Regie: Oliver Hirschbiegel
Drehbuch: Bernd Eichinger (auf der Basis von Joachim Fests Biographie Hitler und Traudl Junges Erinnerungen Bis zur letzten Stunde)
Darsteller: Bruno Ganz (Adolf Hitler), Alexandra Maria Lara (Traudl Junge), Corinna Harfouch (Magda Goebbels), Ulrich Matthes (Joseph Goebbels), Juliane Köhler (Eva Braun), Heino Ferch (Albert Speer), Ulrich Noethen (Heinrich Himmler) u.a.
Inhalt:
9 Monate nach dem Attentatsversuch vom 20. Juli 1944:
"Hitler hat sich in sein weitläufiges Tiefbunkersystem auf dem Gelände der Neuen Reichskanzlei zurückgezogen. Die Rote Armee zieht mit großer Übermacht den Ring um Berlin zusammen. Am 20. April feiert Hitler seinen 56. Geburtstag im Kreise des Führungsstabes und seiner engsten Mitarbeiter. Eva Braun ist seit einigen Tagen im Bunker.
Himmler, Göhring und die Parteispitze setzen sich nach Nord- bzw. Süddeutschland ab. Während Goebbels mit seiner Frau Magda und ihren sechs Kindern in den Bunker einziehen, tobt draußen eine hoffnungslose Abwehrschlacht. Am 29. April hat die russische Armee das Regierungsviertel eingekesselt. In dieser Nacht diktiert Hitler seiner Sekretärin Traudl Junge seinen letzten Willen und heiratet Eva Braun. Goebbels und Bormann sind Trauzeugen. Am 30. April eröffnen die Russen den Sturm auf den Reichstag. Hitler beschließt, sich das Leben zu nehmen. Nachdem sich Adolf Hitler und Eva Braun umgebracht haben, werden ihre Leichen im Garten der Reichskanzlei verbrannt.
Einen Tag später vergiftet Magda Goebbels ihre Kinder im Schlaf. Danach gehen sie und Joseph Goebbels in den Garten und erschießen sich. Ihre Leichen werden ebenfalls verbrannt.
Trotzdem General Weidling seine Soldaten auffordert zu kapitulieren, wird weiter gekämpft. Unter General Mohnkes Führung verlassen die übrigen den Bunker und versuchen sich durch das Kanalsystem unter den russischen Linien nach Westen durchzuschlagen. Ihre Flucht endet in der Schultheißbrauerei, wo sie von der russischen Armee gefangengenommen werden."
(Quelle www.deruntergang-special.film.de)
Meine Meinung:
Dies ist einer der Filme, in denen sowohl die Figuren als auch die gesamte Handlung bereits bekannt sind, ehe man den Fuß ins Kino setzt. Generationen von deutschen Schülern erleben im Geschichtsunterricht das Dritte Reich als ultimativen Höhepunkt der deutschen Geschichte -- über keine Epoche erfährt man soviel wie über diese zwölf Jahre. Auf diese Weise hat es Hitler tatsächlich geschafft, sich ein Tausendjähriges Reich zu gründen.
Auch die Vorstellung, die ich gestern besuchte, war von Schulklassen und Geschiichtskursen bevölkert, Kaugummikauende Blondinen neben interessierten Brillenträgern ... und über allem die Spannung, was einen hier erwartet.
Es ist ein zuvorderst Panoptikum deutscher, österreichischer und schweizerischer Schauspielkunst. Corinna Harfouch verleiht der kalt brennenden Magda Goebbels eine Intensität, daß ich froh war, einen ordentlichen Pullover angezogen zu haben. Juliane Köhlers Eva Braun ist das naive und zugleich berechnende Mädchen, daß fasziniert mit dem Tod tanzt und untergeht. Ulrich Matthes zeigt einen Goebbels, der nicht hinken muß, um teuflische Grausamkeit mit brillianter Intelligenz und kleinlichem Spießertum zu vereinen. Ulrich Noethen hat das zweifelhafte Glück, daß sein "treuer Heinrich", der feige Architekt des Völkermordes mit dem schmuddeligen Stiernacken, nicht allzuoft auf dem Bildschrim erscheint. Alexandra Maria Lara betrachtet all das mit dem entsetzten Staunen, das auch wir als Kinder diesem Grauen entgegenbrachten, und kann sich zugleich von der Ketter der Faszination im Zentrum der Macht nicht befreien -- selbst als diese untergeht. Und schließlich Bruno Ganz ... zu dessen Darbietung ich eine Kritik zitieren möchte: Hitler machte seine Gegner zu Unmenschen, um sie vernichten zu können. Bruno Ganz zeigt, dass auch das Unmenschlichste von einem Menschen ausging. Eine Verharmlosung ist das nicht." (Hellmuth Karasek, Der jämmerliche Diktator, in: Der Tagesspiegel, 11.09.2004) Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Was geschehen ist, wissen wir -- der Film erzählt nichts Neues. In einer klugen Mischung aus den Erzähltraditionen des deutschen Autorenfilms und der Trickkiste des Hollywoodspektakels werden die Ereignisse der letzten Tage von Hitlers letztem Geburtstag bis zur Kapitulation Berlins summiert.
Der widerliche Papiertiger, bei dessen Anblick in meinem Kopf ständig Zahlen pochen wie "50 Mio. Kriegstote", "6 Mio ermordete Juden" usw., verwandelt sich in einen kleinlichen, cholerischen, niederträchtigen, verlogenen Menschen, der seine eigene Gemeinheit durch einen pathetischen Geschichtsdarwinismus und eine billige Prädestinationslehre rechtfertigt.
Tobias Kniebe kritisiert in der SZ (Der kleinste gemeinsame Nenner, 14.09.2004) u.a., es sei zu dick aufgetragen worden, es sei schließlich nicht nötig, Bilder zu wiederholen (kurzgefaßt), z.B. die blutigen Operationen in den Lazaretten, die vielen Lynchmorde, oder daß stumm gezeigt wird, wie Magda Goebbels ihre sechs Kinder mit Zyankali ermordet.
Da bin ich aber ganz anderer Ansicht. Die bequeme Flucht in die Objektivität der schriftlich fixierten Fakten, veranschaulicht mit ein paar wackeligen S/W-Aufnahmen von verstümmelten Leichen, kennen wir zur Genüge.
Die Perversion im Zentrum der Macht, der entfesselte Kleinbürger, der gedankenlos hingeworfene Sätze wie "Die gehören alle aufgehängt!" oder "Den sollte man an die Wand stellen!", gerade eben noch folgenlos und im Bewußtsein alles Recht der Welt in den schweißigen Händen zu haben, wird zum jämmerlichen Menschen.
Ein dramatischeres "Erkenne dich selbst!" habe ich in den vergangenen Jahren nicht gesehen.
Fazit: extrem sehenswert!