Michael Cunningham - Helle Tage

  • Titel im Original: Specimen Days


    Kurzbeschreibung:
    New York, um 1865. Lucas, ein Junge aus ärmlichen Verhältnissen, arbeitet in einer dämmrigen Fabrik. Er weiß nicht, was er da an seiner Maschine herstellt, aber er weiß, daß sein Bruder hier verunglückt ist. Der Mensch geht nach dem Leben in das Gras und die Bäume ein, das steht in einem Band mit Gedichten von Walt Whitman, in dem er abends liest. Was, wenn er auch in die Maschinen eingeht?
    Hundertfünfzig Jahre später sitzt die Polizeipsychologin Cat in Lower Manhatten am Telefon und analysiert eingehende Drohanrufe. Es ist fast schon Routine für sie, bis sie eines Tages einen Jungen in der Leitung hat. Er sagt, man müsse die Menschen aufhalten. Und wenig später umarmt er auf Ground Zero einen Mann und jagt sich und ihn in die Luft. Ein Einzeltäter?
    In derselben Gegend lebt auch Simon, etwa eineinhalb Jahrhunderte später. Er ist ein "Simulo", eine menschgewordene Maschine. Simons New York ist ein Vergnügungspark für Touristen, in dem er als Unterhalter arbeitet. Aber eine Sehnsucht treibt ihn fort: Er möchte wissen, was Schönheit und Liebe ist und dies auch fühlen.


    Meine Meinung:
    Das Buch besteht aus drei Geschichten, die zu unterschiedlichen Zeiten in New York spielen und lose miteinander verbunden sind über die Lyrik von Walt Whitman. Die erste Geschichte mutet an wie ein historisches Melodram, die zweite erinnert an einen Thriller und die dritte läßt an Science Fiction denken. Nicht nur die Verse von Whitman kehren in allen dreien wieder, sondern auch die Namen der Hauptfiguren (mitunter abgewandelt) sowie eine weiße Schale mit unlesbaren Schriftzeichen. Die Geschichten haben mir sehr gut gefallen, besonders aufgrund des tollen, teils poetischen Erzählstils. Auffällig neben den bereits erwähnten Versen sind die vielen Dialoge, die die Hauptfiguren bestreiten. Die dritte Geschichte mutet sehr utopisch an, enthält allerdings auch die meiste Bewegung. So nebenbei läßt sich dieses düstere, teils melancholische Buch übrigens nicht lesen, es verlangt schon einiges an Aufmerksamkeit und Konzentration. Etwas verwirrend fand ich den Text auf dem Buchrücken - als "eine furiose Hommage an New York" würde ich "Helle Tage" nicht gerade bezeichnen, auch wenn die Geschichten allesamt in ebendieser Stadt angesiedelt sind. Alles in allem ein sehr interessantes Buch, über das ich noch länger nachdenken werde.

  • Ich habe es ach gelesen und kann dir nur zustimmen: nebenher kann man das Buch nicht lesen.


    Habe es durch gestanden, aber so toll fand ich ihn nicht. Zwischendurch etwas dick aufgetragen. Muss aber auch sagen, dass dieses Buch schon allein vom Genre her nicht meins ist.


    4/10 Punkten

  • Für mich war es auch ein ungewöhnliches Buch, da ich normalerweise zusammenhängende Romane bevorzuge. Inhatlich hat es zwar Schwächen, aber mir hat einfach der Erzählstil ziemlich gut gefallen.

  • Zitat

    Original von mankell
    Für mich war es auch ein ungewöhnliches Buch, da ich normalerweise zusammenhängende Romane bevorzuge. Inhatlich hat es zwar Schwächen, aber mir hat einfach der Erzählstil ziemlich gut gefallen.


    Das mit dem Erzählstil stimmt schon, ich habe auch andere Bücher von Cunningham gerne gelesen, da er einfach toll erzählen kann. Ich bin einfach nur so wenig in die Geschichte hineingekommen, dass ich dann auch schon nicht mehr die Sprache genießen konnte.

  • Titel: Helle Tage
    Originaltitel: Specimen Days
    Autor: Michael Cunningham
    Übersetzt von: Georg Schmidt
    Verlag: btb
    Erschienen: Februar 2008
    Seitenzahl: 398
    ISBN-10: 3442736854
    ISBN-13: 978-3442736850
    Preis: 9.50 EUR


    Zum Inhalt bemühen wir den Klappentext:
    New York, um 1865. Lucas, ein Junge aus ärmlichen Verhältnissen, arbeitet in einer dämmrigen Fabrik. Er weiß nicht, was er da an seiner Maschine herstellt, aber er weiß, dass sein Bruder hier verunglückt ist. Der Mensch geht nach dem Leben in das Gras und die Bäume ein, das steht in einem Band mit Gedichten von Walt Whitman, in dem er abends liest. Was, wenn er auch in die Maschinen eingeht? Und was, wenn die Maschinen die Menschen so sehr lieben, dass sie sie verschlingen wollen?
    Hundertfünfzig Jahre später sitzt die Polizeipsychologin Cat in Lower Manhattan am Telefon und analysiert eingehende Drohanrufe. Es ist fast schon Routine für sie, bis sie eines Tages einen Jungen in der Leitung hat. Er sagt, man müsse die Menschen aufhalten. Und wenig später umarmt er auf Ground Zero einen Mann und jagt sich und ihn in die Luft. Jetzt hoffen alle, dass es ein Einzeltäter war. In derselben Gegend lebt auch Simon, etwa eineinhalb Jahrhunderte später. Er ist ein ¯Simulo®, eine menschgewordene Maschine. Simons New York ist ein Vergnügungspark für Touristen, in dem er als Unterhalter arbeitet. Aber eine Sehnsucht treibt ihn fort: Er möchte wissen, was Schönheit ist. Und Liebe. Und er möchte es auch fühlen.


    Ein Wort zum Autor:
    Michael Cummingham wurde 1952 in Cincinnati, Ohio, geboren und wuchs in Südkalifornien auf. Er studierte Literatur an der Stanford University. Für seinen dritten Roman „Die Stunden“ erhielt er den „Faulkner Award“ und den Pulitzerpreis.


    Meine Meinung:
    So richtig passt dieser Roman von Michael Cunningham in keine Schublade und man würde diesem Buch auch ganz und gar nicht gerecht werden, zwängte man es in irgendein Raster. Genaugenommen sind es drei Geschichten, drei einzelne Romane, die mit einer Klammer namens Walt Whitman verbunden sind, diesem großen visionären amerikanischen Dichter des neunzehnten Jahrhunderts. Textpassagen von Whitman durchziehen das Buch und lassen den Leser immer wieder innehalten. Lassen ihn innehalten und über das bisher Gelesene nachdenken. Cunningham hat einen Roman geschrieben, der in einigen Teilen durchaus Thrillerqualitäten hat, andere Passagen wiederum zeichnen sich durch sehr schöne mystische Andeutungen und Beschreibungen aus und dann schafft es Cunningham auch noch Zukunftsvisionen mit hinein in sein Buch zu nehmen, die aber mit billiger Science Fiction glücklicherweise nicht das Mindeste zu tun haben, sondern eine Welt beschreiben, die sich so vielleicht nicht entwickeln wird, aber sich vielleicht so entwickeln könnte. Das Buch wurde auch schon als eine Hommage an New York bezeichnet, allerdings scheint mir diese Sichtweise doch dann ein wenig zu weit hergeholt. Auch wenn die Geschichten in New York spielen, so könnten sie durchaus auch in jeder anderen amerikanischen Großstadt spielen; die Schauplätze scheinen mir durchaus austauschbar. Eine lesenswertes Buch – eine bemerkenswertes Stück zeitgenössischer Literatur.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Helle Tage - Michael Cunningham


    Mein Eindruck:
    Michael Cunningham zeigt in seinem ambitionierten Roman das New York der Vergangenheit, das der Gegenwart und das der Zukunft, leitmotivisch getragen durch die Poeme Walt Whitmans.
    Das hätte ein großer Wurf werden können, doch durch zu viele Ideen und (jedenfalls mir) fehlender Schlüssigkeit geht einiges schief.
    Besonders der letzte Abschnitt, der auch überlang ist, hat ein paar sprachlich wirre Momente. Das Buch ist gescheitert.


    Doch ist das schlimm? Das passierte schon so manchen großen Autor, der etwas riskierte. Es bleiben aber Abschnitte, die man nicht so schnell vergisst. Vor allem die erste Episode, angesiedelt im 19.Jahrhundert, in der ein Kind aus der Arbeitsschicht den Arbeitsplatz des eben in dieser Fabrik tödlich verunglückten Bruders einnimmt. Der Junge ist völlig gefangen genommen von der neuen Situation. Er wird der, der die Familie ernähren muss. Innerlich ist er aber auch von den Gedichten Walt Whitmans fasziniert und zitiert häufig daraus. Dann ist da noch die schwangere Braut des Bruders, die er häufig besucht. Höhepunkt ist die Begegnung mit seinem Idol Walt Whitmann persönlich. Dieser erste Teil ist sehr lesenwert.


    Auch im zweiten Teil gibt es viele gute Ansätze. Treffenderweise ist die Gegenwart vom Terror überzogen. Die Psychologin Cathy hat ihr Kind verloren, daher nimmt sie sich des namenlosen Jungen an, der durch Gehirnwäsche zu einem Terroristen erzogen wurde.


    Durch diese guten Passagen kann ich bei aller Kritik das Buch für mich nicht als Flop sehen! Eher ist es ein Geheimtipp, der fast das Zeug zum Meisterwerk hatte.