Jesus wäre Pastafarianer
Als religiös bezeichnet man Menschen, die irgendwelchen Quatsch glauben, den sich andere ausgedacht haben. Wenn das sehr viele sind, nennt man das Phänomen "Weltreligion". Voraussetzung ist, dass der Quatsch nicht so leicht zu widerlegen ist. Wenn das doch - auch teilweise - gelingt, erklärt man einfach, dass der Quatsch "metaphorisch" gemeint war. Oder dass der Gegenbeweis eine Glaubensprüfung darstellt.
Als der Physiker Robert Henderson im Jahr 2005 mit einem satirischen Brief an die Schulbehörde in die Diskussion um das "Intelligent Design" eintrat, jenem unsinnigen Gegenentwurf, den die Kreationisten gerne zusätzlich zur oder anstelle der Evolutionstheorie an amerikanischen Schulen unterrichtet gesehen hätten, konnte er noch nicht ahnen, was er damit initiieren würde, nämlich die am schnellsten wachsende Religion, die es je gab. Derzeit zählt die "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters (FSM)" weltweit mehrere Millionen Anhänger, Tendenz immer noch stark zunehmend. In Deutschland ist die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts beantragt.
Das zugrundeliegende Paradigma ist einfach. FSMismus ist dogmenfrei, und Pastafarianer glauben an alles, was gut ist, wohingegen sie schlechtes ablehnen. Die Menschen stammen von Piraten ab. Freitag ist der heiligste Tag, aber auch das Passtahfest wird so um Weihnachten herum gefeiert. Wer etwas auf sich hält, trägt eine Augenklappe und einen Papagei auf der Schulter. Und Spaghetti mit Tomatensoße und Fleischbällchen kann man eigentlich sowieso nicht oft genug essen. Der Gegenentwurf zum Intelligent Design (ID) nennt sich "Unintelligent Design" (UD) und erklärt sehr viel bestechender als das ID, warum es lustige Wesen wie das Schnabeltier gibt. Ansonsten beansprucht der FSMismus keine Wahrheiten für sich. So gut wie alles steht zur Disposition, selbst das FSM, das, wie die Schöpfung beinahe tagtäglich zeigt, ganz schön einen an der Waffel haben muss.
Dieses "Evangelium" aus der Feder des Propheten versammelt das Material, das man auch im Internet vorfindet, ergänzt um schöne Grafiken, FSM-Beweise vom ontologischen über den teleologischen bis zum unternehmerischen, Fragen an und Antworten von Bobby Henderson, eine brillante Erklärung der Gravitationskraft und jene fast schon legendäre Statistik, die eine Korrelation zwischen Piratentätigkeit und Erderwärmung nachweist.
Das hübsch gemachte Büchlein gehört ins Regal jedes bekennenden Pastafarianers, Atheisten, Agnostikers und humorbegabten Weltreligionsanhängers. Davon allerdings gibt es nicht allzu viele. Hier zeichnet sich der FSMismus aus, und das ist auch der Grund für seinen Erfolg: Im Gegensatz zu allen anderen Religionen ist er friedfertig, eher nachlässig missionarisch und ziemlich amüsant. Es lohnt sich also, ihn mal auszuprobieren, und sei es nur für einen Monat. Sehr wahrscheinlich, dass man bei Nichtgefallen seinen alten Gott danach zurückbekommt. Denn eigentlich ist egal, welchen Quatsch man glaubt.