Fred Vargas: Der verbotene Ort

  • "Der verbotene Ort" ist ein weiterer kriminalistischer Hochgenuss aus der unvergleichlichen Feder Fred Vargas.


    Der etwas eigenwillige Pariser Kommissar Jean-Baptiste Adamsberg fährt mit seinem Kollegen Adlatus Danglard zu einem europäischen Polizeikongress nach London. Bei einem frühabendlichen Spaziergang über den malerischen Friedhof Highgate, auf dem Berühmtheiten wie Charles Dickens und Karl Marx liegen und über den Bram Stoker in „Dracula“ seine Lucy wandeln ließ, machen die Polizisten aus Paris einen schrecklichen Fund. Genau siebzehn Schuhe stehen aufgereiht am Wegesrand - und in jedem steckt ein Fuß.


    Doch auch zu Haus sieht es nicht besser aus: Zurück in Paris werden Adamsberg und sein Team zu einem besonders grausigen Tatort gerufen, an dem ein renommierter Journalist schreckliche Weise hingerichtet wurde. Bei ihm finden sie einen Zettel, der auf ein kleines Örtchen auf dem Balkan hinweist … Haben die gruseligen Tatorte etwas mit einander zu tun? Und welche Rolle spielt der Ort in Serbien? Der Zufall hilft und bald gerät Adamsberg in einen Strudel aus Aberglauben und alten Mythen.


    Mein Fazit:
    Vampire sind in. Aber im Gegensatz zu Autorinnen wie Stephanie Meyer und Charlaine Harris inszeniert Fred Vargas in „Der verbotene Ort“ eine völlig andere Geschichte. Mit ihrem unübertroffen hintergründig-ironischen Humor lässt sie den skurrilen und verlangsamten Kommissar Adamsberg Bekanntschaft mit einem der meist verbreiteten Mythen der europäischen Geschichte machen.


    Von dem kleinen verschlafenen Ort in Serbien über die Österreichische Kulturmetropole Wien bis in die hohe Politik Frankreichs verläuft Adamsbergs Reise und führt ihn auch diesmal wieder an seine physischen und psychischen Grenzen – was ihn natürlich nicht davon abhält, auf seine ganz eigene Art einen besonders perfiden und skurrilen Fall zu lösen.


    Nebenbei labt sich die Französin Vargas an den Sprachverwirrungen zwischen Englisch, Deutsch und Serbisch, ohne dabei einen Seitenhieb auf die schwache Fremdsprachenaffinität ihrer eigenen Landsleute zu vergessen: Der Kommissar spricht außer Französisch keine weitere Sprache und braucht daher in allen möglichen und unmöglichen Situationen einen Dolmetscher...


    Ein weiterer kriminalistischer Hochgenuss aus der unvergleichlichen Feder Fred Vargas’.

  • Danke für die Rezi! :wave
    Mal gucken, ob das was für mich ist... :gruebel

    Versuche zu kriegen, was du liebst, sonst bist du gezwungen, das zu lieben, was du kriegst
    :lesend"Herren der Unterwelt;Schwarzer Kuss" Gena Showalter

  • Der verbotene Ort
    Fred Vargas
    ISBN: 9783351032562
    Aufbau Verlag
    423 Seiten, 19,95 Euro


    Über die Autorin: Fred Vargas, geb. 1957 und von Haus aus Archäologin, lebt im Pariser Stadtteil Montparnasse. Sie ist heute die bedeutendste französische Schriftstellerin von Weltrang, übersetzt in über 40 Sprachen.


    Handlung: Kommissar Adamsberg und sein Kollege Danglard sind auf einem Polizeikongress in London, als ausgerechnet sie zu einem merkwürdigen Tatort geführt werden: Vor dem Friedhof Highgate stehen siebzehn herrenlose Schuhe. In ihnen stecken noch die Füße der einstigen Träger. Zurück in Paris werden die Kollegen gleich mit einem weiteren ungewöhnlichen Verbrechen konfrontiert; Pierre Vaudel, ein pensionierter Journalist wurde in seiner Villa Opfer eines grausamen Verbrechens. Ein verschlüsselter Brief mit dem Hinweis auf ein serbisches Dorf wirft die Vermutung auf, dass beide Fälle etwas miteinander zu tun haben.


    Meine Meinung: Was wie der ungewöhnliche Beginn eines typischen „Who-done-it“ –Krimis anmutet, entwickelt sich in kurzer Zeit zu einem sehr außergewöhnlichen Plot. Es geht um mehr als die Suche nach einem Mörder – Adamsberg muss sich mit uralten Legenden um Vampire auseinandersetzen und feststellen, dass von ihnen auch heute noch Gefahr ausgehen kann. Doch auch von ganz anderer Seite droht Gefahr, denn jemand versucht bewusst ihn in die Reihe der Verdächtigen in diesem Fall zu stellen und ihn damit mundtot zu machen. Dieser Jemand schreckt ebenfalls nicht vor Mord zurück. Voller Spannung fragt man sich, wer hinter all dem steckt und ist am Ende von der Lösung völlig überrascht...


    Es ist der zweite Versuch von mir gewesen, mich an den Schreibstil der Vargas anzunähern und dieses Mal habe ich nicht schon nach den ersten Seiten aufgegeben, sondern mich immer mehr für ihre Art zu schreiben erwärmt und am Ende war ich begeistert. Man muss sich erst ein wenig an die ungewöhnlichen Dialoge gewöhnen, die eher kunstvoll erdacht wirken, als realitätsnah und glaubwürdig. Auch auf die skurrilen Charaktere, die sich bei Vargas tummeln, muss man sich einlassen - ist man dazu aber in der Lage, so kann man Spannung per excellence genießen. Das Buch ist eher eine Kunstform denn ein klassischer Kriminalroman, keinem Genre so recht zuzuordnen – zu kurios sind Protagonisten, Sprache und Handlung – zu abstrakt die Welt der Autorin und das macht es zu etwas ganz Besonderem. Ich bin begeistert und heute mit zwei weiteren Büchern von Fred Vargas nach Hause gekommen. 10 Punkte dafür.

  • Hallo ihr lieben,


    kann man das Buch auch lesen, wenn man Vargas vorher noch nie angerührt hat? :gruebel


    Mich reizt das Thema und das Setting, aber wenn es allzu viele Bezüge auf die anderen 11 Krimis der guten Frau gibt, dann würde ich die Hände davon lassen...

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

  • :-) Ich habe die anderen Bücher auch nicht gelesen. Man hat nicht das Gefühl, dass man etwas verpasst, oder eine Vorgeschichte benötigt, sondern es lässt sich gut auch so lesen.
    Allerdings ging es mir nach dem Lesen so, das ich nun unbedingt alle anderen Bücher davor auch kennenlernen möchte. :wave

  • Fred Vargas ist einfach genial!!!!!


    Kunstvoll, skurril, fesselnd. Die Geschichten funktionieren und lösen sich erst ganz am Schluss auf, nicht schon in der Mitte wie bei manch anderen Krimis.
    Wenn man sie einmal gelesen hat, will man nie mehr was anderes lesen!
    (Ok, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben^^)


    Von diesem Buch wusste ich noch nicht, aber das steht jetzt ganz oben auf der Wunschliste :D

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

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  • Es ist immer das Gleiche mit Fred Vargas: da kommt ein neues Buch heraus, ich schwöre mir, auf das Taschenbuch zu warten, bin nach drei Wochen des Wartens müde und stell mir das Hardcover ins Regal, natürlich nicht ohne mir zu schwören, es für eine ganz besondere Gelegenheit aufzuheben. Das war vor zwei Wochen...


    Wieder mal hat mich "Der falsche Ort" in eine Parallelwelt gesogen, die von Adamsberg, der doch so anders tickt als alle anderen Kommissare. Und wieder mal hat sich Vargas einen besonderen Plot ausgedacht, der mit dem Übersinnlichen spielt, ohne die Bodenhaftung zu verlieren, voller Transzendenz aber ohne auch nur einen Augenblick ins Esoterische abzurutschen. Wie immer besitzen sämtliche Protagonisten eine ausgeprägte Macke, die sich aber völlig schlüssig und ohne aufgestezt zu wirken, in die Geschichte einfügen.
    Lediglich, mir schien, als habe die Geschichte einige logische Mängel, kann aber auch sein, dass ich derart gefesselt durch den Roman gehetzt bin, dass ich das eine oder andere Detail einfach überlesen habe.


    Und nun beginnt das lange Warten auf den nächsten Vargas, aber diesmal aufs Taschenbuch ;-)

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Jetzt hab ich es auch gelesen, hab es früher geschafft, als ich gedacht habe :D
    Ich war nicht ganz so begeistert wie von Ihren anderen Büchern. Ich hatte irgendwie das Gefühl, das der Stil anders war... Und dann hat meine Tante mir den Tipp gegeben, ich solle mal auf den Übersetzer achten! Genau das war's! Neuer Übersetzer -> anderer Stil... Vielleicht trau ich mich ja irgendwann, Fred Vargas im Original zu lesen, dann bin ich nicht mehr von Übersetzern abhängig...

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    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • Endlich ein neuer Vargas!
    Und wie immer entwickelt sich die Handlung ganz anders als ich es zunächst angenommen hatte. Da ich den Klappentext nicht gelesen habe (gebranntes Kind ...), waren Vampire wirklich das letzte, womit ich gerechnet hätte.
    Ich liebe Vargas und ihre Figuren, ihren unnachahmlichen Stil und ihre eher unorthodoxe Art, eine Kriminalgeschichte zu erzählen. Letzteres fand ich diesmal nicht ganz so perfekt gelungen wie sonst. Zu unglaublich kamen einige Verwicklungen der Geschichte daher. Doch Vargas weiß mit französischem Charme zu erzählen, und so verzeiht der Leser.
    Daher mein Fazit: Lesegenuss pur!

  • Eigentlich müsste man weinen bei dem Gedanken, das Fred Vargas meint der Vampirmode folgen zu sollen. Aber selbst wenn dieses Thema ausgelutscht und breitgetreten sein mag- seit wann geht Adamsberg ausgetretene Pfade? Fred Vargas versteht wieder mit hintersinnigem Humor die Tätigkeit ihres Kommisars und seiner Brigade bei der Aufklärung mehrerer brutaler Morde so darzustellen, das das Buch bis zur letzten Seite spannend bleibt und wunderbar unterhält.

  • Ich bin schwierig und vieles was mir sonst beim Lesen immer sehr gefallen hat, tut es zurzeit nicht. Ich mag Adamsberg so gern, seine schrägen Fälle, den Humor von Fred Vargas und überhaupt. Der verbotene Ort war nicht mein Buch und ich freue mich trotzdem auf den nächsten Adamsberg


    :wave

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein

  • Also, ich kenne ihre anderen Bücher nicht, und war von diesem begeistert! Hier meine Rezi:


    Da sind wir nun, ich und Kommissar Adamsberg. Wir sind uns als völlig Fremde begegnet, beinahe zufällig - weil jemand meinte, die Bekanntschaft könnte, zumindest für mich, förderlich sein. Also bin ich dem guten Kommissar entgegengetreten, und zwar ob vieler Vorschusslorbeeren eher skeptisch bis neutral. Doch nun werde ich ihn nicht mehr los, und das überrascht mich dann doch. Zumal es in diesem Fall um ein Thema ging, das ich in einem ernsthaften Krimi eher nicht erwartet hätte: Vampire. Ausgerechnet.


    Der große Vorteil bei diesem Buch ist allerdings, dass man (so finde ich) gefahrlos über den Inhalt reden kann, weil dieser sowieso nicht (!) den immensen Reiz der Geschichte ausmacht. Von der reinen Kriminalhandlung her würde ich das Buch zwar als gut, aber doch nicht überragend gut bezeichnen. Mehrere Menschen werden im wahrsten Sinne des Wortes "pulverisiert", zermalmt, zerhackt, und in ihrer Wohnung verstreut, so dass kein Teil mehr zum anderen passt. Und ein wenig später stellt sich zufällig heraus, dass diese Geschehnisse mit einem seltsamen Fund auf dem berüchtigten Friedhof Highgate in London in Zusammenhang stehen. Dort standen nämlich 17 Füße samt Schuhen vor dem Tor. Oder sollte man sagen, Schuhe samt Füßen? Wie dem auch sei, Adamsberg war aufgrund einer internationalen Konferenz just zu dem Zeitpunkt in London, als der besagte Gammelfleisch-Skandal um die ominösen und herrenlosen Füße in Erscheinung trat. Ferner erkennt ein Mitarbeiter seiner Truppe später einen Fuß (samt Schuh), bzw. Schuh samt Fuß als den eines Verwandten aus Serbien. Schon ist die Verbindung hergestellt, und Adamsberg wird, halb aus Neugierde, halb aus Instinkt, in die Geschehnisse hineingezogen. Da die Ermittlungen vor Ort in Frankreich nicht recht vorangehen wollen, macht Adamsberg sich auf zu den Wurzeln des Übels, dem serbischen Dorf im tiefsten Transsylvanien, wo alles seinen Anfang nahm...Kiseljevo...


    Eines sei jedoch gleich vorweg gesagt: in diesem Buch wird nicht (!) die Frage beantwortet, ob es Vampire nun wirklich gibt oder nicht. Und genau das fand ich großartig! Der Sachverhalt wird gerade eben so in der Schwebe gehalten. Für die Verbrechen war allein ausreichend, dass es jemanden gab, der an Vampire glaubte, und der sich in der Mission sah, sie bis ins letzte Glied auszulöschen. Dennoch nimmt die Schriftstellerin ihr Thema insofern ernst, als sie profund recherchiert hat. Vor allem Land und Leute sowie die Umgebung in Serbien, samt vielerlei lokaler Mythen und Eigenheiten, hat sie sehr authentisch zum Leben erweckt. Und auch die wahrlich "sagenhaften" Geschehnisse um den Friedhof Highgate hat sie ganz unangestrengt in die Geschichte eingestreut, gut dosiert, so dass das Ganze eine packende, doch nicht übertriebene Mischung ergab.


    Doch das war für mich noch immer nicht das eigentliche Faszinosum an diesem Buch! Es war, schlicht und ergreifend, dieser Adamsberg, seine Truppe, die vielen schrägen Dialoge, die unerwarteten Wendungen, der Wortwitz, die Sprachbilder. Sogar einen "running gag" gibt es im Laufe des Buches, und zwar das Wort "Plog!", welches an allen möglichen und unmöglichen Stellen auftaucht. Mehr verrate ich dazu an dieser Stelle aber nicht!


    Schon allein auf den ersten 80 Seiten hatte ich mehrere ausgewachsene Lachanfälle, und das bei diesem Thema, das will doch etwas heißen! Adamsberg passt vom Charakter her wirklich in keine einzige gängige Schublade. Er stellt Dinge an, bei denen man nur noch den Kopf schütteln kann, wobei man aber fast gegen den eigenen Willen lachen muss. Manchmal sind seine Aktionen wahnwitzig, manchmal tollkühn, manchmal auch einfach verschmitzt bis liebenswert. Adamsberg hat einen ausgeprägten Sinn für gutes Essen und hübsche Frauen, und wenn dann auch noch beides in Kombination auftritt, wie in dem Gasthof in Serbien, dann ist er nicht mehr zu halten.


    Adamsberg wird in diesem Buch beileibe nicht zum Helden stilisiert. Mehrfach glaubt er, sein letztes Stündlein habe geschlagen - gut, manchmal provoziert er dies auch. Aber letztlich wird dem Leser klar, nur so konnte es gelingen, diesen Fall auch nur ansatzweise aufzuklären. Denn hinter aller Tollkühnheit steckt bei Adamsberg doch ein wacher Geist und eine unglaubliche Kombinationsgabe.


    Ich bin derart begeistert von dem, was ich hier lesen durfte, dass eine unmittelbare Sogwirkung eingesetzt hat. Von wegen, Fred Vargas nur eine weitere Kriminalautorin unter vielen! Pah! Jetzt erst kann ich Denis Scheck verstehen und beipflichten, der - und das ist für ihn ein wahrhaft großes Lob - zu diesem Werk sagte: "Ein gutes Buch!"

  • Ich habe gestern das Buch beendet und wurde wieder einmal sehr gut unterhalten. Für mich jedoch schwächer als die beiden Vorgänger (mehr habe ich von Vargas noch nicht gelesen).


    Vielleicht lag´s am Thema. Ich fand aber auch, dass Danglard zu blass blieb, trotz seinem "Abstract" und auch wenn ich mich darüber gefreut habe, dass Veyrenc wieder auftaucht, so war mir die Verbindung mit Adamsberg, die Vargas geschaffen hat, doch ein bisschen zu arg.


    Ist aber Meckern auf hohem Niveau.


    Hier noch ein interessanter Zeit- Artikel über Fred Vargas:
    Gegen lebende Leichen

    Enttäuscht vom Affen, schuf Gott den Menschen.
    Danach verzichtete er auf weitere Experimente.

    - Mark Twain -