit dem "organischen" Atheismus gehören zu den wohlhabendsten, gesündesten, gebildetsten, freiesten Ländern der Erde.


    Das Zitat findet man unter der Überschrift "Atheism and Societal Health". Es lohnt sich auch, die Aufschlüsselung zu lesen.


    Beachten muss man hier, dass es sich um eine Korrelationsstudie handelt und man aus Korrelationen keine Kausalitäten ableiten kann. Es kann also sein, dass eine Säkularisierung der Gesellschaft zu mehr Gesundheit, einem höheren Bildungsniveau, Gleichheit zwischen Mann und Frau etc., führt, es kann aber auch umgekehrt sein, dass diese Faktoren, wenn sie in einem hohen Ausmaß vorhanden sind, zu einer verstärkten Säkularisierung führen.


    Ich hoffe, wir sind uns einig, dass Atheismus in Deutschland nicht erzwungen wird. :wow


    Zitat

    Nein, widerlegen kann du dann wohl auch nicht. Das ist dann wohl der logische Umkehrschluss - wenn der Gläubige die Existenz seines Gottes nicht beweisen kann, dann kann auch keine definitive Nichtexistenz bewiesen werden.
    Wah, ich mutiere hier noch zum Agnostiker wenn das so weitergeht :wow


    Die Nicht-Existenz kann man nicht beweisen. Das ist ja genau das, was Russell mit seiner Teekanne sagen wollte. Wenn ich behaupte, dass zwischen Mars und Saturn eine Teekanne um die Sonne kreist, die aber so klein ist, dass sie mit den besten Teleskopen der Welt nicht zu entdecken ist, dann ist diese Behauptung nicht zu widerlegen. Wenn ich dann trotzdem darauf bestehe, dass diese Teekanne existiert, dann kann man mir zu Recht den Vogel zeigen. Und dass man die Nicht-Existenz nicht beweisen kann, hat nicht logisch zur Folge, dass die Chancen von Existenz und Nicht-Existenz 50:50 sind. Und während man die Teekanne mit einem besseren Teleskop vielleicht doch noch finden könnte, kommt bei Göttern ja noch erschwerend hinzu, dass mir, selbst wenn ich das ganze Universum abgeklappert und keinen Gott gefunden hätte, ganz sicher irgendjemand sagen würde, Gott befände sich halt außerhalb des Universums oder außerhalb dessen, was für den Menschen erfassbar ist, oder er hat sich in seiner Omnipotenz gar entschieden, sich unauffindbar zu machen als Test für die Menschen (alles schon gehört).


    Wenn eine Person postuliert, dass X existiert, dann ist es die Aufgabe dieser Person, die Existenz von X zu beweisen und nicht die Aufgabe des Ungläubigen, die Nicht-Existenz von X zu beweisen.


    Und ich sag gleich, dass diese Beweise alle nicht überzeugend sind, weil sie alle an irgendeiner Stelle einen Logikfehler enthalten.

  • Hallo Tom,


    jetzt wird es schwierig bzw. geht ans Eingemachte. Du hast ein paar Stichworte genannt, die für meine Haltung zwar wesentlich sind, ich aber ganz bewußt nicht angeführt habe (zu vermintes Gebiet). Ich versuche mal, der Reihe nach auf Dein Post einzugehen.



    Zitat

    Original von Tom
    Im Prinzip würde das bedeuten, dass es unterschiedliche Wertesysteme gibt. Ist das so?


    Ob es objektiv so ist, weiß ich nicht. Ich empfinde je jedenfalls genau so.


    Zitat

    Original von Tom
    Prinzipien wie Achtsamkeit, Nächstenliebe (ein sehr komplexer Begriff, der einer feineren Definition bedürfte), Subsidiarität, Schutz von Schwächeren usw. empfinde ich als grundsätzlich richtig, und ich bin ziemlich sicher, dass das eigentlich für die allermeisten Menschen gilt, ganz unabhängig davon, ob sie an irgendeinen Gott glauben oder nicht.


    Das kann ich so :write Dazu kommen noch ein paar weitere Grundsätze/Menschenrechte, die ich für grundlegend und nicht abdingbar halte, egal welchen Glaubens/Nichtglaubens jemand ist. Die meisten davon dürften zwischen uns ziemlich unstrittig sein.



    Zitat

    Original von Tom
    Und inwiefern ist die "Reihenfolge der Wertigkeit" eine andere? Sind das wirklich beherrschende Fragen, etwa diejenige, ob man abtreiben darf, ob Stammzellenforschung erlaubt sein soll?


    Da ist eines der von mir oben genannten Stichworte. Abtreibung ist für mich eine absolut beherrschende Frage, zu der für mich ein Kompromiß undenkbar ist. Eine Gesellschaft, in der Abtreibung legal (man möge mir hier die juristischen Spitzfindigkeiten ersparen) ist und von der Krankenkasse bezahlt wird, künstliche Befruchtung jedoch oftmals nicht, sagt sehr viel über ihr Verhältnis zum Leben und zum Wert desselben aus. Mehr will ich dazu nicht ausführen. Bewußt geworden ist mir das (die Unterschiede der Wertigkeit) übrigens vor allem auch gestern bei der schon erwähnten Amish-Diskussion mit magali und Delphin.



    Zitat

    Original von Tom
    Ich finde Deine These von der gegenseitigen Ausgrenzung beängstigend. Ist das Absicht?


    Absicht von im Sinne Dir (oder sonst jemandem) Angst machen wollen ist das mit Sicherheit nicht. So, wie ich es geschrieben habe, stellt es sich mir dar, so empfinde ich es und sehe die Welt. Ich empfinde diese Gesellschaft und den Weg, den sie eingeschlagen hat als beunruhigend, bisweilen als beängstigend. Um es mal so auszudrücken, ich finde mich in dieser Welt nicht mehr wieder und ziehe mich daher aus ihr zurück, soweit mir das möglich ist.



    Zitat

    Original von Tom
    Genau das ist ja die Frage. Wortwahl? Ist es wirklich nur das? Was unterscheidet "Die Idee von einem Schöpfergott ist Unsinn" (also ein logikfreier Sachverhalt) oder "Ich halte diesen Mohammed-in-der-Wüste-Kram für ziemlich albern" (vergnügtes Nicht-Ernst-nehmen) von "Es gibt nicht die allergeringste Evidenz für die Existenz Deines Gottes, also verneine ich sie" oder "Es erschließt sich mir nicht, wie Millionen Menschen glauben können, dass ein Kaufmann in die Wüste ging und dort von einem Engel heimgesucht wurde, der ihm den Koran diktiert hat"?


    Der Unterschied besteht m. E. darin, daß „Unsinn“ oder „albern“ emotional aufgeladene Wörter (mir fällt keine andere Formulierung ein) sind, während die letzten beiden Sätze keine solche „aufgeladenen Wörter“ enthalten. Es mag in allen Sätzen der gleiche Inhalt enthalten sein, durch die Formulierung wird er jedoch einmal emotional aufgeladen und ein andermal neutral transportiert. Letzteres erfordert zwar ein bisweilen umständliches Formulieren, vermeidet jedoch viele Probleme.



    Zitat

    Original von Tom
    Davon abgesehen steht an seinem Ende sowieso niemals jemand, der von etwas anderem überzeugt wurde, obwohl er vorher die Gegenposition eingenommen hat.


    Dem kann ich nicht widersprechen. Mir persönlich geht es oft darum, die „Gegenseite“ einfach verstehen zu können. Das kann ich nämlich nicht, würde es aber gerne. Nicht, weil ich mich überzeugen lassen will (würde vermutlich eh nicht funktionieren), sondern weil es mir schlicht und einfach um das Verstehen können geht. Nicht mehr und nicht weniger. Nicht zuletzt darum, weil gegenseitiges Verständnis möglicherweise ein erster Schritt zum Überwinden der von mir früher erwähnten Kluft ist.



    PS: Das Buch „Kraftwerk Glaube“ habe ich mir nach der Rezi still und heimlich gekauft; es steht seither neben mir im „zu lesende Bücher Regal“. Ich sollte es doch bald mal lesen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hallo, SiCollier.


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    Eine Gesellschaft, in der Abtreibung legal (man möge mir hier die juristischen Spitzfindigkeiten ersparen) ist und von der Krankenkasse bezahlt wird, künstliche Befruchtung jedoch oftmals nicht, sagt sehr viel über ihr Verhältnis zum Leben und zum Wert desselben aus. Mehr will ich dazu nicht ausführen. Bewußt geworden ist mir das (die Unterschiede der Wertigkeit) übrigens vor allem auch gestern bei der schon erwähnten Amish-Diskussion mit magali und Delphin.


    Das verstehe ich gut. Das ist aber meiner Meinung nach nur am Rande ein Problem Glaube vs. Unglaube. Der Schutz des Lebens ist eine unstrittige Maxime so gut wie jeder westlichen Gesellschaft, ob überwiegend religiös oder nicht. Die Bewertung des Seinszustandes "Leben" fällt aber durchaus unterschiedlich aus. Hier fließen viele Faktoren ein, philosophische, biologische, juristische, politische. Für einen Christen ist das eine problematische Angelegenheit, das kann es aber auch für einen Nichtchristen sein - ich kenne viele energische Abtreibungsgegner, die keineswegs gläubige Menschen sind, sondern schlicht kein Verständnis dafür aufbringen können, dass (auch) aus Bequemlichkeit etwas getötet wird, das sie für lebend, für eine Persönlichkeit halten. Auch dieser Diskurs ist nicht nur von Glaubensfragen geprägt. Dennoch hast Du natürlich recht - die Gesellschaft hat einen Kurs eingeschlagen, der es schwer macht, sich als gläubiger Mensch noch vollständig mit ihr zu identifizieren. Doch, wie gesagt - das geht fraglos, und zwar aus ähnlichen Gründen, auch Atheisten zuweilen so (ich rege mich z.B. regelmäßig über den galoppierenden Werteverlust in den Medien auf). Aber ein Solidarsystem, das von Mehrheitsmeinungen gelenkt wird, wobei tatsächlich versucht wird, eine Diktatur der Mehrheit zu vermeiden, generiert Kompromisse, die Grundsätze einzelner berühren. Ein säkularer Staat kann und soll nur begrenzt Rücksicht auf religiöse Befindlichkeiten nehmen, aber er sollte sie auch nicht ignorieren, wenn eine relevante Minderheit so empfindet. Bei Ja-Nein-Fragen aber gibt es keine Kompromisse.


    Nur - was ist die Alternative? Gesellschaften wurden über Jahrhunderte von religiösen Fragen geprägt und bestimmt, nicht selten haben Kirchen mitregiert. Mithin ist die individuelle Freiheit zum bestimmenden Aspekt geworden, und dem trägt man Rechnung. Wie sollte ein Gegenentwurf aussehen, der auch tragfähig ist? Und wie sieht es umgekehrt in Gottesstaaten aus? Kann man das wirklich wollen?


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    Absicht von im Sinne Dir (oder sonst jemandem) Angst machen wollen ist das mit Sicherheit nicht. So, wie ich es geschrieben habe, stellt es sich mir dar, so empfinde ich es und sehe die Welt. Ich empfinde diese Gesellschaft und den Weg, den sie eingeschlagen hat als beunruhigend, bisweilen als beängstigend. Um es mal so auszudrücken, ich finde mich in dieser Welt nicht mehr wieder und ziehe mich daher aus ihr zurück, soweit mir das möglich ist.


    Das ist bedrückend. Die Welt, in der man lebt, sollte man mitgestalten.


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    Der Unterschied besteht m. E. darin, daß „Unsinn“ oder „albern“ emotional aufgeladene Wörter (mir fällt keine andere Formulierung ein) sind, während die letzten beiden Sätze keine solche „aufgeladenen Wörter“ enthalten. Es mag in allen Sätzen der gleiche Inhalt enthalten sein, durch die Formulierung wird er jedoch einmal emotional aufgeladen und ein andermal neutral transportiert. Letzteres erfordert zwar ein bisweilen umständliches Formulieren, vermeidet jedoch viele Probleme.


    Wenn ein Auszubildender zu mir kommt und mir erklärt, eine IF-THEN-ELSE-Konstruktion würde drei Fälle kennen, erzählt er mir Unsinn (dafür wäre eine CASE- oder ELSEIF-Verschachtelung nötig). Das ist objektiver Unsinn. Wenn mir jemand erzählt, ein Schöpfer hätte seine Finger im Spiel, ist das aus meiner Sicht subjektiver Unsinn, der sich durch exakt: nichts belegen lässt. Ein erklärbarer Mythos, aber nichtsdestotrotz ein Mythos, also eine logikfreie (unsinnige) Geschichte. Wie die mit dem Kaufmann in der Wüste und dem Engel, woraus der Islam entstand. Nicht ohne Grund hat es seit Jahrhunderten keine vergleichbaren Geschichten mit ähnlichen Erfolgen mehr gegeben (vom FSM abgesehen :grin). Wenn ich das für Unsinn, nachgerade für Quatsch halte, aber in einer Diskussion dafür verklausulierte und höfliche, inhaltlich allerdings unrichtige Begriffe verwende, handle ich unredlich. Natürlich schone ich mein Gegenüber durch zurückhaltende Formulierungen, aber ich sage etwas anderes. Das macht die gesamte Diskussion letztlich überflüssig.


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    Dem kann ich nicht widersprechen. Mir persönlich geht es oft darum, die „Gegenseite“ einfach verstehen zu können. Das kann ich nämlich nicht, würde es aber gerne. Nicht, weil ich mich überzeugen lassen will (würde vermutlich eh nicht funktionieren), sondern weil es mir schlicht und einfach um das Verstehen können geht. Nicht mehr und nicht weniger. Nicht zuletzt darum, weil gegenseitiges Verständnis möglicherweise ein erster Schritt zum Überwinden der von mir früher erwähnten Kluft ist.


    Das machen m.E. die exponierten Protagonisten so schwer, und nicht notwendigerweise Gespräche wie dieses hier. Ein Papst Benedikt oder ein knorriger, etwas humorfreier Typ wie Richard Dawkins (deren Motivationen ich durchaus nachvollziehen kann) polarisieren deutlich mehr als ein gepflegtes "Unsinn" als Kommentar zum Schöpfungsmythos - ob in seiner kreationistischen oder eher in einer deistischen Variante. Und es ist, glaube ich, durchaus leicht, die jeweilige "Gegenseite" zu verstehen. Nein, verstehen ist das falsche Wort. Die Fassungslosigkeit, die auf beiden Seiten eintritt, wenn einer seinen Glauben begründet und der andere seine Gottlosigkeit erklärt, mündet selten in Verständnis. Ein Homosexueller - schulljung für den humpelnden Vergleich - wird kaum erklären können, warum er homosexuell ist. Er kann darstellen, wie es sich anfühlt, wie es sich entwickelt hat, was es bedeutet, aber die Gründe sind kaum erschließbar. Deshalb kann ein Disput zwischen Homo- und Heterosexuellen (ich lasse absichtlich außenvor, wer für was steht) auch nicht dazu führen, dass einer den anderen versteht im Sinne von Nachvollziehbarkeit. Ja, dieser Vergleich ist ziemlich schräg. Aber so schräg fühlt es sich eben auch an, wenn man als Atheist mit jemandem konfrontiert ist, der einen starken Glauben verspürt. Und umgekehrt.