Editions tréves
Gebundene Ausgabe
Auflage 2 von 1990
Kurzbeschreibung:
Es handelt sich um ein Band mit Kurzgeschichten mit thematischem Zusammenhang. Immer stehen Frauen und ihre Rolle in Familie und Gesellschaft im Mittelpunkt.
Über die Autorin:
Elisabeth Alexander wurde 1922 geboren, lebte seit 1950 bis zu ihrem Tod in Heidleberg.
In den 70zigern startete sie als Schriftstellerin. Auffällig waren ihre Pefomances wie z.B. Straßenlesungen. Ihr Werk wird von sozialkritischen Themen durchzogen. Sie war also ein „Störenfried“ im positiven Sinne.
Rezension:
Elisabeth Alexander ist im Januar dieses Jahres mit 86 Jahren nach langer Krankheit verstorben.
Ihr zu Ehren habe ich diese Rezension über Damengeschichten geschrieben.
12 Kurzgeschichten, die vermutlich Anfang der Achtziger Jahre geschrieben wurden, sind in diesem Band enthalten:
1. Kopfangst
2. Kein Tag ohne Vorstellungen
3. Dreck
4. Wir, die Besseren
5. Familie in Kürze
6. Die Dr. Nora Kerstens
7. Ehezwecke
8. De Sächelchen der beiden Ehefrauen
9. Die Berufstätige
10. Die Blumenfrau
11. Küsse für den Lebensabend
12. Prost Mahlzeit
Die meisten dieser ziemlich bissigen Kurzgeschichten sind tatsächlich sehr kurz, oft nur 2 oder 3 Seiten.
Diese Kürze ist eine Stärke der Autorin, die auch viele Gedichte schrieb. Durch die Ökonomie der Texte erhöht sich die Wirkung.
Ein paar dieser Geschichten möchte ich noch kurz vorstellen.
Die erste heißt „Kopfangst“ und steigt in das Leben einer jungen Mutter ein. Sie verletzt sich versehentlich bei einem Sturz am Kopf. Das bewirkt bei ihren Kindern nur zur Belustigung über das Missgeschick und später zum Ärger, als sie über Schmerzen jammert. In der Folgezeit hat sie rasende Kopfschmerzen, doch der Hausarzt findet nichts, deswegen geht sie zum Röntgenarzt. Sie beginnt viel zu vergessen, sie vergaß, dass sie Mutter war, dass sie Frau war.
Elisabeth Alexander beobachtet die Gefühllosigkeit der Familie mit einer gewissen Gnadenlosigkeit, die vermuten lässt, dass die Schmerzen der Frau weniger aus dem Unfall hervorrühren, sondern wahrscheinlich mit der Lieblosigkeit der Familie zu tun hat. Das führte eine seelische Verletzung bei.
Diese erste Geschichte zeigte schon, dass es bei diesen Damengeschichten alles andere als gemütlich oder verklärend zugeht.
In „Familie in kürze“ wird ein vorbildhaftes und glückliches Familienleben gezeigt. Bei dieser Familie stimmt einfach alles. Doch wahrscheinlich nur an der Oberfläche.
Der Leser spürt, dass unter dieser blitzsauberen Fassade Unzufriedenheit und Unvollständigkeit liegt.
Die Dr. Nora Kerstens:
Diese Geschichte ist eine der längeren und handelt von dem Problem einer Frau, die zwar als Ärztin berufstätig ist, aber unzufrieden als Alleinstehende ist. War sie selbst bis vor kurzen noch Krank, will sie jetzt in München bleiben und einen Mann finden. Dem entgegen stehen aber ihre Ängste, insbesondere im sexuellen Bereich.
Die Berufstätige:
Tine hadert mit ihrer Rolle als berufstätige Frau, die dann Abends trotzdem noch für ihren Mann warm kochen soll.
Sie ist sehr unzufrieden und fühlt sich wie im Gefängnis. Am liebsten würde sie sich von ihren ungeliebten Mann trennen, aber sie bleibt wegen dem Kind. Und hasst das Kind deswegen.
Auch in dieser Geschichte zeigt Elisabeth Alexander die Zusammenhänge in aller Kürze, aber doch drastisch und genau.
Prost Mahlzeit:
In dieser letzten Geschichte nimmt eine Frau stark zu. Sie ist wegen ihrer Unzufriedenheit aufgrund der Erwartungen ihres Mannes so viel. Sie fühlt sich falsch wahrgenommen und findet Trost im Essen.
„Sie hatte alles. Essen, gutes und schlechtes, gleichviel.“
„Frau der Straße, Frau der Küche, Frau des Bettes, Frau Mode. Der Mann verkalkt auf dem verbrauchten Bauch der Frau. Prost Mahlzeit!“
So endet das Buch, und zeigt die legendäre Autorin als Frau, die die Emanzipation ihr Leben lang deutlich mitbestimmt hat. Sie hatte nie Angst, den Finger in die Wunden zu legen, war unbequem, von manchem Politiker sogar gefürchtet.
Wer nimmt zukünftig den Platz solcher Autorinnen ein?