Das Spannungsfeld, das durch Übersetzungen zustande kommt, wird sich nie auflösen lassen. Einerseits durch die bereits erwähnten äußeren Umstände wie Zeitdruck/finanzieller Druck und dann aber auch durch die einfach Tatsache, dass jeder Übersetzer ein individueller Typ ist, der trotz aller fachlichen Kompetenz seine persönlichen Entscheidungen im Text treffen muss.
Egal ob Übersetzer oder Lektor, irgendwer wird immer was zu meckern haben an der Arbeit, die man tut. Was natürlich grobe Fehler nicht entschuldigt.
Aber als Verlagsmitarbeiter lernt man einfach Realitäten kennen, die einen doch etwas toleranter machen. Die meisten Leute, die da sitzen und die Massenware durchwinken, hätten auch gern viel Zeit, um alles so perfekt wie möglich zu machen. Haben sie aber nicht, und daher wird eben die meiste Energie in die Titel gesteckt, die auch das Geld reinbringen. Denn viele Titel, die in einem Publikumsverlag erscheinen, erreichen gar nicht die Schwelle, an der die Produktionskosten wieder reinkommen. Nur durch Blockbuster-Titel werden solche Bücher dann mitfinanziert. Ein System, das ein prekäres Gleichgewicht beinhaltet.
Obwohl die Übersetzer meist schlecht bezahlt sind, ist bei vielen Titeln die Übersetzung einer der größten Kostenfaktoren. Weshalb man zum Beispiel oft dicke Bücher nicht machen kann, weil die Übersetzungskosten den Rahmen sprengen würden (übrigens einer der Hauptgründe, warum Bücher in der Fantasy & Sci Fi geteilt werden). Daher ist die laufende Debatte um höhere Honorare zwar sinnvoll, aber auch extrem problematisch. Tatsächlich haben die diversen Prozesse, die Übersetzer geführt haben, bei manchen Verlagen dazu geführt, dass man erwogen hat, die Zahl der Lizenzen einzuschränken und mehr deutsche Autoren zu machen. Was dann wieder zum Nachteil der Übersetzer wäre, da diese dann noch weniger Aufträge hätten.
Es kommt halt auch immer sehr darauf an, was man übersetzt. Auch wenn es nicht weniger Arbeit ist, so ist der Anspruch der Leser an die Übersetzung eines virtuosen literarischen Romans sicher höher als an die eines erotischen Liebesromans.