So, nun werde ich auch mal eine meiner Geschichten hier online stellen... vor etwa sieben Jahren geschrieben und bei einem Schüler-Literaturwettbewerb eingereicht
Ein Tag wie jeder andere...?
Ein Tag wie jeder andere... um acht Uhr Schule, ein gewöhnlich langweiliger Schultag bis halb eins.
Heute nachmittag wollen Monika, Sarah und ich zusammen ins Kino – „Planet der Affen“ soll ein echt guter Sci-Fi-Film sein (wenn man Sarahs Empfehlungen trauen darf). Mit Moni habe ich verabredet, dass ich schon um drei bei ihr bin, wir hängen wie so oft ein wenig bei ihr rum und gehen dann zusammen zum Cine Star. Nach der Schule fahre ich kurz nach Hause. Schultasche ablegen, kleine Mahlzeit, kurzer Blick ins Fernsehprogramm... bah, wie ätzend – Talkshow, Talkshow und noch mal Talkshow, jeden Tag der gleiche Müll. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es langsam Zeit wird – so, Handy und Geld mitnehmen und ab geht die Post.
Eine halbe Stunde später stehe ich am Hauptbahnhof und warte auf die U-Bahn. Zwanzig vor drei, ich liege gut in der Zeit. Die Bahn kommt, ich steige ein und lasse mich auf einen freien Sitz fallen. Bin mal gespannt, ob der Film wirklich so gut ist... Es ist alles bestens, doch ein ungutes Gefühl habe ich. Habe ich irgendwas vergessen? Nervös wühle ich im Rucksack, aber nein, es ist alles da – Portmonee, Handy, Terminkalender... trotzdem werde ich das blöde Gefühl nicht los, dass etwas nicht in Ordnung ist, dass irgend etwas heute fürchterlich schiefgehen wird.
„Nächster Halt: Schützenstraße“ Ich steige aus und gehe die Mallinckrodtstraße entlang, noch immer in Gedanken versunken. Was ist nur mit mir los? Habe ich doch etwas liegenlassen? Habe ich einen Termin verschwitzt und müsste ganz woanders sein, statt ins Kino zu gehen? Nervös hole ich den Terminkalender aus der Tasche und blättere hektisch darin. Freitag ist der einzige Termin für diese Woche – Fahrstunde – aber bis dahin sind ja noch ein paar Tage. Nein, vergessen habe ich nichts und trotzdem... und trotzdem!
Ich stehe vor Monis Haustür und klingle, ihr Bruder lässt mich rein, mit einem etwas genervten Gesichtsausdruck, und verschwindet wortlos in seinem Zimmer. Selbstverständlich gehe ich direkt ins Wohnzimmer, wo Moni um diese Zeit immer ihre albernen Zeichentrickserien guckt, und frage: „Na, wieder einmal Pockemon?“ worauf sie mit einem Kissen nach mir wirft. Wir sitzen nebeneinander auf dem Sofa und quatschen über die Schule, lästern über die nervigen Lehrer... Der Zeichentrick ist zuende und Moni zappt durch die Kanäle. Zapp – Kaffeewerbung „Das ist das Feuer Brasiliens...“ – zapp – ein brennender Wolkenkratzer – zapp – ein alter Videoclip... hm, cooler Sound „I´m the firestarter...“ – zapp – ein brennender Wolkenkratzer... „Hey, du Zicke, schalt zurück auf VIVA, ich will den Clip sehen!“ Zapp – wieder VIVA, der Clip ist zuende. Zapp – „Sag mal, hast du nervöse Zuckungen im Daumen? Du machst mich noch ganz irre mit deiner Rumzapperei!“ Sie hält inne und sagt gelangweilt: „Läuft doch eh nur Mist zur Zeit... sieh dir zum Beispiel das hier an, schon wieder so ein schwachsinniger Katastrophenfilm – Explosion in einem Hochhaus!“ Ich sehe auf den Bildschirm und sehe wieder das Bild des brennenden Wolkenkratzers, in das Hochhaus daneben rast auf geradem Kurs ein Flugzeug... sind die eigentlich wahnsinnig, um diese Zeit, wo sicher auch viele kleine Kinder zuschauen, Filme ab 16 zu zeigen? „Hast Recht, das ist pervers – kannst wieder umschalten.“ Zapp – wieder das Bild der nun zwei brennenden Wolkenkratzer, die Lautstärke hat Moni runtergedreht, damit wir uns besser unterhalten können. Entnervt verdrehe ich die Augen. „Diese verdammte Werbung läuft ja auf fast jedem Kanal, schalt doch mal auf einen Nachrichtensender, mal sehen, was so in der Welt abgeht.“ Sie schaltet auf CNN – die kleine Streberin will wohl ihr Englisch verbessern – und dreht den Ton lauter. Zu faul mich auf die Worte des Nachrichtensprechers zu konzentrieren verliere ich das Interesse und blättere gelangweilt in einer Zeitschrift, die auf dem Tisch liegt, doch dann höre ich Moni ein ersticktes Quietschgeräusch von sich geben und spüre auch schon, wie sie mir ihren Ellenbogen in die Seite rammt. „Was ist denn?“ frage ich. „Da... sieh doch mal... ich glaub’s nicht... das kann nicht sein...“ Meine beste Freundin ausnahmsweise mal sprachlos, das ist ja was ganz neues... Stotternd zeigt Moni zum Fernseher und ich werfe noch mal einen Blick auf den Bildschirm. Da ist es wieder, das Bild der brennenden Wolkenkratzer, die Worte der Nachrichtensprecherin dringen kaum zu mir durch: „New York... the Twin Towers...“ und endlich erkenne ich die beiden Gebäude. Großer Gott, träume ich oder ist das real?
(2002)