Hallo Ihr Lieben,
als Neu-Eule und Vielleser wage ich mich jetzt auch mal an eine Rezi, weil mir das Buch quasi unter den Nägeln brennt und ich es eigentlich jedem, mit dem ich zu tun habe, auf´s Auge drücken will.
Das Buch um das es geht, ist mir zufällig durch eine Anzeige in einem kostenlosen Blatt in der Buchhandlung aufgefallen, das ich mitgenommen hatte. Ein Jugendbuch über dissoziative Störungen. Harter Tobak, dachte ich, mal schauen, wie das umgesetzt ist. Ich mag ja Jugendbücher mit ernstem Hintergrund unheimlich gerne.
Also, überlegt und bestellt. Am gleichen Abend angefangen; geweint, gelacht und erst nach dem Schlusspunkt wieder weggelegt. Und seitdem bin ich infiziert.
Hier also die Story, für alle, die´s interessiert:
Jordan ist siebzehn. Er ist gut in der Schule, hat deswegen manchmal Streit mit seinen Lehrern und fragt sich, wie man sich in einer Beziehung verhält. Damit hören die Gemeinsamkeiten mit anderen Jugendlichen aber auch schon auf. Jordan lebt in einer Jugend-Wohngemeinschaft mit sieben anderen Jungs und zwei Betreuern. Seine Eltern sind tot. Und er leidet an dissoziativen Störungen – also Filmrissen. Meist sind es ein paar Stunden, die ihm fehlen, aber manchmal auch mehr. Herauszubekommen, was in dieser Zeit passiert ist, fällt ihm schwer und ist oft nahezu unmöglich. Diese Tatsache macht seinen Mitbewohnern Angst und so ist Jordans Stand in der WG nicht unbedingt der Beste. Er versucht es immer allen recht zu machen und tritt dabei natürlich in diverse Fettnäpfchen. Beim sonntäglichen Kirchengang lernt er ein tolles Mädchen kennen und beginnt mit ihr eine lose Beziehung. In seiner Wohngemeinschaft versucht er, sich mit dem ein oder anderen Jungen anzufreunden. Kleine Sauf- und Kiffgelage gehören dazu. Die Filmrisse bleiben. Im wöchentlichen Gespräch mit seinem Psychologen, dem Doc, versucht Jordan, der Sache auf den Grund zu gehen. Immer mehr taucht aus dem schwarzen Loch in seinem Kopf auf: Der frühe Krebstod seiner Mutter. Der Missbrauch seiner älteren Schwester Maria durch den Vater. Das wortlose Verschwinden seines großen Bruders. Marias Selbstmord. Und schließlich die Erinnerungen daran, was seinen Vater jeden Dienstag und Donnerstag in Jordans Zimmer führte...
Der Roman behandelt also nicht nur das Thema dissoziative Störungen, sondern auch den Kindesmissbrauch. Spätestens an dieser Stelle bleibt einem der Untertitel von Memory Error „Oder: Wie mein Vater über den Jordan ging“ im Hals stecken.
Und jetzt das große Aber:
Trotz dieser ernsten Themen ist das Buch alles andere als düster!
Durch Wegbergs Sprache wird das Ganze zu einer einzigen Aufforderung: lebe! Egal, was passiert! Durch die Jugendsprache, die er verwendet und den trockenen Humor tauchen im ganzen Buch immer wieder slapstickartige Szenen auf, die einen einfach herzhaft loslachen lassen. Und die Charaktere sind mit ihren Eigenheiten und Fehlern, Ecken und Kanten so sympathisch, dass man sie einfach in´s Herz schließen muss.
Die Sprache ist, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, einfach fantastisch.
Deswegen mein Tipp: nicht von der düsteren Beschreibung beeinflussen lassen, sondern einfach kaufen. Lesen, mitleiden, mitlachen und als kleinen Schatz in´s Regal stellen.
Edit: 10-stellige ISBN ergänzt, damit das Buch auch im Verzeichnis auftaucht. LG JaneDoe