Weisse Geister - Alice Greenway

  • Originaltitel: White Ghost Girls


    Portrait
    Alice Greenway, 1964 in Washington D. C. geboren, aufgewachsen in Hongkong, Bangkok, Washington, Jerusalem und Massachusetts, studierte an der Yale University. Heute lebt die Autorin mit ihrer Familie in Edinburgh, Schottland.


    Kurzbeschreibung:
    Hongkong, 1967. Zwei Schwestern, Frankie und Kate. Ihr Vater ist in Vietnam, um den Krieg zu fotografieren, den die Mutter nicht sehen will. Während sich auf den Straßen Hongkongs die Anhänger der Kulturrevolution formieren, leben die Mädchen in ihrer eigenen Welt. Sie schwimmen im Hafen, tauchen durch das jadegrüne Wasser nach Meeresschnecken und Seeigeln, pirschen durch den Dschungel und lauschen gebannt den Erzählungen der chinesischen Haushälterin Ah Bing. Sie sind Freunde und Verbündete, Geheimnis-Schwestern. Dochbald kommt es durch die politischen Wirren zu einem traumatischen Erlebnis, das alles zwischen ihnen ändert. Während die stille Kate sich in ihre Innenwelt zurückzieht, wird Frankie immer unberechenbarer und strebt mit gefährlichen Mitteln danach, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken...



    Meine Meinung:
    Kate, 13 Jahre, die Ich-Erzählerin schildert die Ereignisse des Sommers 1967, den die Familie in Honkong verbringt.
    Der Vater fotografiert für das Time Magazin den Krieg in Vietnam und kommt alle sechs Wochen für einige Tage nach Hause zu seiner Familie.
    Wenn auch "nur als Fotograf" so hinterläßt auch der Krieg bei ihm seine Spuren. Selbst das Geräusch des Haartrockners und des elektrischen Mixers kann er nicht mehr ertragen.
    Die Mutter will von all dem nichts wissen und versteckt sich hinter ihrer Kunst, die den gedruckten Bildern des 19. Jahrhunderts gleicht auf denen "tropenbehelmte Sahibs in Rattansesseln getragen werden und stille Eingeborene mit malerischen Strohhüten vorbeigehen"


    Und dann ist da Frankie - pubertär, aggressiv, provokativ. Sie ist sich ihrer körperlichen Reize bewußt und flirtet offen mit den Freundenihres Vaters. Sie ist fordernd, selbstsüchtig und mit allem was sie tut sehr präsent.
    Und Kate versucht all das zu schultern und da sie weis dass die Mutter große Probleme mit Frankie hat, fühlt sie sich als ihre "Geheimnisschwester" verantwortlich die Welt der Mutter im Gleichgewicht zu halten.
    Dann eines Tages als sie mit ihrer chinesischen Haushälterin auf dem Markt sind, treffen sie auf Aufständische und die beiden Mädchen sind Werkzeuge in der Hand der Rebellen. Zwischen den Schwestern ist von nun an alles anders.
    Das Schicksal der Beiden ändert sich vollends als die Eltern beschließen, Frankie auf ein Internat zu schicken. Die Mutter hat Angst, daß Frankie auch Kate in Schwierigkeiten bringen könnte, nichtsahnend daß diese das schon längst getan hat. Frankie hat Kate zur Trägerin ihrer Geheimnisse gemacht.
    Und Kate trägt schwer daran, will sich befreien, wartet auf einen geeigneten Moment sich dem Vater anzuvertrauen - "Wenn du jetzt rauskommst, dränge ich ihn stumm, wenn du jetzt nach draußen kommst, wo niemand ist, der uns zuhören kann, werde ich dir alles erzählen. Wenn ich wenigstens Dad sagen kann, kommt der Rest schon von selbst."
    Aber der Moment vergeht, es kommt nicht von selbst...


    Ich habe das Buch aus der Hand gelegt und war einmal mehr erstaunt wie eindringlich und unter die Haut gehend eine Geschichte erzählt werden kann. Und seither ist kein Tag vergangen an dem ich nicht an Kate und Frankie denken mußte. Hört sich sehr theatralisch an ist aber so.
    Anfang las sich das Buch für mich eher sperrig; doch mit jeder Seite hat sich das geändert.


    8 von 10 Punkten

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Mich hat vor allem die Srache der Autorin begeistert. Das tropische, exotische Hong Kong schildert sie mit einfach Worten sehr anschaulich und plastisch. Alice Greenway braucht nicht viele Worte, um eine Situation oder einen Ort zu beschreiben. Man fühlt die Hitze, sieht die Pflanzen, schwimmt mit durchs kühle Wasser. Man ist dabei, auch gefühlsmässig, wenn Kate und Frankie Vietkong spielen, sich selber suchen und als "weiße Geister" sich dem Ernst des Lebens stellen müssen.
    Ein kleines, schmales Buch, das mit jeder weiteren Seite, die man umblättert, sich mehr in die Erinnerung des Lesers einprägt.


    Ich hab die englische Originalausgabe gelesen:

  • Hört sich ziemlich gut an... Oh je, ich darf hier einfach nicht mehr weiter rumstöbern.. So viele Bücher kann ich niemals alle Lesen :-)

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Das Buch ist super! Ich bin kurz nach Erscheinen in meiner Lieblingsbuchhandlung darüber gestolpert und musste es einfach mitnehmen. Mittlerweile habe ich es schon 2 Mal gelesen. Vor allem die sinnliche Sprache hat mich sehr begeistert, man riecht, schmeckt und sieht Kates Umgebung. Und die Geschichte ist einfach klasse. Tragisch und klasse.


    Viel Spaß beim Lesen!


    Liebe Grüße
    Lille

  • Zitat

    Original von Lille
    Das Buch ist super! Ich bin kurz nach Erscheinen in meiner Lieblingsbuchhandlung darüber gestolpert und musste es einfach mitnehmen. Mittlerweile habe ich es schon 2 Mal gelesen. Vor allem die sinnliche Sprache hat mich sehr begeistert, man riecht, schmeckt und sieht Kates Umgebung. Und die Geschichte ist einfach klasse. Tragisch und klasse.


    Viel Spaß beim Lesen!


    Liebe Grüße
    Lille


    Oh super, jetzt freue ich mich noch mehr auf das Buch - ich denke, dass es nicht lange auf meinem SUB liegen wird, sondern bald gelesen wird. :-]

  • Ich wünsche dir ganz ganz viel Spaß beim Lesen - und ja, lass es nicht zu lange warten ;-) :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • "Weisse Geister" ist ein Roman, der mir insgesamt gut gefallen hat. Die Geschichte der beiden unterschiedlichen Schwestern Kate und Frankie, die in Hongkong leben, wird sehr intensiv und in einer schönen und dichten Sprache erzählt. Gefallen haben mir auch die Abschnitte über den Vater, der als Kriegsfotograf in Vietnam arbeitet.


    Eine schöne Geschichte, in einer tollen und wunberbar poetischen Sprache - da hat eigentlich alles gepasst für mich, auch wenn ich lange das Gefühl hatte, dass der Funke irgendwie nicht richtig überspringen wollte: es hat mir zwar gefallen, aber ich hatte vielleicht auch zu hohe Erwartungen an das Buch und hatte mir ein wenig erhofft, wirklich begeistert zu sein am Ende.


    Dennoch ein schönes Buch und ich hoffe, bald etwas neues von der Autorin lesen zu können.


    8 Punkte.

  • Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Die Geschichte entwickelt eine Sogwirkung und noch heute, einige Tage, nach dem ich dieses Buch gelesen habe, geht es mir immer noch nicht aus dem Kopf.


    Eine klare Leseempfehlung. Ich gebe diesem Buch 8 Punkte!