Eigentlich... eigentlich soll man keine Rezensionen über ein Buch schreiben, dass man vor gut einem Jahr gelesen hat, und das im Original, welches man etwas... äh... Golfkriegslastig und ständig auf die römische Virtus pochend empfand - aber ich hoffe, der Übersetzer hat die leicht faschistoiden Wortwahl-grausamkeiten durch elegantere Varianten im Deutschen entkräftet, denn mir sind damals in meinem Kopf nur Übersetzungen wie: 'völkische Stärke' 'römische Tugend' 'Mannbarkeit' etc in den Sinn gekommen, die mir leicht nach Mussolini-reden klangen...
Nun, aus der Handlung her ist das Militärische durchaus verständlich:
Als Kaiser Valerian von den Persern gefangen genommen wurde, erwischte es laut Buch auch Marcus Metellus Aquila, der seinem Kaiser zu Hilfe eilen wollte, zusammen mit zehn weiteren wackeren Soldaten.
Da der Erbe des Kaisers ganz froh ist, selbst Kaiser zu werden, lässt er sich auf langwierige Lösegeldverhandlungen gar nicht erst ein, und überlässt den alten Herrn seinem Schicksal in den persischen Minen.
Die Römer bilden in der Kriegsgefangenschaft eine verschworene Gemeinschaft, die Aufgrund ihrer Sprachbarriere nur mit einem alten, als Vorarbeiter in die Minen verkauften Sklaven eines Fernhändlers sprechen kann, der die Römer zu schätzen lernt, und durch seine äusserst diplomatische Übersetzertätigkeit verhindert, dass entdeckt wird, dass sie zu stolz sind, um sich zu beugen. Alle wollen fliehen, aber sie wollen auch ihren alten, kränklichen Kaiser nicht zurück lassen, und mit dem alten, sterbenden Mann ist Flucht unmöglich. Es gilt also gemeinsam durchzuhalten, bis - keiner will es aussprechen - der Kaiser endlich tot ist.
Die Leichen werden am Minengelände entsorgt, und für die Römer ist unter dem Vorwand der Totenfeier die Gelegenheit zur Flucht gekommen, und die Römer flüchten gemeinsam mit ihrem Übersetzer.
Damit beginnt eine Reise quer durch die östliche Hälfte von Persien, eigentlich mit dem Ziel, etwas Gras über die Flucht wachsen zu lassen, und sich als Leibwächter unter all das exotische Volk der Seiden- und Gewürzstrassen zu mischen, um - dem Indus folgend - ans Meer zu kommen, und dort auf einem Handelsschiff anzuheuern, das in Richtung Ägypten fährt.
An diesem Plan ist ein Haken: Gleichzeitig mit dem Kaiser und seinem Stab ist dem Perserkönig zufällig auch ein anderer hoher und ungleich besser behandelter - äh... 'Gast' abhanden gekommen, was dem Perserkönig ungleich ungelegener kommt als zwei handvoll vermisste römische Soldaten, denn dieser Gast ist eigentlich eine Geisel, naja, ein Gesandter, der laut Absender bei ihm daheim nicht unbedingt vermisst wird und dessen Verlorengehen keiner besonders betrauern würde...
Der Gesandte hat aber gewichtige Gründe um für jeden Preis heim zu wollen...
Die Römer, die das reichsweite Sicherheitsaufgebot für zehn entlaufene Minensklaven nicht ganz begreifen, treffen bald auf den rätselhaften, zierlichen Fremden, mit unheimlicher Körperbeherrschung der trotz seiner offenbar magischen Fähigkeiten eine Leibgarde braucht. Bezahlen kann er sie allerdings erst, wenn er daheim ist und hat, was eigentlich sein wäre...
Der Weg führt von der Flussmündung des Indus wieder landeinwärts in den Dschungel, über Passwege nach Tibet und weiter in den Osten, denn der junge Krieger ist Chinese und ein hoher Adliger noch dazu.
Kurz:
Die Rahmenhandlung machen unsaubere und sehr ähnliche Machenschaften der Regierenden zweier Kaiserreiche aus. Die Haupthandlung wird von den Befindlichkeiten eines römischen Offiziers und Aristokraten mitten drin getragen, der eigentlich nur heim will, um nach seinem kleinen Sohn zu sehen, der bei der Belagerung von Odessa zur Halbwaise wurde. Aber die beiden Reiche mit den Mauern sind sehr weit voneinander entfernt, und das Leben ist in beiden gefährlich, wenn man den falschen Herrn hat.
Ausserdem ist es mit der Heimattreue und der Erinnerung an das inzwischen längst halbwüchsige Kind so eine Sache, und er findet plötzlich, wenn man lang genug hinein sieht, werden auch Mandelaugen schön, die so gar nicht dem kuhäugigen Ideal entsprechen... doch leider ist die Verbindung fremder Söldner & chinesische Prinzessin von vornherein eher aussichtslos...
Irgendwie kam ich mit der Zeit nicht klar, die darin geschildert wird: meine bücher erzählen mir, es wären Goten, und keine Perser gewesen, die den Kaiser verschleppten und erschlugen, andere wiederum behaupten, es wären Hunnen gewesen, oder alle zusammen in einer konzertierten Aktion...
Aber ein Autor wie Valerio Massimo Manfredi, 1943 in der Romagna geboren, darf in seinen Romanen nach herzenslust historisch schummeln, wenn er nur am Schluss etwas Lesbares und Spannendes liefert, und das tut der ausgebildete Archäologe mit diesem Buch.
Just aus der Zeit gibt es Münzfunde und Terra Sigillata in Indien und Fernhandelskontakte, wenn auch die Datierung der indischen Beifunde hoffnungslos schwimmt - aber eines steht fest: Kontakte waren da, auch über weite Distanzen; ob die Waren weitergereicht wurden, oder Vorfahren des Marco Polo den ganzen Weg von der Quelle an den Abnehmer auf sich nahmen, muss man einmal im Raum stehen lassen. Möglich ist es.
Meine Meinung:
Nun, wie auch immer, die Hintergrundidee des Buchs mit dem römischen Fernreisenden wider Willen ist wunderbar. - Ich hatte beim Lesen immer Filmbilder vor den Augen: Sandalenfilm trifft auf Kung-Fu Eastern... - Das ist überhaupt nicht abwertend gemeint: ich hatte Bilder aus König Arthur (die spätantike-Version) und Tiger und Dragon im Hinterkopf, wunderschön.
Das Buch hat in meinen Augen einen gravierenden Mangel: Es ist zu kurz.
Es hätte die doppelte Dicke vertragen, wenn nicht sogar die dreifache, um die vertrackte Geschichte richtig auszucelebrieren. Die ganze wochenlange, vielleicht sogar monatelange Reise durch Afghanistan, Pakistan und Indien wird in wenigen Absätzen abgehandelt. Stimmt schon: sie sind schnell gereist und hatten es eilig, von persischen Agenten verfolgt, die sie aber dann doch irgendwo im Dschungel abgehängt haben...
Man ist als Leser ganz verblüfft, als man sich plötzlich unverhofft mitten im Himalaya und nochmal so rasch in Tibet findet, und von dort im Eiltempo nach China kommt. Bevor man sich's versieht, kommt es schon zum ersten Kampf in der Kaiserstadt, die halben Leute sind schon tot, und man weiss noch immer nicht ganz, wer jetzt wieso und warum.
Nun, das hat eigentlich die Hauptfigur, obwohl sie in windeseile Chinesisch gelernt hat, selbst bis zum Schluss nicht ganz begriffen, obwohl sie dank römischer Virtus und dem daqmit verbundenen Nicht-aufgeben und frisch erlernter taoistischer 'Magie' sich in einem alten Kaisergrab einen denkwürdigen Showdown mit dem Erzbösewicht liefert...
Die Intrigen der Kaiserhöfe sind etwas zu einfach gestrickt, zu wenig plastisch meist ist es nicht der eine böse Vertraute oder Verwandte oder Vesir, der am Sessel sägt, und einen Umsturz verursacht. Da ist immer auch die Mehrheit der Höflinge auf seiner Seite, und das nicht allein, weil er verspricht, den Kuchen neu zu verteilen, da trägt die vorige Regierung jeweils Mitschuld, und die sind hier beide relativ makellos dargestellt.
Aber es ist auch weniger der Polit-&Agententhriller, als den ich als Leser mir erhoffte, sondern ein rasch und flüssig abgehandelter Historienroman, mit einer Menge taoistischer Magie und Kampfsport, das vom Thema her eher 'männliche' als 'weibliche' Leser anziehen dürfte, und Männer haben weniger Freude am Detail, heisst's, die interessieren weder die getragenen Stoffe noch die Zwischentöne in langen Konversationen (was im Chinesischen herauszuhören für einen Römer auch etwas schwer sein dürfte) - Mich eigentlich auch nicht, aber trotzdem hätt's ein bisserl mehr vertragen.
Dennoch, es ist lesbar und für die Kurzweile zwischendurch durchaus empfehlenswert. Aber als Filmdrehbuch würde es sich ob seiner Schnelligkeit am Besten eignen. Nun, der Leser kann ja sein Regisseur sein: als Buch lässt es sehr viel Spielraum für die Phantasie.