Erschienen 07/2003
304 Seiten mit Karte
ISBN-13: 978-3-423-34018-2
Titel der französischen Originalausgabe: "Les croisades vues par les Arabes"
Originaltitel erschienen 1983
Kurzbeschreibung:
Die historischen Wurzeln des Konflikts zwischen dem Nahen Osten und dem Westen: Die Kreuzzüge - aus der Sicht der arabischen Welt!
Die Erklärung des amerikanischen Präsidenten George W. Bush nach dem 11. September 2001, die USA müssten zusammen mit ihren Verbündeten einen »Kreuzzug« gegen den Terrorismus führen, löste, insbesondere in der arabischen Welt, Irritationen aus. Dies lässt offenbar werden, welch nachhaltiges Trauma die Kreuzzüge im kollektiven Gedächtnis der muslimischen Welt hinterlassen haben. Die Fassungslosigkeit und das Entsetzen der hochzivilisierten arabischen Welt angesichts der »barbarischen Invasoren« aus dem Abendland spiegelt sich in nahezu allen arabischen Chroniken und Berichten aus der Zeit zwischen 1096 und 1291 wider.
Sehr anschaulich, ausgewogen und kritisch schildert Amin Maalouf auf der Grundlage dieser Quellen die Geschichte der Kreuzzüge aus der Perspektive der »anderen Seite« und ermöglicht so einen neuen Blick auf den ersten entscheidenden Bruch in den Beziehungen zwischen der westlichen Welt und dem Orient, dessen Auswirkungen am 11. September 2001 so erschreckend deutlich wurden.
Über den Autor:
Amin Maalouf, geboren 1949 in Beirut, ist arabischer Christ, lebt seit 1976 in Paris und arbeitet als Journalist und Schriftsteller. Auf Deutsch liegen u.a. seine Romane ›Leo Africanus‹, ›Samarkand‹ und ›Der Mann aus Mesopotamien‹ vor. 1993 erhielt er den Prix Goncourt.
Meine Meinung:
Wer sich noch nie mit der Geschichte der Kreuzzüge beschäftigt hat sollte dieses Buch (noch) liegen lassen, wer sich für die Geschichte der Kreuzzüge interessiert und schon ein wenig darüber weis, für den ist dieses Buch ein unbedigte Muß. Aber auch wer sich politisch für den Nahostkonflikt und seine Urprünge interessiert sollte dieses Buch lesen. Der Autor schreibt für den interessierten Laien und er schreibt flüssig, lesbar, trotz der überwiegend arabischen Personenbezeichnungen. (wobei Ortsbezeichnungen und bedeutende historische Persönlichkeiten einmal auch "übersetzt" werden).
Wir vergessen gerne, dass solche 800 Jahre zurückliegenden Ereignisse auch unser heutiges Dasein prägen. In der arabischen Welt gehört aber dieses dunkle Kapitel, als die fränkischen Barbaren die eigentlich weit überlegene, tolerante und friedliche Kultur der Muslims brutalst zerstört haben heute noch zum Schulunterricht und ist Bestandteil des allgemeinen Bewußtseins. Mordende Banden unzivilisierter, technisch hochgerüsteter, aber kulturell rückständiger, religiös intoleranter Fanatiker- solch ein Satz würde heute viele Menschen an islamistische Terroristen denken lassen, aber hier ist die Rede von Kreuzrittern, die im Namen Jesu Christi wahllos Menschen auf grausamste Art und Weise abschlachten. Wahllos deswegen, weil nicht nur Muslime, sondern auch Juden und arabische Christen getötet werden, auch die Schwierigkeiten bei der Versöhnung zwischen der griechisch-orthodoxen und der römisch- katholischen Kirche haben ihre Wurzeln im Verhalten der Kreuzfahrer.
Maalouf berichtet konsequent aus der arabischen Sicht und erläutert die Zusammenhänge der kriegerischen Ereignisse mit der arabischen Geschichte, der syrischen und ägyptischen Herrscher und der lokalen Fürsten. Die Probleme zwischen Sunna und Schia spielen damals auch schon eine große Rolle, fehlende Einheit der Fürsten führt zum Niedergang- zunächst zum Niedergang der Muslime und als diese Einheit erzielen und sich die Christen um die Bute streiten zum Niedergang der christlichen eroberer. Was aber zurückbleibt ist eine zerstörte Kultur und ein kollektives Bewußtsein, das bis heute anhält, erniedrigt worden zu sein.
Ich meine, dieses Buch setzt schon ein Mindestmaß an Wissen über Ort und Zeit vorraus, ist dann aber vorallem wegen seines gut lesbaren Stils unbedingt empfehlenswert.